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Nach getaner Arbeit und erledigten Alltagspflichten greife ich stets mit viel Freude zum Buch. Lesen ist mein liebstes Hobby. Dabei bin ich an kein Genre gebunden. Ein Buch habe ich immer in der Tasche, so können auch ungeliebte Wartezeiten gut überbrückt werden. Mehr Gedanken zum von mir Gelesenen findet Ihr unter: www.karthause.wordpress.com

Bewertungen

Insgesamt 146 Bewertungen
Bewertung vom 10.06.2014
Die Akademiemorde
Olczak, Martin

Die Akademiemorde


sehr gut

Im Auftrag der Nobel-Stiftung wird von der Schwedischen Akademie jährlich der Nobelpreis für Literatur vergeben. Im Mai des Jahres 2012, nach der Feier zum 100. Todestag August Strindbergs, wurde der Ständige Sekretär der Schwedischen Akademie ermordet. Das Motiv des Täters ist unklar, aber auch die Mordwaffe ist eher untypisch – ein Perkussionsschlossrevolver. Aber dieser Mord soll nicht der einzige an Mitgliedern der Akademie bleiben. Der Täter, der als Ebenbild eben jenes am 12. Mai gewürdigten Autors, beschrieben wird, mordet nicht wahllos unter den Mitgliedern der Akademie, manche werden auch verschont. Die Polizei tappt im Dunkeln, so ermittelt die infolge von internem Zuständigkeits- und Kompetenzgerangel vom Dienst suspendierte Claudia Rodriguez von der Mordkommission gemeinsam mit Leo, ihrem Ex-Freund, einem Antiquar und der einzige Kenner der Literatur in ihrem Umfeld, unkonventionell auf eigene Faust.

Geschickt hat Martin Olczak seinen Kriminalroman in der Literaturszene angesiedelt. Dies ist ein klug gewähltes Umfeld, das schnell mein Interesse weckte. Hinzu kam eine interssante Konstruktion der Handlung, die auch nur an einigen wenigen Stellen durch das Eingreifen von Kommissar Zufall offensichtlich wurde. Der Krimi las sich außerordentlich gut und flüssig, der Spannungsbogen war straff von der ersten bis zur letzten Seite gespannt, Längen unterbrachen diesen an keiner Stelle. Der Roman wurde durch ein rasantes Finale abgeschlossen. Bis kurz vor dem Ende liefen alle meine Spekulationen über einen möglichen Täter ins Leere, wobei das Motiv dessen schon relativ zeitig deutlich wurde. Wäre die Sprache noch ein wenig ausgefeilter, wäre dieser Krimi ein echter Leckerbissen.

Der Krimi ist in 25 Kapitel gegliedert. Jedes einzelne wird mit einem Jahr, dem dazugehörenden Literaturnobelpreisträger und einem Auszug aus der Begründung des Schwedischen Akademie eingeleitet.

Mir hat der Krimi, der erste Roman für Erwachsene von Martin Olczak, gut gefallen. Er bescherte mir spannende und unterhaltsame Lesestunden.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.04.2014
Das Verstummen der Krähe / Kristina Mahlo Bd.1
Kornbichler, Sabine

Das Verstummen der Krähe / Kristina Mahlo Bd.1


sehr gut

Fünf Freunde, ein Mord, ein verschwundener junger Mann, ein Selbstmord und der letzte Wille einer eines natürlichen Todes Verstorbenen bilden das Grundgerüst dieses Kriminalromans. Dazu kommt eine sehr ungewöhnliche Ermittlerin, als Nachlassverwalterin ist Kristina Mahlo die „Anwältin der Toten“. Es war erfrischend über diese ganz andere Form der Ermittlungen zu lesen. Auch kam dieser Krimi ohne Blutvergießen aus, weshalb er nicht weniger spannend war. Interessante Charaktere, menschliche Schwächen, persönliche Geheimnisse und ein guter Plot machten diesen Kriminalroman zu einem Leseerlebnis. Der Roman ist leicht und flüssig zu lesen, die Spannung ist von Beginn an gegeben und wird auch bis zum Ende hin gehalten. An keiner Stelle empfand ich Längen, was sicher auch der großen Themenvielfalt, zu verdanken ist. Trotz der diversen angeschnittenen Themen hatte ich nie das Gefühl, der Krimi wäre überladen davon oder gar unlogisch. Der Leser weiß nie genau, er kann nur ahnen, wie der Handlungsfortschritt sich gestaltet. Zum Schluss fügt sich alles schlüssig zu einem glaubhaften Ganzen.

