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Benutzername: 
Christine
Wohnort: 
Südhessen

Bewertungen

Insgesamt 111 Bewertungen
Bewertung vom 26.10.2023
Ein Fluss so rot und schwarz
Ryan, Anthony

Ein Fluss so rot und schwarz


sehr gut

Grausig und erschreckend

Man stelle sich folgendes Szenario vor: Du wachst auf und du weißt nicht wer du bist, noch wo du bist. Du erblickst eine Möwe und du ahnst, du bist auf einem Boot. Mühsam rappelst du dich auf und schaust dich um. Rechts von dir lehnt ein Leichnam an einer Wand, in seiner Hand eine Pistole. Selbstmord, Mord?
Doch du bist nicht alleine. Es gibt noch fünf andere Menschen an Bord. Und auch sie wissen nicht wer sie sind.
Alles deutet darauf hin, dass ihr eine Mission zu erfüllen haben. Doch wer steuert das Boot und gibt die Instruktionen? Und warum?
Langsam fährt das Boot auf London zu. Und mit der Zeit wird klar, die Welt ist nicht mehr, wie sie mal war. Etwas Schreckliches muss passiert sein.

Was für eine Dystopie. Das recht schmale Buch, nur 269 Seiten dick, zieht einem in eine unheimliche und erschreckende Zukunftsvision. Der Anfang ist extrem packend, gegen Ende lässt es leider nach. Daher für mich ein vier-Sterne-Buch.

Bewertung vom 16.09.2023
Als wir an Wunder glaubten
Bürster, Helga

Als wir an Wunder glaubten


ausgezeichnet

Tolles Buch, für mich ein Jahreshighlight

Dies ist bereits mein zweites Buch von Helga Bürster. Mit „Eine andere Zeit“ konnte mich die Autorin im letzten Jahr schon begeistern. Und so war ich auf ihr neuestes Werk mehr als gespannt.

Wir befinden uns in Norddeutschland, sehr ländlich und abgeschieden, in den Nachkriegsjahren. Das Leben in der dortigen Moorlandschaft ist hart und ärmlich. Dem Moor muss alles mühsam abgetrotzt werden. Die Vergangenheit lastet schwer auf den Lebenden, es herrscht Misstrauen und Aberglauben in Unnenmoor.

Das Buch vermittelt eine düstere Stimmung, die für mich sehr gut rüber kam. Es war für mich auch eine interessante historische Reise. Allein die Beschreibung der Weltuntergangs-Prediger, die damals von Dorf zu Dorf gereist sind, fand ich spannend und gleichzeitig unglaublich. Die Autorin hat mich richtiggehend in die Vergangenheit katapultiert, wie eine kleine Zeitreise.

Definitiv ein Jahreshighlight, 5 Sterne de luxe.

Bewertung vom 14.08.2023
Der Trip - Du hast dich frei gefühlt. Bis er dich fand.
Strobel, Arno

Der Trip - Du hast dich frei gefühlt. Bis er dich fand.


sehr gut

Unterhaltsam, habe aber mehr erwartet

Nach dem Prolog und dem ersten Kapitel, dachte ich erst einmal Wow - was für Albtraumszenarien. Und ich befürchtete schon, dass der Thriller für mich zu brutal werden könnte. Aber mit Kapitel zwei ließ die Spannung rapide nach. Die Geschichte war immer noch unterhaltsam – kam aber leider nie mehr an den Spannungsbogen des Buchanfangs heran.

Campingplätze als Schauplatz von Verbrechen waren für mich Neuland und eine interessante Idee, aus der man aber mehr hätte machen können. Die Ermittlerarbeit der Polizei kam mir recht dürftig vor. Da hoffe ich doch, dass das in der Realität besser läuft.

Evelyn Jancke selbst, fand ich eher unsympathisch und recht unnahbar. Hier hätte ich mir noch mehr Tiefe gewünscht.

Insgesamt ein solider Thriller – aber leider kein Highlight. Von Arno Strobel gibt es deutlich bessere Bücher. Trotzdem bin ich beim nächsten Buch wieder dabei.

Bewertung vom 26.05.2023
Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)
Boyle, T. C.

Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)


ausgezeichnet

Alltag in der Apokalypse

Vorab – ich fand das Buch großartig. T.C. Boyle kann einfach ungewöhnliche Geschichten schreiben. Ich brauchte zwar zwei bis drei Kapitel, bis ich Feuer gefangen habe, aber dann hat mich das Buch nicht mehr losgelassen.

Aber um was geht es eigentlich. Wir lernen eine Familie in den USA kennen. Zum einen die beiden Eltern – er Arzt, sie Hausfrau. Beiden ist bewusst, dass wir alle auf eine Klimakatastrophe zusteuern. Doch was kann man daran noch ändern? Von Frank kommt dazu nicht viel, Ottilie versucht einen Beitrag durch die Verwendung von Insekten in den täglichen Mahlzeiten zu leisten.

