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Nina [libromanie.de]
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Medienstudentin :: 20something :: verschlingt alles, was aus Buchstaben besteht und schreibt darüber

Bewertungen

Insgesamt 115 Bewertungen
Bewertung vom 23.03.2010
Die Einsamkeit der Primzahlen
Giordano, Paolo

Die Einsamkeit der Primzahlen


sehr gut

Nach dem Motto »Es waren zwei Königskinder…« erzählt Paolo Giordano in seinem Debütroman, der 2oo8 mit Italiens renommiertestem Literaturpreis 'Premio Strega' ausgezeichnet wurde, die Geschichte von Alice und Mattia, Königskinder oder eben Primzahlen, die eigentlich zueinander gehören, aber sich einfach nicht finden können.

Beide Charaktere sind Außenseiter. So sehr Alice auch versucht, dazu zu gehören, es gelingt ihr einfach nicht. Ein Unfall in ihrer Kindheit, für den sie ihrem Vater die Schuld gibt, hat sie nicht nur die Beweglichkeit eines ihrer Beine einbüßen lassen, sondern auch einen tiefen Riss in ihrer Seele verursacht. Ihr Bestreben nach Normalität gipfelt in Magersucht, Ärger mit den Eltern und immer weiteren Demütigungen.
Mattia hingegen grenzt sich selbst von vornherein aus. Nachdem seine behinderte Zwillingsschwester mit sechs Jahren aus seiner Obhut verschwand, kapselt er sich immer mehr ab und verleiht seinem Schmerz heimlich Ausdruck, indem er anfängt, sich selbst zu verletzten.
Einzig Alice schafft es, nach und nach zu ihm durchzudringen, auch wenn sie lange nur an der Oberfläche kratzt und nicht ganz klar ist, welche Absichten sie dabei hegt.

Von 1983 bis 2007 begleitet der Leser Mattia und Alice auf ihrem Lebensweg, den letztlich jeder für sich bestreiten soll, ohne dass der Kontakt zum anderen aber völlig abbricht.
Hierbei rückt der Autor nicht nur seine Figuren in die Rolle der unglückseligen Primzahlen, sondern gibt auch dem Leser das Gefühl, Mattia und Alice über all die Jahre und Seiten hinweg nur sehr bedingt nahe kommen zu können, obwohl er ihn doch erstaunlich tief in ihre traumatisierte Psyche blicken lässt.
Giordanos Sprache ist schnörkellos und klar, hält den Leser kühl auf Distanz, ist aber gleichzeitig eindringlich und ruft intensive Bilder hervor, wenngleich diese – bestärkt durch die teilweise großen Zeitsprünge – vielmehr Momentaufnahmen darstellen. Augenblicke, in denen Alice aufdringlich und Mattia zu passiv ist, um sympathisch zu sein – und doch fühlt man mit ihnen und verfolgt ohnmächtig, wie die beiden Helden sich in ihr Unglück manövrieren.

Auch wenn am Ende ein leichter Hoffnungsschimmer aufglimmt, ist »Die Einsamkeit der Primzahlen« definitiv keine Lektüre für schwermütige Zeiten, denn das ungute Gefühl, dass da etwas völlig falsch läuft, zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte und lässt den Leser aufgewühlt und vor allem traurig zurück.

FAZIT: Eine tragische (Liebes)Geschichte, die schon nach den ersten beiden Kapiteln schwer im Magen liegt und trotzdem (oder gerade deshalb) schön zu lesen ist.

4 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.03.2010
Wenn ich bleibe
Forman, Gayle

Wenn ich bleibe


ausgezeichnet

Nach New York ziehen und dort mit ihrem Cello Karriere machen oder bei der Familie und der großen Liebe in Oregon bleiben?
Eigentlich sollte dies die bisher größte Entscheidung im Leben der 17jährigen Mia werden. Doch ein schrecklicher Autounfall, bei dem ihre Eltern ums Leben kommen und sie und ihr kleiner Bruder lebensgefährlich verletzt werden, stellt das musikalische Ausnahmetalent von jetzt auf gleich vor eine ganz andere Frage: Soll sie ihrer Familie folgen oder soll sie kämpfen? Gehen oder bleiben? Leben oder sterben?

