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Benutzername: 
Isabel
Wohnort: 
Bietigheim-Bissingen

Bewertungen

Insgesamt 246 Bewertungen
Bewertung vom 11.09.2024
Schicksalsstunden / Die Chronik der Familie Laverne Bd.2
Maybach, Katja

Schicksalsstunden / Die Chronik der Familie Laverne Bd.2


ausgezeichnet

Mit „Schicksalsstunden“ präsentiert uns Katja Maybach einen ganz wunderbaren zweiten Band ihrer „Schicksalstrilogie“, die Anfang des 20. Jahrhunderts spielt und in Teilen inspiriert wurde vom Schicksal ihres Großonkels, Hauptmann Franz Leiling. Er schließt direkt an Band eins an und durch geschickt eingewebte Details, war ich schnell wieder drin in der Geschichte. Das ehemalige Geschwistertrio besteht nun durch den tragischen Tod des geliebten Bruders Franz nur noch aus den beiden Schwestern Luise und Victoria. Victoria setzt alles daran, das Hotel Deutscher Kaiser wieder zu seinem ehemaligen Glanz zu verhelfen, nachdem es durch einen mutwillig gelegten Brand fast völlig zerstört wurde. Luise hingegen bleibt weiterhin mit dem Vater zerstritten und verbringt ihre Tage als Kostümbildnerin in Berlin. Während die Mutter der Beiden immer noch um den Sohn trauert, vergeht sie nebenbei weiterhin vor Eifersucht auf ihre Schwägerin. Immer wieder unterstellt sie ihrem eigenen Mann ein Verhältnis, das enger ist als es sein sollte. Auch die Söhne der Schwägerin und des Bruders sind inzwischen erwachsen und spielen eine signifikante Rolle in diesem Roman, besonders als Olga, die Enkelin des Brandstifters aufs Tapet kommt …

Die Stimmung zur damaligen Zeit ist mal wieder wunderbar eingefangen und die politischen Entwicklungen werden deutlich spürbar. Durch die bunte Mischung sympathischer Charaktere aber auch solcher, gegen die man beim Hören eine kaum zu ertragende Antipathie entwickelt, bleibt das Buch spannend bis zur letzten Seite. Katja Maybach ist die Symbiose zwischen Wahrheit und Fiktion bestens gelungen und ich freue mich schon jetzt auf den dritten und letzten Band, für den ich hoffentlich bald Zeit finden werden. Verbunden mit einer von Herzen kommenden Hör- bzw. Leseempfehlung, vergebe ich fünf, dicke, fette Sterne. Ich finde, dass dieser Band sogar noch einen Tick besser war als Band eins. Also zögert nicht und stürzt euch rein ins Hör- oder Leservergnügen!

Bewertung vom 10.09.2024
Die Modeschöpferin von Manhattan
Weng, Joan

Die Modeschöpferin von Manhattan


sehr gut

Diesmal hat sich die von mir sehr verehrte Autorin Joan Weng ein aufregendes Thema ausgesucht. Sie widmet ihren Roman der inzwischen leider vollkommen unbekannten Modedesignerin Valentina Schlee, die in den 40er Jahren viele Prominente Damen der Gesellschaft ausgestattet und auch um ihre eigene Person einen ganz schönen Wirbel veranstaltet hat. Man sagt ihr nach, dass sie „exzentrisch wie ein betrunkener Kolibri“ sei und da war sicher ein etwas in sich ruhender Gegenpol nötig, um die Dame des Hauses ein wenig in der Spur zu halten. Diese Rolle fällt ihrer jungen Assistentin Daisy zu, die mit viel Geduld und Umsicht Ordnung in das Chaos zu bringen versucht, in dem Valentina sonst unweigerlich versunken wäre. Daisy geht auf in ihrer Rolle, doch sie weiß, dass ihre Tage in New York gezählt sind, wollen ihre Eltern sie doch an den angehenden Südstaaten Anwalt Alistair verheiraten. Mit viel Geschick schafft sie es immer wieder einer geplanten Verlobung aus dem Weg zu gehen, denn ihr Herz schlägt für den irischen Journalisten Christopher Flanagan, der für ihre Eltern jedoch eine undenkbare Verbindung darstellt …

