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marcialoup

Bewertungen

Insgesamt 102 Bewertungen
Bewertung vom 18.09.2024
Ein Inne halten
Degenhardt, Jutta

Ein Inne halten


sehr gut

Schönes Wortspiel, lebendige Illustrationen, Zeit zum Inne-halten

Das niedliche Cover ist sehr ansprechend und zeigt den Moment des Inne-haltens, des liebevollen Verbundenseins. Eine schöne Idee, das Thema Achtsamkeit, Entschleunigung und Innehalten bildhaft darzustellen. Die Illustrationen sind bunt und lebendig und erzählen die Geschichte aus Joni’s Alltag. Man spürt die Hektik und den Stress des Einkaufs und Aufräumens der Eltern, in der sich Joni ein bißchen überflüssig und übersehen vorkommt. Übersehen haben die Eltern auch das kleine Päckchen, dass Joni vor der Haustür gefunden hat und dass das Inne enthält, das Joni mit liebevollen, großen Augen anschaut. Joni versucht alles, das Inne glücklich zu machen und herauszufinden, was es benötigt, Essen, Spielen, ein Zuhause... und entdeckt erst später, dass das Inne dann am Glücklichsten ist, wenn es im Arm gehalten wird. So wird die Familie aus ihren jeweils eigenen Streßsituationen wieder zusammengeführt zum Inne-halten.
Am Ende des Buches gibt es den Hinweis, dass man ein Inne Kuscheltier passend zum Buch erwerben kann. Ich denke, das ist eine süße Idee, das Buch zu ergänzen.

Ich werde das Buch meiner fast fünfjährigen Nichte schenken, denke aber, dass es für Kinder ab 3 Jahre noch etwas zu früh ist, das Thema Innehalten wirklich so zu verstehen wie es gemeint ist.
Insgesamt gesehen hätte das Thema Innehalten noch besser ausgearbeitet werden können. Denn Inne kommt zunächst als kleines, fast hilfloses Wesen rüber, das gekuschelt werden möchte. Das Wortspiel ist jedoch genial und kann älteren Kindern dann auch erklärt werden. Die Illustrationen sind vielfältig und intensiv und man kann sich auf den einzelnen Seiten länger aufhalten, um alles zu entdecken, was auch wieder zum Innehalten beiträgt – bei Kindern und Erwachsenen, die es vorlesen!

Bewertung vom 17.09.2024
Tage mit Milena
Burseg, Katrin

Tage mit Milena


weniger gut

Reise in die Vergangenheit

Das Buch beginnt ganz harmonisch mit dem Kennenlernen der Protagonistin Annika, die in Lübeck den kleinen Laden ihres Schwiegervaters führt, ein Papier-und Schreibwarengeschäft. Man versinkt in den ersten Seiten in die wunderschöne Sprache, die das Szenario eines Lübecker morgens, wenn Annika den Laden aufschließt fast spürbar rüberbringt. Die erste junge Kundin eines Morgens verändert dann Annika’s Leben schlagartig. Sekundenkleber kauft sie und man findet sie kurz darauf auf der Straße wieder als Klimaaktivistin festgeklebt. Dieses Szenario hat in Annika etwas gelöst und lange vergraben geglaubte Erinnerungen und Aktionen aus Annika’s früherem Leben in den 80ern in Hamburg in den besetzten Häusern der Hafenstraße keimen wieder so stark auf, dass sie daran kaputtgehen könnte, wie schon einmal, früher.
Ihr Mann Hendrik weiß um das Dilemma von damals, versteht aber nicht, warum Annika sich plötzlich Luzie, der Klimaaktivistin so stark annimmt und sie vor Schlimmerem retten möchte.
Annika reist mit Luzie in die Hafenstraße und von dort zu Matti, ihrer Liebe aus den 80ern. Die Tage mit Milena müssen aufgearbeitet werden.