Während Mias Körper auf der Intensivstation im Koma liegt, wandert ihr Geist durch das Krankenhaus, beobachtet ihre Freunde und Verwandte und erinnert sich an entscheidende Erlebnisse ihres jungen Lebens, die dem Leser neben Mias zarter Persönlichkeit auch das innige Verhältnis zu ihren Eltern und ihrem Bruder vor Augen führen. In kurzen, aber intensiv erzählten Episoden erfährt man, wie sich Mias Liebe zu ihrem Cello und zur klassischen Musik entwickelte, wie sie ihren Freund Adam, umschwärmtes Mitglied einer aufsteigenden Punk-Band kennen lernt und wie zwischen den beiden eigentlich so unterschiedlichen Menschen dennoch eine gefestigte Beziehung entsteht.
All diese Anekdoten, die teilweise bis in Mias Kindheit zurückreichen und auch ihre beste Freundin mit einschließen, machen deutlich, wie stark das Band zu ihren Eltern war, wie unbekümmert sie aufgewachsen ist und wie anders ihr Leben nun sein könnte, obwohl es das doch gar nicht dürfte.

Dabei gelingt es der Autorin nicht nur, den Leser mit ihrer warmherzigen, offenen Schreibweise zu fesseln. Auch der Aufbau der Geschichte vermag zu überzeugen. Vergangenheit und Gegenwart greifen so geschmeidig ineinander, dass man nicht – wie so oft – das Gefühl hat, aus der Handlung herausgerissen zu werden, sondern immer tiefer in die Geschichte eintaucht und über die gesamte Erzählung hinweg immer wieder bittere Tränen vergießt.
Denn immer wenn die Entscheidung gefallen scheint, bringt eine Geste, ein Wort, ein Gedanke oder Geschehen sie wieder ins Wanken - völlig nachvollziehbar und ohne aufgesetzt oder konstruiert zu wirken, sodass bis zum Schluss doch relativ unklar ist, wie das Ende ausfallen wird.

FAZIT: Ein aufwühlendes, tieftrauriges, aber wunderschönes Buch, das zeigt, wie kostbar das Leben ist und wie schnell alles vorbei sein kann. Rührend, ohne rührselig zu sein und so glaubwürdig und mitfühlend erzählt, dass man fast schon um die Verstorbenen trauert, obwohl diese doch eigentlich nur erfunden sind.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.02.2010
Schwarztee
Bürkl, Anni

Schwarztee


sehr gut

Um ihr altes, von ihrer Karriere beherrschtes Leben in Wien zu vergessen, wagt Berenike Roither einen Neuanfang in Altaussee im Salzkammergut, wo sie einen kleinen, stilvollen Teesalon eröffnet, in dem es neben gutem Tee auch anspruchsvolle Literatur gibt.
Als bei einer dort veranstalteten Lesung des umstrittenen Autors Sieghard Lahn ein Journalist ermordet wird, ist es mit Berenikes – durch Tee und einen ausgeprägten Hang zur Esoterik – neu gewonnener Ruhe aber erstmal vorbei. Schließlich wurde Robert Rabenstein heimtückisch vergiftet. In ihrem Salon! So gerät Berenike nicht nur ins Visier der Polizei, sondern setzt bei ihren eigenmächtigen Ermittlungen auch ihr Leben aufs Spiel…

Anni Bürkls Erstlingswerk, dessen Kapitel allesamt nach verschiedenen Teesorten benannt sind, ist ungewöhnlich. Schon aufgrund des ganz eigenen Stils der Autorin, die häufig kurze Sätze, knackige Sätze gebraucht und an allen möglichen wie unmöglichen Stellen Anglizismen einstreut. Auf den ersten Blick wirkt das eigenartig, aber nach wenigen Seiten hat man sich bereits damit angefreundet und denkt sich So what?! Englisch und Tee, das passt doch. Und irgendwie spiegelt der etwas sperrige, aber trotzdem angenehme Stil ja auch Berenikes Charakter wider, der zu Beginn sehr schwer zu fassen ist.

