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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 1971 Bewertungen
Bewertung vom 11.10.2024
Intermezzo
Rooney, Sally

Intermezzo


weniger gut

Brüder
Sally Rooneys neuer Roman erzählt von 2 Brüdern, die sehr unterschiedlich sind und nach dem Tod des Vaters an einem Wendepunkt im Leben stehen.
Ihr desolater Gemütszustand überträgt sich auf den Leser und die ersten 100 Seiten empfand ich als unglaublich öde. Das kannte ich aus den vorherigen Büchern der Autorin nicht.
Dann hat man sich eingelesen und erkennt, wie gut Sally Rooney die emotionale Seite ihrer Protagonisten beleuchtet.
Das gilt meiner Meinung nach aber weniger für die weiblichen Figuren. Nicht zuletzt deswegen bleiben die Beziehungen zu verhalten. Eigentlich traurig und es bleibt wenig Optimismus. Aber das scheint mir doch nur Sally Rooneys Weltbild, dem ich mich nicht anschließen will.
Leider bleibt eine Distanz zu den Figuren, die nicht zu überwinden ist. Ich halte die Figuren auch für nicht ganz glaubwürdig. Peter ein Macho, Ivan ein schachspielender Nerd. Über diese Klischees kommen sie meistens nicht hinaus. Erst spät im Buch brechen ihre Rollen gelegentlich.
Durch die stockende Erzählweise und dem schlechten Lesetempo kommt man nur schwer voran und das Lesen wird zur Qual.
Das Ende halte ich dann für wenig zufriedenstellend.

Bewertung vom 10.10.2024
Mit goldenem Löffel
Crilly, Jane

Mit goldenem Löffel


ausgezeichnet

Die Autorin Jane Crilly lässt die Leser in einer vergangenen Zeit schwelgen, indem sie die breit angelegte Geschichte einer Familie auf dem Landsitz Haddock Hall in mehreren Generationen erzählt.
Da sind Archie und Mary und ihren Söhnen George und Clay.
1901 lernt Gorge Lilian auf einem Sommerball kennen. Sie heiraten und 1903 werden ihre Zwillinge Edmund und Wilson geboren. Der sensible Wilson ist Icherzähler.
Archie und Mary sterben 1906 bei einem Unfall. 1919 stirbt auch Lilian völlig überraschend.
Dann kehrt Clay aus Afrika zurück und bringt Elise mit, die alle fasziniert. Bald dreht sich alles um sie. Jeder ist in sie verliebt, selbst der Hund und der Butler. Ganz besonders aber Wilson, der sich nur mit ihr lebendig fühlt.

Wer Nostalgie und das Genre mag, ist bei diesem Roman genau richtig.

Bewertung vom 07.10.2024
Dringende Durchsage
Lenz, Siegfried

Dringende Durchsage


sehr gut

Literarische Schatzkiste

Dieses Buch versammelt überwiegend ungedruckte Texte von Siegfried Lenz.
Eine große Leistung, diese aus dem Archiv zusammen zu suchen.
Es sind jetzt auch meistens Texte, die nicht so große literarische Bedeutung oder Qualität haben, sonst wären sie vielleicht auch nicht ungedruckt bleiben. Dennoch gibt es genug Texte, die lesenswert sind und gesellschaftspolitische Wert besitzen.
Darunter auch ein paar Erzählungen, die Lenz Freunden geschenkt hatte, z.B. Helmut Schmidt oder Teofila Reich-Ranicki.
Erstaunt war ich, sogar Geschichten mit kriminalistischen Hintergrund zu finden. Das ist selten bei Lenz. Inspektor Tondi, Der Fluß und der Inspektor. Das sind zwei Varianten einer Story, die Lenz für einen Fernsehfilm geschrieben hatte. Den Film gibt es, ist aber nicht einfach zu finden.
Sehr gefallen haben mir auch die Erzählungen Heimweh und Die Selbstanzeige des Strandgendarms. Da findet man Lenz bekannten sozialkritischen Ansatz.

Es gibt auch ein umfangreiches Nachwort zur Einordnung.

Das Buch ist für Freunde des literarischen Meister ein Schatz.

