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Bibliomarie

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Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 26.10.2021
Herrgottsacker
Wagner, Andreas

Herrgottsacker


ausgezeichnet

Eine verlassene Kleingartensiedlung wird zu Bauland erschlossen. Bei den Abrissarbeiten der Gartenhütten finden sich menschliche Knochen. Aber der Bürgermeister möchte keine Komplikationen, also sollen die Gemeindemitarbeiter die Knochen stillschweigend verschwinden lassen. Doch ein neugieriger Hund macht die Pläne zunichte.

Die Kripo – Kommissar Harro Betz und die Kollegen Ravi Bingenheimer und Tobias Schmahl haben wenige Anhaltspunkte. Keine Identifizierungsmerkmale, kein passender Vermisstenfall, zerstörte Spuren machen die Suche fast unmöglich.

Herrgottsacker ließ mich gleich zu Beginn schaudern. Der Fall geht unter die Haut und je mehr ans Licht kommt, umso spannender wird es. Der Leser hat nämlich eine Stimme den Kommissaren voraus: die Gedankengänge eines todkranken Mannes, der sehr genau um die Vorgänge weiß und auf seine Art für Gerechtigkeit sorgen will.

Sehr eindrücklich werden die Beamten geschildert. Das Team harmoniert und arbeitet gut zusammen, auch oder weil man um die Schwächen der Kollegen weiß. Betz scheint am persönlichen Tiefpunkt angekommen zu sein, ohne Flachmann verlässt er nicht mehr das Haus und nur noch die Arbeit scheint ihn zu stützen. Tobias, ein junger Familienvater ist von der häuslichen Situation überfordert und bei Ravi ist es die Ungewissheit seiner Herkunft, die ihn als Adoptivkind umtreibt.

Das ist sehr realistisch in die Handlung eingebunden und macht die Figuren auch über die reine Ermittlungsarbeit hinaus sehr interessant.

Der Plot ist ebenfalls sehr nahe an der Realität und auch von erschreckender Aktualität. Das hat für mich eine Spannung erzeugt, der ich mich nicht entziehen konnte und die mich nachhaltig beschäftigte.

In einem Satz: ein fesselnder Krimi, den man nicht aus der Hand legen mag.

Bewertung vom 24.10.2021
Goldenes Gift / Xavier Kieffer Bd.7
Hillenbrand, Tom

Goldenes Gift / Xavier Kieffer Bd.7


gut

Xavier Kieffer, ehemaliger Sternekoch aus Luxemburg, kommt einem Schwindel mit Honig auf die Spur. Seit einiger Zeit hat er Bienenstöcke bei einem Stadtimker gemietet und verkauft den Honig an seine Gäste. Doch dann stirbt der Imker und Kieffers Bienenstöcke sind verschwunden. Das lässt ihm keine Ruhe und er beginnt nachzuforschen.

Gleichzeitig beobachtet seine Freundin, die Gastrokritikerin und Gastrojournalistin Valerie in Kalifornien einen „Hive heist“, einen Raub von Bienenstöcken. Sie will das anzeigen, aber die Bienenstöcke sind am nächsten Tag wieder an Ort und Stelle.

Nun beginnen beide, zwar getrennt aber in der gleichen Sache zu recherchieren und kommen einem Lebensmittelskandal auf die Spur.

Vorab, ich kannte bisher die Reihe um den luxemburgischen Koch nicht und hatte trotzdem keinerlei Mühe in die Geschichte zu finden. Das Thema ist hochaktuell, über Bienensterben, gepanschten Honig und Fälschungen wird häufig berichtet und der Autor nimmt das zum Thema für seinen durchaus originellen Krimi.

Mit Kieffer kann man Luxemburg erkunden, man begleitet ihn straßengenau durch die Stadt und bekommt nebenbei noch eine ganze Menge Geschichte geboten. Auch der deftigen Küche wird gehuldigt, das anhängende Küchenglossar hat mich amüsiert.

Allerdings hat sich für mich dadurch die Handlung schon ein bisschen in die Länge gezogen, auch wenn es mit immer wieder spannende und temporeiche Szenen gibt. Besonders Valerie lässt sich auf manche gefährliche Aktion ein.

