Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
mosaik
Wohnort: 
Neumarkt a. W., Salzburg
Über mich: 
Meine Leidenschaft gehört der Geografie, meine "zweite Heimat" war über Jahrzehnte Italien und alles rund ums Kulinarische interessiert mich immer. So versuche ich eben auf das eine oder andere Buch aufmerksam zu machen und hoffen, mit meinem Rezensionen ein wenig weiter zu helfen

Bewertungen

Insgesamt 452 Bewertungen
Bewertung vom 29.04.2023
Swanetien entdecken
Applis, Stefan

Swanetien entdecken


ausgezeichnet

Der Buchtitel „Swanetien entdecken“ wird dem Inhalt vollkommen gerecht.

Dr. Stefan Applis, Jahrgang 1969, ist Geograf und Fotograf. Seine ethnografischen und geografischen Projekte führen ihn seit vielen Jahren vor allem nach Ost- und Südosteuropa, in den südlichen Kaukasus und nach Zentralasien.

In seinem über 200seitigen Kultur- und Naturreiseführer für Swanetien beleuchtet Applis die Geschichte und Religion in dieser Gebirgsregion. Es liest sich wie eine Reise in die Vergangenheit. Einerseits frühchristliche Kirchen, andererseits eine Religion mit Elementen von Naturreligionen. Es ist eine Region des Hochgebirges, der 5 201 m hohe Shkara im Hauptkamm des Großen Kaukasus ist nicht nur der höchste Gipfel in Swanetien, sondern von ganz Georgien.

Applis erklärt, welche Probleme der Tourismus für die Bevölkerung mit sich bringt, obwohl die Bewohner auf diesen Wirtschaftszweig immer mehr angewiesen sind. Er bietet geschichtliche Exkurse wie über die Kaukasus-Expedition von 1903, bei dem der Forschungsreisende und Bergsteiger Wilhelm Rickmer-Rickmers zusammen mit Cenzi von Ficker bei Fürst Bekerbi Dadeschkeliani zu Gast waren. Applis berichtet über Männer- und Frauenräume bei volksreligiösen Festen und Landkonflikten und andere Eigenheiten dieser geschichtsträchtigen Region. Weitere Themen sind Erbrecht und Bodenverteilung, „Ushba – „Der Schreckliche““, traditionelles Recht und Sowjetrecht, die Winterkatastrophe 1986/87 und die Umsiedelung nach Kvemo Kartli, Hintergrund zu Unterkünften und wirtschaftlichen Bedingungen der Gastgeber und natürlich immer wieder Beschreibungen von Kulturgütern und Besichtigungsmöglichkeiten.

Übersichtskarten von Dorfgemeinschaften und Wanderbeschreibungen, Beschreibungen der so typischen Gebäude und immer wieder randliche Hinweise auf Lesetipps und Internetlinks, dazu viele aktuelle Reisetipps und aussagekräftige Bilder. Der Buchtitel „Swanetien entdecken“ wird dem Inhalt vollkommen gerecht.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.04.2023
Kirche, Kunst und Kolosseum
Sternthal, Barbara

Kirche, Kunst und Kolosseum


ausgezeichnet

Rom war immer eine „Stadt der Skandale“ wie dieses Buch dokumentiert

Wie war das damals mit Romulus und Remus genau, dem Zwölftafelgesetz, der Grundlage des römisches Rechts? Sternthal beginnt im Dunkel der Antike und bringt Licht in diese Frage sowie Legenden späterer Jahrhunderte. Nach den ersten 50 Seiten verstehe ich die Ämter im und den Niedergang des römischen Reiches besser. Nebenbei erfahre ich etwas über die römische Wölfin, von den sieben Hügeln Roms und was auf ihnen steht, über die Toga und verschiedenes Rechtliches – alles optisch gut getrennt vom eigentlichen Text.

Wenn man das Kapitel „Bischöfe und Kardinäle, schöne Frauen und berühmte Familien“ gelesen hat, kommen einem Zweifel an der katholischen Kirche und deren Moralverständnis. Nicht von ungefähr nennt Sternthal ein Unterkapitel „das dunkle Jahrhundert“. Dann ist von Fälschungen die Rede, damit der Vatikan seine Ländereien ausweiten konnte, von Normanneneinfällen und allerlei Machtspielen der Päpste.

