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CK
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Raum Stuttgart

Bewertungen

Insgesamt 135 Bewertungen
Bewertung vom 24.01.2025
Harte Schale, Weichtierkern
Travnicek, Cornelia

Harte Schale, Weichtierkern


sehr gut

Fabiennes Freund hat mit ihr Schluss gemacht. Doch das sind nicht die einzigen Sorgen der 16jährigen. Schon seit längerer Zeit fühlt sie sich unwohl und geht deshalb heimlich zu einem Psychiater, den sie von ihrem beim Ferienjob verdienten Geld bezahlt. Der stellt die Diagnose Asperger... Und Fabienne lernt eine Menge über sich selbst...
Das Buch ist wirklich originell illustriert und sehr schön gestaltet, wie ein Tagebuch, was sehr gut zu der Erzählung aus der Ich-Perspektive passt. Wirklich ein kleines Gesamtkunstwerk.
Die Altersempfehlung ab 14 Jahren finde ich recht passend. Meiner Meinung nach ein außergewöhnliches und sehr schönes, anspruchsvolles Jugendbuch.

"Der Herr Psychotherapeut und ich, wir sind per Sie. Das mag ich. Nicht weil mir das Sie so gefallen würde, sondern weil ich mit dem Du manchmal so meine Probleme habe. Das Du ist wie ein Treppchen, auf das die Leute steigen, um einen von oben herab zu behandeln. Dass Sie hat ein zu steiles Gefälle, davon rutschen sie ab."

"Nein, das stimmt nicht, ich werde nicht therapiert, ich werde diagnostiziert. Meine Familie weiß davon nichts, ich bezahle das selbst, von meinem Ferialpraktikumslohn, meine Familie soll davon nichts wissen, weil sie davon nichts wissen will. In meiner Familie ist man nicht komisch, und wenn man komisch ist, ist das normal, und wenn man meint, nicht normal zu sein, dann zerdenkt man dass nicht alles so, übertreibt nicht mal wieder, sondern stellt man sich gefälligst nicht so an, Fabienne!"

"Du bist unglaublich gescheit, aber zum Leben zu dumm." Das hat meine Mutter einmal zu mir gesagt. Jetzt habe ich die Gescheitheit wissenschaftlich bescheinigt, aber den anderen Kram leider auch."

"Es gibt Leute, die meinen, wir würden Filter über Fotos legen, um uns das Leben zu beschönigen. Und damit Unerreichbares herstellen. Ein unstillbares Verlangen erzeugen. Sehnen und Sucht. Aber ich glaube, wir brauchen die Filterfunktionen, damit die Dinge so aussehen, wie sie wirklich sind. Für uns. Die Größe des Sonnenuntergangs auf einem zu kleinen Bildschirm. Ein geliebter Mensch in Bewegung erstarrt. Die Kamera hat ein nacktes Auge. Unsere Wahrheit ist keine reine Abbildung."

"So ein Blödsinn, du bist doch nicht behindert, Fabi, das würde meine Mutter sagen. Was war das für ein Psychologe, was weiß denn der. Du hast sicher übertrieben, und ein Stück weit kann ich sie verstehen."

"... überlegte ich, ob ich es ihr sagen sollte, wieder und wieder. Würde es etwas ändern zwischen uns? Würde sie vielleicht manche Dinge auf einmal verstehen, so wie ich sie verstehe - oder würde sie mich nur anders sehen? Habe ich eine neue Entschuldigung oder endlich einen handfesten Anker für die Unzufriedenheit mit mir?"

"Vielleicht kann man einen anderen Menschen nie ganz kennenlernen, weil Menschen sich eben ständig ändern. Kaum hat man etwas über sie gelernt, bewegen sie sich schon wieder davon."

"Manchmal vergesse ich, dass ich einen Körper habe. Also nicht in dem Sinne, dass ich mich nicht spüre, im Gegenteil, ich fühle mich gut. Besser sogar. Aber wenn ich mich selbst nicht sehe, dann sehen mich auch andere nicht. Bis mich jemand erinnert."

