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Benutzername: 
Frie
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Hamburg
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Leseratte

Bewertungen

Insgesamt 65 Bewertungen
Bewertung vom 10.08.2022
Matrix
Groff, Lauren

Matrix


sehr gut

Marie, lebenslang in Liebe ihrer Halbschwester, Eleonore von Aquitanien verbunden, wird von dieser quasi vom Hof verbannt und als Priorin eines Klosters eingesetzt. Dieses Kloster ist bettelarm, die Nonnen und Laienschwestern überleben nicht alle die harte Arbeit und den Hunger. Das Kloster ist in der Gegend verrufen; das merkt Marie bei der Anreise.
Im Kloster selbst wird sie nicht begeistert empfangen, nur ihre 'Mitgift' ist von Interesse.
Durch das ganze Buch hindurch wird Marie für ihr Aussehen gegängelt. Ob Königin oder Kaiserin, Nonne oder andere, ständig erfahren wir, dass Marie nicht im Mindesten dem gewünschten Frauenbild entspricht: sie ist zu groß, zu schwer, zu hässlich.
Also besinnt sich Marie auf ihre Kompetenzen und nutzt ihre Gaben wie ihr Händchen fürs Geld, ihre Kreativität, ihre imposante Erscheinung und kräftige Konstitution. Das Kloster wird unter ihrer Führung sehr vermögend, die Zahl der Nonnen verzehnfacht sich und so ist ihre Berufung zur Äbtissin eine logische Konsequenz. In der Folge setzt sie Projekte um, von denen eines futuristisch anmutet.
Überhaupt ist Marie eine 'moderne ' Frau; sie fordert und fördert die ihr anvertrauten Frauen und lässt sie Ergebnisse erzielen, die man in dieser Zeit nur Männern zugetraut hat.
Dabei spielen Männer in diesem Buch fast keine Rolle und wenn treten sie negativ in Erscheinung. So suchen die Frauen, auch für ihre körperlichen Bedürfnisse, bei einander Erfüllung.
Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und den Lebensweg von Marie mit Interesse verfolgt. Die Beziehung zu ihrer Halbschwester führt durch das ganze Buch und löste bei mir vielfältige Emotionen aus. Für mich ist es das erste Buch, in welchem die indirekte Rede so durchgehend eingesetzt wurde; fand ich spannend. Groff hat immer mal witzige Formulierungen gefunden, die mich zum Schmunzeln gebracht haben. Ich habe der Autorin die Darstellung des klösterlichen Lebens abgenommen und bin überrascht, dass ich es durchgehend interessant beschrieben fand. Den Bucheinband finde ich nach Abschluss des Buches sehr passend; nur den Bezug zum Titel konnte ich für mich nicht herstellen, obwohl das Wort im Buch fällt.
Ich kann das Buch all denen empfehlen, die sich mit einer starken Frau beschäftigen möchten, die fern ab der tradierten Rolle ihren Weg geht. Für mich klare 4 Sterne.

Bewertung vom 26.07.2022
Dienstmädel in Bella Italia
Peer, Sabine

Dienstmädel in Bella Italia


ausgezeichnet

In diesem hübschen kleinen Buch lässt Sabine Peer die Geschichte von 5 verschiedenen Südtirolerinnen aufleben, die in den 50ern zum Arbeiten nach Italien gegangen sind. Sie waren als Haushälterinnen, Kindermädchen, Köchin oder auch als alles gleichzeitig tätig. Die reichen Familien haben 'ihre Mädchen ' sehr unterschiedlich gut behandelt. Vom eigenen Zimmer über Zimmer mit mehreren anderen Angestellten bis hin zum Bett im Kleinkinderschlafzimmer war alles dabei. Das eine Mädchen gehört quasi zur Familie, die andere wird zur Leibeigenen.
Peer findet eine Sprache, die der oft kurzen schulischen Bildung gerecht wird und den Leser:innen das Gefühl gibt, mit den jungen Frauen am gleichen Tisch gesessen zu haben.
Bis zu diesem Buch waren meine Kenntnisse über die politische Situation Südtirols wirklich schmal. Es ist sehr interessant, wenn auch diese Themen in den Lebensbildern auftauchen.
Mich hat das Buch in verschiedener Hinsicht nachdenklich gemacht: wie traurig, daß manche südtiroler Familie froh war, die Kinder auf diesem Wege 'los' zu sein: eine Esserin weniger. Wie ausbeutend die reichen Familien zum Teil waren. Wie wacker sich die jungen Frauen in der fremden Umgebung geschlagen haben. Die große Bedeutung des sonntäglichen Kirchgangs; ob als vertraute Routine oder vielleicht auch spirituelle Unterstützung. Die Bescheidenheit der Frauen finde ich berührend.
Das Buch ist flüssig geschrieben und ich bin ein bisschen traurig, das es so schnell gelesen ist. Mit den schwarzweiß Photos der Dienstmädchen ist es sehr ansprechend gestaltet.
Es ist ein schönes Geschenk und ich werde es für diesen Zweck jetzt gleich 2x erwerben.
Für mich 5 Sterne.

