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MaJo

Bewertungen

Insgesamt 32 Bewertungen
Bewertung vom 20.07.2009
Wo die Zitronen blühen
Carlotto, Massimo; Videtta, Marco

Wo die Zitronen blühen


gut

Ja, wo blühen sie denn?

Dank des Bucheinstiegs aus Sicht des Mordopfers ist dem erfahrenen Krimileser früh klar, wer der Mörder ist. Damit steht fest, dass es sich bei diesem Buch weniger um einen klassischen Kriminalroman, sondern eher um eine Art Enthüllungsreport handelt. Der Ich-Erzähler deckt auf der Suche nach dem Mörder seiner Verlobten nach und nach Verzweigungen der Wirtschaftskriminalität in seiner nächsten Umgebung auf. Da seine Ermittlungsergebnisse schlichtweg klischeeerfüllend genannt werden müssen, fehlt dem Buch leider der fesselnde Spannungsbogen. Die nach und nach vorgestellten Charaktere bleiben, trotz nüchterner Rückblicke auf ihre Lebensläufe, in ihrer hollywood-gestylten Gegenwart rund um den Mordfall und die folgenden Ermittlungen verhaftet und damit recht oberflächlich.

Die Autoren stricken hier rund um den Mord an einer italienischen Dorfschönheit eine Geschichte um Korruption und Wirtschaftsbetrug. Ein handwerkliches Meisterstück, das leider nicht die Tiefe erreicht, um überragend zu sein – nichtsdestotrotz aber ein erschreckendes Bild italienischer Dorfindustrie und ihrer Machtmenschen zeichnet.

Bewertung vom 15.07.2009
Submarino
Bengtsson, Jonas T.

Submarino


sehr gut

Jonas Bengtsson/ Submarino

Nach der Lektüre dieses Romans fällt es einem schwer, wieder in seinen eigenen normalen Alltag zurückzukehren. Jonas Bengtsson schreibt wirklich so eindringlich, wie auf dem Buchrücken zitiert, seine kurzen, emotionslosen Sätze spiegeln den seelischen Abgrund in dem sich seine Figuren bewegen.

Jeweils aus der Ich-Perspektive erzählt Bengtsson in zwei großen Blöcken vom Leben zweier Brüder, wechselt zwischen der Gegenwart und der gemeinsamen Vergangenheit. Aufwachsend bei einer alkohol- und tablettenabhängigen Mutter sind die Jungen sehr früh auf sich gestellt, versorgen ihren gerade wenige Monate alten jüngsten Bruder mit gestohlener Babynahrung, blenden sein Geschrei schnell selbst durch Alkohol, Tabletten und Schnüffeln aus – bis er eines Morgens nicht mehr aufwacht. Ihre eigenen Leben sind zu diesem Zeitpunkt längst programmiert, und so konzentriert sich Bengtsson in der Betrachtung ihres Werdegangs auf Personen, die ihnen nahe stehen.

Nick, der jüngere Bruder lebt ein Leben voller Gewalt, landet nach einer gescheiterten Beziehung im Knast, findet sich nach seiner Entlassung im trostlosen Leben zwischen Bodybuildingsstudio, Alkohol und lebloser körperlicher Befriedigung. Im Bruder seiner Exfreundin, Ivan, findet er jemanden, dem es noch schlechter geht als ihm, um den er sich ein wenig kümmern kann. Als Ivan im Rausch eine gemeinsame Bekannte ermordet nimmt Nick die Schuld auf sich – er überlebt im Knast, Ivan würde dies nicht.

Der Ältere der beiden Brüder schafft es fast, mit seiner schwangeren Freundin ein normales Leben aufzunehmen – bis diese wenige Jahre nach der Geburt des Sohnes rückfällig wird und im Heroinrausch von einem Auto angefahren wird und stirbt. Selber wieder an der Nadel hängend schafft er es erstaunlich gut, sich um seinen Sohn Martin zu kümmern, erreicht als Dealer sogar ein gutes Auskommen.

