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Benutzername: 
hasirasi2
Wohnort: 
Dresden

Bewertungen

Insgesamt 1163 Bewertungen
Bewertung vom 09.10.2024
Wilder Wein
Oetker, Alexander

Wilder Wein


sehr gut

Die dunkle Seite des Weins

„Wer hat Charlotte Malroix so gehasst, dass er sie tot sehen wollte?“ „Ganz einfach. Alle.“ (S. 174)
Der neueste Fall führt Luc Verlaine und seinen Kollegen Yacine nach Sauternes, wo der berühmteste Süßwein der Welt angebaut wird. Die junge Winzerin Charlotte wurde tot im Gärkeller gefunden, gestorben durch die beim Gären des Weins entstehenden Gase. Alles sieht nach einem Unfall aus, jedes Jahr verunglücken Winzer auf diese Weise, aber trotzdem ist Luc überzeugt, dass es Mord war. Motive und Verdächtige gibt es genug, Charlotte war eine Öko-Terroristin, die alle Winzer des Garonne-Tal überzeugen wollte, nur noch nachhaltig und biologisch anzubauen.

Bei ihren Befragungen stoßen die Ermittler auf eine Mauer des Schweigens. In den Polizeiakten und Archiven der Zeitungen entdecken Luc und seine Kollegen aber unzählige Artikel über Charlotte, außerdem Anzeigen und Eingaben bei diversen Behörden, die oft zu Polizeieinsätzen geführt haben. Und obwohl alle Verdächtige zugeben, dass Charlotte ihnen das Leben schwer gemacht hat, leugnen sie den Mord. Selbst der zuständige Polizist vor Ort, Vincent Balladier, versucht ihre Untersuchungen mit dem Hinweis, dass das doch nur ein Unfall war, zu boykottieren.

Auf dem Cover steht zwar, dass das Luc Verlains gefährlichster Fall ist, aber für mich war es sein gemütlichster. Anouk und Aurélie sind nicht da und Luc hat Zeit zu reflektieren, wie sehr sich sein Leben durch die Vaterschaft verändert hat. Und auch die Ermittlungen verlaufen recht entspannt, da die Bewohner von Sauternes nicht an eine Mord glauben (wollen) und es auch nicht so aussieht, als würde der Täter wieder zuschlagen.

Dafür sind die Hintergründe zum Fall sehr interessant. Charlotte war überzeugt, dass die Pestizide und anderen verwendeten Mittel für die überdurchschnittlich häufigen Krebserkrankungen der Bewohner der Gegend verantwortlich waren, leider hat ihr das kaum jemand geglaubt.
Zudem vermittelt Alexander Oetker viel Wissenswertes über den Anbau und die Produktion des Süßwein, und auch die Kulinarik und das Savoir-vivre kommen nicht zu kurz.

Bewertung vom 07.10.2024
Am Fluss der Zeiten
Renk, Ulrike

Am Fluss der Zeiten


ausgezeichnet

Herausragender historischer Roman

„Lieber Gott, warum hast du diese Welt erschaffen? Warum kann man gegen jemand anderen getauscht werden, als wäre er ein Stück Vieh oder eine Truhe? Ich bin doch ein Mensch…, nur dass ich eigenbehörig bin…“ (S. 470)
Lüdinghausen 1551: Elze wächst als Eigenbehörige auf dem Kalmule-Hof ihrer Familie auf. Ihr Leben ist eng mit der Natur verbunden und scheint vorbestimmt zu sein. Die Familie bewirtschaftet den Hof schon seit mehrere Generationen, nach ihrem Vater Heinrich wird ihn Drees, der älteste Sohn übernehmen. Die anderen Söhne können dann entweder auf anderen Höfen einheiraten (wenn sie das Geld dafür aufbringen), oder, was wahrscheinlicher ist, bleiben ihr Leben lang als ledige Knechte auf dem Hof des Bruders. Bei den Töchtern ist es ähnlich, wenn sie keinen Hoferben heiraten, bleiben sie als Mägde zu Hause. Und noch hegt Elze keine Ambitionen in diese Richtung.

