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Benutzername: 
T.Geyer
Wohnort: 
Gelsenkirchen

Bewertungen

Insgesamt 65 Bewertungen
Bewertung vom 10.06.2016
My take on me
Harket, Morten

My take on me


ausgezeichnet

Im Nachhinein betrachtet, könnte wohl kaum ein Buchtitel passender sein als dieser.
Morten Harket, Frontman der Band AHA, beschreibt und berichtet über ein Teilstück seines Lebensweges, an dessen Ende er lernte sich selbst und sein Leben anzunehmen.

Das Buch beginnt und endet mit dem Konzert in Rio, doch im ersten Kapitel springt er zusätzlich noch etwas weiter zurück.
Diese kurze Rückbetrachtung (zwei Jahre vor Rio) machte mich sehr nachdenklich. Sie gab einen Eindruck davon wieder, welche Auswirkungen das Showbiz, und alles was damit zusammenhängt, haben kann. Unwillkürlich kamen mir andere Stars in den Sinn, denen es vermutlich ebenso ergangen sein dürfte, und ich fragte mich, ob die Sensationslust so etwas rechtfertigen darf.

Doch von diesen kurzen, wenn auch eindrücklichen Ausflügen abgesehen, beschreibt Morten Harket sein Leben. Von der glücklichen, unbeschwerten Kindheit, über Schulzeit, die nicht immer so unbeschwert war, bis hin zu seinen Erfahrungen, die er mit verschiedenen Bands machen durfte, bis er schließlich bei AHA ankam. Manchmal spielte auch der Zufall mit…
Es gab, wie wohl bei jedem Menschen, Höhen und Tiefen zu verkraften, es gab schöne und unschöne Erfahrungen. Trotzdem hatte ich nicht das Gefühl, dass dieses Buch eine Abrechnung darstellt. Vielmehr ist es eine Selbstreflexion mit der letztlichen Erkenntnis, dass er nun im Leben angekommen ist. Er beschreibt das sehr schön mit den Worten „An jenem Abend in Rio wurde ich erwachsen.“ (S. 256), da war er 31 Jahre alt.
Leider endet das Buch mit diesem Konzert in Rio. Ich hätte gerne aus seiner Sicht erfahren, was dann noch geschah, wie sein Leben weiter ging und heute aussieht. Er ist viel mehr als der angehimmelte Frontmann, der er nie sein wollte. Doch wie er selber schreibt, hätte das den Rahmen dieses Buches gesprengt.

Eindrücklich, authentisch, lesenswert!

Bewertung vom 09.06.2016
Gefangene der Wildnis 1: Louisa
Ketterl, Gabriele

Gefangene der Wildnis 1: Louisa


ausgezeichnet

Mit diesem Roman, der zum Teil in England, zum Teil in Amerika spielt, begeisterte mich die Autorin über alle Maßen.

Die Geschichte beginnt mit der höheren Gesellschaft in England, und ich fand sie der Handlungszeit (1846) entsprechend gut dargestellt.
Wer gar nicht in diese Gesellschaft passen wollte war Louisa, die weibliche Hauptfigur des Romans. Für diesen Stilbruch habe ich sie geliebt, doch es sollte zwischenzeitlich eine Hassliebe werden, denn auch wenn ich ihren Sturkopf mochte, so sollte man wissen wo die Grenzen liegen. Das wusste Louisa leider zunächst nicht, was großes Unheil heraufbeschwor.

Später, auf der Überfahrt nach Amerika und in Amerika selbst, jammerte sie auf sehr hohem Niveau und kehrte eine Arroganz heraus, die ich nicht verstehen konnte. Nun war es ihre Schwester, der meine ganze Sympathie zukam, auch wenn sie nur eine Nebenrolle bekleidete. Doch durch ein entscheidendes Ereignis sollte sich Blatt wieder wenden. Hier stockte mir fast der Atem, denn auch wenn ich Louisa zu diesem Zeitpunkt nicht besonders mochte, machte sie Erlebnisse, die ich ihr nicht gewünscht hätte.