Sabine Kornbichler hat mit „Das Verstummen der Krähe“ einen intelligenten Kriminalroman vorgelegt, der der erste Teil einer Reihe um die Nachlassverwalterin Kristina Mahlo sein soll. Eigentlich lese ich nur ungern Serien, in diesem Fall könnte ich mir aber gut vorstellen, auch noch weitere Teile zu lesen.

Bewertung vom 16.04.2014
Das Haus der Tänzerin
Brown, Kate Lord

Das Haus der Tänzerin


sehr gut

Kate Lord Brown erzählt die Geschichte von Emma, deren Leben durch den Tod ihrer Mutter, die Trennung von ihrem Freund und den damit verbundenen Ereignissen etwas aus den Fugen geraten ist, in zwei Zeitebenen. Der sich um Emma rankende Handlungsstrang ist in der jüngsten Vergangenheit in den Jahren 2001 - mit Blick auf den 11. September - und 2002 angesiedelt. Ein zweiter Handlungsstrang spielt in der Zeit des Spanischen Bürgerkriegs, in dem man einen weiteren Einblick in die Familie Emmas und deren Umfeld bekommt. Und natürlich gibt es ein totgeschwiegenes Familiengeheimnis. Eine ganz Weile laufen beide Fäden parallel, nach und nach nähern sie sich dann aber immer mehr an und die Zusammenhänge werden klar. Sehr gelungen fand ich die Art und Weise, wie die Autorin historisch verbürgte Persönlichkeiten in ihren Roman integrierte. So ließ sie den Leser beispielsweise miterleben, wie Robert Capa sein weltberühmtes Foto vom 'Tod eines Soldaten' „schoss“. Das war auch der eigentliche Grund, weshalb ich zu diesem Buch griff. Ich war neugierig, wie die Autorin den Spagat zwischen der von mir erwarteten Liebesgeschichte und dem Kriegsgeschehen bewältigt. Der Bürgerkrieg wurde von Kate Lord Brown sehr eindringlich beschrieben. Besonderes Augenmerk widmete sie dabei der Situation der Personen, die in der zweiten Linie kämpften.

Die Geschichte um Emma, die Parfümeurin, war dann aber doch keine rosarote und süßlich-sentimentale Liebesgeschichte, wie von mir anfangs befürchtet. Es wurde von einer jungen Frau erzählt, die das Erbe ihrer verstorbenen Mutter antritt, die um ihren Freund trauert, der am 11. September 2001 in New York ums Leben kam, von dem sie zwar getrennt war, aber dessen Kind sie erwartete und die nun in Spanien einen neuen Anfang wagt.

Ein erstes Verbindungsglied beider Ebenen ist die Parfümherstellung, die auch in Kriegszeiten eine nicht zu unterschätzende Bedeutung hat.

Besonders der historische Teil dieses Romans hat mich berührt und begeistert. Emmas Geschichte war für mich immer eine Art Unterbrechung, gut zum Durchatmen und die Emotionen zu beruhigen. Aber trotzdem habe ich auch diesen Part gern gelesen. Wer Familiengeschichten mag, die gut mit historischem Geschehen verknüpft sind, wird mit „Das Haus der Tänzerin“ gut unterhalten werden.