Im letzten kurzen Abschnitt seines Romans führt Bengtsson die beiden Brüder wieder zusammen; sie befinden sich im gleichen Gefängnis als dort der ältere, der Vater Martins, in der Toilette ertränkt wird. Bengtsson eröffnet schließlich die Perspektive, das sich Nick nach seiner Entlassung um den Neffen kümmern könnte.

Beide Hauptcharaktere haben nichts heldenhaftes oder hoffnungsvolles an sich, sie sind Überlebende ihrer Kindheit ohne positive Anteil im eigenen Leben. Der winzige Lichtblick bleibt Martin, der es in zweiter Generation vielleicht schaffen kann, ein für uns Leser normales Leben zu führen.

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Bewertung vom 08.07.2009
Kuchen backen in Kigali
Parkin, Gaile

Kuchen backen in Kigali


ausgezeichnet

Wunderschönes Afrika

Der Roman „Kuchen backen in Kigali“ befindet sich wundervoll weit entfernt von bisher bekannten Afrikageschichten wie „Feuerherz“ oder „Wüstenblume“. Gaile Parkin erzählt in einfachen Worten und kurzen Sätzen, vielen Dialogen und einigen Gedanken das Alltagserleben von Angel, ihrer Hauptfigur. Angel ist Tansanierin, lebt aber aufgrund der beruflichen Stellung ihres Mannes Pius mit ihm und 5 Enkeln in Ruanda. Sie sind finanziell recht gut gestellt, vor allem auch da Angel mit ihren individuell gestalteten Kuchen für besondere Anlässe ein gutes Taschengeld hinzuverdient.

Gaile Parkin siedelt ihre Geschichte nahezu ausschließlich in Angels Straße und ihrem Wohnblock an. Es fehlen also die sonst üblichen Landschaftsbeschreibungen, dafür kann man sich von den einzelnen Häusern und Wohnungen ein umso detailreicheres Bild machen. Angel kennt viele Menschen, lernt über ihre Kuchenbestellungen noch viele mehr kennen, und über deren Charaktere wird der Leser in verschiedenste Schicksale eingebunden. Herausragend ist, wie wenig Platz diese Menschen dem erlebten, unvorstellbaren Leid in ihrem Leben zugestehen. Die Erfahrung ist nicht unterdrückt und verdrängt, sondern Teil der Menschen, der sie nicht daran hindert Glück zu erleben. Genauso widmet auch die Autorin den, im Schicksal ihrer Charaktere beschriebenen Themen wie Völkermord, AIDS, Prostitution, Analphabetismus, Mädchenbeschneidung, etc. recht wenige, sachliche Worte; umso ausführlicher werden dann aber die Aufarbeitung mancher Schicksalsschläge und daraus hervorgehende andere, positive Erlebnisse erzählt.

Die Figur Angels selbst ist in ihrem gütigen Gleichmut und ihrer Weisheit durchaus überspitzt gezeichnet, passt damit aber zum überall auftauchenden „Happy End“. Über diese Fülle an Wärme vermittelt Gaile Parkin genau die achtsame, positive Lebensweise ihrer Figuren. Es ist ein Buch, das Hoffnung macht. Ein Buch, das grenzenlos gesellschaftskritisch ist – ohne anzuklagen. Ein Buch, das mich zum Lachen und zum Weinen gebracht hat. Und vor allem ein Buch, das das Bild Afrikas vom mitleidheischenden Armutsleben abhebt zu einer Lebensart, von der wir Europäer noch viel lernen können – nicht nur in punkto Feminismus :-)

Bewertung vom 29.06.2009
Die Fehde der Königinnen
Maaser, Eva

Die Fehde der Königinnen


weniger gut

Der Roman „Die Fehde der Königinnen“ hat mich leider bereits auf den ersten Seiten enttäuscht und konnte diese Bewertung nie ganz hinter sich lassen.

Eingebettet in, wie von mir als Laien anzunehmen, historische Tatsachen rund um die Bruderkriege zwischen fränkischen Königen in den Jahren 568 bis 577 n. Chr., erzählt Eva Maaser laut Klappentext die Geschichte der Nibelungen nach. Tatsächlich spielen die titelgebenden Königinnen eher eine untergeordnete Rolle, und die Protagonistin Brunichild von Toledo, Prinzessin der Westgoten, die durch Heirat mit Sigibert von Austrasien zur Königin von Westfranken wird, wandelt sich erst auf den letzten Seiten von einer durchschnittlichen Erotik- bzw. Liebesromanfigur zur historischen Königin.