„Gott hat uns das Papsttum gegeben, lasst es uns genießen“, was viele Familien wie die Barberini, Borghese, Orsini oder Borgia auch weidlich taten. Sternthal vergisst dabei nicht auf sehenswerte Paläste aus dieser Zeit hinzuweisen. Wie überhaupt sich immer wieder Hinweise auf Ereignisse, Personen, Kirchen, Monumente und Paläste im Text finden. Das ist der Teil „nicht nur für Jurist:innen“. Ausführlich schreibt sie über das römische Ghetto, eine Erfindung der Päpste in ihrer „christlichen Nächstenliebe“.

Es folgen Beiträge über begabte Fälscher und habgierige Räuber (und wie sie endeten), sowie reisende Juristen. Im Kapitel „Schauplätze der Hauptstadt“ geht es um Ereignisse im 20. Jahrhundert. Wahlfälschungen der Faschisten, Politikermorde, Skandale im Vatikan, Verstrickungen eines Erzbischofs der Vatikanbank in Finanzaffären und Korruption, um unaufgeklärte Morde und um die P2-Loge.

Ein Buch, gespickt mit rechtlichen und weltlichen Informationen, vielen Details und Hintergrundinfos. Mit diesem Buch in der Hand werden wohl manche Gebäude beim nächsten Rom-Besuch in einem anderen, manchmal dunkleren Licht erscheinen. Ein gelungener Rom-Führer für Nichtjuristen wie ich es bin!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.03.2023
Steiermark Reiseführer Michael Müller Verlag
Haller, Andreas

Steiermark Reiseführer Michael Müller Verlag


ausgezeichnet

Ein sehr fundierter, umfassender, aktueller und auch optisch gelungener Reiseführer der Steiermark

Wie soll ich 444 Seiten über das zweitgrößte Bundesland Österreichs zusammenfassend schildern, ohne daraus eine mehrseitige Abhandlung zu machen? Ich werde es in Kurzform versuchen. Denn Andreas Heller hat eine Vielzahl an Ausflugsmöglichkeiten, Besichtigungen und Erlebnisvorschlägen in diesem Führer zusammengetragen. Wer die Steiermark in ihrer Vielfältigkeit kennenlernen möchte, ist mit diesem Führer bestens beraten.

Nun habe ich zwar nicht alle 444 Seiten einzeln gelesen, aber die ersten rund 80 Seiten über die westliche Obersteiermark sehr sorgfältig mir angesehen. Da ich seit über einen Jahrzehnt als Administrator im EnnstalWiki arbeite, das genau diese Region umfasst, kann ich mir ein sehr gutes Bild über Details und Korrektheit dieses Führers machen. Und ich muss sagen, dass Haller sehr gut informiert über diesen Teil der Steiermark schreibt. Stichproben in anderen Gebieten der Steiermark, die ich ebenfalls besser kenne, zeigen dasselbe Bild: Sehr gut recherchiert, viele Details und gute Informationen. Die herausnehmbare Faltkarte ermöglicht eine Überblick über die Steiermark, jedoch für einen Urlaub wird man sich entsprechende Detailkarten zulegen müssen.

Unter den zwölf GPS-Wanderungsvorschlägen hat er u. a. mit der sechs-Seen-Wanderung auf der Tauplitzalm und jener zum Duisitzkarsee in den Schladminger Tauern zwei schöne Vorschläge ausgesucht, die ich nur empfehlen kann.

Natürlich, wie in allen Reiseführern, kann er bei Tipps für Übernachtung und Essen nur ein paar auflisten. Aber hier gilt ebenso wie für Öffnungszeiten und Preisangaben, dass man sich stets aktuell im Internet informieren sollte. Nicht mehr möglich ist seit Winter 2022/2023 der Gletscherskilauf auf dem Schladminger Gletscher im Dachsteinmassiv. Aufgrund des starken Rückgangs des Eises war bereits im Winter kein Skifahren auf dem Gletscher mehr möglich, seit Mitte März 2023 werden nun auch die Lifte abgebaut. Der Ordnung halber möchte ich darauf hinweisen, dass Pürgg nicht zum Ausseerland gezählt wird (Seite 44) und auch nicht an dieses grenzt. Denn zwischen Pürgg und dem Ausseerland befindet sich das Hinterberger Tal, das man nicht zum Ausseerland zählt. Beides, das Ausseerland und das Hinterberger Tal (Bad Mitterndorf mit den seit 2015 eingemeindeten Gemeinden Pichl-Kainisch und Tauplitz) werden als das steirische Salzkammergut bezeichnet.