Die beiden haben zwei Kinder – Cat und Cooper – die bereits erwachsen sind und ihr eigenes Leben leben. Während Cooper an dem Thema privat und beruflich – er ist Entomologe – sehr nahe dran ist, ist es für Cat nur eine Randerscheinung. Für steht aktuell ihre Karriere als Influencerin im Vordergrund.

Die Welt der vier Personen ändert sich innerhalb weniger Jahren drastisch. Bei den Eltern und Cooper in Kalifornien regnet es seit Monaten, ja seit Jahren nicht mehr. In Florida, wo Cat mit ihrem Mann Todd lebt, dagegen, regnet es quasi ununterbrochen. Einen blauen Himmel gibt es hier so gut wie gar nicht mehr. Gleichzeitig nimmt die Tierpopulation drastisch ab. Ganze Spezies stehen vor dem Aussterben.

Ich fand das Buch deshalb so beeindruckend, weil es nicht die Katastrophe in den Vordergrund stellt, sondern wie Menschen in dieser Situation weiterhin ihren Alltag bestreiten. Und dabei versuchen, ihr bisheriges Leben weiterhin so zu leben, wie sie es möchten Ein wirkliches, ein radikales Umdenken findet letztendlich nicht statt. Ja man schränkt sich notgedrungen bei dem ein oder anderen ein, mehr aber auch nicht. Wahrscheinlich wird es letztendlich genau so laufen. Eine großartige und gleichzeitig bedrückende Lektüre.

Bewertung vom 01.05.2023
Die einzige Frau im Raum / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.4
Benedict, Marie

Die einzige Frau im Raum / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.4


sehr gut

Eine ungewöhnliche Lebensgeschichte

Ich muss zugeben, mir sagte Hedy Lamarr gar nichts. Wobei ich bestimmt mal den ein oder anderen (Schwarz-weiß)Film mit ihr gesehen habe. Das wird aber schon lange her sein.

Angesprochen hat mich die Tatsache, dass ein berühmter Filmstar aus den 30/40ern gleichzeitig Wissenschaftlerin war, die sogar technische Patente angemeldet hat. Das ist etwas, dass auf dem ersten Blick so gar nicht zusammenpasst. Da sieht man mal wieder, welche blöden Vorteile in einem selber stecken.

Das Buch selber fand ich wirklich gut und interessant geschrieben. Romanbiographien sind für mich tatsächlich Neuland. Ich denke aber, dass ich noch das ein oder andere Buch aus diesem Genre ausprobieren werde. Denn dieser erste Ausflug in die neue Sparte hat mir sehr gut gefallen.

Was ich ein bisschen Schade fand, war der kurze zeitliche Umfang von gerade mal neun Jahren. Ich hätte mir gewünscht, dass man noch mehr über ihren Werdegang nach 1942 erfährt.

Insgesamt war es ein lohnenswertes Buch, dass auch dazu anregt, sich mehr mit Hedy Lamarr zu befassen.

Bewertung vom 15.04.2023
3000 Yen fürs Glück
Harada, Hika

3000 Yen fürs Glück


sehr gut

Mal etwas anderes

Der Untertitel „Ein Familienroman über die Kunst des Sparens“ beschreibt den Inhalt des Buches sehr treffend. Es geht tatsächlich darum, wie die einzelnen Mitglieder einer Familie und deren Freunde mit ihrem Geld und dem Thema Sparen umgehen.

Ich fand das sehr interessant – insbesondere vor dem Hintergrund der japanischen Kultur. Ich vermute aber mal, dass ein solches Buch aus Deutschland von Verlagen direkt abgelehnt werden würde. Nach dem Motto „Wer liest denn so etwas?“.

Das Thema ist schon sehr speziell und bestimmt nicht jedermanns Sache.

Mir hat besonders die Sicht der Großmutter Kotoko gefallen und ihre Einführung in Kakeibo. Im Buch findet sich auch ein hilfreiches Glossar. Dennoch regt das Buch dazu an, sich noch tiefer in die Materie zu googeln.

Ein ungewöhnliches Buch, dass ich gerne mit 4,5 Sternen bewerte. Auf jeden Fall mal etwas anderes.

Bewertung vom 01.04.2023
Institut für gute Mütter
Chan, Jessamine

Institut für gute Mütter


ausgezeichnet

Unglaublich und doch möglich

Frida, Mutter einer kleinen Tochter und geschieden, teilt sich das Sorgerecht mit ihrem Ex-Mann. Die letzten Tage hat Frida extremst schlecht und nur wenig geschlafen. Auf Grund dieser Übermüdung und dem Druck der Arbeit, begeht sie einen schwerwiegenden Fehler. Sie lässt ihre Tochter allein zu Hause, um Unterlagen von ihrer Arbeitsstelle abzuholen. Und sie dehnt die „Pause“ zusätzlich noch aus, denn Frida ist mit der Gesamtsituation sichtlich überfordert.

Doch anstatt Frida wirklich zu helfen, wird sie in das gerade neu geschaffene Institut für gute Mütter gesteckt. Innerhalb eines Jahres soll sie dort lernen, eine gute Mutter zu werden. Denn nur dann darf sie wieder Kontakt zu ihrer Tochter haben.