Der Autor hat das Thema wohl sehr gründlich recherchiert und diese Kenntnisse fließen in den Krimi ein und haben mich an einigen Punkten sehr nachdenklich gemacht. Monokulturen, Herbizide, Pestizide – wir machen es den Bienen wirklich schwer.

Ein solider Krimi um ein aktuelles Thema.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.10.2021
Spook Street / Jackson Lamb Bd.4
Herron, Mick

Spook Street / Jackson Lamb Bd.4


ausgezeichnet

Nun schon zum vierten Mal lässt Mick Herron die abservierten Geheimdienstleute aus Slough House ermitteln.

Der Roman beginnt mit einer grandiosen Idee: an Hand der alten, maroden Heizungsrohre die sich durch das Haus ziehen, geht der Leser mit auf Entdeckungsreise durch die leeren Büros und lernt die Leute kennen. Mal sind es die vertrauten, mal neue Mitarbeiter, denn auch im Slough House gibt es immer wieder ungewollte Abgänge, aber es gibt genügend Nachschub von Geheimdienstlern, die einen Fehler machten oder aus anderen Gründen abserviert wurden und nun auf dem Abstellgleis auf eine Chance warten, so wie der junge River Cartwright. Sein Großvater war in seiner aktiven Zeit eine der Legenden des britischen Geheimdiensts. Aber nun beginnt sein Gedächtnis zu bröckeln, er wird gebrechlich. Aber nicht so hilflos, dass er nicht darauf reagiert, als ein Fremder sich als sein Enkel ausgibt. River findet den Toten bei seinem Großvater, er ist über die Ähnlichkeit erstaunt und als er eine Fahrkarte nach Frankreich in der Tasche des Toten findet, zufällig zu dem Ort, an dem der Großvater immer Urlaub machte, riskiert River einen Alleingang.

Die Spionageromane von Mick Herron sind einfach Klasse. Wenn jemand dem großen Le Carré das Wasser reichen kann, dann ist es Herron. Der Plot ist reichlich verzwickt, aber intelligent und sein Sarkasmus bringt reichlich Unterhaltungspotenzial in den Roman.

Ganz besonders liebe ich seine Protagonisten. Alle sind vom Beruf gezeichnet und tragen eine schwere Last mit sich, aber wenn sie gefordert werden, laufen sie wieder zur Hochform auf, egal welchen Ruf sie im „Park“, haben. Geführt werden sie von Lamb, der sein abgewracktes Image mit Hingabe pflegt. Ungepflegt, ungerecht und ignorant – damit verbirgt er geschickt seinen messerscharfen Verstand. Vor allem weiß er um die Intrigen in den Führungsetagen des Geheimdiensts und der politischen Verstrickungen um Macht und Einfluss. Lamb mit seiner Truppe, die „Lahmen Gäule“ (so der Titel des ersten Romans) weiß sie zu nutzen.

Herron schreibt bissig und temporeich und immer stellt sich das Gefühl ein, so könnte sich das Geschäft um Spionage auch abspielen. Die Wirklichkeit hat schon manchen ausgefallenen Plot eingeholt.

Spook Street hat alles, was ein Spionageroman braucht. Vielschichtige Charaktere, spannende Wendungen und dazu der unnachahmlich bissig-sarkastische Schreibstil und die pointierten Dialoge – einfach Spitze.

Schade nur, dass der Diogenes Verlag sich nun für eine Paperback-Ausgabe entschieden hat, ich hätte gern die gleiche Ausstattung der Vorläufer im Regal gehabt.

Bewertung vom 21.10.2021
Das Collier der Königin
Maxian, Beate

Das Collier der Königin


sehr gut

Der neue Roman von Beate Maxian verbindet zwei Zeitebenen zu einem unterhaltsamen und spannenden Roman.

Lea bekommt von ihrer Tante Gloria schon zu Lebzeiten ein Familienerbstück ausgehändigt: ein wertvolles Diamantcollier, das sich schon seit 150 Jahren in der Familie befindet, dessen Herkunft aber geheimnisumwittert ist. Lea möchte mehr über dieses Schmuckstück erfahren, das einst der Königin Marie Antoinette gehörte und begibt sich mit Historiker Elias auf Spurensuche. Je mehr sie in die Geschichte eintaucht, umso mehr beginnt sie ihr eigenes Leben zu überdenken.