Ich finde diesen Reiseführer sowohl inhaltlich als auch optisch sehr gelungen. Farblich unterschiedliche Überschriften erleichtern die Orientierung in Textteilen, aussagekräftige Bilder ergänzen die Beiträge.

Bewertung vom 12.03.2023
Vielgeprüftes Österreich
Lendvai, Paul

Vielgeprüftes Österreich


ausgezeichnet

Lendvai beschreibt die österreichische Politik nach 1945 spannend anhand der Bundeskanzler

Es ist unglaublich, welches Wissen Lendvai trotz seines hohen Alters von 94 Jahren noch interessant in diesem Buch vermittelt. Auf rund 270 Seiten schildert er die Geschichte der zweiten Republik anhand verschiedener Bundeskanzler. Breiten Raum gibt er dabei der Entstehung und dem Wirken der FPÖ und SPÖ, hier vor allem Bruno Kreisky. So meint Lendvai, dass Kreisky seinen Aufstieg dem FPÖ-Klubobmann Friedrich Peter zu verdanken hätte.

Lendvai war zunächst als Korrespondenz der „Financial Times“ arbeitet, kehrte 1957 nach Wien zurück und wurde später Chefredakteur der ORF-Osteuropa-Redaktion neben anderen Tätigkeiten. Er hat also alle Bundeskanzler persönlich erlebt und interviewt. Daher fließen viele persönliche Erinnerung in seine oft auch sehr kritischen Beschreibungen dieser Personen ein.

Das Kapitel über die ÖVP, „die ungewöhnlichste Volkspartei Europas“, und jenes „von Wolfgang Schüssel zu Sebastian Kurz: Vom Original zur misslungenen Kopie“, sind mit fast 70 Seiten nicht nur die umfangreichsten Beiträge, sondern geben auch tiefe Einblicke in die Verflechtungen in der österreichischen Politik.

Aufgrund der Dichte an Informationen konnte ich das Buch immer nur abschnittsweise lesen. Aber ich bin sehr beeindruckt von diesem Buch. Durch die vielen Hintergrundinformationen und persönlichen Erläuterungen habe ich einen sehr guten und verständlichen Einblick in die österreichische Politik nach 1945 erhalten. Zusammen mit dem Buch von Hugo Portisch „Aufregend war es immer“ verstehe ich nun vieles besser, was seither geschehen ist. Ich kann das Buch von Lendvai nur empfehlen.

Bewertung vom 12.03.2023
Das große kleine Buch: Die Admonter Stifstbibliothek
Berninger, Jakob M.

Das große kleine Buch: Die Admonter Stifstbibliothek


sehr gut

Viel Information trotz seiner Kleinheit

Auf acht Seiten erhält der Leser eine Einführung in die Geschichte dieses Klosters, das von einem Salzburger Erzbischof 1074 gegründet wurde. Bilder sowie eine historische Zeichnung vor dem Brand 1865 ergänzen diese Einführungsseiten. Dann werden die Geschichte der Stiftsbibliothek, ihre Architektur, Skulpturen und Deckenfresken beschrieben. Dazu gibt es ganzseitige Farbbilder. Weitere Abschnitte befassen sich mit Handschriften und Inkunabeln, mit dem „Abrogans“, erhaltenen Teilen des bis heute ältesten Buches in deutscher Sprache sowie mit der Restaurierung alter Handschriften und der Digitalisierung von Bibliotheksbeständen.

Es ist ein zwar kleines Büchlein, bietet aber viel Information und macht den Besuch dieses weltgrößten Bibliotheksaales schmackhaft.

