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Sternzauber
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Düren

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Insgesamt 197 Bewertungen
Bewertung vom 25.08.2025
Schlee, Ann

Die Rheinreise


ausgezeichnet

Die Strömung des Rheins, der Zeit und der eigenen Entwicklung

Ich finde das Cover von „Die Rheinreise“ von Ann Schlee wunderschön! Das Gemälde, welches das Cover ziert, ist zwar recht dunkel gehalten, strahlt aber für mich eine wunderbar-waldige Behaglichkeit aus und die Dame mit Sonnenschirm gewährt uns einen Einblick in die Handlung des Romans. Auch die Kombination mit dem orangen Titel, der ebenfalls haptisch erlebbar ist, sagt mir sehr zu und das ganze Buch wirkt sehr wertig.

Die Geschichte erzählt von Charlotte, die 1851 als unverheiratete Frau mit ihrem Bruder und dessen Familie aus England nach Deutschland kommt und mit einem Schaufelraddampfer den Rhein hinunter fährt. Sie hat ihr ganzes Leben lang den Bedürfnissen anderer gewidmet und ihren eigenen nie große Beachtung geschenkt. Doch als sie in Koblenz einen Mann entdeckt, der sie schmerzlich an jemand anderen erinnert, beginnt ihr Innerstes zu rebellieren und sie muss sich zum ersten Mal ihren eigenen Wünschen stellen…

Ann Schlee hat diese Geschichte von der Entdeckung des eigenen Ichs, in einer sehr eigenen Sprache und Erzählweise verfasst. Der Text liest sich flüssig und angenehm, nicht immer sind Träume und Gedanken jedoch auf den ersten Blick von den realen Geschehnissen zu unterscheiden und das hat mich anfangs etwas verwirrt. Mit der Zeit habe ich mich jedoch daran gewöhnt und finde diese Vorgehensweise der Autorin extrem passend zu dem Gemütszustand der Protagonistin.

Ich mag Charlotte sehr, habe bei all den Bevormundungen ihrer Familie mit ihr gelitten und ihre Entwicklung sehr genossen. Es hat mir wirklich Freude gemacht sie auf ihrem Weg zu begleiten und ein weiteres Highlight waren für mich die Umgebungsbeschreibungen auf der Rheinreise, in denen ich so manchen Ort wiedererkennen konnte. Passend fand ich zudem die historischen Anmerkungen zu Beginn des Buches, die das Geschehen für mich zeitlich eingeordnet haben und auch die Nachbemerkung von Lauren Groff habe ich gerne gelesen.

In erster Linie ist die Geschichte in ruhiger und eher unaufgeregter Weise erzählt und dem Geschehen liegt die zurückhaltend-feine Gemütsgesinnung dieser Zeit zu Grunde. Durch Charlotte dürfen wir LeserInnen aber auch immer wieder in starke Gefühlsstrudel eintauchen und die Geschehnisse bringen sogar eine dramatische Komponente in diese Reise hinein.

Ich habe „Die Rheinreise“ anno 1851 sehr genossen, mitgefühlt und hatte eine sehr anregend-angenehme Lesezeit. Empfehlen möchte ich die Geschichte allen LeserInnen, die auch leise Töne schätzen, sich auf eine andere Zeit mit anderen Vorrausetzungen einlassen und eine starke Frau in ihrer Entwicklung begleiten möchten – viel Freude!

Bewertung vom 16.08.2025
Foenkinos, David

Das glückliche Leben


ausgezeichnet

Die wesentlichen Fragen des Lebens und ein Neuanfang

Das Cover von „Das glückliche Leben“ gefällt mir optisch sehr gut. Ich mag die natürlichen und harmonischen Farben sowie das Bild überhaupt und auch die Einbindung des Titels ist meiner Meinung nach wunderbar harmonisch gelungen. Einzig der Umstand, dass das Bild meiner Empfindung nach leider nichts mit dem Inhalt des Buches zu tun hat, stört mich etwas.

Die Geschichte erzählt von Eric und Amelie, die sich im Laufe ihres Lebens immer wieder begegnen und deren berufliche sowie persönliche Bahnen sich immer wieder kreuzen. Zentrales Ereignis ist jedoch ein Erlebnis von Eric, der während einer Geschäftsreise nach Soul das Self-Help-Ritual der eigenen Beerdigung erlebt und seinem Leben daraufhin eine völlig neue Richtung und einen neuen Sinn gibt.

