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Benutzername: 
Lorelei3000
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 24 Bewertungen
Bewertung vom 23.09.2012
The Saint Zita Society
Rendell, Ruth

The Saint Zita Society


sehr gut

Alle, denen die Wexford-Krimis irgendwann zu fade, zu schwarz-weiß, zu provinziell oder konventionell - der durchschnittliche Satiriker würde sagen: zu sehr ZDF - geworden sind, überrascht Ruth Rendell doch immer wieder positiv mit ihren neuen, in London angesiedelten Psycho-Thrillern.
Ihre Beobachtungen über Lebens- und Liebesverhältnisse im London des 21. Jahrhunderts sind zum einen so jung, frisch und von Neugier getrieben, ganz aktuell und am Puls der Zeit - zum anderen aber auch von einer langen Einsicht in die Gründe für Tod und Mord und Verrat geprägt, die einfach in unser Genom eingeprägt zu sein scheinen. So schwingt in ihren Büchern - mögen sie in Hip-Bezirken wie Marylebone, um die Portobello Road oder wie nun in Victoria spielen - immer das jahrtausende Jahre alte Raunen vom Verbrechen, Angst, Zufall, Schicksal und Unausweichlichkeit mit.
So wie hier das Leben einer ganzen Reihe von Personen miteinander verquickt wird, weil sie zufällig in derselben gepflegten Seitenstraße leben oder da sie eben für jene Bewohner arbeiten. Man weiß eher als dass man es ahnt von Anfang an, dass dieses wirtschaftliche wie emotionale Beziehungskonflikt in einen Mord gipfeln wird, und während man einerseits den unerbittlich darauf hin zielenden handlungsstrang verfolgt, eilen die Gedanken voraus und versuchen zu erraten, wer seiner Lebensweise, seiner Ignoranz oder Arroganz, seiner Armut oder seinem Reichtum, vielleicht aber letztendlich doch nur dem Zufall zum Opfer fallen wird.
Auch in sofern ist Ruth Rendell, die grande old dame der britischen Krimiliteratur, voll im Trend, wenn sie weniger ein klassisches Whodunat vorlegt als vielmehr exakt beobachtete und klug, manchmal auch süffisant beschriebene Opferprofile vorlegt. Profiling ohne technische Kinkerlitzchen oder Staatsräson, sondern aus dem Schatz um den Charakter der Menshcen.
Keine Action. Aber extrem spannend!!!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.09.2012
The Red House
Haddon, Mark

The Red House


sehr gut

Klar, einen Geniestreich wie The Curious Incident of the Dog in the Night-Time schüttelt man nicht mal eben so ein zweites Mal aus dem Ärmel. Und auch wenn Mark Haddon ja schon eine lange Liste toller (Kinder-) Bücher vorzeigen konnte, bevor er damit seinen ersten großen Hit landete, muss er sich zumindest in der Rezeption damit und daran messen lassen. In der Wahrnehmung ist es quasi doch für viele das oft fluchbeladene Nachfolgebuch (-album, - kunstwerk etc.)
Also um es kurz zu machen: Nicht so umwerfend und überraschend wie "sonderbare Welt...", aber das lediglich eher, weil man Familiengeschichten ja nun schon in tausend Varianten rauf und runter dekliniert hat, von Tolstoi, Mann bis zu Dogma und Haneke.
Ich war jednefalls wie gefesselt von diesem Famielntreffen einer sogenannten Patchwork-Familie, die zunächst in der heutigen Zeit angekommen zu sein scheint, weil eben nicht erst noch groß und breit beraten wird, ob das nun eine positive oder negative gesellschaftliche Entwicklung ist. Sie ist einfach da, es ist wie es ist, und an dieser Stelle startet auch das so erfrischend vorurteilsfreie buch mit einem leicht mitschwingendem, aber permanenten Thriller-Unterton, als würde etwas ganz Schreckliches bei diesem Familienwiedersehen in einem einsamen Ferienhaus geschehen.
Um nicht die Spannung zu nehmen, nur eine Andeutung: Es ist lange nicht klar, ob die Bedrohung der Erinnerung an ein angeblich traditionelles Familienleben, ob falschen Vorstellungen vom richtgen Leben oder richtigen Vorstellungen vom Falschen. Ob von außen, von innen oder von einem Geist, einer fixen Idee, die hinter der Fassade der Normalität alles umstürzt.
Ein wenig maniriert und störend fand ich den permanenten Wechsel der Erzählperspektive, aber das ist wohl eher eine Geschmacksfrage. Ich vertiefe mich lieber ganz und gar in die Geschichte einer Person. Aber selten habe ich ein Mosaik der Wahrnehmungen und Erzählungen und die Abwesenheit des "allwissenden Erzählers" so gelunegen erlebt wie hier.
Tolles Buch!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.