Bewertung vom 04.10.2024
Ich komme nicht zurück
Khayat, Rasha

Ich komme nicht zurück


sehr gut

Wichtige Themen, aber man hätte mehr daraus machen können

Ich komme nicht zurück hat eine ganze Reihe relevanter Themen, vor allen erzählt es aber von der Problematik von Migranten in einer Umgebung zu leben, die von äußeren Bedingungen verändert werden.

Es sind die Achtziger Jahre in Deutschland.
Erzählerin des Buches ist Hanna, die zusammen mit ihren Freund Cem als Kind ein Mädchen kennen lernt: Zeyna, die mit ihren Vater aus dem Libanon flüchten musste. Ihre Mutter starb. Fehlende Mütter ist eins der Themen, die Einfluss nehmen, sowohl auf Zeyna als auch auf Hanna.

Zwischen den Kindern entsteht eine tiefe Freundschaft. Diese wird aber schließlich belastet. Durch rechtsextreme Anschläge, dem Terrorangriffe 9/11 und wie arabischstämmige Migranten unter einen Generalverdacht gerieten.

Nebenfiguren wie Zeynas Vater oder Hannas Großmutter sind sehr wichtig für die Hauptfiguren.
Zeyna ist die interessanteste Figur des Romans. Schade, dass sie dann den Großteil komplett fehlt.
Wäre sie Erzählerin des Buches, hätte es noch erhellender werden können. Aus den Themen hätte man teilweise auch noch mehr machen. Dennoch ein gutes Buch.

Bewertung vom 02.10.2024
Vaterländer
Tambrea, Sabin

Vaterländer


ausgezeichnet

Emotionaler Familienroman

Der Schauspieler Sabin Tambrea hat ein Buch über seine Familie, die aus Rumänien stammt, geschrieben. Es ist daher ein sehr emotionales Buch.
Zentral sind da die Ereignisse um den Vater, der als Musiker nach Deutschland flüchtet. Das Empfinden des kleinen Sohnes, seiner Schwester und der Mutter, die dann dem Vater folgen. Und schließlich Rückblicke durch Aufzeichnungen um die Verfolgung des Großvaters durch die Securitate.

Manchmal ist man skeptisch, ob bei Schauspielern, wenn sie anfangen Bücher zu schreiben, wirklich literarisches Können ausreicht, aber Sabin Tambrea (der übrigens auch schon einen Roman vorher geschrieben hatte) versteigt sich nicht, erzählt geradlinig und spannend. Sein Stil ermöglicht dem Leser Teilnahme.
Es ist ein großer Familienroman, aber ob es wirklich so wenig Konflikte innerhalb der Familie gab, ist fraglich, wen auch nicht entscheidend.

Sabin Tambrea teilt die Schilderungen in lange Kapitel ein und ermöglich so ein gutes Leseerlebnis. Die Empfindungen werden für die Leser spürbar und man erfährt viel vom Leben in Rumänien unter Ceausescu.

Bewertung vom 27.09.2024
Es sind nur wir
Peichl, Martin

Es sind nur wir


ausgezeichnet

Die Füchsin

Neben der Rahmenhandlung um Mascha und dem Icherzähler gibt es dazwischen immer wieder Überlegungen und Reflexionen über diverse Details. Das sind oft ungewöhnliche Abschnitte, die einen als Leser stutzen und überlegen lässt.

Der Protagonist ist verstört. Oft erinnert er sich an seinen Freund Paul, der sich umbrachte, hat Sorgen um seine Mutter oder denkt an seine Exfreundin Sophia.
Doch die Beziehung zu Mascha ist ihm wichtig.
Er hat Mascha in einem Birdwatching-Verein kennen gelernt. Sie lebt zurückgezogen in einem Bunker. Leitmotivhaft begleitet eine Füchsin Mascha.

Der Text deutet die Auswirkungen eines problematischen Gesellschaftszustand an.

Es sind nur wir ist ein sorgfältig gemachter, verhaltener, manchmal auch stimmungsvoller Roman!