Bewertung vom 25.07.2022
Mein Kompass durch die Wechseljahre
Fischer, Heide

Mein Kompass durch die Wechseljahre


ausgezeichnet

Die Wechseljahre sind für einige Frauen eine Phase, die mit großen Veränderungen und Einschränkungen einher geht. Ärzte empfinde ich nur bedingt als Hilfe. Am Ende muss Jede ihren eigenen Weg finden. Eine Empfehlung für Literatur könnten Ärzte aussprechen, so sie nicht beraten können;dieses Buch könnte eine solche Empfehlung sein. Heide Fischer ist Frauenärztin und hat diese besonderen Jahre hinter sich. Die Autorin ist also Expertin.
Das Buch kommt mit einem ansprechenden Einband daher; eine Frau ca. Mitte 40, entspannt und fröhlich, lädt zum Lesen ein.
Das Buch ist in 14 Kapitel gegliedert und hat ein Glossar und weiterführende Literatur sowie andere Hinweise. Ich habe die 2022er Ausgabe gelesen.
Nach der Lektüre kann Keine sagen, sie hätte es nicht gewusst. Sehr ausführlich setzt sich Fischer mit den Themen um die Wechseljahre herum auseinander. Beim Kapitel Verhütung bin ich neidisch geworden. Ich bin viel umgezogen in meinm Leben; keiner der Frauenärzt:innen hat mich je so aufgeklärt. Ich hätte sicher die Pille nie genommen. Sehr interessant sind die Schilderungen betroffener Frauen und die von Fischer selbst. Das macht es anschaulich und glaubhaft. Auf der anderen Seite macht es
Heide Fischer der Leserin nicht leicht. Das Buch ist anspruchsvoll und so voll von Informationen, dass ich es erneut lesen muss, obwohl ich (mache ich ungern) alles Wichtige markiert hatte. Eine Frauenärztin versteht das sicher besser.
Zwei Anmerkungen möchte ich noch machen: es gibt zu viele Verweise auf andere Seiten, die zum Teil nicht stimmen oder wo es nicht klar ist, warum dort hin verwiesen wird. Mir hätte am Ende jeden Kapitels eine Zusammenfassung der Empfehlung der Ärztin geholfen. Da sie auch Methoden und Medikamente beschreibt, die sie nicht empfiehlt, habe ich den Überblick verloren.
Ansonsten ist es eine klare 5 Sterne Empfehlung für Frauen, die sich für ihren Körper und die neue Zeit, in die sie in der Mitte ihres Lebens kommen, interessieren.