David Foenkinos erzählt diese Geschichte in einer sehr eigenen Art und Weise, an die ich mich zunächst ein wenig gewöhnen musste. Er springt immer wieder in den Perspektiven, was das Lesen für mich zeitweise etwas unruhig macht, aber sprachlich lässt sich der Text sehr angenehm und leicht erleben. Mit zunehmender Orientierung in Foenkinos Text gab es für mich jedoch keine Probleme mehr und ich mochte seine Art der Erzählung, die gut zum Inhalt passt, sehr gerne.

Die Geschichte erzählt von Neuanfängen, von schwierigen Phasen im Leben, von Sinnlosigkeit und Sinnsuche, von beruflichen Wegen und persönlicher Neuausrichtung, von Familie, Elternschaft, Liebe und Tod. All diese Themen sind zu einer dichten Erzählung versponnen und werden unaufgeregt miteinander verknüpft. Ich mochte den Erzählfluss der des Textes und wurde auch immer wieder zum Nachdenken angeregt. Vor allem Eric ist mir im Laufe der Lektüre immer mehr ans Herz gewachsen und auch andere Charaktere dieser Geschichte (von denen ich lieber noch nicht zu viel verraten möchte) haben einen sehr positiven Eindruck bei mir hinterlassen.

„Das glückliche Leben“ ist eine unaufgeregte Geschichte, die die wesentlichen Fragen des Lebens stellt und die Lust macht auf einen Neuanfang mit all seinen Möglichkeiten und Verheißungen – unbedingt genüsslich darin schwelgen!

Bewertung vom 14.08.2025
Abidi, Heike;Breidenbach, Ursi

Gönn dir einen Mutausbruch!


ausgezeichnet

Vielfältig, inspirierend und unterhaltend!

Ich mag das Cover von „Gönn dir einen Mutausbruch“ sehr, denn es spricht mich mit den harmonischen Farben sehr an und ich finde die Waschbären äußerst putzig, die dem Thema bereits ein wenig Humor verleihen. Auch im Inneren gefällt mir die Gestaltung sehr gut, denn bestimmte Tipps, Anregungen oder andere wichtige Inhalte werden in grau unterlegten Bereichen gesondert hervorgehoben.

Heike Abidi und Ursi Breidenbach widmen sich dem Thema Mut in diesem Buch gemeinsam und stellen uns LeserInnen verschiedene Aspekte dazu jeweils abwechselnd vor. Durch diese Wechsel entsteht eine sehr angenehme Dynamik in den Texten und ich mag es wirklich sehr, wie gut sie sich ergänzen, oft aufeinander aufbauen und wie sie sich aufeinander beziehen. Dabei hat jede der Autorinnen ihre eigene Art zu erzählen und auch diese individuelle Note schätze ich sehr. Es gibt viele wissenschaftliche Hintergrundinformationen, aber auch etliche Erfahrungsberichte (z. B. aus dem Leben der Autorinnen oder deren Umfeld) und ganz konkret praktische Tipps. Bei aller Sachlichkeit und einer großen Wertschätzung für alle Menschen und Themen, finden Heike Abidi und Uris Breidenbach immer einen sehr lockeren Ton, der das Lesen angenehm leicht macht und der einen hohen Unterhaltungswert hat. Ich habe das Buch völlig unangestrengt gelesen und das ist für ein Sachbuch ein großes Lob, finde ich!

Besonders begeistert hat mich an diesem Buch auf jeden Fall die Vielfalt des Themas. Mir war überhaupt nicht bewusst, wie viele unterschiedliche Punkte Mut in unserem Leben berührt, wie verschieden die Gründe für Angst und/oder Mut sein können, wie kreativ man den Mut heraufbeschwören kann und wie viele unglaublich mutige Frauen es bereits gab und gibt! Ich war sehr überrascht und habe mich mitreißen lassen von so vielen Mutausbrüchen! Dieses Buch ist eine wahre Inspirationsquelle und es macht auf jeden Fall selber Mut sich den großen und kleinen Herausforderungen des Lebens zu stellen!

Ich bin mir sicher, dass jede Leserin und jeder Leser in diesem Buch etwas findet, das ihn oder sie anspricht und inspiriert, deshalb gibt es von mir auf jeden Fall eine mutgetränkte Leseempfehlung! Viel Spaß beim Ausloten dieses spannenden Themas!