"Vielleicht habe ich gar kein Asperger, vielleicht bin das gar nicht ich. Vielleicht habe ich nur zu oft und zu viel darüber gelesen und habe dem Psychologen genau das erzählt, was er hören wollte. Sollte. Und ich wollte auch nur. Eine Erklärung für manches. Eine Entschuldigung, kann sein."

"Ich bin nicht gestört, ich werde gestört. Vieles auf dieser Welt stört mein seelisches Wohlbefinden sogar ganz erheblich!"

Bewertung vom 24.01.2025
Sonne in Scherben
Robinet, Jayrôme

Sonne in Scherben


ausgezeichnet

Berührend und aufrüttelnd: Ein ganz besonderer Familienroman

„Sonne in Scherben" von Jayrôme C. Robinet ist gleichzeitig ein sehr berührender, aber auch aufwühlender Roman. Wahrlich ich keine leichte Kost, aber meiner Meinung nach unbedingt lesenswert!

Zum Inhalt:
Der Transmann Enzo und seine Frau Angèle sind ein glückliches Paar, das sich ein Kind wünscht.
Als es jedoch Enzo ist, der schwanger wird (Angéle ist unfruchtbar), bricht in den Medien die Hölle los. Die beiden sind jede Menge Hass und Hetze ausgesetzt, was vor allem für Angéle kaum auszuhalten ist. Das Baby wird gesund geboren, doch wenige Tage nach der Geburt stirbt es unerwartet.
Man hätte sich ja so sehr ein Happy End gewünscht für diese beiden Menschen. Aber eine Katastrophe nimmt ihren Lauf ... Ich möchte hier nicht spoilern, möchte nur sagen: das Ende ist heftig!

Mir hat das Buch sehr gut gefallen, der wirklich großartige Schreibstil und die Charaktere.
Als Leser*in wird man hier mit rechtlichen, moralischen, ethischen und gesellschaftlichen Fragen und Grenzen konfrontiert und es gibt jede Menge Stoff zum Nachdenken über Geschlechterrollen und Liebe. Es ist auf jeden Fall ein Buch, dass einen nicht so leicht loslassen wird. Und ein Plädoyer für mehr Offenheit und Freiheit, wie jede*r das Leben leben darf.

"Und ich würde mit einem Kloß im Hals zu ihm sagen: "Papa, vielleicht ging es niemals darum, etwas zu werden. Vielleicht geht es im Leben um das Unwerden. Das Verwerden. Der Mensch zu entwerden, der nicht ich bin.
Papa, mein Name ist ab jetzt Enzo."

"Wie fühlt man sich als schwangerer Mann? Es ist unglaublich. Es ist magisch. Obwohl mein Bauch immer runter wird und ein neues Leben in mir heranwächst, fühle ich mich nicht weniger als Mann. Meine männliche Identität stelle ich nicht in Frage. Technisch gesehen sehe ich mich als Leihvater. Für Angèle bin ich ihr Mann, der unser Kind austrägt. Ich werde der Vater unseres Kindes sein, und Angèle wird seine Mutter sein. Zusammen sind wir: eine Familie."

"Enzo, ist ihnen klar, dass Sie vielen Menschen Unbehagen bereiten?"
"Aber warum denn?"
"Weil man denkt, hier ist ein maskuliner Mann mit Bart, tiefer Stimme, flachem Oberkörper ... und dann ist er schwanger. Verstehen Sie, dass dieses Bild schockieren kann?"
"Die Leute werden sich daran gewöhnen. Ich glaube die Gesellschaft ist klüger, als man denkt. Man muss ihr nur die Chance geben, das zu zeigen.:

"Ich wünsche mir nur, dass jeder Mensch die Freiheit hat, sein Geschlecht so auszudrücken, wie er es möchte."