Bewertung vom 17.01.2023
Skitouren am Dachstein
Maurer, Martin;Bremm-Grandy, Thomas;Zechmeister, Armin

Skitouren am Dachstein


ausgezeichnet

Sehr gut recherchiert, sehr gutes Karten- und Bildmaterial sowie sehr detaillierte Beschreibungen

Es ist das erste moderne Skitourenbuch für Touren in einem Hochgebirge, so die Autoren, das sich samt seinen Ausläufern über eine Länge von rund 50 Kilometern erstreckt. Es ist aber auch ein problematisches Buch, wie die Autoren selbst schreiben. Die Touren führen in Hochgebirgslandschaften, in die üblicherweise im Winter kein Mensch kommt. Das kann zu Konflikten mit dem Wild führen, das gerade im Winter seine Kräfte schonen muss. Dringt der Mensch zu sehr in deren Rückzugsgebiete ein, kann das auch den Tod von Wildtieren bedeuten. Auf diese Problematik gehen die Autoren besonders ein und hoffen auf die Vernunft und Eigenverantwortung der Skitourengeher. Ich persönlich bezweifle aber, dass sich alle Skitourengeher an die diesbezüglichen Ratschläge der Autoren halten. Ich frage mich, ob wirklich jeder Winkel dieser Erde dem Menschen zu jeder Jahreszeit für Freizeit und Vergnügen zur Verfügung stehen muss. Zumal die Autoren selbst mehrmals bei Touren auf eine mögliche Lebensgefahr hinweisen, sollten man nicht perfekt vorbereitet und mit der Umgebung vertraut sein. Soweit meine kritischen Anmerkungen.

Dem Inhalt selbst gebührt jedenfalls Respekt und Lob. Da werden nicht einfach Touren kurz beschrieben, sondern sehr umfassend und detailliert geschildert. Ich greife mir das Kapitel Steirisches Salzkammergut heraus: Einführung und Tourenüberblick - eine Seite, erstes doppelseitiges Winterbild mit eingezeichnetem Tourenverlauf zweier Routen, doppelseitige geografische Karten mit dem genauen Verlauf dieser Routen, dann die Beschreibung der ersten Route. Hier werden zunächst verschiedene Parameter angeführt wie Schwierigkeit, Aufstiegszeit, Neigung, Höhenmeter, gesamt zurückgelegte Höhenmeter, ein QR-Code für Anfahrtstipps. Diese Begriffe werden in der Einleitung neben den Kapiteln „Skitouren mit Verantwortung“, „alpine Gefahren am Dachstein“, zehn Empfehlungen des Alpenvereins u. a. erklärt. Zurück zu meinem Beispiel. Es folgt nun die genaue, ein- bis zweiseitige Beschreibung der jeweiligen Tour (Allgemeines, Anfahrt, Aufstieg, Abfahrt, Bemerkung sowie empfohlene Ausrüstung). Von Schlüsselstellen, Ausblicken und anderen durchaus imposanten Details gibt es immer wieder sehr gute Bilder.

Das Buch umfasst Touren aus dem nordöstlichen Salzburger Pongau sowie dem oberösterreichischen Salzkammergut entlang des Gosaukamms, dem Gebiet von Hallstatt und Obertraun nach Süden zum Dachsteinmassiv mit der Karsthochfläche „Auf dem Stein“, die Südabhänge des Dachsteinmassivs in Ramsau am Dachstein und dann die östlichen Ausläufer, Kemetgebirge und Grimmingstock sowie die nördlich davon gelegenen Teile des Hinterberger Tals (Bad Mitterndorf, Pichl-Kainsch, Tauplitz) mit einem kleinen Teil des südwestlichen Ausläufers des Toten Gebirges.

Über 380 Seiten, der Text in einer sehr guten und angenehm lesbaren Schriftart, die Farbbilder klar und übersichtlich, die Karten mit Höhenangaben und Höhenlinien – ein sehr sorgfältig gestaltetes und informatives Buch über Skitouren im Gebiet des Dachsteingebirges. Wer eine sportliche Herausforderung im Hochgebirge im Winter, manchmal vielleicht sogar mit Grenzerfahrung, sucht, wird mit diesem Buch sicherlich sehr zufrieden sein.

Bewertung vom 17.01.2023
Das große österreichische Sagenbuch

Das große österreichische Sagenbuch


ausgezeichnet

Ein interessanter Querschnitt durch die Sagenwelt Österreichs
Ich habe mir dieses Buch bewusst ausgesucht, repräsentiert es doch einen Querschnitt der Sagenbücher, die der Verlag in acht Einzelbänden in den letzten Jahren veröffentlicht hatte. Erstmals gibt nun im großen Sagenbuch auch zehn Sagen aus dem Burgenland. Der bekannte Märchenerzähler Helmut Wittmann hat sich als Herausgeber dieses Bandes Märchen der Autoren der anderen Sagenbücher bedient. Die Schreibstile der verschiedenen Autoren ergeben eine Abwechslung beim Lesen.