Insgesamt gesehen habe ich leider keinen richtigen Zugang zu dem Roman gefunden. Die Themen Klimaaktivismus mit Rückblenden zu besetzten Häusern der 80er ist spannend, aber irgendwie seltsam aufgearbeitet. Alles wird nur angeschnitten, man hätte daraus sehr viel mehr machen können. Und das fand ich sehr verwirrend, weil ich keinen Faden in dem Roman verfolgen konnte. Viele Entscheidungen Annika’s sind nicht immer nachvollziehbar.
Die schöne Sprache des Anfangs setzt sich nicht fort und mir bleibt Annika leider den kompletten Roman über fremd.

Bewertung vom 05.09.2024
Glück
Thomae, Jackie

Glück


gut

Tick-tack ... die U(h)r der Frauen

Jackie Thomae beschreibt auf unterhaltsame, locker bisweilen humorvolle Weise die Geschichte um die Single-Frau Marie-Claire, die mit 39 Jahren noch kein Kind bekommen hat. Wie verändert sich ihre Welt dadurch und die Sicht darauf durch Einflußnahme von Außen? Ständige Fragen aus Familie, Bekanntenkreis und Freunden, wie es denn mit ihrer Familienplanung aussieht führen dazu, dass Marie-Claire sich eingehender damit beschäftigt. Will sie das überhaupt?
Arzttermine und Männer streifen nun ihr Leben, um voranzukommen… Für wen? Mit 39 scheint ihr eine Uhr um den Hals gebunden worden zu sein, die die Zeit rückwärts abtickt – verlorene Zeit?
Frauen müssen wandlungsfähig sein. In Jackie’s Roman lernen wir noch weitere Charaktere und ihre Entscheidungen dazu kennen.

Ein Thema, das viele Frauen durchlaufen, die ab einem gewissen Alter noch kein Kind haben bzw. schon in jüngeren Jahren mit diesen Fragen „belästigt“ werden. Ich denke, diese Entscheidung sollte jeder für sich selbst treffen und in der Gesellschaft sollte auch eine gewissen Zurückhaltung darüber herrschen, denn keiner weiß, warum eine Frau KEIN Kind hat. Dass man damit auch in Wunden bohren kann, sollte den Fragenden bewußt sein!
Manche entscheiden sich bewußt dafür, kein Kind in diese Welt zu setzen, manche können kein Kind bekommen, und manche sind nur mit Kindern glücklich. So soll doch jeder selbst sein Leben ausgestalten können!
Ein wertvoller Roman, der dieses Thema unterhaltsam ausgearbeitet hat und damit ein sozialkritisches Frauen-Thema ins Visier nimmt.

Den Titel des Buchs einfach nur Glück zu nennen ist zweideutig und bildet damit ein herausforderndes Statement. Glück (k)ein Kind zu haben?!
Das Cover mutet zunächst ein bißchen altbacken an, ist beim genaueren Betrachten aber ok, ich würde mir dahinter jedoch mit dem Titel zusammen einen anderen Roman vorstellen, wenn ich es in der Buchhandlung sähe...

Bewertung vom 04.09.2024
Pineapple Street
Jackson, Jenny

Pineapple Street


sehr gut

Ausflug in die Upper Class

Das Cover präsentiert sich fruchtig frisch und spritzig. Man schmeckt quasi die saftige Süße der Orange und riecht die Bittertöne der Schale, während der Titel Pineapple Street (der auch im Deutschen so heißt und das ist gut so) auf Abwege führt, denn die Orange ist nunmal keine Ananas. Hier sind schon viele Unterschiede aufgezeigt, die im Großen und Ganzen den Roman kennzeichnen – bittersüß und Dinge, die nicht so sind, wie sie scheinen.