Bewertung vom 23.01.2025
Das Gefühl von Armut
Dehnert, Celsy

Das Gefühl von Armut


sehr gut

Das Gefühl, es nicht wert zu sein

Wie fühlt es sich an, arm zu sein?
In ihrem Buch „Das Gefühl von Armut“ schreibt Celsy Dehnert über ihre persönlichen Erfahrungen mit Armut sowie über die sozialen Komponenten von Armut im Allgemeinen. Wie Armut entsteht, wen es treffen kann (eigentlich fast jeden! – dessen sind sich nur die meisten Menschen nicht bewusst) und welche Auswirkungen es hat. Das Buch ist sehr persönlich, offen und ehrlich geschrieben; gleichzeitig behandelt es aber auch ein politisches und hochaktuelles Thema.

"Schaue ich auf meine Kindheit zurück, muss ich festhalten, dass meine Eltern genau das taten, was die Gesellschaft armutsbetroffenen Eltern immer vorwirft: Sie gab mir knappes Geld vor allem für sich selbst statt für ihre Kinder aus."

In manchen Rezensionen wurde kritisiert, dass der Ton des Buchs sehr anklagend wäre. Ja, oft ist er dies tatsächlich.- Vielleicht ist aber genau DAS notwendig, damit man mal aus seiner persönlichen Komfortzone herauskommt, sich seiner Privilegien bewusst wird und sich ernsthaft mit dem Thema Armut/Geld/Gerechtigkeit/Ungerechtigkeit auseinandersetzt.

"Was allerdings bis heute geblieben ist: das Gefühl, es nicht wert zu sein."

"Leben ist mehr, als nur zu arbeiten oder zu konsumieren. Leben bedeutet auch, teilhaben zu können. Also dabei zu sein, wenn die eigenen Klassenkamerad*innen oder Kolleg*innen oder Freund*innen Dinge unternehmen und erleben. Es geht darum, das eigene Leben zu gestalten. Genau diese Möglichkeit fehlt Armutsbetroffenen oft. Sie können Ihr Leben nicht selbstbestimmt gestalten, weil ihnen dazu die Ressourcen fehlen. Fehlende Teilhabe drückt sich dabei in mehr aus, als sich bestimmte Kleidung nicht leisten zu können oder nicht mit auf Klassenfahrt zu gehen. Armut grenzt aus. Sie isoliert."

"Am Ende entscheidet damit auch unsere Herkunft oft darüber, wohin wir gehen können. Sie beschränkt oder eröffnet, welche Zugänge wir zur Gesellschaft haben. Denn in der Abgrenzung der Oberschicht gegenüber der Mittelschicht und der Unterschicht geht es ja eben immer um den Erhalt hierarchischer, gesellschaftlicher Strukturen. Es geht also vor allem darum, Menschen, die versuchen, aus ihrer angeborenen sozialen Positionen nach oben auszubrechen, den Zugang zu verwehren. Damit diejenigen, die in eine privilegierte Herkunft hineingeboren wurden, ihre Position erhalten können."

Ich finde das Buch sehr empfehlenswert, genauso wie das Buch "Wie viel: Was wir mit Geld machen und was Geld mit uns macht" von Mareice Kaiser.
Beide Bücher sind meiner Meinung nach eine gute Grundlage, um hier den Weg zu Veränderungen zu ermöglichen.

"Wir können als Gesellschaft dieser Katastrophe, die sich Armut nennt, nur etwas entgegensetzen, wenn wir aufhören, sie zu tabuisieren und zu stigmatisieren. Wir müssen uns konkret mit Armut auseinandersetzen und uns trauen, genau hinzusehen, wie sie entsteht, um ihr ein Ende setzen zu können. Dafür müssen wir uns auch zumuten, anzuerkennen, wo wir durch gesellschaftliche ideale und Praktiken dazu beitragen, dass ich Armut stetig fortsetzt. Hin und wieder müssen wir auch mutig genug sein, den Kapitalismus als Wirtschaftssystem zu hinterfragen, um allen Menschen ein Leben in Würde, Gesundheit und Freude zu ermöglichen. Denn um nichts anderes geht es."