Ich freue mich, dass ich mit Hilfe der Autorin die schillernde Gestalt der Valentina Schlee kennenlernen und ein wenig in die Welt der Reichen und Schönen eintauchen durfte. Die schillernde Marlene Dietrich, Kathrin Hepburn, Präsidentengattin Eleanor Roosevelt und schließlich auch göttliche Greta Gabor gaben sich bei ihr die Klinke in die Hand. Aufgelockert wurde die Geschichte durch die junge Daisy und ihrer Entourage bestehend aus ihrer trinkfreudigen Tante und ihrer quirligen Freundin, so dass man nur so durch die Seiten flog. Gut gefallen hat mir die Mischung aus Wahrheit und Fiktion, wenn ich mir an manchen Stellen auch noch ein wenig mehr Tiefe gewünscht hätte. Diesem Roman hätten hundert Seiten mehr gutgetan. Dennoch vergebe ich für diese außerordentlich gut recherchierte Story sehr gerne vier schillernde Hollywood Sterne verbunden mit einer uneingeschränkten Leseempfehlung. Es hat mal wieder Spaß gemacht, liebe Joan!

Bewertung vom 09.09.2024
Kerl aus Koks
Brandner, Michael

Kerl aus Koks


sehr gut

Ich könnte mir vorstellen, dass sich der beliebte Schauspieler Michael Brandner mit „Kerl aus Koks“ einen kleinen Lebenstraum erfüllt hat. Durch die Augen seines imaginären Sidekicks Paul Brenner lässt er hiermit sein eigenes Leben Revue passieren. Die Zeitspanne von 1951 bis 1994 ist erfüllt von Höhen und Tiefen, von mehr als einer lebensbedrohlichen Situation, von Armut und Hunger aber auch von einem Zusammenhalt im Ruhrpott, der seinesgleichen sucht. Sein erstes Trauma erlebt der kleine Paul, als er abrupt aus seinem vertrauten Heim in einer Pflegefamilie in Bayern gerissen wird, in dem es immer nach fluffigem Brot und Schweinsbraten riecht, denn seine Mutter hat andere Pläne. Sie hat „in den Pott“ geheiratet und präsentiert dem verdutzen Paul nicht nur eine zu enge Wohnung in einer der vielen Mietskasernen, sondern auch den neuen Mann Helmut, seines Zeichens Bergarbeiter. „Das ist jetzt dein neuer Vater!“ verkündet sich und Paul muss sich fügen. Doch schnell findet der Stiefsohn Gefallen an der Situation. Er liebt Menschen und ist bald umringt von ebensolchen, die ihm das Leben versüßen. Die Ruinen werden sein großer Spielplatz, begleitet von Fußball, Currywurst und den „Proleten“, wie seine Mutter Helmuts Familie abwertet bezeichnet. Er wird größer, muss in die Schule, die er recht lustlos absolviert. Er ist eben ein Träumer, ein kleiner Wildfang, ein kleiner Künstler aber hat das Herz am rechten Fleck. Welche Abenteuer er in seinem Erwachsenenleben bestreitet wird, wird an dieser Stelle nicht verraten. Lest selbst und lasst euch entführen in Pauls Welt. Langweilig wird es nicht, soviel kann ich versprechen!

Der verschmitzte kleine Kerl auf dem Cover ließ mich sofort zu dem Buch greifen und ich wurde nicht enttäuscht. Neben einer absoluten Leseempfehlung vergebe ich hier gerne vier glänzende Sterne.

Bewertung vom 08.09.2024
Kleine Monster
Lind, Jessica

Kleine Monster


ausgezeichnet

Laut Klappentext suggerierte mir die Autorin Jessica Lind mit ihrem Buch „Kleine Monster“ eine tragische Geschichte um den kleinen Luca, der in der Schule einem Mädchen unaussprechliche Dinge angetan haben soll. Ich erwartete also eine Geschichte der Aufarbeitung dieses Vorfalls, erwartete vielleicht noch, dass dieser Vorfall vielleicht sogar die kleine Familie von Vater, Mutter, Kind zerstören könnte. Doch stattdessen erhielt ich eine Geschichte, in der die verkorkste Vergangenheit der Mutter Pias aufgearbeitet wurde. Der arme kleine Luca, über den man übrigens nie wirklich erfährt, was vorgefallen ist, rückt in diesem Buch total in den Hintergrund und Pia drängt sich förmlich ins Rampenlicht. Ok, vielleicht hätte man das noch verzeihen können, wenn denn nun wenigstens ihr Ballast aus der Vergangenheit leichter geworden wäre. Aber auch diese Aufklärung ist lückenhaft und nebulös und ließ mich als Leserin unbefriedigt zurück. Die Dreistigkeit dann auch noch Kinder als kleine Monster zu bezeichnen, gab mir irgendwie den Rest. Schade. Während der Schreibstil flüssig war und die Idee durchaus Potential gehabt hätte, ließ die Umsetzung zu wünschen übrig. Von mir gibt es deshalb leider nur gutgemeinte drei Sterne und leider auch keine Leseempfehlung.

