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Benutzername: 
smartie11
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In Niedersachsen
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 911 Bewertungen
Bewertung vom 06.12.2024
Flavorama
Johnson, Arielle

Flavorama


sehr gut

Ein faszinierendes Sachbuch mit anschaulichen Erklärungen

„Gutes Kochen ist organisiertes Chaos, und ein Koch reagiert stündlich auf wechselnde Bedingungen und Zutaten.“ (S. x)

Meine Meinung:
Dr. Arielle Johnson kommt aus der Wissenschaft, lehrt an der Harvard University, ist Mitbegründerin des Fermentationslabors NOMA und berät einige der besten Köche und Restaurants der Welt.
So verwundert es auch nicht, dass „flavorama“ in allererster Linie ein Sachbuch ist, auch wenn es gleich 99 Rezepte mitbringt, die an den passenden Stellen im Text eingebunden, ja nahezu versteckt sind. Keine Bilder, keine Zutatenlisten und kein „Drumherum“. Aber wie gesagt: Dies hier ist ein Sachbuch, dass zur Abrundung auch passende Rezepte enthält. Dessen sollte man sich vorher bewusst sein, um ggf. Enttäuschungen zu vermeiden.

Hat man sich aber auf das Thema eingelassen und fängt an zu lesen, wird man von Arielle Johnson mit staunenden Augen durch die Welt der Aromen, Geschmäcker und Moleküle geleitet. Auf dieser „Reise“ gibt es für Nicht-Fachleute wie mich unglaublich viel zu Entdecken und zu Lernen. Hier ein paar wenige Beispiele von ganz, ganz vielen mir neuen Erkenntnisse:
• Unser Riechvermögen ist nahezu unvorstellbar groß in seiner Flexibilität!
• Schokolade besitzt um ein Vielfaches mehr Geruchsmoleküle als z.B. Koriander!
• Die Geschmacksausprägung Umami stammt aus einer Aminosäure (Glutamat) und hier gilt 1 + 1 = 8 (der „Umami-Synergieeffekt“)!
• Der faszinierend prickelnde Szechuan-Pfeffer verdankt seine speziellen Eigenschaften einem chemischen Stoff namens Hydroxy-aSanshool (und ist mit 26.000 SHU deutlich weniger scharf ist als z.B. schwarzer Pfeffer mit 100.000 SHU oder der SHU-Spitzenreiter Capsaicin mit 16 Millionen SHU)
Ich könnte jetzt noch seitenweise weitere Erkenntnisse auflisten, aber das würde hier zu weit führen. Klar ist aber, dass dieses Buch extrem viele Informationen und auch viel Wissenschaft mit sich bringt. Entsprechen ist das auch kein Buch „für zwischendurch“. Das muss man wissen und sollte man mögen! Doch wenn man sich darauf einlässt, erfährt man unglaublich viel über das Thema Geschmack und so ist es auch kein Wunder, dass Sterneköche rund um die Welt auf dieses Wissen zurückgreifen, um ihren Gerichten den besonderen Geschmacks-Kick zu verpassen.

Trotzdem finde ich es etwas schade, dass die Rezepte optisch im Buch untergehen und auch nicht über das ansonsten sehr ausführliche Register am Ende des Buches auffindbar sind. Ein zusätzliches Rezeptregister würde das Buch in meinen Augen noch perfekt ergänzen, denn unter den 99 Rezepten verstecken sich in meinen Augen wirklich „kleine Perlen“, wie z.B. die „Salzige Kreuzkümmel-Fenchel-Limetten-Limonade“ oder auch die „Zimt-Limetten-Butter“.

FAZIT:
Ein sehr umfangreiches und erstaunliches Sachbuch, nicht nur für Sterne-Köche!

Bewertung vom 28.11.2024
London MM-City Reiseführer Michael Müller Verlag
Nestmeyer, Ralf

London MM-City Reiseführer Michael Müller Verlag


ausgezeichnet

Der perfekte Reisevorbereiter und -begleiter

Wir planen derzeit einen mehrtägigen Trip nach London nächstes Jahr und waren auf der Suche nach guten Inspirationsquellen dafür. Mit Ralf Nestmeyers Reiseführer sind wir definitiv fündig geworden!
Die Umschlaginnenseiten bieten eine Übersichtskarte der Londoner Innenstadt mit den wichtigsten Sehenswürdigkeiten (gut, das bieten die meisten Reiseführer), aber auf der hinteren Umschlaginnenseite ist der Netzplan der Londoner U-Bahn abgedruckt und das finde ich schon extrem praktisch. Dazu kommt noch ein ausfaltbarer Stadtplan, der den wichtigsten Bereich abdeckt. Sehr gute Grundausstattung also.