Bewertung vom 23.01.2025
Gesundheit kennt kein Gewicht. Das Anti-Diät-Buch.
Schleifer, Petra;Post, Antonie

Gesundheit kennt kein Gewicht. Das Anti-Diät-Buch.


ausgezeichnet

Für einen gesunden Umgang mit dem Körper & der Ernährung

Die Behauptung, dass schlank gleich gesund ist und dass man mit weniger Gewicht automatisch glücklich ist, hält sich leider in vielen Köpfen und der öffentlichen Meinung noch immer.
Dabei sollten wir es eigentlich längst besser wissen: Ein paar (oder auch viele) Kilos mehr oder weniger machen keinen anderen Menschen aus einem. Das kapitalistische Versprechen, nach einer „erfolgreichen“ Diät würde sich das Leben komplett verändern, sollte inzwischen eigentlich jeder als Lüge enttarnt haben. An Diäten und (konstruierten!) Schönheitsidealen verdient nur die Industrie und der Kapitalismus. Dennoch landen viele von uns immer wieder in der Diätspirale, wollen den Körper „optimieren“, um glücklicher und angeblich auch gesünder zu werden.
Warum immer wieder dieser Irrglaube?
Dr Antonie Post und Petra Schleifer zeigen in „Gesundheit kennt kein Gewicht“ hierfür die vielfältigen Gründe auf, bieten Lösungsansätze, Übungen zur Selbstreflexion und auch Meditationsübungen. Dabei orientieren sie sich an den Prinzipien von Health at Every Size®, beziehen aber auch eigene Erfahrungen ein.
Zusätzlich liefert das Buch mittels QR-Codes sehr viel Zusatzmaterial, zum Beispiel Meditationen und Journale/Tabellen.

Der Schwerpunkt des Ratgebers ist es, weg von sinnlosen und sogar krankmachenden Diäten zu kommen hin zu einem Leben, das auf Körperakzeptanz, intuitiver Ernährung und Spaß an Bewegung basiert. Hierbei geht es ausdrücklich darum, dass Sport nicht Abnehmen zum Ziel hat, sondern rein die Freude an der Bewegung, für mehr Wohlbefinden im eigenen Körper. Das Gewicht ist dabei völlig unerheblich. Wenn man sich wohl in seinem Körper fühlt und auch seelisch im Lot ist, gelingt es fast automatisch, dass man besser auf seinen Körper hört, was er gerade braucht (an Nahrung und Bewegung) und was einem persönlich guttut.
Auf „allgemeine“ strikte Essensregeln, Verbote und Zwänge sollte man verzichten – was aber nicht heißt, dass man sich nicht dennoch gesund ernähren kann.

Das Buch ist sehr gut strukturiert und verständlich aufgebaut.
Ich empfand den Schreibstil der beiden Autorinnen als sehr angenehm und authentisch, sie begegnen ihren Leser:innen auf Augenhöhe.
Das Buch kann helfen, (nochmal) besser zu verstehen, warum Diäten langfristig nichts bringen, sondern schaden. Es ist ein Aufruf für mehr gesundes Körperbewusstsein, Körpervielfalt und Wohlbefinden im eigenen Körper, und für eine gesunde und intuitive Ernährung.
Ich kann das Buch bedingungslos empfehlen!

"Eine andere Befürchtung, die unsere Klient:innen und Patient:innen so gut wie immer mit in die Beratung bringen, ist, dass es ungesund sein könnte, keine Kalorien mehr zu zählen und nicht mehr zum Bodyforming ins Fitnessstudio zu gehen. Da können wir dich beruhigen. Wenn du Diäten aufgibst, heißt das nicht, dass dir deine Gesundheit egal ist, ganz im Gegenteil! Diäten hinter dir zu lassen, bedeutet, dass du dein mentales Wohlbefinden und deine körperliche Gesundheit über deine Sehnsucht nach einem schlankeren Körper stellst. Du entscheidest dich für dich selbst und stellst deine Bedürfnisse über dein gesellschaftlich konstruiertes "Ideal" von Schönheit.
Wenn uns die letzten beiden Pandemie-Jahre eins gelehrt haben, dann, dass es Zeit ist, einmal innezuhalten und uns zu fragen: Was ist wirklich wichtig? Was macht mich glücklich? Worauf kann ich verzichten? Und die wichtigste Frage: Sollte mein Gewicht mich weiter davon abhalten, das beste Leben zu leben, dass ich verdient habe?"