Cord, Sohn aus reichem Haus heiratet Sasha, die aus einer Durchschnittsfamilie kommt. Cord’s Eltern ziehen in die Orange Street und überlassen Cord und seiner Ehefrau das Haus in der Pineapple Street, das überladen ist mit über Generationen hinweg angesammelten Einrichtungsgegenständen, die familiär-elitär bedingt bleiben müssen. So tauscht Sasha ihre klar strukturierte, minimalistisch eingerichtete Wohnung ein und wird im nächsten Schritt mit einem Ehevertrag konfrontiert. Sasha tut alles, um in Cord’s Familie aufgenommen zu werden, ja, nur überhaupt akzeptiert zu werden, doch sie rennt wie in einem Hamsterrad als Anhang und Außenseiterin ins Leere.
Die Kapitel wechseln zwischen Sasha und Cord’s Schwestern Darley und Georgiana und man erfährt aus ihrer jeweiligen Sicht den Blick auf die Dinge.
Darley ist mit einem Banker verheiratet und gibt ihre Karriere auf, um Mutter und Hausfrau zu sein und eben Tochter aus reichem Hause. Doch dann verliert ihr Mann seinen Job.
Georgiana, das Nesthäkchen, verliebt sich in einen verheirateten Mann und hat ebenfalls ihre Probleme.

Die Komplexität der Charaktere umspielt charmant ihre Geschichten. Die Gefühle und Wünsche der Protagonisten ent-schälen sich wie die Orange auf dem Cover. Ob Upper Class oder Bodenständigkeit, ein gemeinsamer Nerv macht auch vor Geld nicht halt.

Wer einfach mal in die High-Society abtauchen möchte, findet in dieser spritzigen Sommerlektüre locker-leichte Lesestunden, die durch den Genuß einer Ananas und einem kühlen Glas Orangensaft aufgewertet werden.

Bewertung vom 02.09.2024
Invictum
Trussoni, Danielle

Invictum


sehr gut

Spannendes Rätsel mit Japan-Flair

Der Mathematiker Mike leidet unter dem Savant-Syndrom und kann seit einem Unfall alle Rätsel lösen. Nun wird er vom japanischen Kaiser eingeladen, das besonders verzwickte Rätsel der Drachenschatulle zu lösen, das seit Jahrzehnten immer im Jahr des Drachen, versucht wird über einen Wettbewerb zu lösen. Viele sind daran tödlich gescheitert. Mike trifft auf Sakura, die Überbringerin der Einladung und er reist mit ihr nach Japan. In einem Extra-Flieger begleitet ihn Mike's Freundin Rachel. Jedoch treten auf diesem Weg mysteriöse Überraschungen, fragwürdige Handlungen und Geheimnisse auf, die den Leser in der Spannung halten. Herausfordernde Rätsel gibt es schon vorab zu lösen, bevor Mike überhaupt die Drachenschatulle in die Hände bekommt.

Als Thriller würde ich es nicht bezeichnen, aber es ist ein sehr spannender und gut erzählter Roman, der auch Historisches aus Japan anbietet. Als Schwäche birgt er einige Längen. Und auch der Widersacher in Form einer verstorbenen Person als KI ist vielleicht zu viel.
Dafür punktet das Buch mit einem wirklich schönen Cover, dessen Ausgestaltung eindrücklich ist und schon durch das erste Buch einen Wiedererkennungswert hat. Das Cover strahlt Mystisches, Abstraktes, Verwunschenes und ein bißchen Fantasy aus.

Ich habe das erste Buch nicht gelesen, was auch nicht Voraussetzung ist, denn die Rätsel und Romane sind in sich abgeschlossen.