Man bewegt sich in diesem Buch allerdings nicht nur in der Welt der englischen, hohen Gesellschaft und deren Auswanderer, die in Amerika ihr Glück versuchen wollten, sondern es geht auch um die native Americans, die Indianer.
Obgleich mich der erste Teil des Buches schon begeistert hat, wurde ich von diesem zweiten Teil komplett mitgerissen.
Wie die Autorin die Indianer beschreibt, ihre Lebensweisen und ihr Wesen kennzeichnet, ihre Ängste und Hoffnungen darstellt, das alles zeugt von einer großen Kenntnis durch gute Recherche. Alles klingt durchweg glaubhaft und nachvollziehbar.
Sehr fühlbar fand ich auch die Veränderung des Schreibstils. War er im ersten Teil noch etwas straffer, steifer, härter und wurde damit der englischen Gesellschaft in wunderbarer Weise gerecht, so war jetzt ein Wandel zur Weichheit zu erkennen. Hier kam meines Erachtens nach die Liebe zum Ausdruck, die die Autorin in diesen zweiten Teil gesteckt hat. Ein Grund mag die romantische Seite des Romans sein, die hier erst richtig hervorkommt, denn mit Jaques kommt eine weitere, wunderbare Hauptfigur hinzu, die sich nicht so leicht in eine Schublade pressen lässt. In der Hauptsache war es aber wohl eher das Schicksal der Indianer, dass mit einigen historischen Fakten unterlegt und durch Andeutungen und die Romanhandlung veranschaulicht wurde. Wenn man von Herzblut sprechen kann, dann ist es wohl hier geflossen.
Beide Teile, so unterschiedlich sie auch waren, ergänzten sich hervorragend und zeichneten ein gutes, vielschichtiges Bild der damaligen Verhältnisse.

Gabriele Ketterl hat einen wunderbaren Roman geschaffen, der in verschiedenster Art und Weise zu Herzen geht. Eine historische Romantasy, die glaubhaft ist und mich durchweg in den Bann gezogen und begeistert hat.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.02.2016
Der goldene Sohn
Gowda, Shilpi Somaya

Der goldene Sohn


sehr gut

Dieses Buch begeisterte mich anfangs durch seine leichte und lebendige Schreibweise, die selbst schwierigen Themen stand hielt. Auch wenn ich fand, dass die Geschichte zum Ende hin etwas schwächelte, weil sie sich leicht zog, bestach sie durch eine gute Mischung aus vielschichtigen Dramen, Liebes- und Lebensgeschichten, wobei es im wesentlichen zwei Hauptfiguren gibt.
Zuerst begegnet man den beiden Figuren zusammen, denn Anil und Leena wachsen zusammen auf und fühlen sich sehr verbunden. Ich hatte den Eindruck, dass die Kindheit trotz den Standesunterschieden glücklich verlief, doch irgendwann entfernten sie sich zunächst ungewollt, später gewollt voneinander. Ab hier wechselten sich die Sichtweisen ab, wobei Leenas Geschichte weiter in Indien spielte, Anil jedoch in die USA reiste, um dort sein Arztstudium an einer Klinik abzuschließen.

Beide Geschichten bewegten mich auf ihre eigene Art und Weise, denn unterschiedlicher können Lebenswelten nicht sein. Man erhält einen guten Einblick in die indische Kultur, die mit einigen Eindrücken bei mir punkten konnte. Auf der anderen Seite war es aber auch gerade dieser Teil der Geschichte, der mich mitunter sehr schockierte, da er sich zum Krimi auswuchs. Leenas Geschichte verlief alles andere als geradlinig. Sie und ihre Familie mussten vieles erdulden, und als später einige Hintergründe dafür aufgeschlüsselt wurden, war ich noch sprachloser als zuvor. Ich habe Leena für die Bewahrung ihrer Haltung sehr bewundert.
Anils Geschichte war aber nicht weniger interessant und aufwühlend, weil er u.a. mit den (fast) typischen Schwierigkeiten vieler Migranten zu kämpfen hatte. Das dies so gut herausgearbeitet wurde, hat mir sehr gefallen. Zudem war er eine Art Wanderer zwischen den Welten, da er die Position seines Vaters als Familienoberhaupt und Schiedsmannes erbte, was zusätzlich enormen Druck auf ihn ausübte. Sein stetiges Bemühen, seine Erfolge und Fehlschläge gingen zu Herzen, egal welchen Lebensbereich es betraf. Auch er hat trotzdem im wesentlichen seine Persönlichkeitsmerkmale beibehalten, schaffte es aber auf Grund seiner Herkunft etwas besser seine Position zu behaupten als Leena.