Bewertung vom 13.08.2025
Schneider, Roberta

In sieben Koffern um die Welt


sehr gut

Kreativität, Lebens- und Gedankenvielfalt in spannenden Koffern

Das Cover von „In sieben Koffern um die Welt“ löst bei mir große Lust zum Eintauchen in dieses Buch aus, aber auch Reiselust und Fernweh. Das Bild ist farbstark gestaltet, interessant und sehr einladend – also einfach perfekt für ein Titelbild. Außerdem zeigt es Inhalte des Buches und das gefällt mir sehr.

Das Buch erzählt von Herrn Walis, der in einer großen Hafenstadt eine Gepäckaufbewahrung betreibt. Mit ihm dürfen wir in sieben verschiedene Koffer und die dahinter verborgenen Geschichten schauen, die so manche Überraschung bereit halten…

Roberta Schneider erzählt die Geschichte in schöner und angenehm zu lesender Sprache, die für Kinder gut geeignet ist, da sie gut verständlich und doch anregend daher kommt. Besonders gut gefallen mir persönlich Formulierungen, wie „Herr Walis nennt es rund um die Uhr. Das klingt für ihn ein bisschen wie rund um die Welt, und das ist es ja auch.“ Aber auch die einzelnen Texte zu den verschiedenen Koffern gefallen mir. Sie sind kreativ, sehr abwechslungsreich, teilweise ergreifend, dann laden sie zum Schmunzeln ein oder verlocken zum Träumen.

Ein ganz besonders toller Umstand besteht für mich darin, dass ich mit Kindern ganz intensiv in die Welt der einzelnen Koffer eintauchen und die einzelnen Gegenstände in ihnen erforschen kann. Dazu lassen sich herrlich die verschiedensten Details oder gar ganze Geschichten erfinden und es gibt unzählige Möglichkeiten des kreativen Austauschs – wirklich grandios!!

Ein Wehmutstropfen besteht für mich darin, dass das Buch nach dem letzten Koffer ganz abrupt endet. Wir waren wirklich verwundert, als danach nichts mehr kam und hätten uns auf jeden Fall eine Abrundung gewünscht. Diese könnte z. B. darin bestehen, dass die letzte Seite einen leeren Koffer zeigt, in dem das lesende Kind seine eigenen Schätze packen könnte, aber auch viele andere Ideen wären denkbar. Nur so waren wir etwas zu plötzlich aus der Geschichte katapultiert worden….schade! Später habe ich entdeckt, dass es auf der Seite des Insel-Verlags einen Download eines leeren Koffers gibt, der zum Gestalten einlädt – dieses „Zubehör“ hätte gut ins Buch integriert werden können.

Die Bilder von Katja Spitzer entsprechen eigentlich nicht unbedingt meinem persönlichen Geschmack, da sie sehr stark farbig und recht „grob“ gestaltet sind. Aber in Kombination mit der Geschichte gefallen sie mir dann doch wirklich gut und sie zaubern eine ganz eigene, eine individuelle und nicht alltägliche Stimmung für dieses Buch, was mir sehr gefällt. In diesem Buch stehen die Dinge, die die Geschichten über die Menschen erzählen ganz klar im Vordergrund, und das hat die Illustratorin wunderbar herausgearbeitet. Außerdem mag ich es sehr, dass der Kater viele einzelne Szenen verbindet und als wiederkehrendes Element auftaucht.

Hätte es ein abschließendes Ende gegeben, wäre dieses Buch für uns eine perfekte kreative Lektüre gewesen, aber auch so können wir die Geschichte guten Gewissens empfehlen, denn sie bietet vielfältige Anregungen und Möglichkeiten zum eigenen „Eindenken“, Erzählspaß und ungewöhnliche Begegnungen. Viel Freude beim „Koffer-linsen“!

Bewertung vom 12.08.2025
Halls, Smriti

Huhu und Momo - Für dich trau ich mich!


ausgezeichnet

Der große Mut der kleinen Eule

„Huhu und Momo – Für dich tau ich mich“ ist ein tolles Bilderbuch über den Mut sich für einen Freund einzusetzen und dabei über sich hinaus zu wachsen!