Bewertung vom 25.07.2022
Der Medicus vom Bodensee

Der Medicus vom Bodensee


sehr gut

Es ist überraschend zu sehen, wie weit über die deutschen Grenzen hinaus auch der niedere Adel im 15. Jahrhundert schon vernetzt war. Andreas Reichlin von Meldegg geht zum Studieren ua nach Padua und lernt dort Menschen kennen, die ihm in seinem späteren Leben zum Beispiel als Papst oder als Kardinal wieder begegnen. Reichlin ist Medicus und lebt ua in Überlingen am Bodensee. Er ist ein sehr gebildeter Mann und kann als vielleicht sogar als Universalgelehrter bezeichnet werden. Inspiriert durch seine Bekannten und deren Wunsch, mit großen Bauten der Nachwelt ein sichtbares Vermächtnis ihrer Bedeutsamkeit zu hinterlassen, baut er sich in Überlingen einen heute noch zu besichtigenden Palast, der an florentische Bauwerke erinnert.
Trotz seiner Bildung hat Reichlin erhebliche emotionale Defizite. Seine Frauen dienen ihm als Gebährmaschinen, seine Kinder werden mit harter Hand, die gerne auch straft, erzogen. Das macht ihn sehr unsympathisch. Wozu die Bildung, fragt man sich.
Das Buch ist grundsätzlich flüssig zu lesen und wartet mit viel Kenntnissen auf. Diese machen es gelegentlich zäh, wenn es einem Geschichts- oder Architekturbuch ähnelt. Sehr spannend ist die Beschreibung der Pest, ihre Behandlung und Bedeutung für die Gesellschaft jener Zeit.
Für Menschen um den Bodensee und Kenner der italienischen Architektur der Frührenaissance, ist das Buch sicherlich leichter zu lesen; mir haben zum Verständnis Zeichnungen oder QR Codes mit Verweis auf konkrete Bilder im Internet gefehlt.
Genauso fehlt ein Personenverzeichnis. Die handelnden Personen treten mit ihren Geburtsnamen, den Orten ihrer Herkunft und mit ihrem Titel, wenn sie z.B. ein kirchliches Amt übernommen haben, auf. Da ist mir der Überblick schon mal verloren gegangen. Nichtsdestotrotz hat mich die Autorin mit ihrer Begeisterung angesteckt und ich möchte nach Überlingen, Padua und Pienza.
Wer sich für das endende Mittelalter interessiert, eine romanhafte Biographie lesen mag und Architektur Themen spannend findet, der ist mit diesem Buch gut bedient.
Das Buch ist im Selbstverlag erschienen. Dort gibt es noch mehr ihrer Bücher. Ich kann mir schon vorstellen, dass Merkelbach eine feste Leserschaft hat.
Von mir gibt es 4 Sterne.

Bewertung vom 25.07.2022
Die karierten Mädchen / Heimkehr-Trilogie Bd.1
Hennig von Lange, Alexa

Die karierten Mädchen / Heimkehr-Trilogie Bd.1


gut

Ein Roman über eine 'besondere' Frau, die am Ende nicht besonders ist.

Die mit Lebenserinnerungen besprochenen Kassetten der Oma von Alexa Hennig von Lange führten die Autorin zu der Idee, aus dem Material die Geschichte für dieses Buch zu entwerfen.
Wir begleiten Klara auf ihrem Weg vom finanziell eingeschränkten Elternhaus in ihren Beruf als spätere Leiterin eines Kinderheims.
Sie 'adoptiert' Tolla, ein jüdisches Waisenmädchen, welches sie im weiteren Verlauf als ihr eigenes Kind ausgibt. Die finanziellen Engpässe der Wirtschaftskrise lassen sie die Nähe der Nazis suchen; sie bemüht sich, das Heim unter die Führung des Staates zu stellen.
All das hat Konsequenzen.
Parallel lernt Klara ihren künftigen Mann kennen, über einen sehr langen Zeitraum kommen sich die beiden näher.
Die Geschichte ist flüssig geschrieben und es gibt viele kleine Nebenhandlungen, die einen gerne weiterlesen lassen.
Die Distanz, die Klara auf den ersten Seiten ihren Kindern gegenüber lebt, empfinde ich beim Lesen Klara gegenüber- ich kann sie emotional nicht greifen; sie wirkt als lebe sie in Distanz zu sich selbst. Während des Lesens des Romans ist sie mir trotzdem sympathisch.
Das ändert sich, als sich am Ende des Buches herausstellt, das das kleine jüdische Mädchen Fiktion ist.
Wenn man Klaras Geschichte 'um dieses Kind reduziert', bleibt eine andere Frau zurück. Dazu passt, daß plötzlich im Buch aus der großen Liebe Gustav ihr 'kleiner Lehrer' wird.
Bei mir bleibt das Gefühl, dass die Autorin ihrer Großmutter eine größere Distanz zu den Nazis zuschreiben möchte, als diese in Wirklichkeit war. Kann ich verstehen, finde ich aber nicht gut; zumal der Leser mit der Grossmutter, die ihr Leben auf Kassetten gesprochen hat, gelockt wird. Deshalb werde ich auch sicher nicht die weiteren Bände der Trilogie lesen. In einem Interview für Dumont beschreibt die Autorin ihre Großmutter und deren Tätigkeit im 3. Reich. Das ist definitiv nicht die Käthe, die ein jüdisches Kind aufzieht- der Gegensatz ist krass und gruselig. Mit einem schalen Gefühl werden es gerade noch 3 Sterne.