Elze lernt von klein auf alles, was eine Frau damals können und wissen muss. Angefangen beim Kochen, Backen und Haltbarmachen, über Hausarbeiten wie Nähen, Stopfen, Weben, bis zum Versorgen der Tiere und der Feldarbeit, bei der alle mitarbeiten müssen. Sie sind Selbstversorger, müssen aber von allem, was sie erwirtschaften, immer einen Teil an ihren Grundherren abgeben, egal, ob der Ertrag das hergibt oder nicht.
Ein wichtiger Pfeiler im Leben sind der Glauben, der erst vor wenigen Jahrzehnten reformiert wurde, und leider auch der Aberglaube.

Ulrikes Renks „Am Fluss der Zeiten“ ist seit langem mal wieder ein historischer Roman, der aus der Masse heraussticht. In klaren Worten und völlig ungeschönt berichtet sie vom harten und entbehrungsreichen Leben der Bauern zur damaligen Zeit, von ihrer Abhängigkeit vom Grundherren und wie sie den Launen der Natur ausgesetzt sind. Dabei kommt sie ganz ohne romantische Verklärung oder eine dramatische Liebesgeschichte aus, das Leben war auch so aufregend genug.

Eigenbehörige sein bedeutet, dass sie unfreie Bauern sind, die einem Gutsherren gehören und theoretisch an einen Hof gebunden sind, aber ein „Gesindejahr“ für ihren Herren ableisten müssen, das überall sein kann. Außerdem können sie gegen andere Hörige getauscht werden.
So passiert es auch Elze. Sie wird für ihr Gesindejahr nach Münster zu einem Domherren geschickt, aber schon nach einem halben Jahr zurück nach Hause berufen, allerdings nicht auf ihren Hof, sondern in Sichtweite auf die Burg Kakesbeck, um die sich eine gruselige Sage rankt. Schon ihr ganzes Leben hat sie Angst vor der Burg, in dessen Keller angeblich ein Ungeheuer lebt. Und jetzt muss sie für immer hier leben, es sei denn, ihr Herr tauscht sie nochmal ein. Wie es zu diesem ungewöhnlichen Schicksal kommt, Hörige von Höfen wurden nämlich nur selten vertauscht, verrate ich Euch natürlich nicht.

Bewertung vom 05.10.2024
Christmas undercover
Walker, Carlie

Christmas undercover


sehr gut

Stirb langsam meets Stars Hollow

Sydney Swift ist CIA-Agentin und für einen Einsatz in Schweden, als sie Besuch vom FBI bekommt. Der Gangsterboss Johnny Jones hat gerade seine Verlobung mit ihrer jüngeren Schwester Calla bekanntgegeben. Und da die ihn Weihnachten der Familie vorstellen will, soll Syd die Feiertage zu Hause verbringen. Dabei soll sie sich vor allem auf Johnnys Sicherheitschef Nick konzentrieren, vielleicht kann sie ihm entlocken, welchen Coup die Bande als nächstes plant. Sie darf ihn natürlich auch gerne verführen, um ans Ziel zu kommen, nur verlieben sollte sie sich nicht …

In „Christmas undercover“ trifft „Stirb langsam“ auf „Stars Hollow“. Syd stammt aus einer amerikanischen Heile-Welt-Kleinstadt, in der sich direkt nach Halloween alles um Weihnachten dreht und auch entsprechend großformatig und ausufernd geschmückt ist.
Die Schwestern sind nach dem frühen Tod ihrer Mutter vom Vater bei ihrer Grandma Ruby zurückgelassen worden, weil er sich mit zwei kleinen Kindern überfordert gefühlt hat. Entsprechend eng sind die drei Frauen zusammengewachsen, trotzdem wissen Calla und Ruby nicht, was Syd arbeitet. Das sorgt jetzt für unterhaltsame Verwicklungen. Genau wie Nick, der sich fast schon zu einfach von Syd um den Finger wickeln lässt – dumm nur, dass sie ihn wirklich heiß findet.

