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Lesehonig
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Berlin

Bewertungen

Insgesamt 200 Bewertungen
Bewertung vom 21.09.2024
Alter St. Matthäus Kirchhof Berlin-Schöneberg
Strauch, Dietmar

Alter St. Matthäus Kirchhof Berlin-Schöneberg


ausgezeichnet

Friedhöfe waren bisher für mich ein Ort der Trauer. Vielleicht noch etwas, wo man Ruhe finden konnte, jedoch kein Ort, den ich bei einem Sonntagnachmittagsspaziergang besucht hätte. Doch bei der Lektüre dieses Buches habe ich begriffen, dass es hier gar nicht um die Toten geht, sondern um die Lebenden. Besser gesagt um das Leben und die Erinnerung. Und wer etwas über Berlin und seine Bewohner erfahren möchte, der ist hier in Schöneberg auf dem St. Matthäus Kirchhof genau richtig. In diesem Buch bekommt man zwei Spaziergänge vorgeschlagen. Beide führen einen über den Friedhof, entlang der Gräber von Menschen mit ihrer außergewöhnlichen Geschichte und quer durch alle Gesellschaftsschichten und Epochen. So begegnet man beispielsweise dem Grab von Rudolph Virchow aber auch ebenso dem von Rio Reiser oder den Gebrüdern Grimm. An jedem dieser Gräber kann man verweilen und lernt durch dieses Buch etwas über den Menschen und seine Geschichte. Besonders gefallen hat mir, dass hier auch berühmte Menschen der queeren Szene beigesetzt sind und ich so einiges über ihr Wirken und Schaffen gelernt habe, dass mir vorher unbekannt war. So ist also dieser Friedhof genauso vielfältig und bunt wie das Berlin-Schöneberg der Lebenden. Ein wirklich sehr gelungenes und lesenswertes Buch, dass uns zu einem Spaziergang durch die Zeit einlädt.

Bewertung vom 15.09.2024
Ein anderes Leben
Peters, Caroline

Ein anderes Leben


sehr gut

Drei Töchter von drei Männern. Und im Mittelpunkt dieser Familie steht Hanna, die Mutter. Nach und nach hat sie jeden ihrer besten Freunde geheiratet und von jedem ein Kind bekommen. Die Ich-Erzählerin ist das Nesthäkchen und kennt nur ihre intakte Familie mit Hanna und ihrem Papa Bow. Doch auch diese Familie zerbricht an der Unbeständigkeit der Mutter. Den Erwartungen ihrer Ehemänner kann Hanna nicht gerecht werden. Sie ist eine Intellektuelle, ein Freigeist der eigene Wege gehen muss. Familie ist für sie Bedrängung und Einschränkung. Und so ist die gelebte Familie immer nur eine Frage der Zeit.
An diesem Buch habe ich besonders den Schreibstil genossen. Wilde Gedankenketten wurden zu Bildern, die Empfindungen hervorriefen. Unerwartete Handlungen ließen mich schmunzeln und Hannas unkonventionelle Art war wild und facettenreich. Dennoch muss ich sagen, dass die Geschichte an sich für mich zu wenig Inhalt hatte. Es war eher die Aneinanderreihung von Anekdoten, anstatt einer fortführenden Handlung. Dies war auf die Dauer etwas ermüdend. Ich hatte mir doch ein bisschen mehr von diesem Buch erhofft. Sprachlich jedoch lesenswert.

Bewertung vom 17.08.2024
Finster
Menger, Ivar Leon

Finster


ausgezeichnet

Seit Jahrzehnten verschwinden immer wieder Jungen im Wald von Katzenbrunnen. Der dreizehnjährige Nikolaus ist das jüngste Opfer des Greifers. Er verschwindet spurlos vom Jahrmarkt in Katzenbrunnen und alle Suchaktionen bleiben erfolglos. Der pensionierte Kommissar Hans J. Stahl findet einfach keine Ruhe. Nach Nikolaus Verschwinden mietet er sich in den Katzenbrunner Gasthof ein und ermittelt auf eigene Faust. Dieses Buch war seit langem mal wieder eines der Spannendsten. Ich bin nur so durch die Seiten geflogen. In diesem Dorf geht so einiges Ungeheuerliches vor sich. Eigentlich hat so fast jeder Bewohner sein dunkles Geheimnis. Und irgendwie ist alles miteinander verwoben. Kurze Kapitel und ständige Perspektivwechsel bringen ordentlich Tempo in die Story. Und doch stellt man als Leser fest, dass man doch nicht alles weiß, und wird am Ende böse überrascht. Genial aufgebaut und großartig gestrickt. Bin echt schwer begeistert und kann den Thriller nur empfehlen.

