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seschat
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 892 Bewertungen
Bewertung vom 11.08.2024
Lasst uns offen reden!
Schreiber, Constantin

Lasst uns offen reden!


ausgezeichnet

Wohin triftet unsere Gesellschaft, wenn man ständig überlegen muss, was man noch sagen darf? Laut Grundgesetz herrscht in der BRD Meinungsfreiheit. Doch ein offener Diskurs ist zur Seltenheit geworden. Man schweigt lieber oder grenzt aus, um gar nicht erst anzuecken. Demokratie geht anders.

Aus den genannten Gründen kann ich Constantin Schreibers mutigen Aufruf zur Debatte nur zustimmen. Auf gerade einmal 100 Seiten listet er auf, wie Medien, Politik und Social Media die Meinungsfreiheit untergraben bzw. beim neutralen Austausch versagen. Political Correctness bzw. Common Sense sind gesellschaftsfähig. Wer sich davon entfernt, wird schnell in die "extreme" oder "Verschwörungs"-Ecke gedrängt.

Der Tagesschausprecher und Islamkenner wurde selbst schon mehrfach Opfer von Hasstiraden im Netz. Erst 2023 wurde Schreiber während einer Rede an der Universität Jena Opfer eines Tortenwurfs. Der Umgangston und die Umgangsformen sind nicht nur im Netz rauer geworden. Was sich der reflektierte und weltoffene Autor wünscht, ist nichts mehr als einen Diskurs auf Augenhöhe, ohne Ressentiments bzw. kleingeistige Schwarz-Weiß-Malerei. In einer pluralistischen Welt muss dies doch möglich sein, ist es aber momentan leider nicht...

Schreiber argumentiert in seinem Büchlein stets faktenbasiert und ehrlich menschlich. Man merkt nicht nur zwischen den Zeilen, wie ihn diese Fehlentwicklung bewegt. Ich kann ihm nur beipflichten und in Sachen Corona, Gendern, Klimawandel & Co einen ehrlichen Diskurs einfordern. Anders lassen sich Polarisierungen und Missverständnisse nicht vermeiden. Es bleibt zu hoffen, dass Schreibers Forderung - "Lasst uns offen reden!" - bundesweit Gehör finden wird.

Bewertung vom 05.08.2024
Schwein gehabt!
Wagner, Gerhard

Schwein gehabt!


ausgezeichnet

Gerhard Wagner hat in seinem Buch 200 Redewendungen aus dem Mittelalter und aus der frühen Neuzeit zusammengetragen. Ich war überrascht, wie viele heute noch bekannte Redewendungen und Sprichwörter aus der genannten Zeit stammen. Von einer dunklen bildungsfernen Epoche kann also keine Rede sein. Ob "Mit Haut und Haar", "Lunte riechen" oder "Das Heft in der Hand haben", das mittelalterliche Alltagsleben kann man sehr gut an diesen Beispielen nachvollziehen. Jedenfalls lassen Wagners Erklärungen und Deutungen der einzelnen Sentenzen den Schluss zu, dass Sprache eine lebendige Angelegenheit ist. Das Mittelalter und dessen Geschichte lebt also in ihnen fort.

Wagners konzise Art der Darstellung hat mir gefallen. Obschon ich die meisten Redewendungen bereits kannte, hielt das Buch noch ein paar Überraschungen für mich bereit. Ich habe die 128 Seiten mit Freude gelesen und bin nun in Sachen Redewendungen sattelfest. Danke für dieses kurzweilige Sachbuch. Nicht nur Sprachpuristen werden es mögen. Alles in allem eine reiche Wortfundgrube.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.08.2024
Die schönsten Anekdoten aus der Philosophie
Peter Köhler

Die schönsten Anekdoten aus der Philosophie


sehr gut

Ich habe die Anekdotensammlung von Peter Köhler mit Gewinn gelesen. Bisher kannte ich vor allem die ernsthafte Seite der weltbekannten Philosophen. Doch Kant, Sokrates & Co waren auch Menschen und hatten ihre Eigenheiten. Was habe ich mich über die überlieferten Anekdoten, die sicherlich nicht immer ganz der Wahrheit entsprechen, amüsiert. Durch die Kürze der Geschichten wird die Materie nie langweilig. Und in Nullkommanichts hat man das kleine Büchlein ausgelesen. Auch all jene Leser, die nicht so bewandert in der Welt der Philosophie sind, werden dieses unterhaltsame Erzählwerk mögen. Als Geschenk oder leichte Lektüre für zwischendurch kann ich das Buch nur empfehlen.