Zu Beginn waren mir die Figuren etwas zu stereotyp. Die knallharte Agentin wird bei ihrer Familie schwach und verliebt sich auch noch in den Feind. Gegenpol Nick spielt erst den Unnahbaren, flirtet dann aber sehr schnell mit und drückt sich gern in Syds Nähe rum.
Johnny ist der typische Gangster, zu seiner Freundin und ihrer Familie butterweich, aber im Geschäft knallhart.
Calla ist Grundschullehrerin und weiß von nichts, man könnte sie fast schon zu naiv nennen, weil sie sich nicht über den Reichtum ihre Verlobten wundert. Ja, seiner Familie gehört eine Cafékette, aber bei DEM Diamanten auf dem Verlobungsring und ständig anwesenden Bodyguards sollte man sich schon mal Gedanken machen.
Doch je länger die Scharade lief, desto mehr Tiefe bekamen die Protagonisten. Bei den Schwestern ließ sich vieles mit der schwierigen Kindheit erklären und auch Nick hat ein wirklich spannendes Geheimnis, das sein Verhalten erklärt.

Ganz á la Hollywood geht natürlich einiges schief, es prickelt mächtig zwischen Syd und Nick und es gibt Rangeleien der unterschiedlichen Geheimdienste, die sich gegenseitig nicht über den Weg trauen.

Die Handlung hat ordentlich Tempo und ist auch sehr abwechslungsreich, langweilig wird einem beim Lesen nicht, man sollte sich aber auch nicht an Klischees stören.

3,5 Sterne

Bewertung vom 02.10.2024
Signora Commissaria und der lachende Tod
Oetker, Alexander

Signora Commissaria und der lachende Tod


sehr gut

Der übervorsichtige Serienmörder

„Ich habe den Toten lächeln sehen. Und gleichzeitig sah er so aus, als habe er das Schlimmste gesehen, kurz vor seinem Ende.“ (S. 84)
Nach ihrem ersten Fall hat sich Commissaria Giulia Ferrari nach Florenz versetzen lassen, allerdings eigentlich noch Urlaub, als sie angerufen wird. Es gab einen, bzw. zwei grausame Morde. Beide Opfer wurden mit einem Lächeln im Gesicht inszeniert. Während das beim ersten Toten noch nicht aufgefallen war, ist es beim zweiten jetzt überdeutlich. Dazu kommt, dass der Täter Hinweise auf das jeweils nächste Opfer hinterlässt, aber keinerlei Spuren an den Leichen, keine DNA oder Fingerabdrücke. Es sieht aus, als hätte er sie aus einer sterilen Umgebung an die Fundorte gebracht. „Ein Serienmörder, der nicht gefunden werden will und mit übertriebener Vorsicht seine Opfer tötet.“ (S. 96)
Giulia holt sich wieder Ex-Commissario Luigi Battista und den blinden Sergente Enzo Aleardi, einen absoluten Computer Nerd, in ihr Team. Zusammen suchen sie nach Gemeinsamkeiten der Opfer, aber die schienen sich nicht gekannt zu haben und auch sonst finden sie lange keine Überschneidungen.

Die drei Ermittler sind schon ein eingespieltes Team, haben es aber nicht leicht. Der Questore und die Presse hängen ihnen im Nacken und der Täter scheint nicht zu stoppen, mordet inzwischen mitten am Tag in aller Öffentlichkeit – und doch ungesehen.
Giulia ist langsam in Florenz wieder angekommen, hat das alte Haus ihrer Familie renoviert und macht jetzt den Garten wieder urbar. Aber all das erinnert sie an ihre traurige Vergangenheit, den Verlust ihrer gesamten Familie bei einem Unfall. Das alles macht sie sehr nahbar und auch irgendwie sympathisch, gerade weil sie sich im Beruf gegen männliche Kollegen und Vorgesetzte durchsetzen muss.

„Signora Commissaria und der lachende Tod“ ist der zweite Band einer Reihe. Den ersten, der unter dem Pseudonym Pietro Bellini erschienen ist, kann ich Euch auch sehr empfehlen.
Alexander Oetker verbindet die brutalen Fälle mit viel dolce Vita. Zum einen ist der Tatort die malerisch Stadt Florenz mit ihren berühmten Sehenswürdigkeiten und Hügeln, und Luigi, der jede Trattoria kennt und fast immer einen Espresso in der Hand hat, führt mit seiner Frau Carla ein kleines Restaurant, dessen Tagesgerichte als Rezepte im Buch auftauchen und zum Nachkochen einladen.
Und auch wenn ich relativ früh eine Idee hatte, wie alles zusammenhängt, war der Fall bis zum Ende sehr spannend. Ich freue mich hoffentlich weitere Fälle.