Schon das Cover spricht mich sehr an und zeigt die beiden ProtagnonistInnen der Geschichte: Huhu und Momo sind gemeinsam unterwegs und umrahmt von ganz viel stimmungsvollem Waldflair. So werden wir LeserInnen gleich in die Welt der Geschichte eingeladen und mich hat die Gestaltung auf jeden Fall neugierig gemacht.

Huhu, die Eule lebt glücklich im Wald und schätzt die Geborgenheit und Sicherheit ihrer Höhle, wo sie jedoch immer alleine ist. Als sie Momo, den Mäuserich kennen lernt, verliert sich diese Einsamkeit, denn jeden Abend verbringen die Beiden nun gemeinsam. Momo würde so gerne gemeinsam mit Huhu die Welt entdecken, doch diese möchte ihre Höhle nach wie vor nicht verlassen. Bis Momo eines Abend nicht kommt und Huhu sich wohl oder übel auf die Suche nach ihrem Freund begibt…

Erzählt wird die Geschichte der beiden Tiere von Smriti Halls in Reimform, was einen ganz besonderen Rhythmus und eine zauberhafte Atmosphäre beim (Vor-)Lesen hervorruft. Ich mag ihre textliche Gestaltung sehr und finde, dass es der Autorin sehr gut gelungen ist eine Struktur zu schaffen, die beim Lesen einen ganz eigenen Sog erzeugt. Die Wortwahl ist kindgerecht und anregend – es macht einfach Freude die Geschichte vorzulesen und mein Neffe bat am Ende, mit den Worten „Noch mal!“, gleich um eine Wiederholung!

Und auch die Bilder von Lucy Fleming gefallen mir sehr. Realistische und fantastische Elemente gehen in diesen Bildern eine ganz selbstverständliche Symbiose ein und sind detailreich, aber nicht überladen ausgeformt. Ich mag die gut aufeinander abgestimmten Farben, die die Bilder fröhlich bunt, aber nicht aufdringlich oder grell wirken lassen und die Emotionen der Tiere sind an ihrem Ausdruck gut erkennbar.

Bilder und Text bilden zudem eine sehr gelungene Einheit, ergänzen sich prima und setzen die Themen von häuslicher Gemütlichkeit, Angst, Freundschaft, Mut, Selbstbewusstsein und Lebensfreude perfekt in Szene. Sehr interessante und wesentliche Themen werden mit diesem Buch für Kinder ab 4 Jahren ansprechend und zauberhaft aufgearbeitet. Die Kinder können in die spannende Geschichte eintauchen, sich mit der ängstlichen Huhu oder dem abenteuerlustigen Momo identifizieren und erleben, wie wertvoll es ist, Freunde zu haben!

Uns hat das Bilderbuch eine tolle Lesezeit geschenkt und es wird in Zukunft sicherlich häufiger aus dem Regal genommen werden. Von uns gibt es eine absolute Leseempfehlung und wir wünschen euch viel Spaß mit Huhu und Momo im Wald!

Bewertung vom 02.08.2025
Hell, Jane

Fischbrötchen und Hochzeitstorte


ausgezeichnet

Ostseefeeling und „stürmisches“ Liebesglück

Das Cover von „Fischbrötchen und Hochzeitstorte“ passt hervorragend zu den anderen Bänden der Fischbrötchen-Reihe und das mag ich sehr! Ja, es mag etwas kitschig und „rosa-rot“ anmuten, doch auch das passt meiner Meinung nach einfach gut zum Genre, beschwört bereits eine gewisse positive Stimmung herauf und es ist trotzdem sehr geschmackvoll gestaltet. Zudem mag ich die aufeinander abgestimmten Farben und die bildliche Thematisierung des Meeres, das eine so wesentliche Rolle im Roman spielt. Besonderes Gestaltungshighlight ist allerdings eindeutig der zauberhaft schöne Farbschnitt der besonders gut gelungen ist!