Die Gründe, warum Frauen in diesem Institut landen, sind vielfältig. Neben tatsächlicher Vernachlässigung können es auch Kleinigkeiten sein, wie z.B. dass die Wohnung nicht ausreichend kindersicher war.

Was diesen Frauen in dem Institut widerfährt und wie sie dort quasi umerzogen werden, ist unglaublich. Und leider doch möglich. Das hat mich am meisten erschreckt.

Ein Institut für gute Väter gibt es im Übrigen auch. In diesem Sinne gibt es sogar „Gleichberechtigung“.

Es war auf jeden Fall eine lehrreiche Lektüre, da man selber überlegt und reflektiert, was denn eine „gute“ Mutter ausmacht.

Bewertung vom 19.03.2023
Die spürst du nicht
Glattauer, Daniel

Die spürst du nicht


ausgezeichnet

Stilistisch und erzählerisch großartig

Schon nach ein paar Seiten hatte ich das Gefühl, in einem Kino zu sitzen. Ich konnte mir es so gut vorstellen – man sieht die Figuren auf der sonnenbeschienenen Terrasse in der Toskana sitzen und aus dem Off kommt eine sonore Erzählstimme, die die Erwachsenen und Kinder der Urlaubsgemeinschaft vorstellt. Und das meine ich nicht negativ. Mir hat das extrem gut gefallen. Insgesamt fand ich den Roman stilistisch ungewöhnlich und großartig.

Und auch inhaltlich hat mich der Autor mit seiner Geschichte gepackt und überzeugt. Den Umgang der Medien, der Gesellschaft und der einzelnen Beteiligten mit der Situation fand ich absolut nachvollziehbar.

Der Roman führt einem vor Augen, dass in unserer Gesellschaft Menschen leben, die „man nicht spürt“. Menschen „unter unserer Wahrnehmung, unter unserem Interesse“. Und doch ist es wichtig, dass diese Menschen ihre Geschichte erzählen können und wir Ihnen zuhören und sie wahrnehmen. Und dieses Buch ist ein kleiner Beitrag dazu. Daher einen großen Dank an den Autor, der mich wieder wachgerüttelt hat.

Bewertung vom 03.03.2023
Anti-Girlboss
Shehadeh, Nadia

Anti-Girlboss


sehr gut

Ich habe mich hier wiedergefunden

Vorweg möchte ich sagen, dass ich mich in diesem Buch sehr wiedergefunden habe. Und es hat mir so was von gut getan, dass ich mit meiner Einstellung und Lebenssicht anscheinend nicht alleine bin.

Zudem war es für mich sehr ungewöhnlich, dass ich mich an ein Sachbuch herangewagt habe. Wobei ich denke, dass es kein typisches Sachbuch an sich ist, sondern eher ein Lebens-/Erfahrungsbericht, welcher mit entsprechendem Fachwissen zur Materie untermauert wurde. Und damit handelt es sich (zum Glück) nicht um eine hochwissenschaftliche Arbeit. Entsprechend gut lesbar war das Buch.

Ich kann mir aber auch gut vorstellen, dass Menschen mit anderen Sichtweisen und anderer Lebenseinstellung mit diesem Buch so gar nichts anfangen können. Meiner Meinung nach ist die Autorin mit diesem Buch auch nicht angetreten, um aus Workaholics Menschen mit einer ausgeglichenen Work-Life-Balance zu machen.

Hier wird einfach dargestellt, dass man auch ohne völlige Selbstaufgabe und mit einem gesunden Maß an Leistungsbereitschaft ein gutes und auch gesellschaftlich wertvolles Leben führt.

Bewertung vom 31.12.2022
Ginsterhöhe
Caspari, Anna-Maria

Ginsterhöhe


ausgezeichnet

Ein überraschendes Highlight

Die Rückkehr von Albert Lintermann in sein kleines Heimatdorf in der Eifel ist für ihn wahrlich nicht einfach. Zwar hat er den ersten Weltkrieg überlebt, aber mit extremensten Gesichtsverletzungen. Nicht jeder kommt damit zurecht, so dass Albert viele Zurückweisungen ertragen muss.

Wir begleiten Albert von 1919 bis in die späten 40er Jahre und die Autorin hat mir ihn und alle anderen Menschen des Dorfes richtig nahe gebracht. Ich habe mitgelitten und mich mitgefreut. Es war eine emotionale Reise.

Auch die historischen Beschreibungen fand ich sehr gut in die Geschichte eingeflochten und ich habe wieder einiges Neues erfahren.

Besonders macht die Geschichte auch, dass es den Ort Wollseifen wirklich gibt und dieses eine ganz besondere Schicksal ereilt hat. Darauf geht die Autorin auch im Nachwort gesondert ein.

Zwischen den Kapiteln gibt es immer wieder Tagebucheinträge des ortsansässigen Lehrers, der darin auch oft auf das Weltgeschehen eingeht. Das fand ich ganz besonders interessant.

Für mich war das Buch ein überraschendes Highlight zum Jahresende. Und der im Sommer 2023 erscheinende neue Roman von Anna-Maria Caspari steht schon auf meiner Wunschliste.