Bewertung vom 30.09.2024
Winterzauber auf dem kleinen Bücherschiff
Hansen, Tessa

Winterzauber auf dem kleinen Bücherschiff


sehr gut

Bibliophiler Liebesroman

„Dass ausgerechnet sie als Landratte einmal ein Schiff ihren Hafen nennen würde, hätte sie auch nicht gedacht.“ (S. 36)
Miris und Katjas Plan ist aufgegangen und das kleine Bücherschiff im Hamburger Hafen nicht mehr wegzudenken. Die Freundinnen haben sich ihren Traum erfüllt, als nächstes steht Miris Hochzeit an. Natürlich lässt es sich Katja als Trauzeugin nicht nehmen, alles zusammen mit dem Trauzeugen Mathis zu organisieren. Dumm nur, dass der nichts von starren Plänen und Zeitabläufen hält und sich die Meetings als Dates entpuppen. Der gutaussehende Steinmetz hat einen Narren an ihr gefressen, und auch sie ist nicht abgeneigt. Doch sie ist noch nicht über die Kontrollsucht und Erniedrigungen ihres Ex-Mannes hinweg. Dass Mathis oft einfach über sie bestimmt, um sie zu überraschen, erinnert sie stark an diese ungesunde Beziehung. Dann kommt auch noch Post von der Sparkasse, dass sie endlich ihren Kredit abbezahlen soll, sonst wird das Bücherschiff gepfändet – sie hat aber gar keinen aufgenommen?!

Der zweite Band des Bücherschiffs dreht sich um Katja. Die gelernte Floristin liebt es zu planen und organisiert für ihr Leben gern. Dass daran das Trauma, das ihr Ex-Mann verursacht hat, schuld ist, versteht sie erst spät und schämt sich, es Miri und Mathis zu sagen, was zu einigen Missverständnissen führt.

Das Flair der schwimmenden Buchhandlung mit ihren Stammgästen und Lesungen als Kaperfahrten kommt wieder sehr gut rüber. Dazu nistet sich noch ein kleiner Kater über den Winter im Bücherschiff ein und bringt das Herz aller zum Schmelzen.

Bibliophile Leser werden sich freuen, dass viele reale Bücher und Schriftsteller erwähnt werden und man mehr über sie erfährt. In einer Szene kommt ein berühmter Koch vor, dessen Namen zwar geändert ist, aber versierte Kochsendungsfans erkennen ihn garantiert.

„Winterzauber auf dem kleinen Bücherschiff“ ist eine schöne Liebesgeschichte mit winterlichem Flair. Mich hat nur gestört, dass Katja zu problembeladen ist und sich und ihrem Glück oft selbst im Weg steht. Fast alle ihre Gedanken drehen sich nur um ihre Konflikte mit ihrem Ex-Mann und ihre Angst, es Miri und Mathis sagen zu müssen. Das hätte man m.E. nicht so oft so ausführlich erwähnen müssen.

Bewertung vom 29.09.2024
Woher wir kamen
Schweikert, Ulrike

Woher wir kamen


gut

Das Haus am Strand

Nach dem Tod ihres Vaters erbt Jane ein Haus auf Cape Cod, von dem sie noch nie gehört hat, zusammen mit einem Brief von ihm und einer Schachtel ihrer Mutter. Sie erfährt, dass das Haus am Strand in den 60er Jahren von den Eltern ihrer Mutter erbaut und bis zum Tod bewohnt wurde. Im Karton ihrer Mutter, die schon früh gestorben ist, entdeckt sie erste Hinweise auf ihre deutschen Wurzeln. Ihre Großeltern haben früher in Berlin gelebt, ihre als Großmutter war ein Revuestar und ihr Großvater, ein Findelkind, hat im ersten Weltkrieg gekämpft. Im Haus findet Jane dann weitere Unterlagen, die sie tief in die Vergangenheit der Familie eintauchen lassen.