Die Geschichte erzählt von Dina, die mit ihrer Oma in Eckernförde nah am Strand lebt und als Hochzeitsfotografin arbeitet. Sie liebt es die schönsten Momente mit ihrer Kamera einzufangen und schätzt auch die Tatsache, dass sie sich hinter ihrer Aufgabe verstecken kann, was jedoch dazu führt, dass ihr eigenes Leben ziemlich unspektakulär von Statten geht. Sie unterhält zwar eine Affäre mit dem Caterer Johann, wünscht sich aber eigentlich die große Liebe und ihr Leben wird völlig auf den Kopf gestellt, als sie gebeten wird eine Hochzeit nicht nur zu fotografieren, sondern ganz zu planen. Und dann ist da auch noch ihr unverschämter Nachbar Arne, der plötzlich beginnt ihr Rätselbriefe zu schicken…

Dieses Buch ist meine zweite Fischbrötchen-Geschichte (alle lassen sich vollkommen unabhängig voneinander lesen) und ich habe sie sehr genossen. Jane Hell gelingt es wunderbar ein einnehmendes Ostseefeeling in Eckernförde mit einer Handlung zu verknüpfen, die Romantik und Liebe mit Selbstfindungsprozessen, Freundschafts- und Familienthemen sowie sogar einer Prise Spannung vereint. Dina war mir gleich von Anfang an sehr sympathisch und auch die anderen Charaktere sind meiner Meinung nach gut gezeichnet. Ich mochte es sehr, dass ich Dina als Hauptprotagonistin in ihrer Welt begleiten durfte und konnte mich gut in sie einfühlen.

Überrascht hat mich der sehr ernste und dramatische Umstand der Sturmflut in der Geschichte, denn mit ihm hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Umso besser hat er mir aber gefallen, weil er eine gewisse Tiefe in die Handlung bringt und mich auf Grund eigener Erfahrungen auch sehr berührt hat. Überhaupt mag ich den Erzählstil der Autorin, der ansonsten herrlich leicht und locker erscheint und wunderbar zum Wesen der Geschichte passt. Für mich ist dieses Buch die perfekte Wohlfühllektüre – egal ob am Strand, im heimischen Garten oder einfach für gemütliche Stunden auf dem Sofa! Von mir gibt es eine herzliche Leseempfehlung für alle Wohlfühljunkies und Liebesgeschichtenfans und ich wünsche euch viel Spaß in Eckernförde!

Bewertung vom 02.08.2025
Konishi, Masateru

Die Bibliothek meines Großvaters


sehr gut

Roman, Krimi und Familiengeschichte in Einem

„Die Bibliothek meines Grossvaters“ ist für mich optisch ein wunderschönes Buch! Ich mag sowohl die bildliche Gestaltung, als auch die Farbwahl sehr und empfinde die ganze Optik als sehr warm und einladend. Besonders schön wird das Gesamtergebnis natürlich durch den wunderschönen Farbschnitt mit Blütendekor – ein absoluter Hingucker im Bücherregal!

Die Geschichte erzählt von Kaede, die als Lehrerin arbeitet und sich außerdem um ihren Großvater sorgt, der an Lewy-Körper-Demenz leidet. Beide lieben Bücher, das Lesen und vor allem Rätselkrimis, weshalb sie sich über alle möglichen Rätsel in ihrem Umfeld austauschen und über erzählte Geschichten zu den Lösungen der einzelnen Fälle kommen. Doch plötzlich wird Kaede selber verfolgt und bedroht…. Wer setzt ihr so zu? Und warum?

Masateru Konishi schreibt seine Geschichte in einer sehr interessanten, ruhigen und ungewöhnlichen Art und Weise, die sich jedoch gut lesen lässt. Die einzelnen Kapitel, die jeweils ein Rätsel behandeln, sind in weitere Unterkapitel unterteilt, was ich für den Lesekomfort sehr zu schätzen weiß und was mir auch vom Aufbau her sehr gut gefallen hat. Ein tolles Gimmick ist außerdem die Tatsache, dass viele der Rätsel mit Ortsskizzen untermalt sind, was die Gestaltung zusätzlich aufwertet und die jeweilige Geschichte noch greifbarer macht.

Kaede, die sehr zurückhaltend bleibt, und ihren Großvater mag ich sehr und auch andere ProtagonistInnen sind angenehm individuell ausgearbeitet. Kaedes Freund Shiki bleib für mich jedoch während der ganzen Geschichte etwas „unfassbar“ und vage, andere Charaktere tauchen nur kurz auf und verschwinden dann einfach wieder. Außerdem muss ich leider gestehen, dass auch die Geschichte als Ganzes für mich nicht ganz stimmig war. Einzelne Teile fühlten sich für mich etwas zu konstruiert an und obwohl ich einige wiederkehrende Elemente als gute Strukturgeber empfand, waren andere in meiner Empfindung eher „Lückenfüller“.