Bewertung vom 27.09.2024
Okaye Tage
Mustard, Jenny

Okaye Tage


gut

Nicht okay

Okaye Tage ist ein Buch über eine Beziehung. Die aus Schweden stammende Sam verbringt einige Monate mit Lucas in London. Überwiegend bleibt es an der Oberfläche wie auch den Figuren es an Tiefe fehlt. Die Perspektive wechselt jedes Kapitel. Ich bevorzuge die Schilderungen von Luc. Die Beziehung ist unkompliziert, locker und wie sich bei der ersten kleinen Krise zeigt, nicht von Dauer. Die zweite Romanhälfte beschäftigt sich mit dem Verarbeiten der Trennung. Sprachlich bleibt es konventionell.
Von mir bekommt das Buch keine Empfehlung.

Bewertung vom 26.09.2024
Zeitpfade
Michaels, Anne

Zeitpfade


sehr gut

Zeitpfade der kanadischen Schriftstellerin Anne Michaels überzeugt durch einen eleganten Stil, der poetische Momente hat und die schwebende Atmosphäre der Vergangenheit transportieren kann.

Anne Michaels folgt keiner konventionellen Handlung, aber sie zeigt mehrere Generationen einer Familie
Der Roman deckt einen großen Zeitraum ab, beginnend 1917 auf einem Schlachtfeld des ersten Weltkriegs, dann die Rückkehr des verletzten Soldat John zu seiner späteren Frau Helena. Er widmet sich der Fotografie. Ein geheimnisvolles Element kommt hinzu, als in den Fotos, die John macht, verstorbene zu sehen sind. Es sind die Angehörigen der Menschen, die John fotografierte. Ein Element, dass leider nicht komplett verfängt.

Mehrere Generationen werden noch gezeigt. Die Tochter Anna, die Enkelin Mara, ihr Freund Alan und weitere Figuren, die nicht sofort zuordenbar sind. Zudem wird sehr in den Zeiten vor- und zurück gesprungen. Dadurch wird es bald etwas zu fragmentarisch, auch wenn fast alle Passagen stark geschrieben sind.

Zeitpfade ist ein Roman, der abseitig der Lesekonventionen etwas wagt und den Leser dabei fordert.

Bewertung vom 25.09.2024
Die Unmöglichkeit von Liebe
Reece, Francesca

Die Unmöglichkeit von Liebe


sehr gut

Der Roman erzählt die Geschichte von Geth und Olwen im ländlichen Wales.
Die Autorin arbeitet geschickt mit zwei Zeitebenen. Gegenwart ist 2016/2017, rückblickend dann ab 1987 über die neunziger Jahre, als die Protagonisten noch jung waren. Zwischendurch geht es dann noch mehrfach ins Jahr 1980. Mir persönlich war das zu viel. Es wurde zu sprunghaft, aber das ist Geschmackssache.
Geth und Olwen hatten eine Liebesbeziehung, aber dann trennten sich ihre Wege. Während der erste Teil des Buches Geth mehr im Blickpunkt stand, kommt im zweiten Teil Olwens Perspektive mehr zum Tragen.
Im Gegenwartshandlungsstrang treffen sie sich wieder und alte Gefühle kommen wieder hoch.
Die Figuren sind nicht schlecht gemacht. Man kann sie verstehen.
Nach „Ein französischer Sommer“ ist „Die Unmöglichkeit von Liebe“ eine kleine Steigerung.

Bewertung vom 25.09.2024
Der Zauberberg, die ganze Geschichte
Ohler, Norman

Der Zauberberg, die ganze Geschichte


sehr gut

Der Zauberberg, die ganze Geschichte

Verspielt, aber sorgfältig

Norman Ohler schafft eine Rahmenhandlung mit autofiktionalen Ansatz. Ein Autor ist mit Tochter und deren Freundinnen in Davos und liest dort Thomas Manns Meisterwerk Der Zauberberg.

Darin eingebettet ist die Entstehungsgeschichte des Zauberbergs mit Thomas und Katia Mann als Hauptfiguren.

Prinzipiell ist das alles bekannt, aber der Autor geht so spielerisch mit dem Stoff um, dass es Spaß macht.

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