Deutlich im Vordergrund der Erzählung steht Wittiges, der als mittelloser Sohn eines Landmannes an den Hof in Toledo kommt. Auf den ersten Seiten schon stellt Eva Maaser alle Weichen für den Fortgang der Geschichte, als nämlich Wittiges eine Liaison mit Brunichild eingeht und sich nahezu zeitgleich zwei Krieger der Franken zum Feind macht. So kommt es, wie nicht anders zu erwarten war: Wittiges schließt sich dem Gefolge der baldigen Königin an, macht als unerschrockener Held mit dem Herzen am rechten Fleck auch schnell Karriere im Gefolge des westfränkischen Königs und kann erst nach Jahren seine Leidenschaft für Brunichild in eine reifere Beziehung zu einer anderen Frau verwandeln.

Es finden sich leider einige Fehler in Details, so passen beispielsweise kleinere zeitliche Abläufe nicht überein und unlogisches Verhalten wird nicht erklärt. Auch fiel mir insbesondere während der geschilderten Reise Brunichilds auf, das dem Buch die sonst für das Genre „Historie“ nahezu obligatorische Karte fehlt. Die Personen, die im Verlauf der Geschichte eine Rolle spielen, pflegen einen modernen, freundschaftlichen Umgang miteinander, wie er meiner Meinung nach an Königshäusern des Mittelalters nie geduldet worden wäre. Als sich dann auch noch die Pferde der beiden Protagonisten Brunichild und Wittiges ineinander verlieben war für mich der Boden des Abgrunds der Belanglosigkeit erreicht.

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Bewertung vom 09.06.2009
Alles wegen Werner
Haskamp, Bettina

Alles wegen Werner


gut

Alles wegen Werner

Erzählt wird die Geschichte von Clara Bachmann, einer gut situierten Ehefrau Anfang 50 mit Haus an der Algarve. Mehr ist sie nicht, mehr lebt sie nicht, mehr kann und kennt sie nicht. Auch die Selbstironie, mit der Clara ihre Situation betrachtet, hinderte mich nicht daran, diese Person für ihr sinnleeres Leben zu verachten.

Dann aber verlässt ihr Gatte Werner sie aus nahezu heiterem Himmel für eine junge Brasilianerin und sie steht am Nullpunkt ihres Lebens.

Aus der Not macht Clara eine Tugend und nutzt die Chance, ihr Leben im Neustart so einzurichten, wie es ihr wirklich gut tut. Mit kleinen Umwegen über einen wirklich unterhaltsamen Schweizer erreicht sie, wovon viele träumen: beruflichen Erfolg, eine wunderbare Wohnsituation und eine erfüllende Beziehung.

Flüssig, sprachlich kompetent und amüsant geschrieben: das ideale Buch für den Urlaub nicht nur in Portugal!

Bewertung vom 23.05.2009
Die Hütte
Young, William P.

Die Hütte


gut

Westentaschenphilosophie auf spirituellem Niveau


Dies Buch zu rezensieren fällt sehr leicht – und doch sehr schwer.

Letztlich ist es eine Sammlung von Gedanken und Erkenntnissen über das Wesen Gottes, das Wesen des Menschen, das Wesen der Liebe. Diese Gedanken werden eingebettet in die Geschichte von Mack, der während eines Campingurlaubes eines seiner Kinder an einen Serienmörder verliert und während der folgenden Jahre in Depression stagniert. Eines Wintertags erhält er eine mysteriöse Einladung zu einem Wochenende mit Gott, das ausgerechnet in der Hütte stattfinden soll, in der damals das blutbefleckte Kleid seiner kleinen Tochter den einzigen Beweis für das Gewaltverbrechen lieferte. Trotz aller Bedenken fährt er und erlebt wundersame Tage in einer Art Garten Eden. Angefüllt von Gesprächen mit Gott, personifiziert in einer Afroamerikanerin, dem Heiligen Geist als Asiatin Sarayu und dem realen Jesus, einem jüdischen Tischler aus dem Nahen Osten, durchlebt Mack die Wandlung von der Depression, in der er Gott die Schuld am Tod seiner Tochter gab, bis hin zur Vergebung der Tat und der Beerdigung des Körpers seiner Tochter. Das Ende seiner geistigen Reise wird stilistisch durch die Rückkehr in die Realität markiert; das Leben Macks setzt sich fort – wovon ich aber hier nichts verraten möchte.