Bewertung vom 20.07.2022
Die Schuhe meines Vaters
Schäfer, Andreas

Die Schuhe meines Vaters


ausgezeichnet

Schäfer hat ein berührendes Buch über den Abschied von seinem Vater und die Wege seiner eigenen Trauer geschrieben.
Ich wollte das Buch unbedingt lesen, weil ein bestimmter Auslöser, ca 2 Jahre nach dem Tod seines Vaters, Schäfer zu diesem Buch führte. Da auch ich vor gut 2 Jahren meinen Vater an einen Krebs verloren habe, interessierte es mich zu erfahren, ob Männer und Frauen unterschiedlich trauern und wie mir eine schriftliche Dokumentation als 'Trauerhilfe' gefällt.
Das erste mal weinen musste ich auf der zweiten Seite: ein sehr alter Krebs kehrte zurück und bildete Metastasen in den Knochen und im Kopf. Das ist mir bitter vertraut und ein scharfer Schmerz dringt zu meinen eigenen Erinnerungen durch.
Schäfer will dem Vater Anerkennung verschaffen, auch vor sich selbst. Das ist ihm gelungen.
Dieses Buch lässt nichts aus: weder die intensiven Gedanken vor der Entscheidung, ob er das Recht hat die Maschinen abzustellen, die den Vater am Leben halten noch die analytische Auseinandersetzung mit dem Verhältnis zum Vater.
Das Buch besteht aus zwei Teilen: der Zeit, die unmittelbar dem Tod des Vaters voraus geht und einen Teil, der dem Leben des Vaters und dem Verhältnis zwischen Vater und Sohn gewidmet ist.
Beide Teile sind Schäfer gelungen. Wenn es beim ersten Teil noch nachvollziehbar ist, Leser:innen bei der Stange zu halten, wenn der Erfahrungshorizont ähnlich ist, so muss man schon schreiben können, wenn eine Lebensgeschichte einer 'unbekannten' Person fesseln soll. Schäfer, der kein unbelastetes Verhältnis zum Vater hatte, bemüht sich, die Faktoren, die Einfluss auf die Entwicklung der Persönlichkeit des Vaters hatten, angemessen zu würdigen. Das dort noch ein Weg zu gehen ist merkt man z.B ab Seite 60: statt mein Vater und ich, plötzlich der Vater und der Sohn... noch scheint Distanz nötig, um die belastenden Emotionen im Griff zu behalten.
Der schöne, schlichte Einband mit einem massiven Berg, alles in Grautönen gehalten, steht in schönem Kontakt zum letzten Leseabschnitt.
Für mich ist das Buch ein Meilenstein in der Verarbeitung meiner eigenen Trauer und eine klare Leseempfehlung für alle, die ihren Vater verloren haben.

Bewertung vom 08.07.2022
Die dreizehnte Geschichte

Die dreizehnte Geschichte


sehr gut

Zwei Frauen und eine spannende Geschichte mit einigen Fragezeichen über Zwillinge und das besondereBandzwischen ihnen. Vida Winter, Englands berühmte Schriftstellerin, beauftragt Margaret Lea, ihre Lebensgeschichte aufzuschreiben. Da spielen mehrere Generationen eine Rolle und geht es ein bisschen zu wie bei DuMauriers Rebekka. Der Familiensitz der Angelfields ist Schauplatz der Geschichte und wird in deren Verlauf dem gleichen Verfall unterliegen, wie die Familie. Winter, die bisher immer ihre Geschichte mit blühender Phantasie 'entworfen' hatte, verspricht, die Wahrheit zu erzählen. Aber tut sie das?
Margaret Lea nähert sich beim Zuhören und Notizen machen ihrer eigenen Geschichte an. Wie bei Winter spielt ein zentraler Verlust eine große Rolle. Ist Heilung möglich?
Setterfield hat einen düsteren Roman über zwei dysfunktionale Familien geschrieben. Bei Winter sind die Familienmitglieder noch ein paar Zacken mehr neben der Spur. Trotzdem, ich habe den Protagonisten ihre Rolle abgenommen. Die Kapitel sind nicht alle gleich stark, aber über alles war ich gefesselt und habe es schnell gelesen. Dieses Buch werde ich rgendwann wieder lesen müssen, da ich das Gefühl habe, dass mir zwischen den Zeilen etwas entgangen ist.
Ich fühlte mich gut unterhalten und gebe 4 Sterne.