Die zweite Erzählebene ist in Zeiten der Französischen Revolution angesiedelt. Isabelle, die Tochter des Goldschmieds Blanc, ist in Paris nicht mehr sicher. Es rollen längst nicht nur die Köpfe von Adligen, auch ihr Vater endet auf dem Schafott. Sie muss fliehen, zusammen mit einem kleinen Mädchen, das ein Soldat vor dem sicheren Tod rettete.

Der historische Teil des Romans hat mir ganz besonders gefallen, Isabelle ist die Protagonistin, die die Geschichte trägt und ihr Schicksal in den Revolutionswirren und den folgenden Jahren ist fesselnd und farbig erzählt. Sehr gelungen ist die Verbindung von realen Ereignissen und Personen mit dem Schicksal von Isabelle und ihrer Familie und ihrem Bezug zu Marie Antoinette.

Beate Maxian hat sich eine zauberhafte Geschichte ausgedacht, die ein Familienerbstück und einen Schwesternzwist in den Mittelpunkt stellt und wie sie die beiden Handlungsstränge verbindet, macht das Buch zu einer interessanten Lektüre. Außerdem schreibt sie charmant und unterhaltsam, das macht auch für mich den Reiz ihrer Romane aus.

Wer also eintauchen möchte in ein historisches Paris und in Leas Wiener Leben, wird mit diesem Buch zauberhafte Lesestunden erleben.

Bewertung vom 19.10.2021
Kant und der sechste Winter / Kommissar Kant Bd.1
Häußler, Marcel

Kant und der sechste Winter / Kommissar Kant Bd.1


ausgezeichnet

Eiskaltes und verschneites München: Kant wird zu einem Unfall mit Fahrerflucht gerufen, doch es gibt eine Zeugin, die angibt der Fahrer wäre ausgestiegen und hätte den am Boden liegenden Mann gewürgt. Die Pathologie bestätigt das später. Aber wer hätte Grund, den jungen, honorigen Rechtsanwalt zu töten?

Kant geht mit seinem Team vielen Spuren nach und sie führen immer wieder in das kleine Dorf Schelfing. Dort erfor vor kurzem ein Junkie in einer abgelegenen Scheune, ist es Zufall, dass der Tote ein Jugendfreund des ermordeten Rechtsanwalts war? Und warum stößt Kant auf eine Mauer des Schweigens?

Der Debütkrimi von Marcel Häußler war eine echte Überraschung für mich. Ein ausgefeilter und mit Menschenkenntnis erdachter Plot lässt von Anfang an die Spannung auf hohem Niveau bleiben.

Bei den Protagonisten ist bis zu den Nebenfiguren die Charakterzeichnung stimmig und lebensecht. Kant ist Polizeibeamter, geschieden und seine renitente Teenagertochter fordert im Augenblick mehr Aufmerksamkeit, als er geben kann. Andere Kollegen hadern mit Schicksalsschlägen und familiären Problemen. Das kennt man zwar aus vielen Krimis und Filmen, aber die psychologisch sehr gut abstimmten Charaktere und kluge, lebenserfahrene Szenen und Dialoge verhindern das Klischee.

Auch der Hintergrund ist stimmig, ein Dorf im Speckgürtel lockt Bodenspekulanten an, wenn dann die örtliche Politik mitmacht, bleibt manchem Einwohner nur die Kapitulation oder der Trost aus der Flasche. Kant findet eine ganze Reihe Anhaltspunkte, die ihm Schelfing suspekt machen, aber ob er schnell genug seine Schlüsse ziehen kann, um einen weiteren Mord zu verhindern, bleibt bis zum fulminanten Schluss offen.

Mit diesem Erstling hat der Autor schon einen beachtlichen Einstand vorgelegt und muss den Vergleich mit etablierten Autoren nicht scheuen. Das lässt mich gespannt auf weitere Bücher von ihm warten.