Bewertung vom 24.08.2024
Freunderlwirtschaft
Hartlieb, Petra

Freunderlwirtschaft


ausgezeichnet

Mit „Freunderlwirtschaft“ entführt mich die bekannte und beliebte Autorin Petra Hartlieb nach Österreich. Gleich zu Anfang stellt sie mich Alma Oberkofler vor, einer Beamtin, die ganz neu bei den „Kriminalern“ in Wien ist und zusammen werden wir vor eine große Aufgabe gestellt. Ein toter Minister liegt auf dem Seziertisch und nun gilt es herauszufinden, ob es Mord oder schlichtweg ein Unfall war. Wer hat ihn zuletzt lebend gesehen? Was ist passiert? Schnell will man erst den Lieferdienstfahrer und anschließend die abgängige Verlobte von Max Langwieser verantwortlich machen. Doch Alma und ihr Team denken um die Ecke und fangen an zu graben. Was da bei den „sauberen“ Politikern zutage gefördert wird, erschüttert jeglichen Glauben, den sie an die Führung in ihrem schönen Österreich je hatten …
Schon allein die ausgesprochen ansprechende Gestaltung des Covers machte mir Lust auf diesen neuen Kriminalroman. Schnell war ich eingetaucht in die Geschichte, die mich mit ihren recht kurzen Kapiteln als Leserin immer wieder anspornte, noch eins und noch eins zu lesen. Ich war fasziniert davon, was die Autorin alles ans Tageslicht brachte und bin überzeugt, dass sie der Wahrheit nähergekommen ist, als man zu glauben vermag. „Freunderlwirtschaft“ ist ein Kriminalroman aber zugleich auch die Geschichte von Alma und Jessica, die, wenn auch auf ganz unterschiedliche Weise, ein nicht gerade leichtes Packerl zu tragen haben. Ich würde mich sehr freuen, mehr von Alma zu erfahren und weitere Fälle mit ihr zu lösen. Hier besteht definitiv Serienpotential. Aber zunächst vergebe ich für diesen Kriminalroman sehr gerne mit fünf Sternen die volle Punktzahl und spreche natürlich eine Empfehlung aus. Gut gemacht, liebe Petra, vielen Dank!

Bewertung vom 21.08.2024
Porträt einer Ehe
O'Farrell, Maggie

Porträt einer Ehe


ausgezeichnet

Für mich war dieses Buch eines, das bei mir den berühmten WOW-Effekt erzeugte. Obwohl man als Leser eigentlich weiß, wie die Geschichte ausgehen wird – sie basiert ja auf wahren Tatsachen – fiebert man doch durch die gut 460 Seiten mit der jungen Lucrezia mit. Ich durfte sie mit diesem Roman ihr ganzes leider viel zu kurzes Leben lang begleiten und war immer wieder sprachlos darüber, wie sie von ihrem Ehemann und sogar ihrer eigenen Familie regelrecht hintergangen, bzw. wenig unterstützt wurde. Natürlich muss man zugegeben, dass sie stets ein wenig aus der Rolle fiel. Heutzutage würde man sie wohl als ein „free spirit“ bezeichnen, ein Mädchen, das künstlerisch mehr als begabt war und sich ungerne strengen Regeln unterwarf. Sie hatte es wahrlich nicht verdient als Lückenbüßerin herhalten zu müssen, um den für die verstorbene Schwester Maria angehenden Herzog zu heiraten, der hoffte, dass sie ihm den ersehnten männlichen Erben schenken würde. Wenn vielleicht auch ihre Eltern aus Liebe heirateten, war das damals, besonders in Adelskreisen, eher unüblich. Dennoch versprach sich die junge Lucrezia de’ Medici von ihrer Eheschließung eine Art Befreiung aus dem elterlichen Haus und hoffte auf eine neue Art von Unabhängigkeit. Schnell merkte sie aber, dass sie sich getäuscht hat und wäre so gerne wieder zurück in Florenz gewesen. Schon bald begann sie um ihr Leben zu fürchten …