"Vielleicht kennst du das auch: du hast schon mal "erfolgreich" Gewicht verloren oder dein gesetztes Körperziel erreicht und warst trotzdem nicht oder nur ganz kurzfristig glücklich mit deinem Körper. Du konntest so viel abnehmen, wie du wolltest, und trotzdem war es nie genug. umUnd wenn du dir heute Fotos von früher ansiehst, fragst du dich, was du damals eigentlich an deinem Körper auszusetzen hattest.
Der Grund dafür ist folgender: das Problem war nie dein Körper, sondern bestand immer nur in deinem Kopf. Es lag daran, wie du ihn bewertet hast (und möglicherweise immer noch bewertest). Meistens steckt ein ganz anderes Bedürfnis hinter dem Wunsch abzunehmen."

Bewertung vom 20.01.2025
The Freedom Clause
Sloane, Hannah

The Freedom Clause


ausgezeichnet

Unerwartet gut: Die Selbstfindung einer Frau

Ich muss gestehen, das Cover von "The Freedom Clause" hätte mich jetzt nicht unbedingt angesprochen bzw. ich hätte hier ein ganz anderes Buch erwartet. Und dann hätte ich definitiv etwas verpasst. Ich habe nicht erwartet, dass es mir so gut gefallen würde.
Das Cover, insbesondere mit dem Satz "Nur eine Nacht im Jahr ... und keine Fragen" verspricht meiner Meinung nach ein ganz anderes Buch, als man hier bekommt.
Klar, wie im Klappentext angegeben, ist dies die Geschichte von Daphne und Dominic, die sich an der Uni kennenlernen und sehr jung heiraten. Nach drei Jahren Ehe stellen sie fest, dass der Alltag etwas langweilig ist, ganz besonders das Sexleben. Dominic schlägt vor, ihre Ehe teilweise zu öffnen. Die Bedingung ist, dass jeder nur eine Nacht pro Jahr mit einer anderen Person verbringen darf. Es darf nie zweimal dieselbe Person sein, niemand den sie kennen und es darf darüber nicht gesprochen bzw. keine Fragen gestellt werden.
Unter diesen Bedingungen stimmt Daphne zu - nicht weil sie das selbst will, sondern eigentlich um ihre Ehe zu retten bzw. weil sie gelernt hat, sich anzupassen und es allen recht zu machen.
Ab hier entwickelt sich das Buch dann anders, als man es vielleicht erwartet hätte. Vor allem die Entwicklung von Daphne fand ich ganz großartig, wie sie sich befreit und sich selbst findet.

Das Buch ist meiner Meinung nach sehr gut aufgebaut, die Gliederung in die fünf Jahre passt hervorragend. Auch der Schreibstil hat mir ausgesprochen gut gefallen. Es ist meiner Meinung nach nicht nur ein unterhaltsames Buch, das auch oft witzig ist (die Szene auf Seite 220/221 ist einfach zu köstlich!) , sondern es ist auch ziemlich klug. Eigentlich ist es die Geschichte über die Selbstfindung einer Frau. Für mich ein unerwartet gutes Leseerlebnis!