Nicht unerwähnt möchte ich die gelungenen Farbzeichnungen von Jakob Kirchmayr lassen. Beim Anblick des Titelbildes, das die vom Donaufürsten geraubte Tochter eines Fischers im Strudengau zeigt, hatte sogar mein noch nicht ganz dreijähriger Enkelsohn seine eigene Interpretation, wer dies sein könnte. Die Texte sind oft bei der Wiedergabe direkter Reden im Dialekt gehalten, aber sind problemlos zu versehen (zumindest für mich Salzburger). Natürlich wiederholen sich manche Grundthemen in den Sagen, aber trotzdem konnte ich das Buch nicht weglegen, bevor ich die letzte Sage gelesen hatte. Bei manchen Sagen werfen die Autoren kritische Fragen nach Moral und Lehre aus der Sage auf. Der Schreibstil ist also der heutigen Erwachsenenwelt angepasst und die Sagen lassen sich gut lesen.

Bewertung vom 17.01.2023
Lissabon - Stadtabenteuer Reiseführer Michael Müller Verlag
Beck, Johannes

Lissabon - Stadtabenteuer Reiseführer Michael Müller Verlag


sehr gut

Sachlich und doch farbig geschilderte gar nicht gefährliche „Stadtabenteuer“ in Lissabon

Von den drei von mir gelesenen „Stadtabenteuern“ hat mir der Band über Lissabon am besten gefallen. Nach Wien und Paris kommt ein Tourist vielleicht eher als in das rund 2 500 Kilometer Luftlinie von München entfernte Lissabon. Da möchte dann der Leser doch mehr sachliche Informationen erhalten als einen Seufzer der Entspannung oder Schwärmereien einer Autorenvorliebe. Beck versteht es, sachliche Informationen mit eigenen Erfahrungen in Erzählform zu verbinden, ohne aber sentimental oder zu persönlich zu werden.

Ich habe den Eindruck, dass seine völlig harmlosen Besichtigungstipps, die weit entfernt von „Abenteuern“ sind, den Schwerpunkt auf Informationen haben und persönliche Erfahrungen nur ergänzend mitgeteilt werden. Ein Beispiel: „Luxus-Tram Nummer eins“. Im Museum der Verkehrsbetriebe Carris: Nach dem „Steckbrief“, ich komme noch darauf zurück, zwei Seiten über Hintergründe und Geschichte und nur etwas mehr als eine halbe Seite, wie er persönlich die Fahrt mit dieser Tram empfunden hat. In den beiden anderen „Stadtabenteuer“-Führern hatte ich genau das umgekehrte Gefühl: Zwei Seiten, wie es die Autorinnen aus subjektiver, persönlicher Sichtweise erlebt und gefühlt hatten und nur eine Seite oder etwas weniger tatsächliche Informationen. Aber ich bin mir sicher, beiden Schreibstile werden ihre Freunde gefunden haben.

Die Vorschläge beginnen mit einem „Steckbrief“ in Telegrammstil und enden mit einem Info-Kasten „Wenn man schon mal hier ist“ mit weiteren Tipps in der unmittelbaren Umgebung. Telegrammstil heißt tatsächlich in „Wortfetzen“, die in durchgehend in Großbuchstaben geschrieben und mit drei Pluszeichen voneinander getrennt werden. Für mich schlecht lesbar.