Die Rätsellösungs-Geschichten, die Großvater und Enkelin sich gegenseitig erzählen haben mir gut gefallen und auch die tiefe Liebe zu guten Geschichten und Büchern war für mich spürbar. Mit fortschreitender Lektüre wurde zudem eine Rahmengeschichte rund um die Familiengeschichte Kaedes mehr mit eingebunden, was der Handlung sehr gut getan, mehr Substanz und Spannung eingebracht hat.

Sehr gelungen und einfühlsam wirken auf mich die Beschreibungen der Demenz und ihrer Symptome, die meiner absolut inkompetenten Einschätzung nach fachlich kompetent dargestellt wurden. Dass das Ende des Buches viel Raum für Fantasie und eigene Interpretationen lässt und ein eigenes Rätsel wird, entspricht eigentlich überhaupt nicht meinen Vorlieben und ließ mich im ersten Moment etwas unglücklich zurück, es passt aber unfassbar gut zur Geschichte und begeistert mich daher dann doch.

„Die Bibliothek meines Grossvaters“ ist eine erstaunliche Mischung aus Krimi und Roman, die mir eine schöne Lesezeit beschert hat, die meiner Meinung nach jedoch ein paar Schwachstellen aufweist. Trotzdem ist es für mich ein lesenswertes Buch und ich wünsche euch ganz viel Freude beim Rätseln!

Bewertung vom 29.07.2025
Rivera Garza, Cristina

Lilianas unvergänglicher Sommer


ausgezeichnet

Sehr persönlich, berührend und erschreckend – das Leben und Sterben einer geliebten Schwester

Das Cover von „Lilianas unvergänglicher Sommer“ von Christina Rivera Garza stellte mich im ersten Moment vor eine Herausforderung, denn ich konnte mir zunächst keinen Reim darauf machen, wie das Bild einer Schwimmerin zum Inhalt passt. Doch nach der Lektüre darf ich verraten, dass das Coverbild wirklich ausgesprochen gut harmoniert und eine wunderbare Abrundung des Textes bildet. Außerdem gefällt es mir wirklich sehr gut und zeigt eine faszinierende Unterwasserszene.

Die Autorin erzählt in diesem Buch von der Ermordung ihrer Schwester und davon, wie sie nach vielen Jahrzenten versucht ihr, dem schrecklichen Verbrechen und dem Mörder nahe zu kommen, um zu verstehen, um zu trauern, um auf eine gewisse Art loslassen zu können und um zu erinnern. Sie möchte auf das Leben und den Tod ihrer Schwester aufmerksam machen, so wie darauf, dass es immer noch viele Gewalttaten gegen Frauen gibt, einfach, weil sie Frauen sind.

In sehr schöner Sprache und starkem Ausdruck beschwört Christina Rivera Garza das Bild ihrer Schwester herauf und lässt uns LeserInnen teilhaben am Leben einer jungen Frau, die mitten im Leben stand, vielfältige Talente besaß, sehr geschätzt und geliebt wurde und der Mittelpunkt ihrer Freundesclique war. Sie erzählt von Lilianas Einstellung zur Liebe und davon, wie es geschah, dass diese in den Umkreis ihres zukünftigen Mörders geriet. Dabei ist der Schmerz zu spüren, den die Autorin mit sich trägt und die Ungläubigkeit ob der schrecklichen Entwicklung, aber auch die Liebe zu ihrer Schwester. Und bei aller Tragik und Grausamkeit der Situation konnte ich das Buch doch gut lesen und empfinde es als wichtiges Zeugnis der Erinnerung und der Mahnung – Femizide müssen verhindert werden!

Die Autorin erzählt in eigenen Erinnerungen und zeigt ihre Bemühungen zur Aufklärung des Verbrechens auf, lässt aber auch offizielle Dokumente und Zeitungsartikel einfließen und Weggefährten sowie Familienangehörige zu Wort kommen. Außerdem sind Texte von Liliana eingefügt, die selber sehr viel schrieb und die Informationen „aus erster Hand“ liefern. Mich hat es erstaunlich schnell durch das Buch gezogen und durch die Abwechslung der Texte und Darstellungen war die Lektüre sehr kurzweilig. Sehr gut gefallen hat es mir zudem, dass z. B. die Zeitungsartikel auch als solche gestaltet dargestellt wurden und einzelne Fotos im Buch zu finden sind.