Ulrike Schweikert erzählt in ihrem neuen Roman eine spannende, 100 Jahre umfassende Familiengeschichte. Alles beginnt 1911/12 in Berlin mit dem Kennenlernen von Janes Großeltern Emilia und Benno. Emilia wächst bei ihrer Mutter und dem Großvater auf, der Hausmeister im neuen Admiralspalast ist. Darum ist sie schon früh von Musik und (Eis-)Tanz fasziniert und trainiert hart, um eines Tages dort auftreten zu können. Benno flieht zu der Zeit aus dem Waisenhaus, weil er die unmenschliche Behandlung und sexuellen Übergriffe nicht mehr erträgt. Die beiden werden erst beste Freunde und verlieben sich später, doch dann beginnt der erste Weltkrieg.

Parallel dazu erfährt man in Rückblicken Janes Geschichte. Sie war, genau wie ihr Vater und Bruder, Berufssoldatin im Irakkrieg. Da ich bisher kaum etwas darüber gelesen hatte, fand ich das besonders spannend. Als Tochter eines schwarzen US-Marines und einer weißen Krankenschwester ist sie für die einen zu weiß und die anderen zu schwarz, aber in der Army sind endlich alle gleich, da zählen nur Einsatz und Leistung, wie sie ihr schon ihr Vater eingetrichtert hat.
Eine interessante Parallele ist, dass auch ihr Großvater im 1. WK im Osmanischen Reich (und damit u.a. im Irak) war. Zwei Kriege im gleichen Gebiet, bei beiden geht es um religiöse Fragen und Völkermord, und bei beiden schafft es die besetzende Armee nicht, sich rechtzeitig aus dem Krieg zurückzuziehen und dass die Einheimischen unter sich regeln zu lasen.

Dieses Buch lässt mich sehr zwiegespalten zurück. Zu Beginn hat es mich extrem gefesselt, dann aber immer mehr nachgelassen. Das Leben von Janes Großeltern im Berlin zu Beginn des 20. Jahrhunderts war zwar interessant, vor allem, da es sich überwiegend im Admiralspalast und damit der Kunst- und Kulturszene abgespielt hat, aber leider waren mir die Erzählungen aus dieser Zeit zu ausschweifend. Und dann hören sie auch noch in dem Moment auf, als sie Deutschland verlassen und sich in Amerika ein neues Leben aufbauen. Gerade das hätte mich brennend interessiert.
Dafür war Janes Einsatz im Irak mit den physischen und psychischen Anforderungen und ihre persönliche Entwicklung sehr spannend, wenn auch manchmal mit etwas viel Pathos.

Wer ausführliche Familiengeschichten und den Vibe Berlins vor und während dem ersten Weltkrieg mag und mehr über den Irakkrieg wissen wollte, bekommt mit diesem Buch auf jeden Fall einen guten Eindruck.

Bewertung vom 27.09.2024
Mrs Potts' Mordclub und der tote Bürgermeister / Mord ist Potts' Hobby Bd.3 (2 MP3-CDs)
Thorogood, Robert

Mrs Potts' Mordclub und der tote Bürgermeister / Mord ist Potts' Hobby Bd.3 (2 MP3-CDs)


ausgezeichnet

Ein guter Mensch

Eigentlich hat Suzie nur an der Sitzung des Bauausschusses von Marlow teilgenommen, weil sie einen Unterstützer für einen Antrag sucht, da kippt Bürgermeister Geoffrey Lushington nach den ersten Schluck seines Kaffees tot vom Stuhl. Alles sieht nach einer Vergiftung aus. Während die anderen den Rettungsdienst und die Polizei anrufen, informiert Suzie ihre Freundinnen Judith und Becks – schließlich war sie live bei einem Mord dabei, also will sie ihn auch mit ihnen aufklären. DI Tannika Malik geht den Weg des geringsten Widerstandes und ernennt sie offiziell zu zivilen Beraterinnen. „Wir stehen also wieder am gleichen Punkt, meine Damen. Sie wollen ermitteln. Zu dritt. Zum dritten Mal.“ Ausgestattet mit entsprechenden Ausweisen stellt der Marlow Murder Club Untersuchungen unter den Mitgliedern des Bauausschusses an. Doch alle schwärmen davon, was für ein guter, selbstloser und hilfsbereiter Mensch Jeffrey war. Warum musste er dann sterben?!