Bewertung vom 18.10.2021
Der war schon tot
Kohl, Erwin

Der war schon tot


sehr gut

Seit Lukas Born nicht mehr Kriminalbeamter ist, schlägt er sich als Privatermittler mehr schlecht als recht durchs Leben. Jetzt muss er sich schon um eine verschwundene Schwarzbunte namens Heike kümmern weil spektakuläre Fälle ausbleiben. Und seine Freundin ist das Leben auf einem Dauercampingplatz leid und hat eine Doppelhaushälfte im Auge, was für Lukas ein absolutes No-Go ist. Außerdem gibt es Ärger mit Sohn Bastian, aber private Probleme bringen leider nicht das Konto ins Plus.

Da schlittert er unverhofft in einen mysteriösen Fall. Der junge Lenni liegt splitternackt auf der Straße bei Sonsbeck. Wie kam er dorthin, kilometerweit von seinem Auto entfernt?

Gut, dass Lukas auf seine private Soko zurückgreifen kann. Für Computerprobleme und mal eine nicht ganz legale Recherche ist Eddy unverzichtbar und auch die anderen Mitstreiter der Soko Happy Eiland darf man nicht unterschätzen.

Wer denkt der Niederrhein ist nur flach und langweilig hat sich getäuscht. Erwin Kohl kann dem gemütlichen Setting mit Dauercamper und Landschaft eine ganze Menge Spannung abgewinnen. Sein Protagonist Lukas ist ein wenig retro und vielleicht auch deswegen sehr sympathisch. Seine Fähigkeiten als ehemaliger Kriminaler, ohne die Fesseln die das Beamtentum ihm anlegten, kommen als Privatermittler erst so richtig zur Geltung. So entwickelt sich ein spannender Fall, der vielschichtiger ist, als auf den ersten Blick erscheint.

Mit den unterhaltsamen Nebensträngen, wie der Suche nach der Kuh Heike, den Reibereien mit Ex-Frau Julia, die jetzt als leitende Kriminalbeamtin Lukas immer in die Schranken verweisen möchte und nicht zuletzt den Zukunftsplänen von Freundin Linda, gibt es immer wieder witzige Szenen und ironisch-schlagfertige Dialoge, die mir sehr großen Spaß machten.

Einmal angefangen, mochte ich das Buch kaum aus der Hand legen. Dieser Niederrhein-Krimi hat mir sehr gut gefallen.

Bewertung vom 18.10.2021
Tod eines Haderlumpen (eBook, ePUB)
Fuchs, Ruth M.

Tod eines Haderlumpen (eBook, ePUB)


sehr gut

Kommissar Quirin Kammermeier hat sich sehr auf das erste gemeinsame Weihnachtsfest mit Freund Kurt gefreut. Doch reißt ihn ein Anruf des Kollegen Rolf aus der Weihnachtsstimmung. Kommissarin Sabine Lindinger steht unter Mordverdacht. Sabine ist eine beliebte Kollegin und Freundin und weder Quirin, noch Rolf glauben an den Vorwurf. Ganz im Gegensatz zum aus Neutralitätsgründen ermittelnden Regensburger Kommissar Ellwenger.

Offiziell müssen sich die Kollegen natürlich raushalten, aber Quirin lässt sich davon nicht abhalten, schließlich ist er im Weihnachtsurlaub. Die Indizien gegen Sabine sind so eindeutig, dass sie eigentlich nur getürkt sein können. Natürlich hat sie sich zu einigen Drohungen hinreißen lassen, aber wer hätte da kein Verständnis, wenn man einen Kindermörder laufen lassen muss, weil ihm seine Verlobte ein durchsichtiges, aber unerschütterliches Alibi gibt?

Die Autorin hat ein Händchen für stimmige und außergewöhnliche Charaktere. Das finde ich ganz besonders gelungen. Es gibt einiges zum Schmunzeln, aber der Fall ist ernst und eine echte Herausforderung für die Straubinger Dienststelle.

Mit welchen Tricks Quirin arbeitet um Sabine zu entlasten und den wirklichen Mörder zu finden ist spannend und immer wieder überraschend. So habe ich mich von der ersten Seite an bestens unterhalten. Ich mag die niederbayerische Mundart und habe auch mit speziellen Ausdrücken keine Schwierigkeiten, wer das Idiom nicht so gut kennt, findet ein ausführliches Glossar im Anhang.

Ruth M. Fuchs hat ein Händchen für ausgefuchste Plots – wenn ich das Wortspiel anwenden darf – und das macht ihre Krimis so lesenswert.