Der Reiseführer beginnt mit zwölf Seiten „Orientiert in London“, auf denen der Autor uns einen ersten kurzen & knackigen Überblick über die Stadt und die Hauptsehenswürdigkeiten sowie Tipps zum Essengehen, Ausgehen und Shopping gibt. Danach hat man auf jeden Fall schon eine gehörige Portion Fernweh nach London und die ersten konkreten Ideen für die eigene „London-Bucketlist“.

Das Herzstück des Reiseführers sind aber unbestritten die von Nestmeyer ausgearbeiteten 18 Touren durch London, die jeweils sehr ausführlich beschrieben und bebildert sind und Vorstellungen aller wichtigen Sehenswürdigkeiten auf der Route beinhalten. Zu jeder Route gibt es auch einen entsprechenden Kartenausschnitt (mit Markierung des Start- und Endpunkts) und nahegelegene Gastro- und Shoppingtipps. Entfernungsangaben fehlen zwar, aber alle Routen sind von den Entfernungen recht kurzgehalten und damit zurecht auch als „Spaziergänge“ tituliert, so dass man seine Urlaubszeit mit dem Bestaunen der vielen Sehenswürdigkeiten verbringen kann, anstatt viel Zeit darauf zu verwenden, von A nach B zu kommen.

Dazu gibt es noch vier Ausflugsvorschläge in die Umgebung von London, auch wenn diese mehr zu bieten hat als nur diese vier Ziele. Da der Reiseführer aber nun mal den Fokus auf London legt (was allein ja schon mehr als genug Interessantes zu bieten hat!), empfinde ich die vier Tipps als nettes „add-on“, wenn man genug Reisezeit zur Verfügung hat und den Trubel der Londoner City mal hinter sich lassen möchte.

Im letzten Drittel des Reiseführers findet mal alles an Informationen, was man wissen muss, von der Anreise über Geschichte & Kultur bis hin zu einem Veranstaltungskalender und einem kleinen Speisenlexikon – und sogar Literaturtipps gibt es hier! Wirklich umfangreich und hilfreich. So bleibt (zumindest bei mir) keine Frage offen! 😊

Ein tolles Zusatz-Gimmick ist die „Mmtravel“- App, für die sich ein Freischaltcode im Buch befindet, der einem den Zugang zum Online-Reiseführer für 12 Monate bietet. Das habe ich allerdings noch nicht ausprobiert, da ich es erst kurz vor Reiseantritt freischalten werde.

FAZIT:
Voller praktischer Tipps und Ideen, mitunter auch abseits der ausgetretenen Touristenpfade.

Bewertung vom 28.11.2024
Die 13 Tode der Lulabelle Rock
Woolf, Maud

Die 13 Tode der Lulabelle Rock


sehr gut

Killing Portraits in Bubble City – von Tarantino zur Philosophie

„Ich bin der Tod. Ich bin die dreizehnte Karte.“ (S. 323)

Meine Meinung:
Ich finde es ganz geschickt gemacht von Maud Woolf, dass wir genauso unvermittelt in die Geschichte hineinkatapultiert werden wie „Lula13“ selbst, die sich nur wenige Minuten nach ihrer „Geburt“ auf der Terrasse mit Lulabelle Rock wiederfindet und ihren Tarantino-artigen Auftrag bekommt, ihre zwölf Vorgängerinnen auszuschalten.

Gemeinsam mit „Lula13“ beginnen wir, die Zukunfts-Welt um sie herum zu entdecken und zu hinterfragen, immer in dem Versuch, die Zusammenhänge verstehen zu wollen. Zunächst ergibt sie sich bereitwillig ihrem Schicksal und dem Auftrag, der ihr Lebenswerk sein soll. Doch mit jeder neuen zwischenmenschlichen Begegnung, mit jeder Konversation und mit jeder ihrer Handlungen, fängt Lula13 an, sich selbst zu entwickeln und weiter zu denken.

Lula13 auf ihrer „Reise“ zu begleiten, ist spannend zu lesen. Was sich zu Beginn noch wie ein klassischer Tarantino- oder Guy Ritchie-Plot liest, entwickelt dabei nach und nach eine ganz eigene Erzähl- und Denkweise, die uns zusammen mir der Protagonistin hin zu ethischen und philosophischen Fragen führt. Schon bald weicht die Autorin von der zunächst gradlinigen Storyline ab und schlägt die ersten überraschenden Haken und präsentiert uns zum Schluss ein Ende, dass ich so nicht erwartet hätte, dass aber einen legitimen Punkt hinter diese Geschichte setzt und mir persönlich gut gefallen hat.

FAZIT:
Eine Killer-Story mit But und Tiefgang.

