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Chicken

Bewertungen

Insgesamt 22 Bewertungen
Bewertung vom 29.08.2024
Sobald wir angekommen sind
Lewinsky, Micha

Sobald wir angekommen sind


sehr gut

Flucht zum Ankommen?

Ben Oppenheim - ein Schweizer, nicht praktizierender Jude, Vater von zwei Kindern, Liebhaber Julias, wird von einem ständigen Fluchtgedanken verfolgt. Nach der Meldung eines militärischen Einsatzes im Osten beschließen die Oppenheimer eine spontane Flucht nach Brasilien. Eine letzte Möglichkeit, ein Familienleben zu etablieren? Oder womöglich die Ehefrau zurückzugewinnen? – Ein Roman über Zugehörigkeit, Ängste und das Hinterfragen.
Das Bild auf dem Cover bildet nicht wirklich den Inhalt des Romanes zusammen. Es wird ein viel größerer Blick auf die Familie und Menschen gelegt, als auf die Natur und Umgebung des Fluchtortes. Der Roman direkt hat aber eine schöne, waldgrüne Farbe, welche ich sehr schön finde.
Das Thema ist ziemlich außergewöhnlich umgesetzt. Meistens kann man mit dem Protagonisten sympathisieren. Da Ben jedoch als ein ausgeprägter Egoist dargestellt wird, welcher sich gar nicht reflektieren kann, ist es schwer seine Gefühle nachzuvollziehen. Dadurch ist der Roman auch ziemlich unemotional. Das Thema der Angst vor einem dritten Weltkrieg ist hingegen sehr nachvollziehbar dargestellt. Dies wurde durch verschiedene Perspektiven, durch verschiedene Charaktere durchgesetzt.
Der Schreibstil ist nicht hochgefasst oder überheblich. Er ist sehr alltagssprachlich, was eine Erleichterung bei so schweren Themen darstellt. Besonders die Dialoge sind auch sehr humorvoll und nachvollziehbar geschrieben.
Dem Roman kann man nicht absprechen, dass die Figuren authentisch sind. Es gibt eine Vielzahl an Personen, bei denen aber trotzdem nicht den Überblick verliert. Positiv aufgefallen ist mir, dass es viele selbstbestimmte Frauen gibt, die dem egozentrischen Ben auch mal eine Gegenseite bieten. Das fand ich sehr erleichternd, da ich wirklich starke Antisympathie gegen Ben hege.
Der Roman war sehr interessant für mich, da Themen wie ein anstehender Krieg im Osten auch von einer neuen Seite beleuchtet werden.

Bewertung vom 29.08.2024
Sing, wilder Vogel, sing
O'Mahony, Jacqueline

Sing, wilder Vogel, sing


ausgezeichnet

Titel: Auf der Suche nach Zugehörigkeit

Der historische Roman "Sing, wilder Vogel, sing", welcher von Jacqueline O’Mahony verfasst wurde, befasst sich mit Irland und den USA in den 1850er Jahren.

Die junge Honora wurde von ihrer Geburt an, als etwas Außenstehendes behandelt. Als sie denkt, dass sie endlich angekommen ist, wird sie und ihr Dorf von einer unbeschreiblichen Hungerkrise getroffen. Als einzige Option sieht sie die Flucht in das freie Amerika. Doch wird dort ihr Leben anders? Oder wird sie immer weiter fliehen?
Trotz der schlichten Gestaltung gefällt mir das Cover sehr gut. Durch die Abbildung der Frau wird die Geschichte etwas greifbarer.
Die Themen finde ich wirklich sehr interessant. Ich wusste wirklich sehr wenig über die Hungerkrise in Irland um 1849 und die Überfahrt in die USA. Natürlich habe ich jetzt durch den Roman kein wirkliches Detailwissen bekommen, aber einen groben Überblick habe ich schon. Auch tabuisierte Themen wie die (gezwungene) Prostitution wurden umfassend aufgearbeitet, sodass man seine Sichtweisen durchaus erweitern kann.
Den Schreibstil finde ich großartig. Natürlich wird eine zeitgemäße Sprache verwendet, aber ich habe mich sehr schnell daran gewöhnt.
Auch die Figuren empfinde ich als sehr umfassend ‚formuliert‘. Man hat einen guten Überblick über die Charaktere und man kann mit der Protagonistin sympathisieren und ihre Emotionen nachempfinden.
Der historische Roman ist interessant, da ich mich zum einen generell für diesen historischen Zeitabschnitt interessiere. Des Weiteren mag ich Romane, in denen eine Frau die Protagonistin ist.

Fazit: Ein wirklich toller historischer Roman, der die beschriebenen Ereignisse großartig aufarbeitet. Unbedingt lesen, wenn einem diese historische Epoche interessiert.