Bewertung vom 15.10.2021
Blinder Zorn und Blaue Zipfel
Ringlein, Birgit

Blinder Zorn und Blaue Zipfel


gut

Dora Dotterweich ist Köchin im Schlossrestaurant „Eppelein“, aber wohl fühlt sie sich dort nicht. Nachdem das Schloss schon Schauplatz zweier Morde war – bei denen sie sehr zum Missfallen der Polizei – eifrig mitmischte, fühlt sie sich zunehmend bedroht.

Ein neuer Job muss her und es wird ein eigenes kleines Lokal, namens Hexenküche. Ist jede Werbung gut? denkt sich Dora, als sie kurz nach der Eröffnung eine Leiche vor ihrem Restaurant findet.

Die Tote heißt Helene Tausendschön, ist mitleidslose Bankerin und hat überhaupt keine Bedenken in fremden Eherevieren zu wildern. Eine solche Ermittlungsvorlage lässt sich Dora doch nicht entgehen, auch wenn Kommissar Janzen das überhaupt nicht gut findet. Kommissar Janzens Assistent ist ein ausgesprochener Fan von Doras Küche und überhaupt von allem Essbaren und so fällt es der fränkischen Miss Marple auch nicht schwer, alle Ermittlungsdetails zu erfahren.

Der Krimi hat eine Protagonistin, die eher spontan als überlegt agiert. Kommt ihr ein Einfall, ein Verdacht, dann stürmt sie sofort los und wirft sich vehement in Observation oder Befragung. Das gefällt nicht jedem, wie Dora schmerzhaft erfahren muss. Aber immer bleibt noch Zeit für ein leckeres Menü oder fränkische Spezialitäten, die man als Rezepte auch im Buch findet und die Lust aufs Nachkochen machen.

Das Buch ist eher ein Humorkrimi, er lebt von den vielen Dialogen in fränkischer Mundart und die LeserInnen können ihren Schimpfwortschatz erweitern, denn es geht durchaus auch mal derb zu.

Die Krimihandlung ist mir bei all den witzigen Einfällen ein bisschen zu kurz gekommen und wer hinter den Bedrohungen von Dora während der Zeit als Schlossköchin steckt, ist mir auch nie klar geworden. Vielleicht fehlt mir da das Vorwissen aus ihren ersten Fällen.

Ein amüsanter Ausflug nach Franken mit einer abenteuerlustigen Ermittlerin und vielen tollen Küchentipps. Ein Genusskrimi eben!

Bewertung vom 13.10.2021
Der weiße Panther / Fred Lemke Bd.2
Bell, Leonard

Der weiße Panther / Fred Lemke Bd.2


ausgezeichnet

Das Berliner Nachtleben ist 1958 quirlig und aufregend. Wer auf sich hält und das nötige Geld hat, geht gern in Harry’s Ballroom feiern. Der Treff für Stars und Sternchen und erlebnishungrige Touristen. Dann wird der Barkeeper nach dem Dienst vor dem Lokal erschossen. Die Waffe ist ungewöhnlich: eine Armbrust. Rasch gerät der Besitzer der Bar, Harry Renner in Verdacht, doch Fred Lemke, der jüngste Zugang in der Dienststelle hat Zweifel.

Unmittelbar nach der erfolgreichen Lösung seines ersten Kriminalfalls ist Fremd Lemke wieder gefordert. An seiner Seite die undurchschaubare Ellen von Stain, an der Loyalität Fred immer noch ein wenig zweifelt. Zudem hat er es auf der Dienststelle nicht leicht, jüngster Mitarbeiter in der Probezeit und noch nicht Kommissar, ist seine Stellung nicht gesichert. Gegen die alt eingefahrenen, im Denken noch in den 40ger Jahren verharrenden Vorgesetzten hat er einen schweren Stand. Besonders wenn seine Ermittlungen in politische Kreise reichen. Da hält das alte Netzwerk noch sehr fest zusammen. Der kalte Krieg ist im geteilten Berlin besonders zu spüren und Fred sitzt zwischen den Fronten.