"Und warum fühlt sich Daphne schlecht dabei, wenn sie ihm nun noch mal sagen muss, dass sie aber wegwill? Warum will sie immer gefallen? Woher kommt das? Ist sie so erzogen worden? Liegt es daran, dass sie von klein auf ermutigt wurde, süß und bezaubernd zu sein? Dass, während Henry machen durfte, was er wollte (so ziemlich jedenfalls), von ihr erwartet wurde, ruhig mit Mimis Barbies zu spielen? Lässt es sich darauf zurückführen, dass sie, wenn sie auch nur den Hauch einer Rebellion gegenüber ihren Eltern erkennen ließ, ermahnt, in ihre Schranken gewuesen und plattgemacht wurde?
...
Jungs sind eben Jungs, so will es eine alte Redensart. Nur dass Jungs zu Männern werden und Mädchen zu Frauen, und dann ist der Schaden angerichtet. Dann denken Männer, sie könnten Frauen ihren Willen auch nötigen, weil man ihnen das ja all die Jahre hat durchgehen lassen. Während sie gleichzeitig beobachten konnten, wie der Wille der Mädchen geringgeschätzt wurde. So läuft die Maschinerie des Patriarchats wie geschmiert. Gott, sie ist es so leid. Sie ist es so leid, dass man sie anspornt zu gefallen. Sie ist es leid, dass man von Frauen erwarten, sich Männern unterzuordnen. Es ist so ermüdend."

"Sie nickt, da hat er recht. Sie weiß, dass sie eine gute Mutter wäre, aber das heißt ja nicht notwendigerweise, dass sie das auch will."

"Ich versuche mir einzureden, dass es letztlich gut ist, was geschehen ist. Dass das Leben mir eine Lektion erteilt und mich daran erinnert, dass auch das Wilde, Schroffe, Unvorhersehbare eine gewisse Schönheit hat. Dass man wieder zu selbstgefällig werden noch auf Autopilot schalten sollte, weil man das bedeutet, dass man gar nicht mehr so richtig wertschätzt, was es heißt, auf der Welt zu sein. Dass ich das, was passiert ist, gebraucht habe, als einen Weckruf. Das Ganze ist eine Herausforderung, die ich hassen werde wie nichts sonst, bis es schließlich besser wird. Aber es wird besser werden. Darauf muss ich vertrauen."

"Dieser Druck, uns anzupassen - der ohne Zweifel auf jeder von uns lastet -, kann uns schon mal in die Quere kommen, wenn wir den für uns richtigen Weg einschlagen wollen. Und der richtige Weg kann durchaus schwierig und chaotisch aussehen oder sich anfühlen."

Bewertung vom 18.01.2025
30 Pflanzen pro Woche
Seiser, Katharina

30 Pflanzen pro Woche


ausgezeichnet

Informativ & schön gestaltet: Viel Wissen und tolle Rezepte

Das Buch "30 Pflanzen pro Woche" hat mich positiv und meine Erwartungen sogar übertroffen: Es handelt sich hier nicht nur um ein reines Kochbuch, sondern es bietet auch jede Menge wertvolle Informationen. Zwar habe ich mich schon sehr lange und viel mit gesunder Ernährung beschäftigt, aber ich konnte hier noch viel lernen, besonders zum Thema Darmgesundheit. Der Theorieteil ist wirklich ganz toll gestaltet, unheimlich interessant und noch dazu sehr ansprechend. Eigentlich finde ich diesen Teil am allerbesten.

Auch der Rezeptteil bietet so einiges, viele verschiedene vegetarische Rezepte, die in die Kategorien kalt, warm und süß gegliedert sind. Davon werden wir sicher noch jede Menge Rezepte ausprobieren.

Besonders gut fand ich auch die Pflanzen-Checkliste, die dem Buch beigelegt ist und zusätzlich über einen Link auch noch heruntergeladen und nochmals ausgedruckt werden kann.
Damit kann man sich kontrollieren, wie viele verschiedene "Pflanzen" (pflanzliche Lebensmittel) man aktuell bereits schon wöchentlich konsumiert bzw. kann versuchen, das noch zu steigern. Sehr hilfreich!

Der einzige kleine Kritikpunkt ist der ziemlich unangenehme Geruch des Buchs, das liegt vermutlich am Umweltpapier?
Ansonsten ist das Buch wirklich eine positive Überraschung für mich - meiner Meinung nach ein absolutes Highlight für alle, die sich für gesunde Ernährung interessieren!