Bewertung vom 28.08.2024
Die vorletzte Frau
Oskamp, Katja

Die vorletzte Frau


ausgezeichnet

Mir fehlt Tiefe

Ein eher gewöhnungsbedürftiger Roman mit jedoch gutem Schreibstil erwartet uns in Katja Oskamp’s „Die vorletzte Frau“. Schon auch das Cover ist außergewöhnlich mit der pinkfarbenen Katze, vielleicht auch ein Löwe (in Anspielung auf Tosch), die auf den ersten Blick zweigeteilt ist, letztendlich aber das Cover als Ganzes in zweifacher Form umrundet. Vielleicht ist vieles auf den ersten Blick anders als auf den Zweiten… in diesem Roman.
Die Ich-Erzählerin, deren Namen nicht erwähnt wird, ist jung Mutter geworden aus erster Ehe und bringt ihre Tochter Paula mit zu Tosch, in ihre Beziehung nach ihrer Ehe. Und Tosch ist 19 Jahre älter als sie. Ungewöhnlich, aber nicht selten. Die Ich-Erzählerin, gerade angefangen zu schreiben, lernt den Schriftsteller Tosch an der Uni kennen. Sie verlieben sich, doch ihre Wege gehen ungewöhnliche Pfade. Beide geben ihre ersten Ehen auf, die Ich-Erzählerin schafft alles nur mit Psychoanalytik, vieles bleibt unausgesprochen, wird aber gelebt.
Dann wird Tosch krank und die Ich-Erzählerin rutscht in die Rolle der Pflegerin. Der Ich-Erzählerin haften viele Rollen an, in denen sie sich immer wieder sucht und auch verliert.

Insgesamt gesehen hat das Buch mich nicht erreicht!
Zu der Ich-Erzählerin habe ich wenig Zugang bekommen. Es erschien mir wie eine Anhäufung von Erzählungen, manchmal ein bißchen strukturlos, direkt aus dem Munde der Ich-Erzählerin. Man bekommt meines Erachtens zu wenig Einblicke in die anderen Figuren. Sehr locker und oberflächlich werden die verschiedenen und gemeinsamen Leben erzählt und es bleibt nicht nur Distanz zum Leser sondern auch eine Distanz zwischen den Protagonisten. Es mangelt mir an gefühlter Tiefe, die zwar hin und wieder mit Sätzen wie „…allein sein zu können ohne einsam zu sein, so ist das Leben mit Tosch“ angedeutet wird, aber nicht bleibend wirkt.
Ich war jetzt ganz froh, dass der Roman nur 200 Seiten hat...

Bewertung vom 22.08.2024
Die unendliche Reise der Aubry Tourvel
Westerbeke, Douglas

Die unendliche Reise der Aubry Tourvel


sehr gut

Rätselball und Metamorphose

Eine gigantische phantastische Geschichte erwartet uns und wird schon auf den ersten Seiten so fesseln, dass man völlig unbemerkt in einen Strudel gezogen wird bei dem sich die Seiten wie von selbst umblättern!

Eine grausame, unbekannte, tödliche Krankheit überfällt Aubry im Kindesalter, als sie mit Freunden eine Opfergabe für einen guten Zweck in einen Brunnen werfen wollten. Aubry wollte einen kurz zuvor gefundenen hölzernen Rätselball, den ich mir persönlich wie einen Zauberwürfel vorstelle, in den Brunnen werfen, jedoch entscheidet sie sich dann anders und behält den Rätselball. Dieser folgt ihr danach überall hin ...

Kurze Zeit später bricht ihre Krankheit aus, deren Auswirkungen und Symptome man kaum beschreiben kann. Bizarre Darstellungen lassen den Schmerz Aubry's spürbar werden und verlangen dem Leser einiges ab.
Die erste Begegnung zwischen Krankheit und Leser mutet wie eine Teufelsaustreibung an oder wie Szenen eines Horrorfilms!

Die Krankheit verlangt nach Bewegung, heißt, Aubry kann nie lange an einem Ort verweilen muss immer weiter reisen und darf gleiche Orte nicht mehrmals aufsuchen. Doch irgendwann ist die Welt bereist... Und dann?
Auf ihren Wegen begegnet sie vielen Menschen, manche suchen für sie nach Heilung, können die Hilflosigkeit nicht ertragen, doch Aubry will nur überleben...