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.04.2014
Ein Stadtradieschen zieht aufs Land / Die vier Sommersprossen Bd.1
Marmon, Uticha

Ein Stadtradieschen zieht aufs Land / Die vier Sommersprossen Bd.1


ausgezeichnet

Kinderbücher lese ich eher selten. Bei diesem sprach mich schon das farbenfrohe Cover an, dass es dann auch noch eine kindgerechte Alltagsgeschichte beinhaltete, machte mich neugierig. Vom Verlag ist dieses Buch für Leser ab 8 Jahre deklariert worden. Ich denke, in diesem Alter können die jungen Leser mit dieser Geschichte schon recht gut umgehen. Allerdings sollte man überlegen, ob man sie Kindern in diesem Alter nicht lieber vorlesen sollte. Sind die LeserInnen dann in etwa im gleichen Alter wie die Protagonistin sollte auch das selbständige Lesen kein Problem darstellen. Die Kapitel haben eine angenehme Länge, die Schrift hat eine kindgerechte Größe, sodass die Kinder beim Lesen in ihrer Konzentration nicht überfordert werden. Jedes Kapitel beginnt mit einer ganz kurzen Vorschau, die nicht zuletzt die Neugier der Kinder auf das kommende Geschehen weckt.

Uticha Marmon hat in den vier Sommersprossen eine sehr lebensnahe und glaubwürdige Geschichte erzählt. Wie viele Kinder sind davon betroffen, sich in eine neue Familiensituation einfügen zu müssen. Diesen Prozess stellt die Autorin auch nicht rosarot verklärt dar, sie zeigt schon auf, dass zwischen den Kindern einer Patchworkfamilie nicht nur eitel Sonnenschein herrscht, sie malt aber die neue Situation auch schwarz.

Das Buch wurde von Ute Krause liebevoll illustriert, wobei die Illustrationen sich deutlich dem Textanteil unterordnen, es handelt sich keinesfalls um ein Bilderbuch.

Die Geschichte um Mali, die in diesem ersten Teil der Reihe um „Die vier Sommersprossen“ an die Küste zieht, wird mit den bereits erhältlichen Büchern „Wirbel um den Winzling vom Watt“ und „Ein Schaf namens Ursula“ und dem im August erscheinenden Band „Kleines Schlappohr, großes Herz“ fortgesetzt.

Bewertung vom 14.04.2014
Totenfrau / Totenfrau-Trilogie Bd.1
Aichner, Bernhard

Totenfrau / Totenfrau-Trilogie Bd.1


sehr gut

„Totenfrau“ wird in 49 eher kurzen Kapiteln erzählt, die von einem Rückblick auf die Geschehnisse, die sich acht Jahre zuvor ereigneten, eingerahmt werden. Von Beginn an wird Spannung auf gebaut, diese steigert sich im Verlauf der Handlung und flacht erst ganz zum Ende hin ein ganz klein wenig ab. Vielleicht habe ich das auch nur so empfunden, weil ich schon sehr zeitig eine Vermutung hatte und sich alles dann genau in diese Richtung entwickelte, da fehlte mir ein wenig das Unverhoffte.

Dramaturgisch ist dieser Thriller, wie viele andere auch - spannend. Er unterscheidet sich jedoch von den anderen durch die Sprache. Atemlos, stakkatoartig, in kurzen Sätzen wird diese Geschichte erzählt, schnell kommt Bernhard Aichner auf den Punkt, es gibt nichts Beschönigendes, nichts Angedeutetes. Der Autor spricht Klartext und nennt die Dinge beim Namen und beschreibt Taten wie sie sind. Dabei verlangt er seinen Lesern einiges ab. Zimperlich darf man nicht sein, grauenhafte und auch ekelerreegende Szenen muss man mit der Protagonistin überstehen. Eigentlich müsste man einer jungen Frau, die kaltblütig tötet und stringent ihrem Racheplan folgt, mit Abscheu und Abneigung begegnen. Das konnte ich nicht. Der Autor erwischt seine Leser ganz brutal auf der emotionalen Ebene. Da man mit Blum mitfühlen kann, entwickelt man Verständnis für ihr Tun, fiebert mit ihr mit, hofft, dass ihr nichts passiert, damit sie ihren Plan in die Tat umsetzen kann.