Während des Lesens dieses wunderbaren Romans wuchs mir Lucrezia immer mehr ans Herz und – obwohl das tragische Ende unausweichlich schien – litt und fieberte ich mit ihr. Die mir bis dahin unbekannte irische Autorin Maggie O’Farrell versteht es ausgezeichnet ihrer Hauptfigur tief ins Herz und ihre Seele zu schauen, wodurch ich das Buch kaum zur Seite legen mochte. Maggie katapultierte mich mit Macht zurück ins 16. Jahrhundert und ließ mich teilhaben an einem Leben, das ich mir heute kaum vorzustellen mag. Ich bin absolut begeistert und traurig berührt zugleich und vergebe hier von Herzen kommende fünf Sterne für ein Buch der besonderen Art. Allen zukünftigen Lesern, die hier vielleicht noch ein wenig zögerlich sind, kann ich nur empfehlen sich fallen zu lassen in die Welt der jungen Lucrezia di‘ Medici, es lohnt sich!

Bewertung vom 18.08.2024
Schwestern im Geiste / Das Pensionat an der Mosel Bd.2
Pierre, Marie

Schwestern im Geiste / Das Pensionat an der Mosel Bd.2


ausgezeichnet

Mit diesem zweiten Band rund um das Pensionat an der Mosel reise ich – wie schon vor sechs Monaten mit Band eins – mal wieder nach Diedenhofen/Thionville, das immer noch von deutschen Truppen besetzt ist. Auch weiterhin hütet und lehrt die resolute Pauline Martin ihre internationalen Schülerinnen und wird vor nicht immer leichte Aufgaben gestellt. So unterschiedlich die jungen Damen sein mögen, versucht sie doch ihr Möglichstes ihr „Rudel“ im Zaun zu halten. Unterstützt wird sie inzwischen von der jungen Irin Rhona O’Meally, die mit ihrer schon fast fanatischen Liebe zu ihrem Heimatland, aber auch einem wunderbaren Talent für Musik und Literatur, die Herzen der Mädchen im Sturm erobert. Zu dritt – auch die eher verschlossene Frau Schmitt ist weiterhin mit von der Partie – versuchen sie die Schülerinnen auf das Leben vorzubereiten. Doch bald stoßen sie an ihre Grenzen, denn genau diese Unterschiede bringen Unruhe in das Pensionat. Als dann noch Schmierereien und Diebstähle an der Tagesordnung zu sein scheinen, tritt der preußische Hauptmann Erich von Pliesnitz auf die Bühne. Kampfesmutig wirft er sich in den Ring um den Ruf des Pensionats zu schützen, aber vielleicht auch ein wenig um das Herz „seiner“ Pauline zu erobern? Doch entspricht das ihrer beider gesellschaftlichen Verpflichtungen und der Etiquette?

Meine Sorge, mich bei den doch recht vielen Personen nicht wieder zurechtzufinden, war absolut und vollkommen unberechtigt. Mit großem Talent schafft Marie Pierre es fast spielerisch mich erneut einzufangen. Schnell war ich wieder angekommen in Lothringen mit den schönen Bauten, der Mosel, der wunderbaren Landschaft und natürlich dem immer noch währenden Groll der Einwohner auf die Besatzer. Teils sehr anschaulich, teils mit kleinen Einwürfen hier und da, und schon kenne ich mich wieder aus im Pensionat und kann natürlich auch die Sorgen und Nöte der Mädchen bestens nachempfinden. Auch diesmal gibt es wieder Geheimnisse, die sich durch das ganze Buch ziehen, was dazu führte, dass ich selbiges kaum aus der Hand legen konnte. In fast einem Rutsch habe ich die spannende Geschichte fast inhaliert und ziehe meinen Hut vor der Autorin nicht nur für eine mitreißende Schreibweise, sondern auch für ihre detaillierte Recherchearbeit, die sie im Anschluss an den Roman ausführlich darlegt. Vielleicht schaffe ich es vor Erscheinen des dritten Bandes die interessante Region Lothringen selbst zu bereisen? Inzwischen ein kleiner Wunschtraum von mir! Aber jetzt vergebe ich erstmal fünf absolut verdiente Sterne und spreche natürlich eine Leseempfehlung aus. Nun heißt bis nächstes Jahr warten auf den dritten und letzten Band der Trilogie … ich freue mich heute schon darauf!