Ich mag alten Ladys mit ihren Schrullen und Eigenheiten, die trotz ihrer Unterschiede beste Freundinnen und gute Ermittlerinnen sind. Judith prescht zwar gern mal vor, behält aber immer den Überblick und sieht wie bei ihren Kreuzworträtseln, wenn irgendwo etwas nicht aufgeht. Für sie wird dieser Fall sehr persönlich. Einer der Beteiligten erinnert sie an ihre eigene Situation und zeigt ihr auf, dass sie ihr Leben ändern sollte. Außerdem meldet sich ein alter Schulfreund bei ihr und will sie wiedersehen – sie ihn aber nicht.
Suzie kennt alles und jeden und immer die neuesten (oder alten) Gerüchte. Außerdem lässt sie sich nicht so leicht abschrecken oder abwimmeln – entschuldigen kann sie sich zur Not hinterher immer noch.
Becks ist sehr vorsichtig und versucht ihre Freundinnen (meist erfolglos) zu bremsen. Aber diesmal nimmt sie jede Chance wahr, ihrer Schwiegermutter zu entkommen, die sich einfach bei ihnen einquartiert hat und anscheinend nicht mehr gehen will.

Auch der dritte Band der Reihe von Robert Thorogood hat mir wieder ausgesprochen gut gefallen. Obwohl sich zu Beginn kein Motiv finden lässt, stoßen die drei Ladys bei ihren Nachforschungen dann doch auf einige Geheimnis der Ausschussmitglieder, die einen Mord rechtfertigen würde. Aber durch die stichfesten Alibis der Verdächtigen bleibt es bis zum Schluss spannend.
Außerdem gefällt mir der leise Humor der Reihe. Und die Sprecherin Christine Prayon konnte mich wieder mit ihrer Interpretation der verschiedenen Charaktere überzeugen.

Bewertung vom 21.09.2024
Prost, auf Brunngries
Kalpenstein, Friedrich

Prost, auf Brunngries


ausgezeichnet

Operation Jaguar

„Jetzt, wo ich es mir so recht überlege, sollte man mal hinterfragen, ob auf dem KRAUSE ein Fluch liegt.“ (S. 202 / 203) Am Morgen nach der feuchtfröhlichen Feier zu Felix Finks Beförderung zum Polizeihauptmeister wundert sich Hauptkommissar Constantin Tischler, dass sein Jaguar, den er gestern vorm KRAUSE stehengelassen hatte, vor seiner Haustür parkt. Außerdem scheint das Auto in einen Unfall verwickelt gewesen zu sein, sein Autoschlüssel steckt im Zündschloss und das Wageninnere ist verschmutzt, obwohl er es erst gereinigt hatte. Aufgrund des Restalkohols kann Tischler nicht klar denken, setzt sich in den Wagen und vernichtet dabei eventuelle Spuren. Doch das Schlimmste kommt noch. Am gleichen Morgen wird in einem Straßengraben in Richtung Traunstein eine weibliche Leiche gefunden. Tischler erkennt sie sofort wieder: Katja Brendel war am Vorabend ebenfalls im KRAUSE, zudem waren sie zusammen auf der Polizeischule. Als an ihrer Kleidung Spuren vom roten Lack seines Jaguars gefunden werden, suspendiert Polizeioberrat Schwenk Tischler und überträgt Fink den Fall.

Tischler hat diesmal ein ganz schlechtes Karma. Sein heißgeliebtes Auto ist kaputt, er ist der einzige Verdächtige und dann „erwischt“ ihn Britta, der er nichts von alldem erzählt hat, in einer leicht missverständlichen Situation mit einer ehemaligen Kollegin aus München.
Dafür läuft es für Fink richtig gut. Er darf zu ersten Mal die Ermittlungen zu einem Mordfall leiten. Natürlich mischt sich Tischler trotzdem ein und unterstützt ihn tatkräftig. Denn: „Wie sollen wir den Fall denn mit der T-U-F-Methode lösen, wenn das T fehlt?“ (S. 310) Sie untersuchen Katjas Umfeld und entdecken, dass sie sich bei ihrer Arbeit in einer Sicherheitsfirma nicht nur Freunde gemacht hat. Vor allem als Türsteherin einer Disko hat sie sich gern mit den Gästen angelegt und ist dabei schnell handgreiflich geworden.