Bewertung vom 07.07.2022
Papyrus
Vallejo, Irene

Papyrus


gut

Ich liebe die Cover von Diogenes und mein Lieblingsschriftsteller wird dort verlegt. Zudem hat Diogenes mein bisheriges Highlight des Jahres 2022 herausgebracht. Ich bin begeistert von dem Einband dieses Buches: mattes Papier, Vergoldung von Teilen der Pflanze, ein knapper Titel (der mich als Ägypten-Fan natürlich sofort erreicht), reduzierte grafische Gestaltung. Einfach nur schön! Auf der Rückseite steht: eine Ode ans Buch. Ich hatte keine Chance; das musste von mir gelesen werden. Voller Begeisterung habe ich mich also über das Buch hergemacht.
Die im Buch liegende Postkarte von Diogenes mit dem Text: 'es geschieht Ihnen recht', hätte mich stutzig machen sollen.
Ja, es geht immer wieder um das Buch und ja, es finden sich auf diesen gut 600 Seiten sehr viele interessante Informationen.
Begeistert hat mich das Buch aber nicht.
Das liegt daran, daß mir bis zum Schluss nicht klar war, welches Genre es eigentlich haben will; ist es ein Sachbuch? Dazu hat es zu viel persönliche Einschübe und ist viel zu unstruktutiert. Ist es ein Roman? Dafür fehlt eine fortlaufende Geschichte und eine Klammer um die diversen Kapitel.
Vielen Lesern gefallen die persönlichen Anekdoten der Autorin, wie z.b. ihre Wahrnehmung über Florenz in Kapitel 28. Mir war oft nicht klar, wohin das führen soll. Als die Autorin in Kapitel 86 ihre persönliche Mobbing Geschichte aufgearbeitet hat, bin ich für den Rest des Buches endgültig verloren gegangen. War es vorher so, dass die Anekdoten in den Kontext passten und Bezug zum Inhalt des Buches hatten, so ist dieses Kapitel die Aufarbeitung einer traumatisierenden Schulzeit. Es tut mir alles unendlich leid für Vallejo, aber es hat in diesem Buch nichts zu suchen. Ich fühlte mich überrumpelt, auch etwas missbraucht und war danach nicht mehr frei in der Aufnahme der Inhalte.
Das ist alles sehr schade, da ich ich mich auf das Buch gefreut hatte und es für mich so zu einer Enttäuschung wurde.
Ich werde es in ein paar Jahren erneut lesen und prüfen, ob sich meine Wahrnehmung verändert. Ganz aktuell kann ich den Inhalt leider nur mit 2 Sternen bewerten. Der wunderschöne Einband rettet es zu drei Sternen.

Bewertung vom 29.06.2022
Die Champagnerfürstin
Fabiani, Annette

Die Champagnerfürstin


sehr gut

Ein in den Farben von Weinlaub gehaltener Einband zeigt eine Frau, die am Rande eines Weinbergs in ein Tal läuft.Der Titel ist von Weinlaub umrankt; Titel und Weinlaub sind etwas erhaben und gelackt. Das Buch sieht sehr ansprechend aus.
Der Klappentext und die einzelne Frau auf dem Einband lassen vermuten, dass sich der Inhalt in der Hauptsache mit Jeanne Pommery beschäftigt. Tatsächlich lernen wir auch Barbe-Nicole Clicquot gut kennen.
Pommery verwitwet früh und entscheidet sich, den Weinhandel Ihres Mannes weiterzuführen. Sie lernt die Witwe Clicquot kennen und erfährt von deren Bemühungen, Jahre vorher, die gleiche Situation zu meistern.
Es gibt eingearbeitete Informationen zum Weinanbau und der Champagner zuBereitung.
Auch geschichtliche Informationen finden sich immer wieder in dem Roman.
Das Buch ist gut zu lesen, insbesondere Clicquot ist mir ans Herz gewachsen. Sie darf nach ihrer Ehe eine erfüllte Liebesbeziehung zu ihrer Jugendliebe haben.
Der Plot enthält Fiktionen, die Frauen haben sich vermutlich nie kennengelernt; Clicquot hatte mit Sicherheit keine Liebesbeziehung zu einem Weinbauern. Macht nichts:
das tut der Geschichte keinen Abbruch.
Es handelt sich um solide Unterhaltung. Nichts anderes erhofft sich die Leserin, wenn sie auf ein Buch mit einem solchen Einband stößt.
Mich hat nur gestört, dass Clicquot von sich selbst mehrmals behauptete, sie sei nicht schön. Herrje, sie vertreibt Schaumweine und ist kein Topmodel...
Ich fühlte mich trotzdem gut unterhalten und vergebe 4 Sterne.