Beck schafft es mit seinen Ausflugstiteln den Leser neugierig zu machen ohne gleich in abenteuerliche Titel (hier passt dieses Wort) zu verfallen. Beispiele: Wie schwer ist ein Goldbarren? Wer fliegt nachts durch die Lissabonner Burg? Oder „Wo liegt Europas ältester Jazzclub?“ Ja, bei solchen Überschriften kann sich der Leser etwas vorstellen im Gegensatz zu manchen Titeln in den Bänden Wien und Paris. Becks „Stadtabenteuer“ enden mit sieben Vorschlägen entlang der Lissabonner Atlantikküste bis etwa 50 Kilometer Entfernung. Diese Orte sind alle mit öffentlichen Verkehrsmitteln in etwa maximal zwei Stunden je Strecke erreichbar. Es sind aber mitunter etwas eigenartig anmutende Tipps wie jener „Venusmuscheln auf Lissabonner Art“. Er empfiehlt ein Restaurant, bei dem er über eine Stunde an der Bar auf einen freien Platz wartete, um Muscheln essen zu können. Ich denke, es wird in Lissabon viele, auch ebenso gute, Restaurants geben, wo man nicht auf einen freien Platz warten muss.

Dieser Führer ist nicht das Richtige für Erstbesucher, obwohl er eine Reihe von bekannten Sehenswürdigkeiten bietet. Auch für einen Besucher, der zum wiederholten Mal die Metropole am Atlantik besucht, wird er nicht nur Neues bieten. So muss wohl jeder für sich entscheiden, ob dieses „Stadtabenteuer“ für ihn der passende Reisebegleiter ist.

Bewertung vom 09.01.2023
Paris - Stadtabenteuer Reiseführer Michael Müller Verlag
Holzer, Birgit

Paris - Stadtabenteuer Reiseführer Michael Müller Verlag


ausgezeichnet

Eine Frankreich-Korrespondentin schildert ihre Paris-Erlebnisse für „Wiederholungstäter“

Wie bei allen bisher von mir gelesenen „Stadtabenteuer“-Reiseführer müssen Sie keine Angst haben! Es warten keine Abenteuer auf Sie, aber interessante Erlebnisse. Alle sind entweder finden mit örtlichen Führern statt, können im Freien oder allgemein zugänglichen Bereichen erlebt werden.

Die Autorin arbeitet für mehrere Tageszeitungen als Frankreich-Korrespondentin und lebt seit 2008 in Paris, einer Zweimillionenstadt, mit allen Vororten aber über zwölf Millionen Einwohner hat. Da war es sicherlich nicht einfach, nur 33 Erlebnistipps herauszufiltern. Darunter sind sehr praktische Tipps wie eine Stadttour mit einer Metrolinie, oberirdisch verlaufenden Streckenabschnitte aufweist oder der Hinweis auf „Wirtshäuser auf Französisch“. Das sind günstige, aber gute Lokale, von denen ich in einem immer gerne auch selbst bei meinen Paris-Aufenthalten eingekehrt bin. Boot-Bus, eine Fahrt mit dem Kulturauto „Ente“ oder ein Spaziergang auf alten Eisenbahngeleisen – die Tipps sind vielfältig. Manchmal verpackt die Autorin auch einfach nur einen bekannten Besichtigungstipp in eine Essensgeschichte. Essen kommt sowieso mehrfach vor. Ganz banale Tipps wie Ausspannen in verschiedenen Parks oder auf Flohmärkten wühlen fehlen ebenso wenig wie Tanztipps an der Seine oder der Besuch der Großen Moschee von Paris.

Die Kapitel umfassen textmäßig meist zwei Seiten, die mit Zeichnungen, einem Bild sowie einem „Steckbrief“ in Telegrammstil und einem Info-Kasten „Wenn man schon mal hier ist“ ergänzt. Telegrammstil heißt tatsächlich in „Wortfetzen“, die in durchgehend in Großbuchstaben geschrieben und mit drei Pluszeichen (+) voneinander getrennt werden. Für mich schlecht lesbar ebenso wie die Texte in den Info-Kästen, da die Grundfarbe dieses Reiseführers die Farbe Orange ist und weißer Text mit orangem Hintergrund sehr schwer lesbar wird. Jedenfalls für einen +60-jährigen Brillenträger. Eine Nachfrage beim Verlag hat aber ergeben, dass bei der Neuauflage die Farbe verändert wurde und besser lesbar sein soll.

Die Autorin schreibt in angenehmen neutralen Stil. Manchmal kommt eine persönliche Meinung oder Empfindung vor, ansonsten wählt sie zwar den erzählenden, aber neutralen Schreibstil. So kann sich der Leser selbst seine Meinung bilden. Nicht jeder will vielleicht in einem Reisebus während einer Stadtrundfahrt im Bus Mittagessen oder in Katakomben hinabsteigen. Birgit Holzer hilft bei der Entscheidungsfindung, wie ein „Wiederholungstäter“ seinen xten Aufenthalt in Paris interessant gestalten könnte.