Auch der 10. Teil der Reihe von Friedrich Kalpenstein hat mich wieder sehr gut unterhalten und bis zum Ende miträtseln lassen. Fink dreht diesmal richtig auf und gibt Tischler und Schwenk ordentlich Kontra. So langsam mausert er sich und macht seinen Chefs echt Konkurrenz. Wenn er sich jetzt noch von den Trachtenjankern trennt, steht der ganz großen Karriere sicher nichts mehr im Weg. Im Weg steht sich dafür Tischler selbst. Erst steigt er in sein eindeutig kaputtes Auto, dann weiht er Britta nicht ein und verschweigt er ihr seine Münchner Kollegin. Kein Wunder, dass es da zu Missverständnissen kommt.

Auch sonst ist in Brunngries ist wieder jede Menge los. Im KRAUSE gibt es jetzt Gästezimmer und eine weibliche Mieterin fällt aus dem Rahmen. Zudem leistet sich Steiner, Tischlers Schrauber mit der schon lange nicht mehr weißen Weste, ein ordentliches Ding. Ich bin schon sehr gespannt, was als nächstes in Brunngries passiert, denn langweilig wird es dort nie. 5 Sterne für diese unterhaltsame Cosy Crime.

Bewertung vom 19.09.2024
Das Geheimnis der Venus
Rosenberger, Pia

Das Geheimnis der Venus


sehr gut

Der Tanz des Todes

„Wie gerne würde sie bleiben. Das Kloster war der beste Platz für eine gelehrte Frau wie sie.“ (S. 12)
Frühling 1482: Mira (Semiramide d’Appiano d’Aragona) hat 4 Jahre in einem Kloster gelebt, um sich vom Pazzi-Attentat auf die Medicis erholen, bei dem sie verletzt wurde und ihren Verlobten verlor. Im Kloster hat man ihr Zeichentalent entdeckt und sie als Illustratorin ausgebildet. Vor allem Pflanzen haben es ihr angetan. Sie würde gern im Kloster bleiben, aber als Prinzessin hat sie sich dem Willen der Familie zu beugen und Enzo, einen Cousin von Lorenzo de Medici heiraten. Bis zur Hochzeit wird sie in Lorenzos Haushalt aufgenommen. Enzo scheint sich nicht für sie zu interessieren, aber auch er muss sich Lorenzos Willen beugen.
Als Mira hört, dass Botticelli für sein neues Gemälde „Primavera“, das in ihrem zukünftigem Haus hängen wird, Anregungen für die Pflanzen sucht, bietet sie ihre Dienste an. Dabei wird sie gebeten, für eine der drei tanzenden Grazien Model zu stehen, weil das dafür vorgesehene Mädchen nicht gekommen ist. Sie muss ausgerechnet mit Riccardo posieren, einer von Lorenzos Wachen, den sie eh schon anziehend findet. Und dann wird das vermisste Mädchen ermordet aufgefunden ...

Pia Rosenbergers „Das Geheimnis der Venus“ ist ein sehr komplexer, hervorragend recherchierter historischer Roman zu Botticellis berühmten Gemälde, gepaart mit einem spannenden Kriminalfall, in den alle Protagonisten irgendwie verstrickt zu sein scheinen.
Da ist zum eine Mira, eine starke, selbständige, kluge, neugierige, junge Frau, die sich dem Willen der Familie zwar in Bezug auf ihr Leben und ihre Ehe beugt, sich aber auch auf die Suche nach den verschwundenen Modellen macht (es bleibt nicht bei dem ersten) und dadurch mehrfach in Lebensgefahr gerät.
Ihr Bräutigam Enzo wirkt farblos und uninteressiert, gehorcht scheinbar ohne Widerspruch in allem seinem Cousin, verfolgt insgeheim aber eigene Pläne. Auch er will die Hochzeit eigentlich nicht.
Sein bester Freund Riccardo ist in Mira verliebt (und sie in ihn), würde ihm aber nie die Frau ausspannen, zumal er weit unter ihren Stand steht.
Lorenzo de Medici ist erst 33, herrscht aber mit eiserner Hand über die Familie und die Stadt, sein Wort ist Gesetz. Er will unbedingt wissen, wer in das Pazzi-Attentat verwickelt war und hofft vergebens, dass Mira sich endlich erinnert. Mira vermutet, dass er sie auch als Lockvogel aus dem Kloster geholt hat, um die Attentäter von damals aufzuscheuchen.

