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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Conny
Wohnort: 
Annaberg
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 67 Bewertungen
Bewertung vom 26.03.2022
Mongo
Darer, Harald

Mongo


weniger gut

Erstaunlich ist es schon. Das Buch hat alles was eine gute Lektüre ausmacht: ein interessantes Setting, in das man sich, ob man nun jemanden mit Trisomie21 kennt oder nicht, direkt hineinversetzen kann, schlüssige Kapitel, die 224 Seiten in 17 Teile unterteilen, und eine tolle Aufmachung, die ins Auge fällt und perfekt zum Inhalt passt.

Leider muss ich sagen, dass ich mich selten so durch ein Buch quälen musste. Irgendwie schafft es Harald Darer mit einer absolut furchtbar faseligen Erzählweise, auch ein so interessantes und (automatisch) emotionalisierendes Thema komplett kaputt zu schreiben. Und das obwohl es durchaus gute Ansätze gibt (z.B.: Sexualität und Selbstständigkeit mit Behinderung).

Harry als Protagonist ist nie direkt mit Menschen mit Down-Syndrom in Berührung gekommen, bis er seinen Schwager, Markus, kennenlernt und die Schwangerschaft seiner Frau mit vielen Fragezeichen um die Gesundheit des Kindes im Raum steht. Man nimmt direkt an den Gedankengängen und Erinnerungen von ihm teil. Bestimmt sollten repetetive Wörter und Phrasen auch das explizit verdeutlichen, aber die Umsetzung gelingt dem Autor einfach nicht. Auch optisch sind Gedankengänge und wörtliche Rede kaum von einander zu unterscheiden. Lediglich Markus wird in seiner Sprache per durchgängiger Großschreibung (capslock-Gebrüll) zu einer Entlastung beim Lesen.

Ein letzter Punkt, der einen Lesefluss hat gar nicht zustande kommen lassen, ist die Formatierung: Seite um Seite ist alles in einem großen Block geschrieben. Keine Absätze oder ähnliches, auf denen sich suchende Augen kurz ausruhen können, nur Rechtecke auf jeder Seite, gefüllt mit Fließtext.

Bewertung vom 24.03.2022
Die Feuer
Thomas, Claire

Die Feuer


ausgezeichnet

Der Klapptext ließ mich vermuten, dass die Protagonistinnen an irgendeinem erzwungenen Punkt zusammentreffen und es zum Austausch kommt, zum Fachsimpeln über das Stück, das sie zeitgleich im Theater sehen, und ultimativ zum Preisgeben persönlicher Wahrheiten.

"die Feuer" ist sehr viel geschickter als das: es handelt sich um ein - wie man so schön sagt- "meta" Werk, das auf vielen Ebenen wirkt. Zum einen liest man das Theaterstück, das den Handlungsrahmen der Geschichte vorgibt, und seine Umsetzung, zum anderen wird alles was auf der Bühne passiert durch Perspektivwechsel auf unterschiedlichste Weise von einer der drei Frauen gedeutet, interpretiert und verarbeitet. Jede setzt die Szenen in ein anderes Verhältnis und nimmt dabei noch den Theaterraum wahr.

Für mich ist das eine unglaublich interssante Darstellung von Theater bzw. Medien im allgemeinen: ein Saal kann vollgepackt mit Menschen sein und doch wird jeder eine andere Wahrnehmung haben; jeder setzt Medien in einen für sich schlüssigen Kontext und interpretiert im Rahmen seines Wissen- und Erfahrensschatzes.

Das Aufeinandertreffen der drei Protagonistinnen wird im Buch auch treffenderweise wie ein Drehbuch geschrieben und so wird während der Pause, das Publikum zu den Schauspielern.

Tolles Konzept, tolle Umsetzung auch auch wenn man nichts tieferes in "die Feuer" interpretieren möchte, ein toller Einblick in das Leben und die Wahrnehmung dreier Frauen in unterschiedlichen Lebensabschnitten.

Bewertung vom 23.03.2022
Todesschmerz / Sabine Nemez und Maarten Sneijder Bd.6
Gruber, Andreas

Todesschmerz / Sabine Nemez und Maarten Sneijder Bd.6


sehr gut

Vorab: dies ist der erste Band, den ich aus der "Maarten S. Sneijder"-Reihe lese und ich habe es sehr leicht gefunden mich in dem Kreis der Hauptcharaktere ( die aus den vorangegangenen Bänden bekannt gewesen sein dürften) zurecht zu finden. Die Kapitel sind kurz und knackig, sodass die Handlung trotz der mächtigen 587 Seiten schnell voranschreitet und der ganzen Handlung Dringlichkeit verleiht.

Was man von einem Krimi erwartet findet man hier: interessante Personen, verschachtelte Handlung und einige überraschende Wendungen und die Möglichkeit tiefer in die Welt zu tauchen, dank den ersten Bänden und der angekündigten Fortsetzung. Und da es obendrauf auch in Band 6 noch für Quereinsteiger, wie mich, geeignet ist, muss ich dem Autor wirklich ein Kompliment machen: das schaffen nur wenige.