Hat die Krankheit etwas mit dem Rätselball zu tun?
Oder mit dem Brunnen?

Metaphern gehen einem durch den Kopf: immer weiter, niemals Stillstand, denn das wäre Tod.
Nicht begreifen können, flüchten,
akzeptieren was ist.
Aber auch, einen Schritt schneller sein.

Eine unglaubliche Lebensgeschichte einer fast magischen Reise in tiefe Schluchten, Abgründe, aber auch unzählige Erlebnisse bieten metamorphorische Momente.

So schillernd, skurril, bunt, berührend, fast märchenhaft aber auch krass, brutal, erschütternd, grausam, fesselnd, taucht man nach der letzten Seite aus einer völlig anderen Welt wieder auf und muss sich neu orientieren.
Was für ein Buch!!

Ein Punkt Abzug für die manchmal etwas chaotischen Kapitelsprünge, die zeitlich irritieren können. Man verliert dadurch jedoch trotzdem nicht den Faden und bleibt Audry immer nah genug.

Bewertung vom 20.08.2024
Zwischen den Welten
Vlahos, Hadley

Zwischen den Welten


ausgezeichnet

Ein Engel auf Erden

Da fallen Worte schwer, wenn man zusammen mit Hadley so viele Menschen aus dem Leben scheiden erlebt. Unglaublich was Hadley als Hospizschwester leistet! Und mit welcher unendlichen Fürsorge sie sich auf jeden Patient neu einlässt, diesen in den Mittelpunkt stellt und alles gibt um die letzten Tage so angenehm wie möglich und schmerzfrei zu gestalten.
Wow! Absoluter Respekt!
Dabei verliert sich Hadley auch immer wieder in ihren eigenen Gefühlen, die sie nach so intensiven Zeiten nicht einfach abstellen kann.

Ich musste nach jeder Geschichte inne halten, Luft holen und oft liefen Tränen, bevor ich Weiterlesen konnte. Es ist kein Buch zum einfach so weglesen.
Jedes Kapitel erzählt von einer anderen Person, einem anderen Schicksal, das Hadley mit uns echt, nah und ehrlich teilt.

Am Anfang mutete dieses Buch in amerikanischer Erzählweise an, fast wie ein Blog. Zwischendrin wird uns Hadleys eigenes Leben nicht vorenthalten.
Doch dann kommt es mit Wucht! Die Schicksale der Betroffenen und das unglaubliche Geschick Hadleys jedem Einzelnen ein Stück von ihr zu geben und Ängste zu nehmen.

Es ist ein wichtiges Buch, denn jeden von uns erwartet ähnliches und man setzt sich viel zu wenig damit auseinander.

Das Cover ist auf den Innenseiten sehr liebevoll mit ausgewählten Zitaten gestaltet und hat auch von Außen eine eindrucksvolle Wirkung.
Ein wirklich gutes Buch, dass Respekt und viele Leser verdient.

Bewertung vom 09.08.2024
Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland
Brooks, Sarah

Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland


sehr gut

Ödlandweh

Steigen Sie ein, liebe Reisende, in den Transsibirien-Express im Jahr 1899 und begeben Sie sich auf eine einzigartige Reise!
In diesem Zug erwartet Sie Besonderes. Lassen Sie sich ein auf geheimnisvolle Vergangenheit, auf rätselhafte Erlebnisse, auf mystische Momente und atemberaubende Landschaften. Lernen Sie ihre Mitreisenden kennen, aus unterschiedlicher Herkunft mit verschiedensten Schicksalen, die durchs Ödland geschickt werden, die aber auch außergewöhnliche Lebensgeschichten im Koffer haben.
Jedoch: passen Sie auf, dass das Ödlandweh Sie nicht erwischt! Schauen Sie am besten nicht allzu lang aus dem Fenster…
Auch gibt es unantastbare Geheimnisse, die ihre Verborgenheit vielleicht nicht verlassen sollten!
Was hat es mit dem Zugkind Weiwei auf sich?
Was ist mit Maria’s Vater wirklich passiert?
Und wer ist eigentlich die Kompanie?