Ja, Berenike glaubt an Qi und murmelt gerne mal das eine oder andere Mantra vor sich her, aber so richtig nimmt man ihr ihren Esoterikfimmel nicht ab. Viel zu sehr hat man das Gefühl, dass sie sich bloß in eine andere Existenz flüchtet, um ihre Vergangenheit komplett hinter sich zu lassen. Denn dass dort irgendetwas liegen muss, das sie belastet, wird fast schon zu offensichtlich angedeutet.
Die Auflösung allerdings entschuldigt Berenikes sprödes Auftreten, erklärt, warum es ihr beim Anblick gut aussehender Männer sehr schnell im Schoß zieht und macht sie zu einer interessanten, ganz besonderen Figur. Vertieft wird dies noch durch ihre schwierige Kindheit mit jüdischen Vorfahren und das angespannte Verhältnis zu ihren Eltern, das ebenfalls angerissen wird.

Auf gerade mal etwas über 300 Seiten hat die österreichische Autorin also einiges untergebracht, etwa auch ein Teebrevier, politische und historische Aspekte sowie ein paar weitere Leichen. Dabei geht der Kriminalfall aber fast schon etwas unter, denn auch wenn die Motive für die Morde nachvollziehbar und gut durchdacht sind, kommen die Opfer etwas unglaubwürdig ums Leben und auch die Polizei macht bei ihren Ermittlungsarbeiten keinen guten Eindruck.

Das alles ändert aber nichts daran, dass ich mich jetzt schon auf Berenikes 2. Fall freue, der im Sommer dieses Jahres unter dem Titel »Ausgetanzt« erscheinen wird.

FAZIT: Ein etwas anderer, atmosphärischer und intelligenter Krimi – nicht nur für Teeliebhaber.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.01.2010
Fledermausland
Dierssen, Oliver

Fledermausland


sehr gut

Eigentlich sollte er in Hannover studieren. Studenten mag Sebastian Schätz aber nicht. Und außerdem ist in seinem Kopf eh kein Platz mehr für etwas anderes als Kim, die Frau seiner (unerfüllten) Träume.
Infolgedessen arbeitet er als Aushilfe in einem Asiamarkt mit dubiosen Lebensmittelangeboten und lebt so vor sich hin - bis der nächtliche Überraschungsbesuch einer kleinen Fledermaus seinen sonst eher geruhsamen Alltag völlig durcheinander bringt. Lange Zeit, darüber nachzudenken, ob er vielleicht den Verstand verloren hat, bleibt Sebastian allerdings nicht, denn plötzlich wollen die skurrilsten Gestalten ihm und Kim an den Kragen…

Der Einstieg in die Geschichte ist leider wenig gelungen. Zu ausschweifend, zu belanglos, zu sprunghaft in der Satzstellung. Nach etwa 70-80 Seiten hat man allerdings das Gefühl, der Autor habe nun genug Schwung geholt und die Geschichte kommt endlich kräftig ins Rollen.
GEZ-Zwerge, Oger, leichenknabbernde Männer im Spülschrank… Wer hätte gedacht, dass Hannover ein Tummelplatz für allerhand bizarre Fabelwesen ist?
Sebastian jedenfalls nicht. Der will auch nach einem sehr realen Zusammenstoß mit einem Vampir nicht wirklich an dessen Existenz glauben und sucht nach logischen Erklärungen, was ihn – im Gegensatz zu herkömmlichen Helden, die immer wenig realistisch jede noch so wahnwitzigen Situation einfach hinnehmen – sehr menschlich und sympathisch macht.

Basti ist eben ein Antiheld. Ein liebenswerter Chaot, der so verschossen ist in seine Kim, dass er selbst im tiefsten Schlamassel nur an ihr Wohlergehen denkt. Das kann zwar hier und da ermüdend sein, ist aber immerhin konsequent. Ebenso wie sein Unvermögen, etwas auf die Reihe zu kriegen. Da kann er noch so große Töne spucken, am Ende bekommt er doch wieder nur selbst eins auf die Mütze.