Bewertung vom 15.08.2024
Ich komme nicht zurück
Khayat, Rasha

Ich komme nicht zurück


ausgezeichnet

Sie kommen aus sehr einfachen Verhältnissen, Johanna, Zeyna und Cem. Doch sie sind die besten Freunde und halten in allen Lebenslagen zusammen. Jedoch ihr Leben verändert sich und ihre Lebenswege gehen immer weiter auseinander, bis es zum großen Bruch zwischen Johanna und Zeyna kommt. Als ihre geliebte Großmutter stirbt, zieht Johanna zurück in die alte Siedlung und damit zurück in ihre Vergangenheit. In einem Taumel aus Melancholie und Einsamkeit trauert sie den vergangenen Kindheitstagen hinterher und projiziert all ihr fehlendes Glück auf die verlorene Freundin. Diese Geschichte ist so wunderbar und anrührend erzählt, dass sie körperlich fühlbar ist. Bestimmt hat jeder schon an verloren gegangene Freunde gedacht, sie gegoogelt oder nach alten Fotos gesucht. Und manchmal hat man sich dabei in Sehnsucht und Melancholie gesuhlt. Diese Gefühle hat die Autorin erstklassig aufgegriffen und Johanna in eine Art Stillstand versetzt. Wie das Rückwärtsspulen eines Lebens, dass eigentlich vorwärtsgerichtet sein sollte. Großartig eingefangen und von besonderer Intensität, so hat mich diese Geschichte gefesselt und verwandelt.

Bewertung vom 10.08.2024
Heinz Labensky - und seine Sicht auf die Dinge
Tsokos, Anja;Tsokos, Michael

Heinz Labensky - und seine Sicht auf die Dinge


sehr gut

Hier erwartet uns mal nicht ein rasanter Thriller, sondern die Lebensgeschichte von Heinz Labensky. Der ist in einem kleinen Ort in Brandenburg aufgewachsen und galt immer als förderunfähig. Oder wie es die Brandenburger sagen würden „zu oft vom Wickeltisch gefallen“. Er sieht die DDR und die Vorgänge die sich in ihr abspielen mit seinen eigenen Augen und lässt uns Leser daran teilhaben. Während er mit nun fast 80 Jahren auf sein Leben zurückblickt, durchreisen wir mit ihm die Vergangenheit der DDR-Geschichte. Denn auf wundersame Weise hatte er doch an so manchem geschichtlichen Ereignis seinen Anteil. Mich hat die Story etwas an Forrest Gump erinnert. Heinz Labensky ist sozusagen der Forrest Gump des Ostens. Liebevoll versucht der kauzige Mann seine Jugendfreundin Rita zu beschützen und gerät dabei in so manch schräge Situation. Ob er RAF-Terroristen zum Müggelsee chauffiert oder mit Paul Enke auf der Suche nach dem Bernsteinzimmer ist, in alles rutscht er gewissermaßen unverschuldet hinein. Mir hat die Story viel Freude bereitet. An mancher Stelle empfand ich die Szenen etwas zu lang und zu konstruiert. Heinz ist jedoch ein sympathischer und liebenswerter Typ und seine Geschichte wirklich filmreif.