Bewertung vom 22.11.2024
Süß, vegan und glücklich
Covelli, Anna

Süß, vegan und glücklich


ausgezeichnet

Süße Leckereien mit gutem Gewissen

„In diesem Buch erfährst du alle Geheimnisse der veganen, glutenfreien und zuckerbewussten Welt.“ (S.7)

Meine Meinung:
Anna Covelli, vegane Ernährungstrainerin und Achtsamkeitscoach, verspricht uns in diesem Buch Rezepte aus einfachen Zutaten, die zugleich leicht umsetzbar, vielfältig und kreativ sind. Schauen wir mal, ob das zutrifft…

Sehr gut gefällt es mir, dass Anna Covelli zunächst übersichtlich und gut aufbereitet ein paar Basics präsentiert, etwa zu einigen besonderen Gewürzen (ich wusste noch gar nicht, dass Tonkabohnen in zu großen Mengen halluzinogen wirken!) oder auch - besonders wichtig - zu guten Industriezucker-Alternativen zum Süßen von Speisen, wie z.B. Apfeldicksaft oder Kokosblütenzucker. Auch Ei- und Milchersatzmöglichkeiten sowie eine Übersicht über glutenfreie Mehle finden sich hier – und damit tatsächlich die wichtigsten Basics, die man für „süß, vegan und glutenfrei“ braucht. Viele hilfreiche, kleine Tipps waren mir noch neu, z.B. wie man das Versinken von Obst im Teig verhindert oder dass man glutenfreie Teige nicht zu lange rühren darf. Alles in allem also ein sehr gelungener, rund 40-seitiger „Theorie-Teil“.

Der Rezeptteil teilt sich dann in die Kategorien Basics, Kuchen, Muffins & Brownies, Pralinen, Riegel, Desserts und Kekse auf – eine große Vielfalt also und alles, was das „süße Herz“ begehrt! Die Präsentation der einzelnen Rezepte finde ich extrem gut gelungen: sehr übersichtlich vom Layout, eine dank Piktogramm sofort ins Auge fallende Zeitangabe und leicht verständliche und recht groß gedruckte Zubereitungsanweisungen. Nur die Angabe der Nähr- und Brennwerte fehlt, aber das will man ja gerade bei Süßem auch gar nicht immer wissen… 😉

Die meisten Rezepte kommen tatsächlich mit einer übersichtlichen Zahl von Zutaten aus, die man in der Regel auch alle im gut sortierten Vollsortiment-Super- und / oder Biomarkt bekommt.

Also aus meiner Sicht: Versprechen voll und ganz gehalten!

FAZIT:
Ein sehr vielfältiges, gut gestaltetes Kochbuch mit wirklich tollen Rezepten

Bewertung vom 22.11.2024
Minus 22 Grad
Peck, Quentin

Minus 22 Grad


ausgezeichnet

Der Schrei der Schneeflocken - ein packender Thriller mit überraschenden Wendungen

„Es gibt keine Schutzengel. Keinen Gott. Nichts von alledem. Wir sind allein. Das Leben ist ein Betrug. Es kennt keine Gerechtigkeit, weder bei Strafe noch bei Belohnung. Es besitzt keine tiefere Bedeutung - nur die, die wir ihm selbst beimessen. Sonst nichts.“ (S. 90)

Meine Meinung:
Autor Quentin Peck fackelt nicht lange. Bereits auf den allerersten Seiten beschert er uns eine waschechte und packend Thrillerhandlung. Doch nicht genug, dass wir atemlos dem rätselhaften Schicksal Lauras folgen, nein. Denn in einem zweiten Handlungsstrang präsentiert uns Peck weitere Gänsehaut-Momente und Fragen, die es zu lösen gilt. Was für ein furioser Thriller-Auftakt!

Wenige Seiten genügen schon, uns an die Storyline dieses Thrillers zu fesseln, und einmal in den Sog der Geschichte geraten, lässt sie uns auch bis zur allerletzten Seite nicht mehr los. Auf dem Weg zum Finale überrascht uns Quentin Peck mit mehr als einem geschickten Plot-Twist, lässt uns staunen und stellenweise schockiert die Augen aufreißen. Das Ende dann ist in sich rund, der Kreis schließt sich. Es bleiben keine wesentlichen Fragen übrig, nur vielleicht die eine, ob es so kommen musste wie es kam. Für mich ist es der einzig passende Schluss für diese außergewöhnliche Story, die auf den letzten zwei Seiten mit einem ganz besonderen Cliff-Hanger überrascht. Ein Versprechen auf Band zwei? Es würde mich freuen!

Neben seiner raffinierten und schockierenden Story, besticht „Minus 22 Grad“ aber auch durch seine starken und außergewöhnlichen Charaktere mit all ihren Geheimnissen sowie auch durch das Aufwerfen ethischer Grundfragen. So geht es in dieser Geschichte nicht nur um einen waschechten Gänsehaut-Thrill, sondern auch um Schuld, um Mitgefühl und um Grenzen, die der Autor hier geschickt verwischt und damit die Perspektive seiner Leser verändert.