Bewertung vom 18.01.2025
Not your Darling
Blake, Katherine

Not your Darling


weniger gut

Not everybodys Darling

"Not your darling" von Katherine Blake erzählt die Geschichte der 20-jährigen Loretta, die eigentlich Margaret heißt. Sie stammt aus einer englischen Küstenstadt, wo sie in ärmlichen Verhältnissen aufwuchs. Sie hat den großen Traum, in Hollywood als Maskenbildnerin Karriere zu machen. Mit einigen Tricks gelangt sie nach Hollwood und will dort durchstarten. Doch in der Glamourwelt ist alles nicht so einfach, die Männer haben das Sagen. Loretta soll wohl besonders „clever“ und mutig wirken - sie trickst gewaltig, oft auch jenseits der Legalität, um ihre Ziele zu erreichen.
Ich muss sagen, ich habe hier vermutlich etwas ganz anderes erwartet. Vielleicht eine andere „Heldin“ als sich dann im Buch zeigte. Ich fand Loretta ziemlich unsympathisch und auch nicht wirklich authenthisch dargestellt. Auch insgesamt ist das Buch ziemlich klischeehaft und unrealistisch. Es liest sich zwar recht schnell und leicht, ist stellenweise ganz unterhaltsam, plätschert zwischendurch auch so vor sich hin, nur im letzten Teil baut sich dann (endlich) auch eine gewisse Spannung auf. Aber der Roman ist einfach unrealistisch, seicht und oberflächlich wie eine schlechte Seifenoper, voller Klischees und Überzeichnungen. Da bin ich vielleicht die falsche Zielgruppe? Mich konnte das Buch leider nicht begeistern.

Bewertung vom 13.01.2025
Kafka
Kafka, Franz

Kafka


sehr gut

Kunstvoll illustrierte Kafka-Häppchen

Das Buch "Kafka", erschienen im Sauerländer Verlag, enthält ausgewählte Texte von Franz Kafka, die auf eine ganz besondere Art von Stefanie Harjes illustriert wurden. Nun muss jeder selbst entscheiden, ob er das ohne weitere Vorkenntnisse von Kafkas Literatur lesen mag oder nicht. Ich denke, beides ist möglich: als Einstieg für alle, die Kafka noch nicht kennen und sich mit seiner Literatur befassen wollen. Aber auch für Menschen wie mich, die schon etwas von Kafka gelesen haben, ihn aber mal auf eine ganz andere Art und Weise entdecken wollen.
Diese Veröffentlichung ist zwar kein Ersatz für die Bücher und Texte von Franz Kafka und ja, ganz klar: man muss so etwas mögen. Ich mag es. Ich liebe es, wenn Literatur auf besondere Art und Weise dargestellt und illustriert wird. Für mich ist das Buch auf jeden Fall ein sehen ms- znd lesenswertes Schätzchen!

Bewertung vom 11.01.2025
Verdammt wütend
Strømsborg, Linn

Verdammt wütend


sehr gut

Frau zu sein bedeutet....sich nicht mehr zusammenzureißen

Die 43jährige Britt wurde von ihrer Mutter verlassen, als sie zwölf Jahre alt war. Ihr ganzes Leben lang hat sie versucht, es immer allen recht zu machen. Sie hat immer "das Richtige" getan und sich an sämtliche Regeln gehalten. Regeln, die sich sich selbst auferlegt hat genauso wie die ungeschriebenen Regeln, die die Gesellschaft Frauen auferlegt.
Und schon ihr ganzes Leben lang ist sie wütend. Doch sie zeigt diese Wut nicht, kann sie nicht zeigen. Bis jetzt. Im Sommerurlaub mit ihrer Familie und Freunden lässt sie ihrer Wut freien Lauf, schreit sie vor allen heraus, allen mitten ins Gesicht. Endlich.
In einem Wechsel aus Rückblenden und dem aktuellen Geschehen erfahren wir von Britts Leben.
Das ist wohl auch das Leben vieler andere Frauen, die ähnliche Gründe zum wütend sein haben sein dürften, diese Wut aber nicht zeigen können. Nicht zeigen sollen. Aber Wut zu zeigen statt sie zu verstecken, ist auch eine Chance zur Änderung...
Ich fand den Vorgänger-Roman "Nie, nie, nie" von Linn Strømsborg unfassbar gut. "Verdammt wütend" kommt meiner Meinung nach nicht ganz an diesen heran, ist aber dennoch ein durchaus würdiger Nachfolger und sehr lesenswert.