Ein sehr eindrücklicher, authentischer Roman, der mich aufwühlte und nachdenklich machte. Er entführte mich in eine andere Kultur und Lebenswelt und erlaubte mir Einblicke die nachwirkten.

Bewertung vom 09.12.2015
In der Liebe und beim Bügeln ist alles erlaubt
Zett, Sabine

In der Liebe und beim Bügeln ist alles erlaubt


ausgezeichnet

Das Cover sieht zwar eher nach „Wer hat den Elefant im Wäschekorb verloren“ aus, aber es trifft trotzdem eine erste Aussage des Buches auf den Kopf. Die Hauptfigur Victoria baut auf ihre Karriere und zieht sie aus gutem Grund Haushalt und Kindern vor. Hier ist sie nämlich mit deutlich weniger Kompetenzen ausgestattet. Anfangs war es die fehlende Bügelleidenschaft, die mich Victoria sofort ins Herz schließen ließ, denn ich hasse bügeln. Später kamen aber noch andere Dinge hinzu, wie etwa das Klassentreffen. Im großen und ganzen kann ich mir sehr gut vorstellen, dass so manches Treffen dieser Art genauso abläuft, wie es im Roman beschrieben ist, und manchmal musste ich wirklich lachen. Es war einfach zu lustig wie sich mancher Ehemalige aufführte, und was sich aus so einem Treffen alles entwickeln kann.
Apropos lachen… Eine der besten Nebenfiguren war für mich Victorias Mutter. Wie ein Helikopter saust sie immer noch um ihre Tochter herum und ist dabei so herrlich bemüht, dass ich manchmal nicht wusste ob ich jetzt lachen oder weinen soll. Abgesehen davon brachte mich diese scheinbar grundsolide Dame auch noch ins Staunen… Eine weitere erwähnenswerte Figur ist Victorias „Ich-bügel-putz-und-kaufe-ein-Hausmädchen“, die ihre Zuständigkeiten auf wunderbare, sehr eigene, lustige Art und Weise gerne mal erweitert.
Außer diesen beiden gab es noch eine ganze Reihe wundervoller Nebendarsteller, die die Geschichte mit sehr viel Energie bereicherten, sei es nun positiv oder negativ.

Was ich an diesem Roman sehr gut fand war, dass die Autorin nicht nur so manche Klischees ausgräbt, sie macht sich zum Teil auch darüber lustig und entkräftet sie bisweilen auch. Das lässt den Roman echt und die Figuren, allen voran Victoria besonders authentisch wirken, denn wer kann sich selbst komplett von Vorurteilen/klischeehaftem Denken freisprechen?

Kitschig oder erdrückend romantisch ist dieser Roman nun wirklich nicht, auch wenn die Liebe schon eine Rolle spielt. Dafür wirkt er erfrischend echt, mit einigen Tupfern Klischee, in denen aber hier und da viel Wahrheit steckt.

Bewertung vom 09.12.2015
Trügerische Nähe
Kliem, Susanne

Trügerische Nähe


sehr gut

Der Anfang las sich recht gruselig und ließ mich erst einmal wider Erwarten an einen Krimi denken.
Doch um eins direkt vorweg zu nehmen:
Diese Geschichte ist ein Kriminalroman, daher dem Genre entsprechend geschrieben, und sie sollte auch so gelesen werden. Der Romancharakter steht daher hier eindeutig im Vordergrund, was ich persönlich allerdings nicht tragisch fand. Man muss nur vorher wissen auf was man sich einlässt, sonst wird man wohl möglich etwas vermissen.