Bewertung vom 09.01.2023
Wien - Abenteuer Reiseführer Michael Müller Verlag
Weibrecht, Judith

Wien - Abenteuer Reiseführer Michael Müller Verlag


sehr gut

Inhaltlich in Ordnung, sprachlich manchmal etwas zu werbemäßig oder theatralisch

Wie in allen drei von mir bisher gelesenen Reiseführern aus der MM-Reihe „Stadtabenteuer“ konnte ich keine echten Abenteuer unter den 33 Vorschlägen Wien kennenzulernen finden. Aber jede Menge guter Tipps, was man erleben könnte.

Heute schreibt man ja nicht mehr primär, was man sich anschauen oder erleben kann, sondern schildert in Erzählungen, wie man etwas selbst erlebt hat. So sind die Kapitel textmäßig meist zwei Seiten umfassend, die mit Zeichnungen und einem Bild sowie einem „Steckbrief“ in Telegrammstil und einem Info-Kasten „Wenn man schon mal hier ist“ ergänzt werden. Telegrammstil heißt tatsächlich in „Wortfetzen“, die in durchgehend in Großbuchstaben geschrieben und mit drei Pluszeichen (+) voneinander getrennt werden. Für mich schlecht lesbar.

Die Autorin schildert entweder nach einzelnen Bezirken getrennt oder mehrere Bezirke zusammengefasst ihre Erlebnis- oder Besichtigungstipps. Am Ende dieser Bezirkstipps gibt es einige Restaurant-, Einkaufs- und Nächtigungstipps. Sie schildert ihre Eindrücke manchmal sehr persönlich („ich fühl mich sauwohl“, „die Musik ist hinreißend“ und nach einem Wiener-Walzer-Blitztanzkurs mit Diplom hüpft sie stolz die Stiege hinab). Bei manchen Passagen hatte ich beim Lesen das Gefühl, sie wäre vom Tourismusverband Wien bezahlt worden, so urlaubsmäßig schöngefärbt kommt manches rüber. Aus meiner Sicht wäre es in einem bezahlten Reiseführer besser, wenn nicht gar so viele persönliche „Höhenflüge“ einflössen.

Weibrecht beschreibt aber auch eine Reihe interessanter Erlebnisse wie beispielsweise „Schlafen bei den Sauriern“ – eine Kindernacht im Naturhistorischen Museum, eine Führung von einer Obdachlosen durch ihre Welt, wie das mit Mieträdern in Wien funktioniert oder das Auffinden von Gebäuden des Otto Wagners, einem der großen Wiener Stadtbaumeister. Sie erzählt ihre Erfahrungen an Wiener Würstelständen, im Wiener Prater oder auf dem Naschmarkt. Beim Zentralfriedhof erwähnt sie die Anzahl der Bäume und Länge der Hecken, Anzahl der Grabstätten und Ehrengräber. Aber bis auf die Erwähnung von Udo Jürgens und Kurt Johann Hauenstein und einer ganzen Seite über das Grab von Falco welche weiteren Persönlichkeiten dort begraben liegen und Friedhofsabschnitte sehenswert wären.

Nicht ganz einordnen kann ich den Ausflug in das „Bermudadreieck in Purbach“, das 40 Kilometer Luftlinie und fast 60 Autokilometer von Wien Zentrum entfernt ist. Dort schildert sie nämlich nur die Bedienung eines Automaten, der 64 Weine zum Verkosten anbietet. Purbach liegt bereits im Burgenland und der Titel ist etwas reißerisch, wie manche anderen Titel auch (Ein Ferrari auf vier Hufen, Apfelstrudel-Gipfel, der Wiental Highway oder „in die Wüste geschickt“).

Nicht ganz nett finde ich als Österreicher, dass sie den Ausdruck „Ösi-Hauptstadt“ verwendet, was ich persönlich als abwertend finde. Aber sehe ich einmal von den sprachlichen Eigenheiten der fränkischen, also bayrischen Autorin ab, die wahrscheinlich beim deutschen Publikum gut ankommen, finde ich den Führer was die Tipps an sich angeht durchaus gelungen und empfehlenswert.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.