Bewertung vom 01.08.2024
Das Ende ist nah
Gudarzi, Amir

Das Ende ist nah


weniger gut

Amir Gudarzis Roman "Das Ende ist nah" hat mich leider nicht mitgerissen. Er handelt vom iranischen Schauspielstudenten A., der 2009 aus Teheran flieht, weil er an den städtische Protesten teilgenommen hat und deswegen in Gefahr schwebt. Letztendlich strandet er in Wien und bahnt sich seinen Weg von Asylheimen bis in eine WG. Er lernt mit Sarah eine Frau kennen. Doch er kann sich ihr wegen seiner Erlebnisse und Erziehung nicht öffnen. Mich hat es gestört, dass Gudarzi häufig zwischen Erzählzeiten und Perspektivem hin und her wechselte. Auch die rüde bis rohen Sprache gepaart mit allerlei Gewaltbeschreibungen aus dem Iran waren so gar nicht mein Fall. Auch nach seinem Weggang aus Teheran scheint Student A. in der Außenseiterrolle festzustecken. Obschon die Schilderungen von Gudarzi sicherlich stark autobiografisch geprägt sind, konnte mich die "hoffnungslose" Story von Student A. nicht bewegen. Student A.s Träume und Erinnerungen sind einfach zu schmerzhaft und pessimistisch. Dies änderte sich über 415 Buchseiten nicht.

Bewertung vom 28.07.2024
Die Modeschöpferin von Manhattan
Weng, Joan

Die Modeschöpferin von Manhattan


gut

Bisher habe ich alle Romane von Joan Weng mit Gewinn gelesen.
Das neueste Werk entführt den Leser nach Manhattan, kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Im Mittelpunkt der Erzählung steht dabei die Modeschöpferin Valentina Schlee, die individuelle Kleider für berühmte und vermögende Damen entwirft. Die erfolgreiche Geschäftsfrau aus der Ukraine belastet allerdings ein Familiengeheimnis. Daneben wird Saleslady Daisy Goldenblatt in den Blick genommen. Sie liebt ihre Arbeit in "Valentina Couture" und den irischen Schriftsteller Christopher, obschon sie den vermögenden Lebenskünstler Alistair versprochen ist.

Meinung
"Die Modeschöpferin von Manhattan" ist ein leicht zu lesender Roman aus der Feder von Joan Weng. Diesem fehlte allerdings das gewisse Etwas und der Humor aus Wengs "Berlin-Romanen". Daran konnten auch zeittypischen Begriffe wie Zimperliese oder Mobster nichts ändern. Den Konflikt zwischen weiblicher Selbstbestimmung und alten Rollenbildern hat die Autorin mit den Charakteren Daisy und Valentina gut herausgearbeitet. Es sind besonders diese Frauenschicksale, die mitreißen sollten, aber dafür sind sie emotional zu farblos angelegt. Am meisten konnte ich noch mit Daisy mitfühlen. Die Hollywood-Scheinwelt hat Weng hingegen gut getroffen. Auch die Endzeitstimmung des Jahres 1939 wird beim Lesen spürbar. Das offene Ende ließ mich etwas ungläubig und viel zu früh zurück.

Fazit
Ein solider Historienroman um eine Modeschöpferin, die es wirklich gegeben hat. Leider wollte der Funke einfach nicht überspringen, obschon ich die Einblicke in die damalige Kunstszene interessant fand.

Bewertung vom 19.07.2024
Salute - Der letzte Espresso
Kalpenstein, Friedrich

Salute - Der letzte Espresso


sehr gut

Gemächlicher Start für die neue Krimireihe
Seit Jahren bin ich Fan des Schriftstellers Friedrich Kalpenstein. Nach seinen bayerischen Provinzkrimis zieht es den Autor nun an den Gardasee. Dort ermittelt der Münchener Ex-Polizist Paul Zeitler fröhlich weiter. Der 45-jährige Cafébesitzer kann einfach nicht anders, als der Journalist Matteo Villa ausgerechnet in seinem Café in Bardolino ermordet wird...