Was die Geschichte selbst anbelangt, wurde ich keineswegs enttäuscht.
In der Idylle des Landlebens findet sich eine Patchwork-WG ein. Ein Teil des Hauses wird von einem Ehepaar bewohnt, auf der anderen Seite wohnt eine Familie mit einem, gerade flügge werdendem Sohn. Die Erwachsenen sind befreundet, sonst hätten sie sich wohl kaum auf dieses Zusammenleben eingelassen. Doch dann hat die Autorin jede Menge zwischenmenschliches Konfliktpotential heraufbeschworen, und ich kam nicht umhin mich zu fragen, ob sich die Paare vorher wirklich gut gekannt haben.
Ich fand die Figuren sehr gut dargestellt. Das betrifft sowohl ihre äußere Gestalt, als auch ihre Persönlichkeit, ihre Einstellungen und nicht zuletzt das Erleben und Verarbeiten von verschiedenen Situationen. Immer wieder wird die Perspektive geändert, und das macht einen großen Teil des Reizes der Geschichte aus.
Doch auch die Nebenfiguren gefielen mir, weil sie aus der Masse heraus stachen. Darüber hinaus waren sie außergewöhnlich präsent, daher blieben auch sie mir im Gedächtnis haften. Nicht zuletzt, weil sie Teile der Geschichte entscheidend mitbestimmten und/oder mich letztlich überraschten..

Mord und Totschlag gibt es nur am Rande, hier überwiegen die psychologischen Aspekte. Ein hochinteressante Darstellung und ein sehr gutes Zusammenspiel zwischenmenschlicher Interaktionen, Missdeutungen, Unterstellungen, persönlicher Dramen und so manchem mehr.
Ein interessanter, kurzweiliger und unterhaltsamer Roman mit Krimianteil.

Bewertung vom 28.10.2015
Die Bastardtochter
Schier, Petra

Die Bastardtochter


ausgezeichnet

Ich lese sehr gerne Romane von Petra Schier, denn sie begeisterten mich immer durch vollkommen natürliche Figuren und eine wunderbar dargestellte, vorstellbare Umgebung.
Daher freute ich mich natürlich sehr, als ich diesen Roman bekam. Doch dann stellte ich fest, dass es schon der dritte und finale Teil einer Trilogie war. Nach kurzer Rücksprache fing ich trotzdem mit dem lesen an und wurde auf wunderbare Weise überrascht und belohnt.
Man kann diesen Roman sehr gut solo lesen. Sicher wäre es schön gewesen, wenn ich einige Figuren schon vorher kennen gelernt hätte, denn dann kann die Entwicklung besser verfolgen. Vermisst habe ich das allerdings nicht.

Der Prolog des Romans startet einige Jahrhunderte vor der eigentlichen Geschichte. Dieser Teil gefiel mir gut, denn hier hat die Autorin etwas Mystik in den sonst überwiegend historisch geprägten Roman gebracht. In der Hauptgeschichte wird darauf immer wieder Bezug genommen, aber gut dosiert und ohne die Haupthandlung zu erdrücken. Es war eher ein weiteres Spannungselement, dass der Geschichte zusätzliche Fahrt verlieh.
Aber auch sonst hatte dieser Roman alles was das Leserherz begehren könnte. Freundschaft, Liebe, Drama, Lug, Trug und Verrat. Die Figuren waren sehr gut ausgearbeitet, und viele davon wuchsen mir spontan ans Herz. Einige nahmen direkt eine bestimmte Rolle ein, bei anderen war die Bestimmung nicht ganz so klar. Daher war es eine Freude den Roman bis zum Ende zu verfolgen. Enneleyn ist die bestimmende Persönlichkeit in dieser Geschichte, denn sie ist die Bastardtochter. Sie benahm sich zwar in vielerlei Hinsicht dem Zeitalter entsprechend, trotzdem war sie eine sehr starke Persönlichkeit, die man nur bewundern konnte. Hoffen und bangen lagen hier oft dicht beieinander. Auch die übrigen Figuren entsprachen nicht immer dem üblichen Klischee, was ich sehr zu schätzen wusste.
Für mich stand nach dem Ende fest, dass ich die beiden Vorgeschichten nun auch noch lesen werde.

Ein weiteres, wunderbares Buch aus der Feder von Petra Schier. So unterhaltsam können historische Romane sein.