Bernhard Aichner verzichtet auf die grammatikalisch korrekte Kennzeichnung der wörtlichen Rede. Gespräche finden stets nur zwischen zwei Beteiligten statt. Mittels Aufzählungsstrich ordnet der Autor diesen die einzelnen Gesprächsteile zu.

Mich hat „Totenfrau“ schnell in den Bann gezogen, innerhalb von zwei Tagen habe ich diesen Thriller gelesen. Er hat mich gefühlsmäßig sehr beansprucht. Aber ich habe ihn sehr gern gelesen. Die kleinen Kritikpunkte haben den Unterhaltungswert dieses Thrillers nicht geschmälert. Ich empfehle ihn gern weiter.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.04.2014
Stefan Rott oder Das Jahr der Entscheidung
Brod, Max

Stefan Rott oder Das Jahr der Entscheidung


ausgezeichnet

Im April 1914 lernt man den Prager Gymnasiasten Stefan Rott kennen. Er ist ein guter Schüler und entstammt einem ebenso guten Hause. Die Welt ist noch in Ordnung. Stefan kümmert sich um die Schule und seinen Freundeskreis. Er führt tiefe Gespräche über die Fragen des Lebens und der Moral mit seinem Religionslehrer, dem Katecheten Professor Werder. Er ist hin- und hergerissen von diesen Gesprächen, denn der Professor warnt ihn eindringlich vor Hochmut und böser Begierde zwei Eigenschaften, die dem 17-jährigen nicht fremd sind, begehrt er doch die Mutter seines engsten Freundes Anton Liesegang innigst. Mit seinem Freund Anton entzweit er sich, kommt ihm später aber wieder näher, noch mehr nähert er sich aber Phyllis Liesegang an.

Max Brod hat einen Roman geschrieben, der sehr ruhig und ausführlich den Alltag im Frühjahr und Frühsommer des Jahres 1914 schildert. Es geschieht nicht sehr viel. Die Schüler gehen in die Schule, haben ihre ganz normalen Probleme, Zwistereien und erste Verliebtheiten. Aber es würde dem Roman nicht gerecht, würde man ihn auf diese Sphäre der Handlung reduzieren. Der Autor gibt ein sehr genaues Zeitbild ab. Ein Erzähler überblickt die Zusammenhänge und vermittelt diese dem Leser in dem Maße, wie es für das Verständnis der Handlung erforderlich ist. Er schildert alltägliche Begebenheiten ebenso wie die vorherrschen politischen Strömungen, dabei bedient sich der Autor einer Sprache, die den verstaubten Charme der k. u. k. Monarchie aufleben lässt. Sein Sprachstil ist durchaus anspruchsvoll. Seine langen und mitunter verschachtelten Sätze, die man sich häufig auf der Zunge zergehen lassen muss, fordern dem Leser Konzentration auf den Text ab. Dafür wird man aber mit einem völligen Eintauchen in die Welt des Stefan Rott in seine Gedanken und Gefühle und die historische Situation entschädigt. Dieser Roman hat etwas sprachlich so Erhabenes, das ihn aus der Massen- und Mainstreamliteratur deutlich hervorragen lässt. Stefan Rott, sein Freund Anton und beider Mitschüler Dlouhý stehen für verschiedene politische Strömungen.

Das Attentat von Sarajewo hat nicht nur Auswirkungen auf die Weltpolitik, auch der kleine Prager Kosmos um unsere Protagonisten ändert sich schlagartig. Auch im Max Rotts Welt wird jetzt geschossen.

„Stefan Rott oder Das Jahr der Entscheidung“ ist ein ganz wundervoller Roman über eine Jugend und das Zerbrechen einer heilen Welt. Leser, die Freude an ruhiger Erzählweise und grandiosem Sprachgebrauch haben, werden diesen Roman mit Sicherheit mögen.