Bewertung vom 09.08.2024
Gussie
Wortberg, Christoph

Gussie


ausgezeichnet

Mein absolutes Monatshighlight !!! Nachdem ich vor zwei Jahren dem Adenauer Haus in Rhöndorf und der angegliederten Ausstellung einen Besuch abstatten durfte, stach mir der Titel des vorliegenden Buchs sofort ins Auge. Auguste Zinser, von allen nur Gussie genannt, war die zweite Ehefrau Konrad Adenauers. Fast zwanzig Jahre trennten sie von dem Witwer und Vater dreier Kinder, doch sie verliebt sich in den etwas steifen Mann, der mit seinem Lächeln sparsam umgeht. Somit unternimmt sie schon früh Verantwortung für ihn, sich selbst und die drei kleinen Kinder. Nun, knapp 30 Jahre später, liegt sie todkrank im Krankenhaus, blickt zurück und gibt sich ihren Erinnerungen hin.

Gussie wird 1895 in Köln als älteste Tochter von Wilhelmine Zinser, geb. Tourelle, und dem Dermatologen, Hochschulprofessor und späteren Rektor der Universität zu Köln, Ferdinand Zinsser, in eine gehobene Familie geboren. Ihr Vater ist absolut vernarrt in seine Große und legt ihr alle Wege offen, die ihr Bildung und Selbstbewusstsein vermitteln. Während die Mutter eher zögerlich mit ihrer Zustimmung zu der etwas ungewöhnlichen Wahl des zukünftigen Ehemanns ihrer Tochter ist, steht ihr Vater unerschütterlich hinter ihr.

Auf einen Schlag wird Gussie Stiefmutter von drei kleinen Kindern, zu denen sich bald noch fünf gemeinsame Kinder gesellen sollen. Fast droht sie an dem Verlust ihres ersten Kindes zu zerbrechen, doch die klugen Adenauer Kinder verstehen es, ihr auf wunderbare Weise den Kummer zu nehmen. Das Leben mit dem introvertierten Ehemann ist nicht immer einfach aber sie unterstützt ihn, wo sie kann, kümmert sich um Haushalt und Kinder ist ihm auch politisch gesehen stets eine wertvolle Stütze. Immer wieder tauscht sie sich auch mit ihrem Vater aus, der ihr aus der Ferne kluge Ratschläge gibt und sie aufbaut, wenn sie zu verzweifeln droht.

Der Autor Christoph Wortberg fügt verschiedene Erlebnisse und Ereignisse des leider viel zu kurzen Lebens dieser beeindruckenden Frau zu einem Ganzen zusammen. Sehr feinfühlig tastet er sich an ihr Leben heran und lässt sie selbst erzählen und ihre Gefühle ausdrücken. Es ist eine ungewöhnliche Geschichte, die mir in ihrer Klugheit und ihren mutigen Worten sehr ans Herz ging. Während ich den Ausgang von Anfang an kannte, hat er mich doch fast ein wenig aus der Bahn geworfen beim Hören. Ganz wundervoll geschrieben vom Autor und ebenso beeindruckend vorgetragen von der talentierten Claudia Michelsen, die nicht nur beim Theater und im Fernsehen eine gute Figur macht, sondern auch Hörbüchern das gewisse Etwas verleiht. Hier spreche ich eine ganz klare Empfehlung für Buch oder Hörbuch aus und lasse natürlich fünf sehr, sehr verdiente Sterne da!!!

Bewertung vom 09.08.2024
Lenz / Kommissar Eschenbach Bd.6
Theurillat, Michael

Lenz / Kommissar Eschenbach Bd.6


ausgezeichnet

Ich befürchte ja fast, dass „Lenz“ der letzte Teil dieser tollen Krimireihe sein könnte, immerhin ist er schon vor sechs Jahren erschienen und es kam bis jetzt kein siebter Teil nach. Dafür ist dieser Band in meinen Augen einer der Besten, man will fast meinen, der Autor hätte sich jetzt so richtig in Fahrt geschrieben. Doch kurz zum Inhalt … nach seiner Auszeit ist Kommissar Eschenbach wieder am Start. Erstaunt muss er feststellen, dass man ihm mit Ivy Köhler eine Vertreterin an die Seite gestellt hat, mit deren Führungsstil er gar nicht klar kommt. Vor allem hat er das Gefühl ihr nicht vertrauen zu können und so setzt er alles daran, seinen untergetauchten Freund und ehemaligen Kollegen Lenz so schnell wie möglich zu finden. Dieser steht unter dem Verdacht in ein terroristisches Verbrechen verwickelt zu sein und die Seiten gewechselt zu haben. Das kann Eschenbach so nicht hinnehmen …