Bewertung vom 21.06.2022
Fischers Frau
Kalisa, Karin

Fischers Frau


gut

Auf dem Cover sehen wir zwei stilisierte Frauenköpfe in blau und grün; insbesondere die Farbe grün wird im Roman eine Rolle spielen. Im Buch treffen wir auf Frauen, die aus unterschiedlichen Gründen zwei oder mehr Identitäten haben; das erscheint zunächst spannend, wirkt im weiteren Verlauf aber aufgesetzt.
Mia Sund, Faserarchäologin und Kuratorin im Museum Greifswald bekommt einen Freester Fischerteppich auf den Tisch gelegt. Diese wurden in den 30ern geknüpft zum Erhalt des Einkommens während einer Zeit eines verordneten Fischfangverbots nach jahrelanger Überfischung. Dieser Teppich ist nicht nur bildschön (man möchte ihn sofort selbst haben) sondern enthält einen Namen und weitere Details, die nicht offensichtlich sind. Er weist ein ungewöhnliches Farbspektrum auf: viel Grün statt der üblichen bräunlichen Töne. "Nicht, dass es eine Fälschung ist". Dieser mit der Übergabe des Teppichs verbundene Satz öffnet eine Tür in Mias nicht unbelastete Vergangenheit. Diese wird bruchstückhaft beschrieben. Mir erschien die emotionale Verwirrung Mias, ausgelöst durch einen einzigen Satz, unglaubwürdig. Unklar ist, was mit ihrer eigentlichen Arbeit passiert; sie kümmert sich jedenfalls ausschließlich um diesen Teppich. Sie beantragt eine Dienstreise nach Zagreb; von dort wurde das Exponat an das Museum verschickt. Dort trifft sie auf die Liebe, der sie sich zunächst entzieht. Statt eines wissenschaftlichen Berichts über ihre Erkenntnise schreibt sie über Wochen einen Roman über die Entstehung des Teppichs. Sie füllt den in den Teppich 'verwoben' Namen 'Nina' mit Leben. Diese landet in den 30ern in Freest und macht sich als begabte Knüpferin und begnadete Erzählerin einen Namen. Auch sie begegnet der Liebe. Aufgrund ihrer Herkunft muss sie im 3. Reich mit ihrem Mann das Land verlassen; beide gehen nach Schweden. Dieser besondere Fischerteppich ist eine Art Vermächtnis von ihr.

Was hätte man aus diesen pommerschen Fischerteppichen und der Idee, versteckte Botschaften einzuknüpfen, alles machen können. Statt dessen trifft man auf zwei Liebesgeschichten, die mich emotional nicht erreichten. Ich hab mich daran gewöhnt, dass nahezu jeder moderene Roman auf verschiedenen zeitlichen/ erzählerischen Ebenen spielt; muss es auch noch sein, dass die eine Protagonistin die andere 'erfindet'? Als störend empfand ich die Bandwurmsätze - zum Teil ziehen diese sich über 11 Zeilen. Auch finden sich zuhauf Wortspiele. Teilweise sind diese schmerzlich pseudointellektuell.
Ich hatte mich sehr auf das Buch gefreut und bin enttäuscht. Es gibt trotzdem noch drei Sterne, da Kalisa den Teppich so liebevoll und plastisch beschreibt und mein Interesse an diesen pommerschen Teppichen geweckt wurde.
Vielleicht nimmt sich jemand anders des Themas noch mal an; das Buch würde ich dann gerne lesen.