„Lilianas unvergänglicher Sommer“ ist ein erstaunlich intimes und persönliches sowie berührendes Buch, das das Leben und Sterben einer lebenslustigen, kreativen, talentierten und bedrohten Frau beleuchtet. Ich wünsche der Autorin, dass sie mit diesem Buch ihrer Trauer Ausdruck verleihen und ein bleibendes Erinnerungswerk an ihre Schwester schaffen konnte, das viele LeserInnen finden wird!

Bewertung vom 28.07.2025
Lagerlöf, Ulrika

Wo die Moltebeeren leuchten (Die Norrland-Saga, Bd. 1)


sehr gut

Die Geschichte zweier starker Frauen im Norden Schwedens

„Wo die Moltebeeren leuchten“ von Ulrika Lagerlöf wird von einem wunderschönen Cover geziert. Ich mag das Bild von Akseli Gallen-Kallela unglaublich gerne und ich finde auch die Kombination mit dem gelb-orangen Rahmen und dem tollen Farbschnitt samt Moltebeeren sehr gelungen.

Die Geschichte erzählt auf zwei Zeitebenen von den Erfahrungen zweier sehr individueller und starker Frauen: 1938 erleben wir mit der jungen Siv, die in den verschneiten Wäldern Schwedens eine Gruppe Waldarbeiter versorgt, das harte Leben ohne Strom und fließendes Wasser kennen. Doch neben aller körperlicher und psychischer Anstrengung, die es zu meistern gilt, entdeckt Siv immer mehr sich selber und eine nie gekannte Freiheit. Und dann ist da noch Nila, ein junger Sami, zu dem sie eine verbotene Liebe entwickelt. Viele Jahrzehnte später, im Jahre 2022 muss Sivs Enkelin Eva in ihre Heimat zurück kehren, da sie als PR-Mitarbeiterin eines großen Forstunternehmens einen schwelenden Konflikt vor Ort bereinigen soll. Doch schon bald wird sie von ihrer Vergangenheit und ihrer Familiengeschichte eingeholt, die ihr viel Fragen stellen und die ein gut gehütetes Geheimnis ans Licht bringen…

Ulrika Lagerlöf erzählt diese Geschichte in einer angenehm und leicht zu lesenden Schreibweise, die mich flüssig durch den Text getragen hat. Siv mochte ich von Anfang an sehr gerne und meiner Meinung nach ist es der Autorin gut gelungen ihre widersprüchlichen Gefühle und die einengenden Zeitzwänge rüber zu bringen. Auch Eva ist mir grundsätzlich sympathisch, ich habe jedoch länger gebraucht, um mit ihr warm zu werden und ihre Persönlichkeit fassen zu können. Auch andere Charaktere der Geschichte zeigen individuelle und authentische Eigenschaften, was mir gut gefällt. Für mich ist der Erzählstrang rund um Siv deutlich stärker und spannender, als die Geschichte von Eva, aber beide passen dennoch gut zusammen.

Die großen Fragen rund um Freiheit, Selbstbestimmung, Naturschutz und den Konflikt zwischen den Sami und den zugezogenen Schweden hat Ulrika Lagerlöf präsent in die Handlungen der ProtagonistInnen eingebaut und stimmig umgesetzt. Ich fand diese Thematiken sehr interessant und habe das Buch sehr gerne gelesen. Trotzdem muss ich gestehen, dass die Geschichte insgesamt für mich nicht ganz rund war. Ich kann leider nicht genau benennen, woran das lag, hatte jedoch an einzelnen Stellen das Gefühl, dass mir eine Verbindung oder „eine Brücke“ im Gefüge des Geschehens fehlte. Nichts destotrotz mochte ich das Buch sehr und würde sehr gerne auch den zweiten Band lesen, der noch mehr aus dem Leben und Erleben der beiden Frauen erzählt. Vielleicht rundet dieser zweite Teil in meinem Empfinden dann auch alle Erzählstränge perfekt ab – ich bin gespannt und freue mich darauf!

Bewertung vom 27.07.2025
Kelly, Julia R.

Das Geschenk des Meeres


ausgezeichnet

Ein absolutes Lesehighlight für mich!