Erzählt wird die Geschichte sehr umgangssprachlich, was sie auf der einen Seite entsprechend lebendig macht, andererseits aber auch ziemlich seicht. Zum Ende hin muss man aufgrund der sich überschlagenden Ereignisse allerdings doch noch etwas konzentrierter lesen, um die Beweggründe der einzelnen Charaktere nachvollziehen und den spannenden, teils sehr überraschenden Wendungen folgen zu können.
Schade nur, dass der ein oder andere Faden auch nach Abschluss der knapp 450 groß bedruckten Seiten noch etwas lose in der Luft hängt. Möglicherweise Material für eine Fortsetzung?

Genügend außergewöhnliche, haarsträubende und vor allem unglaublich komische Einfalle hat der Autor jedenfalls. Das muss man ihm lassen. Selten begegnet man so unglaublich vielen verrückten Figuren, die die Lachmuskeln mal wieder so richtig ordentlich strapazieren.

FAZIT: Dranbleiben lohnt sich. Besonders auch zu empfehlen für Fans von Christopher Moore.

0 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.01.2010
Das Buch der toten Tage
Sedgwick, Marcus

Das Buch der toten Tage


sehr gut

Bevor der mysteriöse Valerian ihn unter seine Fittiche genommen hat, lebte Boy auf der Straße. Nun hat der namenlose Junge als Famulus des Magiers zwar ein Dach über dem Kopf, aber ein glückliches Leben ist ihm dennoch nicht vergönnt, denn sein exzentrischer Meister behandelt ihn wie einen Leibeigenen.
Gegen Ende des Jahres wird Valerians Verhalten immer merkwürdiger. Der große Magier scheint sich vor etwas zu fürchten. Und tatsächlich: Valerian hat einen Pakt mit dem Bösen geschlossen. Ihm bleiben nur noch wenige Tage, um ein magisches Buch zu finden, das sein Leben retten könnte. Gemeinsam mit Boy und dem Waisenmädchen Willow begibt er sich auf eine schaurige Suche, die sie immer weiter in die Dunkelheit führt…

Zeitlich spielt das Buch während der so genannten toten Tagen zwischen Weihnachten und Neujahr, in einer unbenannten Epoche, in der elektrisches Licht noch eine seltene Ausnahme ist.
Auch ein genauer Handlungsort wird dem Leser nicht verraten, jedoch erzählt der Autor im Vorwort, dass er sich von den Pariser Katakomben, dem Kanalsystems Bolognas und den Krakauer Friedhöfen inspirieren ließ und so ist der Schauplatz der Geschichte eine gelungene Mischung aus den genannten Orten, deren morbider Anstrich für eine gruselige Grundstimmung sorgt.
Hinzu kommen blutige Morde und die Frage, ob der undurchsichtige Valerian nur ein geübter Illusionist ist, der auf der Bühne mit Täuschungen und Tricks arbeitet, oder ob er tatsächlich über magische Fähigkeiten verfügt, so wie es manches Mal den Anschein hat. Ohnehin sind er und sein ehemals guter Freund Kepler, Naturphilosoph und Astrologe, die interessanteren Figuren in dem Roman.
Die etwa 15jährigen Boy und Willow, zwischen denen sich schnell zarte Bande entwickeln, sind zwar durchaus sympathisch und wecken das Mitgefühl des Lesers, bleiben als eigentliche Hauptfiguren aber noch etwas blass.

Auch der Plot ist anfänglich nicht allzu komplex. Zwar werden schnell einige Fragen aufgeworfen, Hinweise für mögliche Entwicklungen werden aber erst gegen Ende gestreut. Bis dahin verfolgt man eine etwas eigentümliche, dafür aber wunderbar gruselige Suche nach dem rätselhaften Buch der toten Tage, die in einem dramatischen Kampf unter der Erde gipfelt, bei dem sich die Ereignisse etwas überschlagen und man leicht den Überblick verliert, wer denn nun gut, und wer böse ist.

Neben der düsteren Atmosphäre und der Kürze der Kapitel ist es vor allem der anschauliche Schreibstil, der dazu beiträgt, dass sich das Buch sehr zügig lesen lässt. Zum Ende hin geht es dann aber etwas zu schnell, denn die Morde bleiben ungeklärt und auch Boys Herkunft sowie die Absichten diverser Figuren werden wohl erst in der Fortsetzung, die 2oo7 unter dem Titel »Bei Einbruch der Nacht« erschienen ist, näher beleuchtet.