Mal wieder überzeugt Michael Theurillat mit seinem klaren und intelligenten Schreibstil, dem eine extensive Recherche voraus gegangen sein muss. Ich liebte die Anspielungen auf die Vorgängerbände und bewunderte die kluge Vorgehensweise, die er seinen Protagonisten angedeihen ließ. Das schöne rote Cover mit dem Wiedererkennungseffekt rundet das Ganze ab und so fällt es mir leicht, hier mit fünf Sternen die volle Punktzahl zu vergeben. Die Reihe rund um Kommissar Eschenbach, die in unserem schönen Nachbarland Schweiz spielt, empfehle ich allen Krimilesern, die mal ein wenig ab vom Mainstream lesen möchten. Die Bücher haben Tiefgang und sind niemals reißerisch, was mir ausgesprochen gut gefallen hat.

Bewertung vom 08.08.2024
Don't kiss Tommy. Eine Liebe in der Stunde Null
Graw, Theresia

Don't kiss Tommy. Eine Liebe in der Stunde Null


ausgezeichnet

In den letzten Wochen und Monaten habe ich einige Bücher gelesen, die während des Zweiten Weltkriegs spielten und so war ich sehr glücklich darüber, mich nun auch mal der Zeit nach dem verlorenen Krieg widmen zu dürfen. Denn verloren hatten wir Deutschen haushoch, da biss die Maus keinen Faden ab. Das bekamen unter anderem auch die Einwohner von Bad Oeynhausen zu spüren, deren Stadt die britische Militärregierung vereinnahmte, ihr Headquarter dort einrichtete und die Einwohner zum Teufel jagte. Guter Rat war teuer, wo sollte man unterkommen? Die Innenstadt wurde mit Hilfe von Stacheldraht abgeriegelt und so blieb den ehemaligen Einwohnern, die sich auf einen raschen Neustart gefreut hatten, nichts anderes übrig als in Barracken zu ziehen oder sonstige Wohnmöglichkeiten aufzutun. Erstere Variante wählte Anne und ihre Familie, die ihr geliebtes Kurhotel, das während des Krieges bereits als Lazarett gedient hatte, nun an die Briten verloren. Auch Rosalie, Annes ehemalige beste Freundin, ist auf der Suche. Sie ist dank des Kriegs, bei dem sie ihre Familie verlor, Mutter Seelen allein auf der Welt. Durch Zufall lernt sie den jungen Bauerssohn Helmut kennen und findet schließlich bei ihm und seinem Vater Unterschlupf auf dem Hof. Doch so will sie nicht enden, sie strebt nach einer Beziehung mit einem der schmucken britischen Offiziere, die ihre Heimatstadt belagern. Hocherhobenen Hauptes will sie eines Tages das deutsche Festland verlassen und in England ein neues Leben beginnen. Anne hingegen sehnt den Tag herbei, an dem sie das geliebte Hotel wieder in Schwung bringen kann, nachdem die „Tommys“ endlich nach Hause gegangen sind. Beide Mädchen träumen, doch mit jedem Monat, der ins Land zieht, wird die Not größer und bald scheinen ihre Träume in unerreichbare Ferne gerückt …

Berührend, ohne jedoch auch nur einen Moment rührselig zu wirken, beschreibt die bekannte Autorin Theresia Graw mit „Don’t kiss Tommy“ ein realitätsnahes Szenario. Während die beiden Protagonistinnen Anne und Rosalie ihrer Fantasie entsprangen, zeichnet sie ein echtes Bild von Deutschland nach dem verlorenen Krieg, das an die Nieren geht. Man kann sich heute schwer vorstellen, wie hart das Leben damals gewesen sein muss, wie Hunger aber auch große Hitze und Kälte den Menschen zusetzten und so manchen sogar das Leben kostete. Es muss schwer gewesen sein, sich den Besatzern zu unterwerfen und manch einer mag daran zerbrochen sein. Auch für Anne und Rosalie ist der Weg nicht mit Rosenblättern bestreut aber sie finden schließlich ihren Platz im Leben. Ich habe mit gefiebert und an den Seiten geklebt. Der flüssige Schreibstil blätterte mir diese fast wie von selbst um und ich freute mich über ein schlüssiges und keineswegs kitschiges Ende. Von mir gibt es ein von Herzen kommende Leseempfehlung und natürlich absolut verdiente fünf funkelnde Sterne.