Bewertung vom 01.04.2014
Tobys Zimmer
Barker, Pat

Tobys Zimmer


ausgezeichnet

Der erste und kürzere Teil des Romans ist im Jahr 1912 angesiedelt. In diesem werden die Figuren eingeführt, die den Leser durch die gesamte Handlung auf aktive oder passive Weise begleiten. Elinor und Toby sind Geschwister. Sie stammen aus gutem Haus stehen und sich gefühlsmäßig so nah, schier unzertrennlich, fast wie Zwillinge. Beide bewahren das Geheimnis einer gemeinsamen Nacht.

Elinor besucht eine Londoner Kunstschule und belegt zusätzlich einen Anatomiekurs. Toby erfüllt seine Pflicht im Royald Army Medical Corps an der Front in Frankreich, bis eines Tages im Jahr 1917 die Nachricht „Vermisst, vermutlich gefallen“ die Familie Brooke darüber in Kenntnis setzt, dass der Sohn und Bruder nicht mehr heimkehren wird. Dieser Verlust schmerzt Elinor maßlos und sie sucht in der Kunst Vergessen. So nimmt sie nach längerem Zögern, sie will nichts mit dem Krieg zu tun haben, das Angebot ihres ehemaligen Dozenten Henry Tonks an, ihm, dem Chirurgen und Maler, bei der zeichnerischen Dokumentation der verstümmelten Gesichter der Soldaten zu assistieren.

Auf diese Weise kommt sie auch Kit Neville, dem ehemaligen Kommilitonen näher, der als einziger in Tobys Nähe war, aber über die Geschehnisse schweigt. Aber Elinor muss wissen, was geschehen ist.

Mit „Tobys Zimmer“ greift Pat Barker ein Thema neu auf, das bereits Kern ihrer „Regeneration-Trilogie“ war – der Erste Weltkrieg. Die Autorin schildert jedoch weniger das Kriegsgeschehen an sich, sie zeigt auf, was der Krieg mit den Menschen gemacht hat, wie er sich auf sie ausgewirkt hat. Sie beschreibt grauenvolle Gesichtsverletzungen, die Versuche diese zu behandeln und die Behandlungsverläufe zeichnerisch festzuhalten. Henry Tonk und auch die sogenannte „Blechnasenabteilung“ hat es wirklich gegeben. Pat Barker setzt ihnen mit ihrem Roman ein Denkmal.

Geschickt baut sie einen Spannungsbogen auf, so dass es dem Leser schwerfällt sich von dem Roman loszureißen. Man fühlt, leidet und trauert mit, man versteht und kann tief in die Seelen der vom Krieg gezeichneten Menschen blicken, egal ob sie selbst im Krieg waren oder zu den Daheimgeblieben gehören.

„Tobys Zimmer“ hat aber im englischen Original noch eine Vorgeschichte, denn es ist eigentlich die Fortsetzung von „Life Class“. Ich hoffe sehr, dass dieser Roman auch noch den deutschen Lesern zugänglich gemacht wird.

Pat Barkers Roman „Tobys Zimmer“ ist nicht nur vom Inhalt ein hervorragendes Werk, er ist auch noch äußerst schön anzusehen. Ohne den üblichen Schutzumschlag, sozusagen schutzlos, nur mit einem farbigen, gut in die Zeit passenden Foto auf dem Buchdeckel präsentiert es sich dem Leser.

„Tobys Zimmer“ ist ein eindringliches und bewegendes Buch, in dem der Krieg die Handlung nie vordergründig bestimmt, ihr aber die grundlegende Richtung gibt.

Bewertung vom 23.03.2014
Im Land der weiten Fjorde
Kabus, Christine

Im Land der weiten Fjorde


sehr gut

Im April 2010 erfährt Lisa nach dem Tod ihrer Mutter, dass diese von der Familie, in der Lisa immer ihre Wurzeln gesehen hatte, adoptiert wurde. Lediglich ein Medaillon mit zwei vergilbten Fotos und einer fremdsprachigen Gravur bekommt Lisa übergeben, der einzige Hinweis auf die Herkunft der Mutter.