FAZIT: Ein kurzes Abenteuer für zwischendurch, das vom Gruselfaktor sicherlich auch für Erwachsene geeignet sein dürfte.

Bewertung vom 09.01.2010
An der Arche um Acht
Hub, Ulrich

An der Arche um Acht


sehr gut

In einer Gegend, die nur aus Schnee und Eis besteht, gleicht im Leben der drei Pinguine ein Tag dem anderen. Als sich jedoch ganz überraschend ein gelber Schmetterling in die Einöde verirrt, den der kleinste der Pinguine unbedingt abmurksen möchte, entbrennt eine heftige Diskussion zwischen den drei Freunden über die Existenz Gottes.
Während die beiden größeren Pinguine Gott als allmächtigen Schöpfer verstehen, der sich eine Menge Regeln ausgedacht hat, die man besser befolgt, stört sich der kleine Pinguin ganz unfromm an Gottes Unsichtbarkeit, die für ihn ein klarer Nachteil ist. Da sich das Trio einfach nicht einigen kann, gipfelt der Streit darin, dass der kleine Pinguin die beiden anderen wutentbrannt zurücklässt.

Kurz darauf bekommen die beiden Großen Besuch von einer Taube, die ihnen verkündet, dass Gott genug hat von den Streitigkeiten auf Erden und daher eine Sintflut schickt, um die Welt auszulöschen und noch einmal von vorne anzufangen. Nur jeweils zwei Tiere einer Art sollen sich um Acht an der Arche Noah einfinden, um dem Tod in den Fluten zu entrinnen.
Die Pinguine willigen ein, doch was ist mit ihrem Freund? Den können sie – trotz aller Zankerei – doch nicht einfach zurücklassen.
Und so schmuggeln sie den Kleinen einfach auf die Arche und sorgen damit für einige Aufregung…

Ursprünglich handelt es sich bei der Geschichte um ein Theaterstück, das unter der Regie des Autors 2006 uraufgeführt und seitdem – ebenso wie die Hörspielfassung – mehrfach ausgezeichnet wurde.
Unbeschwert und unaufdringlich lässt Ulrich Hub seine Pinguine philosophische Fragen aufwerfen, die irgendwann wohl jedes Kind einmal stellt: Wer ist Gott? Wo ist er? Und warum kann man ihn nicht sehen?
Kindgerecht und vor allem auf höchst amüsante Weise versucht er, Antworten zu geben, ohne dabei eine bestimmte Auffassung in Stein zu meißeln, denn letztlich sind alle gebotenen Ansätze frei interpretierbar und stehen – besonders im Hinblick auf das unkonventionelle Ende – vielleicht auch nicht immer ganz im Einklang mit dem, was die Kirche predigt.

Neben dem ausgesprochen ulkigen Schreibstil voller Wortwitz und spritziger Dialoge sind es besonders die wunderbar herzigen Illustrationen von Jörg Mühle, die dieses 85 Seiten starke Büchlein zu einem süßen und intelligenten Leseerlebnis machen.
Einziger Kritikpunkt ist ein Logikfehler am Schluss, der zwar erzählerisch seine Berechtigung hat, aber letztendlich eben doch ein Fehler bleibt.

FAZIT: Eine kleine, aber feine Geschichte über Freundschaft, Glaube und Toleranz, die auch bei großen Lesern Anklang finden dürfte.

9 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.01.2010
Saphirblau / Liebe geht durch alle Zeiten Bd.2
Gier, Kerstin

Saphirblau / Liebe geht durch alle Zeiten Bd.2


ausgezeichnet

So ganz glücklich ist Gwendolyn mit der Tatsache, dass sie plötzlich zu einem mysteriösen Geheimbund von Zeitreisenden gehört, immer noch nicht. Doch sie tut, was sie kann. Während ihre beste Freundin Leslie mittels (Internet)Recherche so viele nützliche Informationen wie möglich zusammenstellt, versucht sie, die Sticheleien ihrer eifersüchtigen Cousine Charlotte auszublenden und stellt sich ihren Pflichten als ‚Rubin‘ im Kreis der Zwölf. Auch wenn sie noch nicht richtig weiß, welche Rolle sie in der ganzen Sache eigentlich spielt.
Aber zum Glück ist da ja Gideon, der ihr zwar immer wieder erschreckend feindselig begegnet, aber irgendwie doch an ihr interessiert zu sein scheint. Warum sollte er sie sonst andauernd küssen wollen?