Bewertung vom 07.08.2024
Generation Angst
Haidt, Jonathan

Generation Angst


ausgezeichnet

Die Generation Z ist die erste Generation, die mit digitalen Medien aufgewachsen ist. Zu beobachten ist der krasse Gegensatz zwischen der völligen Überbehütung in der realen Welt und der grenzenlosen Freiheit im Internet. Während die Kinder heute nicht mal allein kürzeste Wege ohne elterliche Aufsicht laufen dürfen, werden die Gefahren denen sie im Internet ausgesetzt sind oft unterschätzt. Das Internet ist für Erwachsene entwickelt worden. Kinder müssen den richtigen Umgang damit erst lernen und sie müssen von dem ferngehalten werden, was sie verstören, ängstigen oder sogar süchtig machen kann. Jonathan Haidt zeigt in seinem Buch, belegt durch viele Studien, wie sich die psychische Gesundheit der Jugendlichen in den letzten Jahren stark verschlechtert hat. Welche neuen Gefahren wie das Cybermobbing hinzugekommen sind, die von Eltern oft nicht gesehen werden. Er beschreibt, wie wichtig die einzelnen Entwicklungsschritte sind, damit Kinder und Jugendliche für die reale Welt gestärkt werden. Hier wurde das freie Spiel jedoch immer weiter eingeschränkt und reglementiert. Gleichzeitig wird den Kindern digital eine Welt eröffnet die sie so noch gar nicht begreifen können. Durch dieses Buch hatte ich viele Aha-Erlebnisse. Seine Kinder von Smartphones fernzuhalten ist sicher nicht der richtige Weg. Die Kinder jedoch anzuleiten und auf ihren Streifzügen durch das Internet zu begleiten auf jeden Fall ratsam. Im letzten Teil des Buches erhält man viele sinnvolle Tipps, die dabei unterstützen können. Wobei diese hauptsächlich auf amerikanische Kinder zugeschnitten sind, da ich denke, dass in Deutschland der Trend zwar ähnlich jedoch schwächer ausgeprägt ist. Dennoch kann ich das Buch nur allen Eltern empfehlen. Und nicht erst bei der Überlegung, ob das Kind ein Smartphone erhalten soll, sondern bereits vorher. Denn die Ausführungen zur kindlichen psychischen Entwicklung fand ich wirklich sehr gut erklärt und überzeugend.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.07.2024
Anna O.
Blake, Matthew

Anna O.


sehr gut

Seit vier Jahren schläft Anna. In einer verhängnisvollen Nacht soll sie ihre beiden besten Freunde ermordet haben und ist danach in einen Dornröschenschlaf gefallen. Seitdem streitet sich die Öffentlichkeit darüber, ob sie es war oder es ihr jemand in die Schuhe schieben will. Nun soll der Schlafforscher und Psychologe Ben Prince das Dornröschen aufwecken, damit ein Gericht über sie urteilen kann. Doch auch er hat Angst davor was passieren wird, wenn sie wach ist. Bei diesem Thriller bin ich hin und her gerissen. Der Anfang begann spannend, dann hatte mich die Geschichte irgendwie verloren, aufgrund einiger Längen. Die vielen Andeutungen und Geheimnisse der verschiedenen Protagonisten haben mich durcheinandergebracht. Jedoch auch dazu gebracht über die Story nachzudenken, was ja eigentlich für die Geschichte spricht. Das Ende war dann wieder gut gemacht. Bisher versuche ich noch die ganzen losen Enden gedanklich miteinander zu verknüpfen. Als Fazit kann ich also sagen, der Thriller war gut, aber kein Highlight.

Bewertung vom 12.07.2024
Don't kiss Tommy. Eine Liebe in der Stunde Null
Graw, Theresia

Don't kiss Tommy. Eine Liebe in der Stunde Null


ausgezeichnet

Endlich ist der furchtbare Krieg beendet. Die Menschen in Bad Oeynhausen atmen auf. Doch nur für kurze Zeit. Dann übernehmen die Briten als Besatzer die Stadt. Die Bewohner des Stadtzentrums werden aus ihren Häusern vertrieben und die Innenstadt als Sperrzone ausgewiesen. Anne hatte große Pläne mit dem Kurhotel ihrer Eltern, nun muss sie zusehen, wie die „Tommys“ daraus ihren Victory Club machen. Sie selbst darf nur noch Gast in der eigenen Stadt sein. Ihre Freundin Rosalie hat alles verloren und versucht sich allein durchzuschlagen. Sie sieht die Briten eher als Sprungbrett in ein besseres Leben. Ein fataler Fehler, wie sich bald herausstellen wird.
Es brauchte nicht viele Worte, schon war ich komplett in der Geschichte versunken. Auch in ihrem neuen Buch ist es Theresia Graw erneut gelungen eine vergangene Zeit mit viel Gefühl und historischem Hintergrund wieder aufleben zu lassen. Die Charaktere haben so viel Persönlichkeit und Facettenreichtum, dass sie einem unglaublich echt vorkommen. Was mich besonders beeindruckt hat war das Eintauchen in die Denkstruktur der Deutschen nach dem zweiten Weltkrieg. Das im Kopf befreit sein vom Hitlerdeutschland war keine Selbstverständlichkeit. Gram und Unverständnis über die Niederlage waren fühlbar, aber auch der Hass auf die Besatzer und die Scham weggeschaut zu haben. Die Erkenntnis durch Unterlassung oder sogar Sympathie für die Ideologien Nazideutschlands eine Mitschuld am Tod von Millionen von Menschen zu haben musste erst in vielen reifen. Dieser Prozess ist mir bisher in historischen Romanen noch nicht begegnet und ich fand diese Darstellung sehr gelungen. Die beiden Freundinnen Anne und Rosalie habe ich sehr ins Herz geschlossen und habe ihren Mut und ihre Tatkraft bewundert. Dieses Buch ist auf jeden Fall für mich jetzt schon ein Jahreshighlight.