Ein monumental aufgebauter Roman, der Historisches, Reales und Phantastisches miteinander verschmelzen lässt, zeichnet in angepasster, kraftvoller Sprache individuelle Figuren auf einer Reise, die Ödlandweh im Gepäck hat.
Die Lesenden sitzen als stille Beobachter und werden hineingezogen in einen atmosphärischen Roman mit Krimielementen und Fantasy, aber auch einigen wenigen Längen.

Man wird das Buch schon allein des Äußeren wegen in die Hand nehmen. Ein fantastisches Farbspiel aus Graublaugrün und Goldbronze schmückt das Cover und lässt den langen Titel im Mund zergehen.
Im Inneren findet man zunächst das Innere des Zuges, die einzelnen Abteile, und stellt fest, dass die zweite Klasse fehlt. Findet man im Verlauf der Geschichte heraus, warum sie fehlt?

Am Ende der Reise könnte man sich diese auch verfilmt vorstellen!

Bewertung vom 04.08.2024
Ava liebt noch
Zischke, Vera

Ava liebt noch


ausgezeichnet

Kieran ist vierundzwanzig + Ava 43 = bittersüß

Eine ausgesprochen sympathische Protagonistin lässt uns an ihrem Leben teilhaben. Ihrem Leben als Mutter und Ehefrau, die sich selbst verloren hat. Und als sie sich findet, gleich wieder verliert, auf andere Weise, mit Kieran. Kieran ist vierundzwanzig, Ava 43.
Die Welt dreht sich trotzdem und schenkt ihnen beiden kostbarste Momente, die dem Leser in angenehmer Sprache übermittelt werden. Wir nehmen an Ava’s Gefühlswelten teil, die gespickt sind mit Freiheit und Begehren, Zweifel und Schicksal… Sehnsucht, Verlust und Erfüllung.
Die Perspektive wechselt kapitelweise zu Kieran und hinterlässt, ebenso in Ich-Schreibweise, seine Gefühle, Verletzungen und tiefsten Gedanken.
Der Verlauf ihrer beider Leben und deren Einfluß auf ihr Umfeld bleibt überraschend in ihrem Werdegang.

Vera Zischke schreibt kreativ und einfühlsam sehr lebensechte Szenen, die eine Achterbahn der Gefühle und mehrere Leben nach Außen tragen. Sie hat ein Gespür für subtile Darstellung, die sie mit leisen bemerkenswerten Sätzen zu gewaltigen Eindrücken verarbeitet. Manche Abschnitte liest man gern zweimal um sie in ihrem vollen Bildnis zu erfassen und darin einzutauchen.
Mit Ava hat sie eine hervorragende, vielleicht auch klassische Figur geschaffen, die neben allen Aufgaben des Lebens einfach nur Frau sein und sich selbst wieder spüren möchte und damit in den Herzen vieler Leserinnen etwas entfacht.
Doch Vera Zischke hat noch mehr eingearbeitet in das moderne Bild einer Frau und Mutter. Solange Ava funktioniert, funktioniert auch alles um sie herum. War es nicht immer so?

-Ava liebt noch- ist nicht nur eine Romanze.
Die Autorin legt alle Finger in mehrere Wunden, was uns extrem fühlbar in die Story hineinzieht. Gekonnt setzt sie Wendungen, die spontan erschüttern und man möchte fast eingreifen, um zu verhindern, was geschehen könnte.

Am Ende des Romans ist man dankbar, dass man in Ava diese einzigartige Frau gefunden hat, stark, mutig und tapfer, empfindsam und verletzlich, mit all den Gefühlen, die Frau-sein ausmacht.

Cover und Titel passen zusammen und auch zum Inhalt, sprechen mich aber im Vergleich zum Klappentext nicht sofort an.