Einen kleinen Makel gibt es für mich allerdings: die Gestaltung des Buchcovers ist sehr irreführend. Ich will nicht weiter darauf eingehen um zu spoilern, aber ich wünsche mir bei der Optik immer auch einen kleinen "Aha"-Moment, wo sich das Innere mit dem Äußeren verbindet. Hier wurde eher nur nach einem dekorativem Element gesucht, was sehr lieblos wirkt.

Bewertung vom 15.12.2021
Karma
Sadhguru

Karma


sehr gut

Was den Begriff "Karma" betrifft, so braucht es wohl eine große Kampagne um klarzustellen, was es damit eigentlich auf sich hat.
Das Wort wird von jedem (mich eingeschlossen) und seiner Oma benutzt, nur leider völlig falsch.
Dass es sich dabei nicht um eine große Plusminusrechnung des Universums handelt, bei der jeder früher oder später, das bekommt was er verdient ist definitiv nicht der Fall - auch wenn so etwas grundsätzlich eine schöne Sache für diesen Erdball wäre.

Karma ist vielmehr etwas, das mit Verhaltensmustern und Zwanghaftigkeit zu tun hat und vor allem eine große gesellschaftliche Komponente hat und keine rein individuelle Sache, für die jeder selbst verantwortlich ist.

Ich konnte mir viele Denkanstöße aus dem Buch mitnehmen, auch wenn die Hülle an Informationen und Begrifflichkeiten auf gerade einmal 289 Seiten gelegentlich erdrückend waren. Unterteilt ist es thematisch in 3 Abschnitte: der Theorie, praktischen Übungen, sowie oft gestellten Fragen.

Für mich waren teilweise Widersprüche enthalten, von denen ich gehofft hatte, dass sie in Teil 3 angesprochen werden würden, aber das ist leider nicht passiert. Ich glaube aber auch nicht, dass es die Intention war auf diesen Seiten alles schlüssig zu erklären.

Bewertung vom 30.11.2021
Die Begegnung. Eine Geschichte über den Weg zum selbstbestimmten Leben
Schweizer, Jochen

Die Begegnung. Eine Geschichte über den Weg zum selbstbestimmten Leben


ausgezeichnet

Zwei Männer an unterschiedlichen Punkten ihres Lebens, die sich trotz großen Altersunterschieds in ihrem Erfahrungsschatz ähneln.
Das Schicksal scheint sie zusammenzuführen um am Leben des anderen teilzuhaben.

Ich fand es sehr spannend für mich verschiedene Philosophien und Erkenntnisse aus den fiktionalen Erfahrungen der beiden Protagonisten zu ziehen. Das Buch vereint sowohl die Lehre, als auch die Geschichte sehr schön, ohne langatmig oder losgelöst zu wirken.

Ein sehr schönes Leseerlebnis, das nicht zuletzt durch die optische Gestaltung und die Aufteilung in (Lebens)Abschnitte zustande kommt.
Hier wurde mir wieder ganz klar bewusst, wie sehr die Formatierung zu einem angenehmen Lesen beisteuert.

Alles in Allem wirklich empfehlenswert: kurzweilig (gerade einmal 238 Seiten), ansprechend und doch regt es zum nachdenken an.

Bewertung vom 11.10.2021
Mein Darm ist kein Arsch
Stehler, Philipp

Mein Darm ist kein Arsch


sehr gut

Ich gebe zu, ich hatte aufgrund der Aufmachung eine Erwartungshaltung, die das Buch nicht erfüllt hat und erfüllen konnte, denn rein optisch hat es mich an "Darm mit Charme" von Giulia Enders und "Hautnah" von Dr. Yael Adler erinnert und etwas ähnliches hatte ich erwartet zu lesen.
Aber bei "Mein Darm ist kein Arsch" handelt es sich nicht um eine reines Sachbuch, sondern um die Biografie von Philipp Stehler mit Schwerpunkt auf seine Erkrankung an Colitis Ulcerosa. Und auch das würde den Nagel nicht auf den Kopf treffen, denn das Buch ist durchsetzt von reinen Fachbeiträgen, die von dem nicht auf dem Cover genannten Prof. Dr. Martin Storr verfasst wurden und dem Ganzen medizinische Sachlichkeit verpassen.

Nichtsdestotrotz war das Buch mit seinen 222 Seiten schnell verschlungen, denn der Leidensbericht und der Weg zur Diagnose und Genesung war sehr interessant zu lesen und genauso holistisch wie Herr Stehler seine Gesundheit nun sieht, so war auch der Ansatz für die Umsetzung des Buchs:
es ist persönlich, sachlich, enthält Bilder und sogar eine Sektion, die glutenfreien Rezepten gewidmet ist.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.09.2021
Betongold
Weber, Tanja

Betongold


sehr gut

Zugegeben, der schwere Einstieg hat mich zunehmend skeptisch gemacht. "Betongold" ist ein schmaler Krimi mit gerade einmal 238 Seiten. Jede Seite zählt und der Protagonist "Smokey" und seine komplett bespitznamte Truppe von Freunden und Bekannten schien nicht gerade zugänglich.
Mit fortschreitender Seitenzahl und zunehmender Information rund um den Tod/Mord?/Suizid? von Smokeys Freund Schani, wurde auch das Geflecht aus persönlichen Verhältnissen und Motiven interessanter.