In einer zweiten Zeit- und Erzählebene wird der Leser ins Norwegen zur Zeit der deutschen Besatzung im 2. Weltkrieg geführt. Mari, die Norwegerin, verliebt sich in Joachim, den Angehörigen der Armee der deutschen Besatzer. Diese Liebe muss eine heimliche sein, sie ist verboten. Frauen, die sich mit Besatzern einlassen, erleiden Repressalien, werden häufig von der Familie verstoßen und gesellschaftlich geächtet.

Lisa begibt sich nun auf die Suche nach ihrer Großmutter, die, wenn sie noch am Leben ist, deutlich über 80 Jahre alt sein muss.

In den beiden sich abwechselnden Handlungsfäden erzählt Christine Kabus die Geschichten von Lisa und Mari. Die historischen Begebenheiten sind gut recherchiert und auch sehr glaubwürdig geschildert. Der in der Vergangenheit angesiedelte Part hat mir auch besonders gut gefallen. Das Leben auf dem Pferdehof in Norwegen wird eindrucksvoll beschrieben. Der Leser bekommt einen guten Einblick in die Traditionen und Lebensvorstellungen in der Kriegszeit. Maris Zweifel, ihre innere Zerrissenheit zwischen gehorsamer Tochter und liebender Frau, waren sehr nachvollziehbar und berührend.

Die in der heutigen Zeit spielende Handlung empfand ich als sehr vorhersehbar und mit einigen Klischees und Plattitüden behaftet. So war mir schnell klar, wie sich die Beziehung von Lisa und Marco entwickeln würde. Auch ihr Auftreten als Retter in der Not des in wirtschaftliche Schieflage geratenen Pferdehofs war für mich wenig glaubhaft, zumal die dort lebendem Besitzer zunächst lediglich Vermutungen anstellen können, wer Lisa sein könnte. Zum Glück ließ die Autorin auch einige ihrer norwegischen Protagonisten Lisa Feuereifer mit Skepsis betrachten.

„Im Land der weiten Fjorde“ ist ein schöner Norwegenroman, er ist leicht und flüssig zu lesen. Das Buch hat mich an ein paar Abenden gut unterhalten und auch ein bisschen Fernweh aufkommen lassen. Denn die Beschreibungen von Land und Leuten sind Christine Kabus sehr gut gelungen. Für mich war es das richtige Buch zur passenden Zeit.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.03.2014
Die Toten im Schnee
Pasini, Giuliano

Die Toten im Schnee


gut

„Die Toten im Schnee“ ist einer der Kriminalromane, die sich des sehr in Mode gekommenen Lokalkolorits bedienen, dazu kommt ein Kommissar, zugereist und mit ein paar persönlichen Unzulänglichkeiten ausgestattet. Vom Ansatz her bietet Giuliano Pasini nichts Neues. Aber dann wird der in der Gegenwart erfolgte Mehrfachmord mit Geschehnissen zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges verknüpft. Damit beginnt die Handlung, die zuvor schon etwas behäbig anmutete, deutlich an Tempo und Spannung zu gewinnen. Zwar merkt man dem Kriminalroman deutlich das eine oder andere Handlungskonstrukt, um es nicht Unstimmigkeit zu nennen, an, trotzdem habe ich ihn nicht ungern gelesen. Was mir am Anfang noch etwas wirr und undurchschaubar erschien, bekam nach und nach immer mehr Sinn. Dazu kam der sehr interessante historische Teil, der mich ein wenig mehr über die jüngere Geschichte Italiens hinzulernen ließ.