Bewertung vom 09.07.2024
Berlin mit der U2 entdecken
Neckelmann, Harald

Berlin mit der U2 entdecken


ausgezeichnet

Auf nach Berlin! Oder verbringt ihr euren Urlaub zu Hause in Berlin und wollt mal runter vom Balkon. Dann ist dieses Buch einfach perfekt für ein Berlin-Abenteuer. Man wähle einfach die U-Bahnlinie 2 und lasse sich von diesem tollen Buch an jeder Station in neue Welten entführen. Die U-Bahn fährt von Ruhleben nach Pankow, einmal durch die Mitte der Stadt. Also warum im dunklen sitzen, wenn man auch aussteigen kann und so viel neues entdecken darf. Obwohl ich mir einbilde als Berlinerin ziemlich viel zu kennen, konnte mich Harald Neckelmann überzeugen. Hier gibt es Stationen, die ich noch nie von oben gesehen habe. Und dort verbergen sich wirklich sehenswerte, zum Teil auch skurrile oder kulinarische Genüsse. Das Buch punktet bei mir auch mit vielen Bildern, geschichtlichen Hintergründen und den kurzen, aber knackigen Kapiteln. Wer Berlin kennt, der weiß, dass man manchmal nur um eine Ecke biegen muss oder durch eine Toreinfahrt laufen und schon eröffnet sich einem eine neue Welt. So kam es mir auch beim Lesen dieses Buches vor. Ich bin ganz begeistert und hoffe das noch viele weitere Bücher dieser Art folgen werden, denn U- und S-Bahnlinien gibt es in Berlin ja genügend. Also rein in die U-Bahn und nächster Halt: Abenteuer!

Bewertung vom 05.07.2024
Gwendolyns Hoffnung / Die Zuckerbaronin Bd.2
Sahler, Martina;Wolz, Heiko

Gwendolyns Hoffnung / Die Zuckerbaronin Bd.2


ausgezeichnet

Was für ein schönes Wiedersehen mit Gwendolyn und ihren Schwestern! 1911 stirbt Alexanders Vater der Inhaber der Donau Zucker AG und hinterlässt sein Zuckerimperium. Mit Gwendolyn als Schwiegertochter war er nie so richtig einverstanden, doch nun erweist sie sich als wertvoll für das Unternehmen, denn Alexander macht eine schwere Zeit durch. Gwendolyns Schwester Martha dagegen, fühlt sich nach wie vor von der kleinen Schwester verraten. Das Saccharin- Schmuggelunternehmen, dass der verstorbene Vater aufgebaut hat, steht im starken Gegensatz zur Zuckerindustrie. Martha bleibt stur und möchte sich nicht versöhnen, doch das Leben hat andere Pläne. Ich habe auch den zweiten Teil der Zuckerbaronen richtig gerne gelesen. Die Autoren schaffen es diese Zeit so eindrücklich aufleben zu lassen, dass man die Gegenwart vergisst. Neben den wirklich interessanten Hintergründen um den Kampf um das süße Gold, sind die Beziehungsgeschichten zwischen den Protagonisten herzerwärmend. Martha ist ein wilder unruhiger Geist, während Gwendolyn überlegt und ruhig agiert. Diese Mischung bringt Tempo und Spannung in die Geschichte. Zudem fand ich die Schmugglertricks wirklich einfallsreich und witzig. Auch die Nebenhandlungen haben die Geschichte sehr mit Spannung bereichert, ohne sie unübersichtlich zu machen. Wer gerne historische Romane liest, wird die Geschichten um die Zuckerbaronin lieben.