Die Geschichte Macks wird uns laut Vor- und Nachwort erzählt von Willie, einem seiner besten Freunde, der diese Geschichte aufschreiben musste, weil er sie so faszinierend fand. Laut Klappentext und Danksagung sind beide Figuren erfunden, und der Autor selbst hat Jahre seiner eigenen Gedanken und Auseinandersetzungen mit Gott in diese Geschichte eingebettet. Inwiefern diese Entstehungsgeschichte nun der Wahrheit entspricht oder wiederum nur verkaufsfördernde Strategie ist, sei dahingestellt.

Äußerst schwer ist es, das projizierte Gedankengut des Buches zu beurteilen, da dies zu sehr abhängig ist von der individuellen geistigen Tendenz des Lesers. Es ist ein sehr philosophisches, sich mit den grundlegenden Fragen des Lebens befassendes Buch, dass trotz teils weitschweifiger Sprache es immer wieder schafft, den Leser in die Spannung der „Krimihandlung“ zu binden. Der Ich-Erzähler Mack, der Ghostwriter Willie und auch der betitelte Autor William Paul Young sind eindeutig gottesgläubig aber dennoch nicht zwingend einer religiösen Ausrichtung zuzuordnen, so dass ich abschließend der Meinung bin, dies Buch stellt für alle offenen Leser eine Bereicherung der Gedanken- und Erlebenswelt dar.

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Bewertung vom 01.05.2009
Kaltduscher
Sachau, Matthias

Kaltduscher


ausgezeichnet

Ganz ehrlich? Ich hatte überhaupt keine Lust darauf, dieses Buch zu lesen.
Rund um eine Männer-WG, alles Jungs Mitte 20 die sich nur für Party und Mädels interessieren. Nö, nix für mich! Ich wollte es dann meinem Mann geben, in der Hoffnung dass er aufgrund der Geschlechterzugehörigkeit ein wenig mehr damit anfangen kann.
Aber dann habe ich die ersten Seiten gelesen; die ersten nach denen, die ich von der Leseprobe her schon kannte. Und ich bin von einem Lachanfall zum nächsten durch dieses Buch geflogen, oft genug zum peinlichen Amüsement der Umstehenden/ -sitzenden.
Ja, es sind immer noch 5 Jungs in einer WG, sie sind immer noch Mitte 20 und mein Leben hat so gar nichts mit ihren teils belanglosen Problemchen zu tun. Ich-Erzähler Oliver Krachowiak (Krach genannt) und sein „in-die-Ex-des-besten-Freundes-verguckt-sein-Dilemma“, Vermieter Herr Wohlgemuth der mit verschiedenen unsauberen Mitteln versucht, die zu äußerst günstigen Mietzeiten vergebene Wohnung zu räumen, Neuzugang Schweiz-Reto und seine Zauberfrauen, der Stasi-Opa nebenan der die Bügeleisenaffäre hervorruft, Julia und Umkleidekabinen auf der Suche nach „der Hose“, die nervenden Smilies aus der Werbeagentur in der zweiten Etage, die WG Band und ihr Auftritt in der Kokser-Galerie im Erdgeschoß und viele Stammgäste rund ums Augustinerfass in der WG-Küche weben eine Sammlung von Anekdoten, die genau das richtige ist um einfach mal abzuschalten. Niveauvolle Umgangssprache, in kurzen Sätzen und Dialogen erzählte Geschichte. Ein paar rote Fäden wirken ein Gesamtbild, Situationskomik setzt Pointen und wechselt mit von langer Hand vorbereiteten Gags.
Matthias Sachau bereitet aus diesen Zutaten einfach köstliche leichte Kost. Mein Kompliment!