"Betongold" will ganz viel: ein spannender Krimi sein, eine persönliche Geschichte erzählen um einen liebenswerten von Morbus Bechterew gebeutelten Protagonisten, ein Bild von München malen und gesellschaftskritische Punkte ansprechen. Einige Punkte glücken mehr als andere. Auf so einer begrenzten Seitenzahl, muss man schließlich haushalten und Prioritäten setzen.

Ich fand das Buch unterhaltsam. Klar, hätte man in vielen Dingen in die Tiefe gehen können, aber ein solider, transportabler, hardcover Krimi, hat bei mir allein aufgrund der Aufmachung schon einen Pluspunkt.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.09.2021
Harlem Shuffle
Whitehead, Colson

Harlem Shuffle


sehr gut

Ray Carney ist keine Gangster, wie man ihn aus zahlreichen Büchern und Filmen kennt. Er würde nicht einmal zum stereotypischen Kleingangster taugen (diesen Part übernimmt sein Cousin, Freddie).
Trotzdem hängt unser Protagonist ganz tief drin in den Machenschaften von Harlem: dem Schutzgeld an Polizei, Kriminelle, Geschäftspartner, dem Pläne schmieden, dem Strippenziehen. Aber er bewahrt sich vermeintlich seine ehrliche Haut, seine heile Familie und sein aufstrebendes Möbelgeschäft (zu dem er nicht so ganz aus eigener Kraft kam, wie er es sich gern einreden würde).

Ray Carney ist ein interessanter Charakter, der schlüssig handelt, seine moralischen Vorstellungen von Recht und Unrecht hat und seine entsprechende Logik bzw. Logikfehler.

Ein gutes Buch, wenn auch ich gestehen muss, dass mir der Einstieg schwer fiel; Harlem wollte sich nicht richtig "echt" für mich anfühlen und zu den Charakteren habe ich auch keinen richtigen Draht gefunden.

Ich gebe aber zu, dass nach dem Hype von Whiteheads "Nickel Boys" vielleicht eine zu große Erwartungshaltung aufgebaut wurde, der dieses Buch einfach nicht gerecht geworden ist.

Bewertung vom 16.07.2021
Raumfahrer
Rietzschel, Lukas

Raumfahrer


gut

Nachkriegszeit - Nach-Wende-Zeit - prägende Jahre für Eltern- und Großelterngenerationen. Den Kindern nach der Wende fehlt häufig der Bezug, das Verständnis. Oft wird vermieden im Detail darüber zu sprechen. Als 1987-geborene geht es mir da nicht anders: für mich besteht die DDR-Zeit aus Floskeln und einer verklärten (N)Ostalgie.

Der Protagonist Jan wird durch einen Bekannten gezwungen sich mit der Geschichte seiner Eltern auseinanderzusetzen. Er will nicht, aber es lässt ihm doch keine Ruhe: Fragmente aus seiner Vergangenheit und der des Bekannten setzen "Raumfahrer" zusammen und bilden ein merkwürdiges Konstrukt aus Realität und Fiktion.

Leider bin ich mit der Lektüre nicht ganz warm geworden: komisch eigentlich, denn als Sächsin haben mich die tristen Beschreibungen der Neubaublöcke heimisch fühlen lassen. Letztlich war für mich aber der Schreibstil zu kühl, die Geschichte zu fern/abstrus und die Charaktere zu vielzählig, dadurch flach und klischeehaft.

Bewertung vom 26.04.2021
Die Geschichte von Kat und Easy
Pásztor, Susann

Die Geschichte von Kat und Easy


ausgezeichnet

"Die Geschichte von Kat und Easy" erzählt von einer Freundschaft, die sowohl innig, als auch distanziert ist:
Es ist das Jahr 1973. Ein aufregendes Jahr und DAS Jahr ihrer Freundschaft, denn danach gehen beide getrennte Wege, denken sporadisch an die andere, aber erst mit über 60 Jahren fühlen sich beide wieder bereit alte Wunden aufzureißen, die durch das Fehlen von bestimmten Einblicken nie so ganz heilen konnten.

Beleuchtet wird das Ganze -sowohl damals, als auch heute- von Kat, die sich vermeintlich immer gut hinter ihrer Coolness verstecken konnte, und nie ganz von dieser Macke abrücken konnte. Die Kapitel springen abwechselnd zwischen den entscheidenden Jahrzehnten sowie zwischen einem Leserbrief, der Allem eine weitere rationalere Dimension gibt.

Für mich ein absolut lesenswertes Buch, das mich an einige meiner Freundschaften zurückdenken lässt, denn in vielen Belangen hat man seine "aller beste beste Freundin" damals auch nicht immer alles wissen lassen wollen. Bestimmte Geheimnisse blieben geheim.
Im Fall von Kat und Easy werden diese aber endlich zur Sprache gebracht und lassen hoffen, dass diese einzigartige Freundschaft sich doch irgendwie wiederbeleben lässt.