"Salute - Der letzte Espresso" ist ein gemächlicher Krimi mit viel italienischen Dolce Vita. Das Setting mit seiner vielfältigen Gastronomie versprüht ab der ersten Zeil Urlaubsfeeling. Daneben spielen landestypische Klischees wie räuberische Schutzgelderpressung, schnelle Motorboote und reißerische Presse eine Rolle. Der Hobbyermittler Paul Zeitler war mir mit seinen sprachlichen Unzulänglichkeiten und seiner unaufgeregten Art auf Anhieb sympathisch. Der italienische Commissario Lanza weiß nicht, was er von "dem Deutschen" halten soll, der ihn mit seinen Alleingängen ständig in die Parade fährt. Lange nimmt Lanza daher eher eine distanzierte Haltung ein und bleibt für mich dadurch etwas blass. Zeitler ist da anders. Er trägt private Altlasten mit sich herum und steckt in der Midlifecrisis. Durch die unverhofften Ermittlungen blüht er auf und vernachlässigt gern mal sein Café. Während der Plot lange Zeit dahinplätschert, steigert er sich im letzten Drittel stark. Actionreiche Szenen halten Einzug und beleben die Handlung. Die Enttarnung des Täters war für mich letztendlich keine Überraschung. Von den Nebencharakteren mochte ich besonders die unerschrockene Journalistin Antonia und Zeitlers stets gut gelaunte Nachbarin Lisa samt Hündchen.

Das Coverdesign erregt dank der Signalfarbe Rot sofort Aufmerksamkeit und passt gut zum Buchtitel.

FAZIT
Insgesamt ein solider Einstieg in die neue Krimireihe. Genau die richtige Lektüre für Italienfans und Leser von Cosycrime.

Bewertung vom 19.07.2024
Ich bin Nannerl Mozart - Das vergessene Wunderkind
Ades, Audrey

Ich bin Nannerl Mozart - Das vergessene Wunderkind


ausgezeichnet

Anna Maria Mozart, genannt Nannerl, ist 4 Jahre älter als ihr bekannter Bruder Wolfgang Amadeus. Beide lieben das Klavierspielen und sind darin höchst talentiert. Unterrichtet werden die österreichischen Geschwister von Vater Leopold, der Nannerl bis zu ihrem 18. Geburtstags mit auf internationale Konzertreisen nimmt. Dort unterhalten Bruder und Schwester mit ihrem gemeinsames Spiel Könige und Königinnen.

Ich habe Audrey Ades' Bilderbuch mit großer Freude und in einem Rutsch gelesen. Nannerl ist das Wunderkind im Schatten des berühmten Bruders. Klavierspielen ist ihr Leben und dementsprechend hart trifft sie die Entscheidung ihres Vaters, lieber zu heiraten als zu musizieren. Nannerl ist verzweifelt und komponiert heimlich weiter. Sie ist eine starke Person und damit ein Vorbild für heutige Mädchen. Die Idee ihr ein Buch zu widmen, war also eine gute Idee. Insgesamt hätte die Lektüre gern doppelt so viele Seiten haben können. Die Illustrationen sind kindgerecht und fördern den Lesefluss. Ich habe mich so schnell nicht an den bunten Farben und Formen sattsehen können. Auch Leser jenseits der kindlichen Zielgruppe werden dieses Buch mögen. Lesespaß und Lerneffekt kommen nicht zu kurz.

Bewertung vom 18.07.2024
Da kräht kein Hahn nach!
Wagner, Gerhard

Da kräht kein Hahn nach!


ausgezeichnet

Gerhard Wagner hat bereits einige Erklärbücher zum Thema deutsche Redewendungen und Sprichwörter veröffentlicht. Das vorliegende dunkelgrüne Büchlein nimmt Redewendungen und Sprichwörter aus Flora und Fauna in den Blick.

Durch mein Faible für Sprachen musste ich Wagners Buch einfach lesen. Und ich habe es nicht bereut. Kurz und knapp geht er darin besonders tierischen Aphorismen wie "Da lachen ja die Hühner!" oder "Da liegt der Hase im Pfeffer!" auf den Grund. Obschon ich vieles bereits wusste, hat mich Wagners kurzweilige Schreibe gefesselt. Der Germanist und Historiker versteht sein Handwerk und erklärt so, dass es wirklich jedermann versteht. Der Reichtum der deutschen Sprache an lebensnahen Aphorismen ist wirklich erstaunlich.

Das ideale Buch für Sprachliebhaber und Deutschlerner.