Wieder ist es dem Autor gelungen Berlin in den 50ger Jahren lebendig werden zu lassen. Der Autor glänzt auch in diesem Band wieder mit genauer Kenntnis des Zeitbilds. Das macht den Krimi, genau wie den ersten Band „Der Petticoat-Mörder“ so unverwechselbar und spannend. Weil ich inzwischen die Hauptfiguren Fred und Ellen ein wenig besser kenne und der Fall unmittelbar an den Vorläufer anschließt, hat mich dieser Krimi noch mehr begeistert. Die Protagonisten sind vielschichtig gezeichnet, man lernt sie noch ein wenig besser kennen und ihre Handlungsweise erschließt sich immer mehr aus ihren Persönlichkeiten. Wobei Ellen von Stain noch ein wenig geheimnisvoll erscheint. Warum hält der Polizeidirektor die Hand über sie und stattet sie mit vielen Sonderrechten aus? Zwar profitiert Fred davon, ist aber immer auch ein wenig irritiert. „Sie ist eine von den Guten, weiß es aber noch nicht.“ Das sagt Fred einmal zu einem Kollegen und mir scheint das auch ein Schlüsselsatz zum Verständnis ihres Charakters.

Das Buch ist wieder eine gelungene Mischung aus Kriminalroman und sorgfältig recherchierter Zeitgeschichte. Beiden Genres wird der Autor dabei bestens gerecht.

Dieser historische Krimi gehört zu den besten, die ich in letzter Zeit gelesen habe und ich kann den Autor nur wärmstens empfehlen.

Bewertung vom 12.10.2021
Unter dem Schnee
Burseg, Katrin

Unter dem Schnee


sehr gut

Das Buch „Unter dem Schnee“ hat mich auf den ersten Blick durch das stimmungsvolle Cover angesprochen. Auch der Klappentext versprach mir eine Geschichte genau nach meinem Geschmack. Und ich wurde nicht getäuscht!

Luise von Schwan war die Patriarchin der Baumschule auf Schloss Schwanenholz. Jahrzehntelang hat sie die Geschicke des Betriebs auch durch schwierige Zeiten gelenkt. Nun liegt sie Ende Dezember 1978 in ihrem Sarg in der Kirche. Doch die Trauerfeier wird bereits durch einen heftigen Schneesturm gestört, der sich in Kürze zum berüchtigten Katastrophenwinter entwickeln soll. Aber auch eine andere Katastrophe kündigt sich an. Zur Trauerfeier erscheint eine junge Französin, die behauptet Luises Tochter zu sein.

Die Familiengeschichte von Katrin Burseg hat mich von der ersten Seite an abgeholt. Das Winterchaos der Jahreswende 78/79 ist mir noch gut im Gedächtnis und die Not der eingeschneiten Höfe ohne Strom, ohne Heizung, ohne Versorgung habe ich noch lebhaft vor Augen. Dazu kommt die Familiengeschichte der Schwans, die sich wie viele deutsche Familien nicht gern an ihre Verstrickung in das Naziregime erinnert. Die Schwans haben das immer ausgeklammert, privates Leid stand im Vordergrund. Aber nun ist da diese junge Frau, Tochter eines Zwangsarbeiters und Luise – kann das sein. In der Zwangsgemeinschaft müssen sich nun die Familienmitglieder auch unangenehmen Wahrheiten stellen und alte Konflikte aufarbeiten.

Die beiden Zeitebenen verbindet die Autorin zu einem spannenden Familienroman. Als Klammer für beide Zeiten habe ich alte Isa empfunden, die seit ihrer Kinderzeit im Dienst der Schwans stand und mehr über die Familie weiß, als sich die junge Generation vorstellen kann. Überhaupt sind die Figuren der Autoren sehr liebevoll und menschlich gezeichnet. Die so unterschiedlichen Brüder Carl und Johann, die sich als Erben Luises sahen. Johanns Tochter Carolin, die aus dem engen Familienkorsett ausbrechen möchte und nun auch noch Aimée, Luises Tochter, die etwas über ihre Mutter erfahren möchte.

Auch die Erzählweise aus den jeweiligen Blickwinkeln der Hauptpersonen bringt viel Tiefe in die Geschichte.

Der Roman hat mir sehr gut gefallen und die Verbindung aus Familiendrama und Zeitgeschichte ist bestens gelungen.