Während für den Leser unsagbar lange Monate vergangen sind, in denen er auf die Fortsetzung warten musste, ist für Gwendolyn und Gideon die Zeit stehen geblieben, denn »Saphirblau« setzt genau dort an, wo »Rubinrot« aufhörte – beim Kuss unserer beiden Hauptfiguren. Womit auch schnell klar ist, dass die Liebe und die mit ihr verbundenen Irrungen und Wirrungen entsprechend viel Platz in der Geschichte einnehmen werden.
Aber auch über die vermeintlichen Ziele der Wächter, die möglichen Umstände des Diebstahls des zweiten Chronografen und den unheimlichen Grafen von Saint Germain erfahren wir mehr. Allerdings nicht viel, denn auch am Ende diesen Bandes tappt man als Leser noch ziemlich im Dunkeln und von den Versuchen, die Zusammenhänge richtig zu deuten, schwirrt einem auch schnell mal der Kopf; wie auch vom Auftreten der vielen unterschiedlichen Personen. Hier sorgt jedoch ein angehängtes Personenverzeichnis für Abhilfe und wiederholende Ausführungen zu den Geschehnissen aus dem ersten Teil erleichtern glücklicherweise den Wiedereinstieg in die Geschichte.

Nichtsdestotrotz ist die Lektüre, wenngleich der Stil flüssig ist wie eh und je und die Seiten nur so dahin fliegen, schon ein wenig kompliziert. Und auch die Zeitreisethematik wirkt im Vergleich zum Vorgängerband wesentlich komplexer. Nicht selten fragt man sich, ob bestimmte Vorgänge überhaupt noch logisch sind. Da Zeitreisen im Grunde aber ohnehin ein Paradoxon sind, sollte man diesen Aspekt allerdings nicht allzu kritisch sehen. Denn, wie die Autorin auch selbst in einem Interview verriet, bleiben »bei allen Bemühungen, wohl immer ein paar kleine Haken« übrig.

Dank des urkomischen Humors und der liebenswerten und lebensechten Charaktere - wie etwa den sehr an einen (aus dem Verkaufsfernsehen bekannten) Modedesigner erinnernden Mr. Giordano - kann man etwaige logische Stolpersteine aber sowieso getrost übersehen. Stattdessen lacht man bei einem Auftritt Gwendolyns auf einer Soirée Tränen, fühlt ihre Schmetterlinge im Bauch und verliebt sich gefährlicherweise nicht nur in Gideon, sondern auch in Xemerius, den vorlauten Wasserspeierdämon, der Gwen neuerdings auf Schritt und Tritt begleitet.

Das Ende wird für viele Leser wahrscheinlich reichlich unbefriedigend sein, da die beiden Hauptstränge ziemlich unerwartet enden. Jedoch haben Gwendolyn und Gideon auch diesmal wieder eine Zeitreiseetappe hinter sich gebracht und ihre jeweiligen Aufgaben mehr oder weniger erfolgreich erfüllt. Aus diesem Grund kann man – im Hinblick darauf, dass es sich eben um den zweiten Teil einer Trilogie handelt – schon von einem runden Ende in Bezug auf diesen Abschnitt sprechen.
Und wer nach den knapp 4oo Seiten immer noch nicht genug hat, kann sich bis zum Erscheinen der Fortsetzung ja an dem Zahlencode versuchen, der auf der letzten Seite zu finden ist und der einen Hinweis auf die kommenden Entwicklungen geben könnte. Oder das Buch einfach immer wieder zur Hand nehmen und die wunderschöne Aufmachung bewundern, die auch diesmal wieder ein wahrer Augenschmaus ist.