Das Cover von „Das Geschenk des Meeres“ von Julia R. Kelly gefällt mir ausgesprochen gut! Ich liebe die farbliche Reduktion auf Blau und Weiß mit dem pinken Akzent des Autorinnennamens – diese Gestaltung hat für mich etwas sehr Elegantes, Reduziertes und doch Einnehmendes. Das wogende Meer im Bildvordergrund strahlt Kraft aus und zeigt die Rauheit, die diesem Element innenwohnen kann und die in der Geschichte eine wesentliche Rolle spielt. Überhaupt passen Covergestaltung und Buchinhalt für mich extrem gut zusammen.

Das Buch spielt in Schottland und erzählt die Geschichte von Dorothy, die einst als junge Lehrerin nach Skerry kam und dort auf tragische Weise ihren Sohn Moses verliert. Jahre später wird am Strand ein Junge angespült, der Dorothys verlorenem Sohn auf unerklärliche Weise sehr ähnelt und der all die Fragen nach den Umständen rund um Moses Verschwinden wieder aufwirft…

„Das Geschenk des Meeres“ ist eine düstere Geschichte, durchzogen von Verlust, Trauer und Schuldzuweisungen. Und trotzdem habe ich mich bei der Lektüre nicht unwohl gefühlt – ganz im Gegenteil! Julia R. Kelly gelingt es außergewöhnlich gut ein Setting zu schaffen, das mich mit seinen authentischen und individuellen Charakteren gefangen nahm, in dessen Welt ich ganz eintauchen konnte und in dem ich mich zunehmend heimisch fühlte. Dorothy ist mir in all ihrer Unsicherheit und mit all ihren Selbstzweifeln sehr schnell ans Herz gewachsen und Joseph ist einer meiner Lieblingsprotagonisten geworden. Skerry, als Ort des Geschehens, ist atmosphärisch dicht und detailliert beschrieben, so dass ich mir die Umgebung immer sehr gut vorstellen konnte und das Dorfgefüge wirkt mit typischen und doch individuellen Zügen sehr realistisch.

Nicht nur durch das nahe Meer und die Naturgewalten der Elemente wartet diese Geschichte mit einer atmosphärischen Wucht auf, die mich regelrecht umgehauen hat. Einmal eingetaucht, wollte ich das Buch überhaupt nicht mehr zur Seite legen und die vielen offenen Fragen zu Vergangenheit und Schicksalsverlauf spukten permanent in meinem Kopf herum. Beeindruckend und meisterlich, mit wie viel Spannung mich diese Geschichte fesseln konnte und trotzdem ganz leise und unaufgeregt daher kam!

Manche Wendungen bzw. Szenen der Geschichte haben mich extrem berührt und nicht nur einmal hätte ich Dorothy gerne geschüttelt, um sie „zur Vernunft“ zu bringen oder sie in den Arm genommen, um sie zu trösten, hätte ich Joseph gerne unterstützt und Moses beschützt. Die ganze Geschichte hat für mich genau den richtigen Ton getroffen und mich tief beeindruckt und berührt. Die Autorin hat Gefühle so innig und tief dargestellt, dass ich mich ihnen beim Lesen überhaupt nicht entziehen konnte.

Neben dem Haupterzählstrang rund um Dorothys Erleben lernen wir in der Geschichte auch weitere Gegebenheiten und Personen des Dorflebens kennen, tauchen ein wenig in die Mythenwelt Schottland ein und sehen uns der Lebensrealität nah am Meer um 1900 gegenüber. Für meinen Geschmack ist es der Autorin herausragend gut gelungen alle Elemente stimmig zu vereinen und dadurch eine runde, facettenreiche und doch fokussierte Geschichte zu erzählen, die die LeserInnen gefangen nehmen kann!

Der Text lässt sich ausgesprochen leicht und angenehm lesen und ich mag es sehr, dass das Geschehen immer wieder aus verschiedenen Perspektiven heraus weiter erzählt wird. Immer mehr entspinnt sich beim Lesen ein Geflecht aus Zusammenhängen, Verwicklungen und gegenseitiger Beeinflussung, dessen Entschlüsselung ich entgegen gefiebert habe und auch wenn ich sehr wohlig-zufrieden war, als sich endlich alle Fragen geklärt hatten, war ich wirklich traurig darüber, das Ende dieser Geschichte erreicht zu haben…. Was für ein tolles, beeindruckendes, sehr berührendes und nachhallendes Leseerlebnis! Ich würde 7 Sterne geben, wenn ich könnte und spreche eine berauschte Leseempfehlung von Herzen aus!