Bewertung vom 14.07.2024
Sepia und das Erwachen der Tintenmagie / Sepia Bd.1
Bell, Theresa

Sepia und das Erwachen der Tintenmagie / Sepia Bd.1


ausgezeichnet

INHALT

Sepia ist Waise und im Kinderheim der Grauen Stadt aufgewachsen. Mit 12 wird sie vom Buchdruckermeister Aelius Atramento eingeladen, in der Druckerei Silbersilbe eine Lehre zu machen. Auch wenn sie wenig Talent im Umgang mit Büchern zeigt, scheint Sepia außergewöhnliche Fähigkeiten zu besitzen. So kann sie beispielsweise Bleiläuse sehen oder mit Bleibuchstaben und Papiergespenstern reden. Als eines Tages die Druckerei niederbrennt und die Meister verschwinden, scheint in Flohall der legendäre Alchimist wieder sein Unwesen zu treiben...

MEINUNG

Theresa Bells Fantasyroman bot vom Anfang bis zum Ende spannende Unterhaltung. Sepia ist eine interessante Hauptfigur, die trotz ihres jugendlichen Alters über ungeahnte Fähigkeiten und viel Mut verfügt. Gemeinsam mit ihren Freunden Nicki und Sanzio erlebt sie auf der Suche nach dem Alchimisten und ihren verschwundenen Meistern eine Menge Abenteuer. Auch das Setting ist nicht zu verachten. In der fiktiven Stadt Flohall wird die Buchkunst großgeschrieben. Es gibt gesonderte Werkstätten für Buchmaler, -binder und -drucker. Im Fokus stehen allerdings die Buchdruckkunst und die Alchimie. Die Autorin vermischt beides geschickt miteinander und lässt selbst die Hauptprotagonisten lang über ihre Bestimmung im Dunkeln tappen. Ich bin mit anhaltender Faszination mit Sepia durch das Reich von Tinte und Feder gereist. Bells Kreativität finde ich angesichts der vielen Feinheiten bei der Ausarbeitung der Tinten-/Papierwelt immens erstaunlich. In nicht einmal 2 Tagen habe ich den ersten Band der Fantasyreihe durchgelesen und bin nun sehr gespannt auf die Fortsetzung. Auch jenseits der jugendlichen Zielgruppe bietet der Roman beste Unterhaltung und feiert den Wert der Freundschaft.

FAZIT

Ein lesenswerter Fantasyroman für alle Bibliophilen.

Bewertung vom 09.07.2024
She's with me / King City High Bd.1
Cunsolo, Jessica

She's with me / King City High Bd.1


ausgezeichnet

Eigentlich bin ich zu alt für Highschoolgeschichten. Doch neben den typischen amerikanischen Klischees wartet diese Romanreihe verblüffender Weise mit Tiefgang und Humor auf.

Worum geht's?

Amelia Collins ist neu an der King City Highschool und hat ein Geheimnis. Die 17-Jährige hofft, dass ihr an dieser Schule der Neuanfang gelingt. Sie freundet sich ausgerechnet mit einer Jungsgruppe an, die von ihrer direkten Art begeistert ist. Amelia ist nie um einen Spruch verlegen und kann sich verteidigen. Selbst der muskulöse Schulprimus Aiden hat nichts zu lachen...

Meinung

Ich habe den ersten Teil der King-City-high-Buchreihe mit Begeisterung gelesen. Ab der ersten Seite habe ich mit der Hauptfigur Amelia mitgefiebert. Ihr Schicksal ist hart und ihr Mut nahezu übermenschlich. In den äußerlich kühl wirkenden Aiden findet sie ihren Seelenpartner. Er hat wie sie viel durchgemacht und kämpft wie ein Löwe um seine Liebsten. Anfangs geht es zwischen beiden nur um Nachhilfe, doch mit der Zeit beginnen sie tiefgreifende Gespräche zu führen und lassen gegenseitig die Masken fallen. Was folgt sind typische Highschoolchallenges wie heimliche Autorennen, Kämpfe mit anderen Schulen oder Eifersüchteleien um die Schulschönheiten. Die Jungsclique, in der Amelie Anschluss findet, ist eine eingeschworene Gruppe mit viel Humor. Man fühlt sich beim Lesen sofort wohl in dieser Art "Ersatzfamilie". Einziger Aufreger war für mich der Megacliffhanger am Buchende. Sprache und Handlung bildeten eine harmonische Einheit. Die emotionalen Dramen wie die aufkommende Romantik zwischen Aiden und Amelie wirkten echt. Beide waren mir auf Anhieb sympathisch.

Fazit

Eine überzeugende Coming-of-Age-Geschichte, die auch Lesern fernab der jugendlichen Zielgruppe eine Menge Lesevergnügen bereitet und vor allem nicht mit Emotionen geizt.