Dann ist da dieses Gemälde voller Deutungsmöglichkeiten. Stellt es den Frühling dar, die Stadt Florenz oder ist es ein Hinweis auf Enzos Hochzeit mit Mira? Und nicht zuletzt verschwinden die jungen Frauen, die dafür Modell stehen, und tauchen zum Teil tot wieder auf. Will jemand das Gemälde verhindern oder sind das nur Zufälle?

Neben der darauf abgebildeten Venus gibt es auch noch eine echte aus Fleisch und Blut, der Mira mehrfach begegnet und die sich in ihr Leben einzumischen scheint. Was bezweckt sie damit?

Mir hat Pia Rosenbergers Buch gut gefallen, ich hätte mir aber aufgrund der vielen Protagonisten ein Personenregister gewünscht.

Bewertung vom 18.09.2024
Vorsicht, unser Schulleiter ist ein Vampir! / Mirella Manusch Bd.3
Barns, Anne;Below, Christin-Marie

Vorsicht, unser Schulleiter ist ein Vampir! / Mirella Manusch Bd.3


ausgezeichnet

Zauberhafte Geheimnisse

Kaum hat sich Mirella an ihren ersten Vampirzahn gewöhnt, wächst ihr auch schon ein zweiter. Das ist extrem ungewöhnlich, weil der nämlich eigentlich erst in ihrem 12. Lebensjahr herauskommen sollte, weist aber auch darauf hin, dass sie später wahrscheinlich ganz besondere Kräfte haben wird. Diese muss sie ausbilden und beherrschen lernen. Dafür soll sie in Zukunft, genau wie ihr Vampirfreund Manolo, in den Ferien eine besondere Schule für magische Wesen besuchen, für die sie noch zu jung ist. Es sei denn, sie besteht magische 3 Prüfungen …

Auch der dritte Band der Reihe ist wieder zauberhaft und voller Geheimnisse. Zum ersten Mal darf Mirella ihre Freundin Klara nicht einweihen, denn der zweite Vampirzahn soll geheim bleiben. Doch wie lange können Mirella und ihre Mutter noch vor ihrem Vater verbergen, dass sie eine Vampirin ist? Spätestens, wenn sie die Schule für magische Wesen besucht, müssen sie ihn einweihen. Und auch Mirellas Kater Lancelot hat ein süßes Geheimnis, das Mirella und ihre Freunde allerding bald aufdecken.

Mirella ist aufgeregt, als sie ihren zweiten Vampirzahn entdeckt und von der damit verbunden Verantwortung erfährt. Extra wegen ihr wird der große Vampirrat einberufen, denn nicht alle sind für ihre vorgezogene Ausbildung an der geheimen Schule. Mirella hat Angst, dass sie bei den Prüfungen versagt, denn Lancelot und Manolo dürfen ihr diesmal kaum helfen. Zum Glück wird sie von Tante Elly und ihrer Mama bestärkt, an sich selbst und ihre Fähigkeiten zu glauben. Aber ob sie es wirklich schafft, alle Aufgaben zu lösen, verrate ich hier natürlich nicht. Dafür müsst Ihr das Buch schon selber lesen, dann erfahrt ihr auch, wer Rubinchen und Aleksander von Schreck sind 😉 …

Die beiden Autorinnen Anne Barns und Christin-Marie Below sind ein tolles Mutter-Tochter-Duo und für mich das Vorbild für Mirella und ihre Mama. Sie erzählen wieder eine wunderbare Geschichte über Freundschaft und Erwachsenwerden, wie es ist Geheimnisse zu haben und zu teilen, und dass man immer an sich selber glauben sollte.
Unbedingt erwähnen möchte ich wieder die zauberhaften Illustrationen von Anastasia Braun, die die Handlung wunderschön in Szene setzen.