"Ich werde immer sauer, wenn ich diesen Satz irgendwo höre. Ich werde sauer, stellvertretend für alle aufräumenden Mütter. Ich werde sauer, weil ich selbst so eine Mutter geworden bin, eine, die ständig anderen hinterherräumt, dem Mann und der Tochter, und keinen Bock mehr hat, was zu sagen, sondern es einfach tut, weil sie weiß, dass nichts passieren wird, wenn sie es nicht selbst macht."

"Als Mama fortging, ging sie da von uns weg oder kam sie zu sich?"

"Wir sind das, wozu unsere Eltern uns gemacht haben und was uns im Leben widerfährt.
Wen wir treffen, mit wem wir sprechen und uns anfreunden, mit wem wir uns zerstreiten und wen wir verlieren. Wen wir wieder zurückgewinnen und wen wir niemals bekommen.
Ich habe eine Mutter verloren, weil sie fortgegangen ist, und einen Vater, weil er starb. Ich habe Freunde verloren und den Körper, den ich hatte, bevor ich Mutter wurde. Ich habe meine Jugend und meine Kindheit verloren, und irgendwo dort in der Ferne lauert schon das Alter auf mich, aber wegen dem Knubbel in meiner Brust kann es sein, dass ich auch das verliere, bevor ich es überhaupt bekomme."

"Ich hab mir nie das genommen, was ich wollte, ich hab mich mit dem begnügt, was ich bekommen hab."

"Ich kann mein Leben ändern. Schlaflos lag ich da und schrie stumm in mich hinein, immer und immer und immer wieder, wie ein Refrain: Nichts wird so sein, wie es mal war. Nichts wird so sein, wie es mal war. Nichts wird so sein, wie es mal war."

Bewertung vom 10.01.2025
Die Nacht der Schildkröten
Olivo, Greta

Die Nacht der Schildkröten


sehr gut

Wenn die Welt dunkel wird: Bewegender (Jugend)Roman

"Die Nacht der Schildkröten" von Greta Olivo ist ein Roman / Jugendroman, der zwar in recht einfacher Sprache daherkommt, aber kein einfaches Thema behandelt.
Italien: Das Mädchen Livia hat ein liebevolles Zuhause mit ihren Eltern und einem kleinen Bruder, eine beste Freundin, und sie rennt schneller als alle anderen. Das Leben könnte also schön sein. Aber eines Tages erfährt sie, dass ihr Leben bald von Dunkelheit umgeben sein wird. Bei ihr wird eine Augenkrankheit diagnostiziert, die zum Verlust des Sehvermögens führen wird. Livia wird lernen müssen, ohne ihre Augen zurechtzukommen. Und sie muss einsehen, dass ihr Leben nicht das eines „normalen“ jungen Mädchens bleiben kann.
Der einfache Schreibstil von Greta Olivo macht es einem leicht, sofort in der Geschichte zu sein. Man kann sich Livia und ihr Leben recht gut vorstellen – nicht vorstellen kann man sich dagegen, wie es sein muss, wenn die Welt mit jedem Tag etwas dunkler wird, der Alltag beständig schwerer wird und alles, was bisher selbstverständlich war, plötzlich nicht mehr so ist.
Das Thema ist ein wichtiges und meiner Meinung nach größtenteils gut und bewegend umgesetzt. Ich vergebe aber „nur“ 4 Sterne, da meiner Meinung nach noch etwas Luft nach oben wäre, das „gewisse Etwas“ hat mir irgendwie noch gefehlt. Dennoch auf jeden Fall ein sehr lesenswerter Debutroman.