Für einen Krimi ist der Sprachstil beachtenswert. Stellenweise gab es fast schon poetisch anmutende Passagen, dem stehen die Mordschilderungen in krassem Kontrast gegenüber. Dadurch erhält der Krimi eine ganz besondere Atmosphäre. So störte mich die im Präsens gehaltene Erzählweise mit zunehmendem Lesefortschritt auch immer weniger. Mehr störten mich die sehr eindimensionale Figuren, die mich teils sehr nervten und teils zum Superhelden mutierten.

Alles in allem ist „Die Toten im Schnee“ ein Kriminalroman, der leicht zu lesen und sprachlich gut gestaltet ist. Ansonsten hebt er jedoch sich nicht bemerkenswert aus der Masse der Krimis ab.

Bewertung vom 23.03.2014
Das Falsche in mir / Lukas Salfeld und Sina Rastegar Bd.1
Bernuth, Christa

Das Falsche in mir / Lukas Salfeld und Sina Rastegar Bd.1


sehr gut

Scheinbar ist Lukas Salfeld ein ganz normaler Mann. Er ist 50 Jahre alt, verheiratet, hat zwei Töchter und führt ein gutbürgerliches Leben. Aber er hat eine Vergangenheit von der sein Umfeld nicht weiß. Als Jugendlicher hat er seine Freundin Marion umgebracht. Dafür verbüßte er eine 10-jährige Haftstrafe. Die ganze Zeit gelang es ihm, sich im Griff zu haben und seine kranken Bedürfnisse unter Kontrolle zu halten. Aber dann verschwindet ein Mädchen, das der gleiche Typ wie Marion ist und wird kurz darauf tot aufgefunden. Der Mord von damals wurde kopiert, oder ist Lukas wieder zum Täter geworden? Er hat weder ein Alibi für die Tatzeit, noch kann er sich erinnern, was in dieser Nacht geschah. Als die Polizei eines morgens bei ihm erscheint, flieht er...

Der Thriller von Christa Bernuth beginnt ruhig und unspektakulär. Personen werden eingeführt, Alltägliches wird geschildert, nach und nach nahm mich die Handlung aber immer mehr gefangen und die Spannung steigerte sich. Sehr gelungen fand ich die Figur des Lukas Salfeld. Geschickt kombinierte die Autorin seine Außenwirkung mit seiner persönlichen Innensicht. Seine Ängste und Zweifel werden nachvollziehbar und vor allem glaubhaft dargestellt und für den Leser wurde das Falsche in ihm spürbar gemacht. Lange Zeit blieb offen, was genau sich sowohl in der Gegenwart als auch Vergangenheit aus welcher Motivation heraus abgespielt hat. Auffallend ist allerdings, dass so ziemlich alle Agierenden eine schwierige Vergangenheit hatten, die sich in ihrer Psyche tief eingegraben hat.

Die Taten sind eine Anhäufung unvorstellbarer Grausamkeiten. Als geübte Thrillerleserin schrecken mich blutige Morde eher weniger, bei diesem Thriller musste ich mich aber stellenweise darum bemühen, kein Kopfkino zuzulassen.

„Das Falsche in mir“ hat eine ganz besondere Atmosphäre, die winterlichen Handlungszeit passte sehr gut zur düsteren und bedrohlichen Stimmung des Thrillers. Die Sprache ist einfach, der Roman ist leicht und flüssig zu lesen und zum Ende hin entwickelt er auch noch eine Art Lesesog. Man will endlich Gewissheit, ob man mit den eigenen Mutmaßungen richtig lag. Im Mittelteil des Thrillers tat ich mich stellenweise ein wenig schwer. Es gab ein paar Längen und ein paar Szenen wirkten für mich ein wenig gewollt. Trotzdem hat mich der Thriller gut unterhalten. Es war der erste Roman, den ich von Christa Bernuth gelesen habe, vor weiteren werde ich die Augen nicht verschließen.

Wer gern Thriller liest und sich von Vergewaltigung, Missbrauch und grausamen Morden nicht abschrecken lässt, wird mit diesem sicher gut unterhalten.