FAZIT: Eine süffige und höchst amüsante Mischung aus erstem Herzklopfen, mysteriöser Fantasy und spannendem Krimi, die erneut Jung und Alt begeistern und den September herbeisehnen lassen wird.

5 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.01.2010
Die Mittwochsbriefe
Wright, Jason F.

Die Mittwochsbriefe


gut

In einer einzigen Nacht verlieren die drei Cooper-Geschwister beide Elternteile und finden sich im Zuge der Beerdigung seit langer Zeit wieder in ihrem Elternhaus ein: Matthew, der Vorzeigesohn, der verzweifelt versucht, Nachwuchs zu bekommen, Samantha, eine allein erziehende Polizistin mit schauspielerischen Ambitionen, und Malcolm, das schwarze Schaf der Familie, der vor Jahren nach Brasilien geflüchtet war; zum einen, um einem drohenden Gefängnisaufenthalt zu entgehen und zum anderen, um Abstand von seiner Jugendliebe Rain zu gewinnen, die mittlerweile einen neuen Freund hat.
Im Keller der kleinen Pension, die ihre Eltern führten, finden Matthew, Samantha und Malcolm tausende an die Mutter adressierte Briefe von ihrem Vater – die Mittwochsbriefe.
Anfangs noch zurückhaltend machen die Geschwister sich daran, die Briefe zu sortieren und nach und nach zu lesen. Dabei erfahren sie nicht nur mehr über ihre Eltern und deren fast 40jährige Ehe, sondern stoßen auf ein dramatisches Familiengeheimnis, das bislang Selbstverständliches plötzlich in Frage stellt…

Anders als zu erwarten wäre, spielen die titelgebenden Briefe eine verhältnismäßig geringe Rolle. Zwar offenbaren sie besagtes Familiengeheimnis, ansonsten sind es jedoch mehr oder weniger belanglose, unchronologische Liebesbekundungen, manche rührend schön, andere fast schon kitschig, selbst geschriebene, sehr religiös angehauchte Liedtexte oder Anekdoten, etwa von einem Besuch in Graceland, die Laurel eigentlich selbst auch miterlebt hatte.
Deutlich im Vordergrund steht stattdessen das Verhältnis der Geschwister untereinander, vor allem aber Malcolm, die eigentliche Hauptfigur der Geschichte. Er steht nicht nur mit dem Gesetz in Konflikt und hat immer noch sehr starke Gefühle für Rain, sondern ihn trifft ein Ereignis in der Vergangenheit seiner Eltern auch deutlich heftiger als Matthew und Samantha.

Leider waren sämtliche Auflösungen und Entwicklungen allerdings so vorhersehbar, dass ich an keiner Stelle auch nur ansatzweise überrascht war und auch die Charakterzeichnung wirkte besonders in Bezug auf Jack und Laurel reichlich überzogen. So werden sie nicht nur von ihren Kindern, sondern auch auf diversen Trauerveranstaltungen von sämtlichen Personen, die im Laufe ihres Lebens in irgendeiner Weise mit ihnen zu tun hatten, als perfektes Ehepaar dargestellt, dessen Liebe, Nächstenliebe und vor allem Fähigkeit, zu verzeihen, einfach grenzenlos war. Hierbei wird Laurel wird fast schon als eine Art Heilige dargestellt, was irgendwann einfach zu viel des Guten ist; ebenso wie der sehr stark ausgeprägte Glaube an Gott, der die Geschichte in eine Richtung gehen lässt, der ich persönlich wenig abgewinnen konnte.

Dennoch kann ich nicht behaupten, dass mich das Buch gar nicht berührt hätte. Alleine von der Thematik geht es jemandem, der auch schon den einen oder anderen Verlust zu beklagen hatte, einfach nahe; auch wenn die Cooper-Kinder selbst manchmal etwas ichbezogen und weniger emotional agieren, als es hier und da angebracht wäre.
Alles in allem wirkt die Geschichte aber zu pathetisch, zu unnatürlich und zu überladen, um den hohen Erwartungen, welche die Grundidee weckt, wirklich gerecht zu werden. Darüber kann leider auch der schön verpackte Epilog, der in einem separaten Briefumschlag auf der Innenseite des Buches steckt, nicht hinwegtäuschen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.