Last but not least muss ich sagen, dass mir die Schauplätze dieser Geschichte und deren intensive, hoch atmosphärische Beschreibung wahnsinnig gut gefallen haben. Alles in allem ein absolut überzeugender Thriller, der sich nicht hinter den Werken der großen internationalen Namen wie Jo Nesbø, Sebastian Fitzek oder auch Karin Slaughter verstecken muss.

FAZIT:
Ein ganz starker Thriller auf internationalem Top-Niveau.

Bewertung vom 08.11.2024
Tage einer Hexe
Dimova, Genoveva

Tage einer Hexe


ausgezeichnet

Großartige Urban-Fantasy – ein Highlight 2024

„Der Boden war von Staub bedeckt, Spinnfäden hingen von den Balken. Der Wind pfiff im Kamin, klopfte an die Fenster und schlug mit den Türen. Die Wände stöhnten, die Dielen ächzten, das Dach seufzte. Es schien, als wäre des Haus lebendig, aber nicht mehr lange.“ (S. 159)

Meine Meinung:
Chernograd und Belograd – zwei Hälften einer Stadt, geteilt durch eine magische, nahezu undurchdringliche Mauer. Während das reiche Belograd feiernd und fröhlich das neue Jahr begrüßt, brechen auf der anderen Seite der Mauer in Chernograd die „Schmutzigen Tage“ an. Zwölf Tage, in denen die Welt der Monster sich mit Chernograd überlappt. Upire, Varkolaks, Samodiven und weitere Schreckgestalten machen die Straßen unsicher. Doch das größte Monster von allen ist der Zmey, der Zar der Monster. Und er ist auf der Suche nach Kosara, einer ganz besonderen Hexe…

Diese großartige Geschichte zieht einen mit ihrer düsteren Atmosphäre von der ersten Seite an ganz in ihren Bann. Es ist schmutzig, dunkel und gefährlich in Chernograd. Die Charaktere sind rau, die Stimmung gedrückt und über allen schwebt das Risiko, die nächsten zwölf Tage nicht zu überleben. Also alles so, wie jedes Jahr nach Sylvester. Das größte Risiko von allen hat aber wohl Kosara, seit sie den Zmey vor Jahren wütend gemacht hat. So RICHTIG wütend.

Kosara - ein klassischer Underdog - ist eine ganz, ganz wunderbare Figur. Sie trägt ihr Herz auf der Zunge („Erst denken, dann reden. Würde sie das jemals lernen?“ – S. 359), ihr Schicksal mit viel Geduld und hat ihre ganz eigenen „Dämonen“ im Schlafzimmer nebenan. Ich mochte sie von der allerersten Seite an, und mit jeder weiteren Seite wurde sie mir noch sympathischer. Sehr tapfer stellt sie sich ihrem Schicksal und schreckt auch vor der aussichtslosesten Aufgabe nicht zurück. Umso mehr hat es mich gefreut, als ihr Autorin Genoveva Dimova einen wunderbar passenden Sidekick spendiert hat, den smarten & klettenartigen, aber auch undurchsichtigen Inspektor Asen Bacharow von der Belograder Polizei. Ein großartiges Gespann mit Überraschungspotenzial!

Fassen wir zusammen: Ein cooles Setting, eine extrem packende Atmosphäre, eine großartige Geschichte und wunderbare Figuren. Als wenn das allein nicht schon genug wäre für 5 Sterne, hat mich Genoveva Dimova auch noch mit ihrer Schreibweise vollkommen begeistert. Schnoddrig-frech und immer wieder (Galgen-)humorvoll lesen sich ihre Zeilen. Dazu kommt noch das Geschick der Autorin für überraschende und oftmals auch witzige Szenen, wie etwa das Erscheinen des Karakonjul in der Kirche (einfach großartig!) oder auch der unerwartete Auftritt der Küchenfee vor dem Palast des Zmey (was für eine genial-skurrile Situationskomik, die auf den ersten Blick dermaßen unpassend erscheint, dass sie doch schon wieder perfekt ins Bild passt).

FAZIT:
Für mich ein absolutes Lesehighlight 2024 - bitte mehr davon, viel mehr!

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.10.2024
Prost, auf Brunngries
Kalpenstein, Friedrich

Prost, auf Brunngries


ausgezeichnet

Operation Jaguar - der Jubiläumsfall

„So ein Affenzirkus! Mein Jaguar ist in einen Mordfall verwickelt. Okay. Ich wurde vom Dienst suspendiert… damit kann ich auch noch umgehen. Was mich aber wirklich langsam schafft, ist das ganze Drumherum.“ (S. 226)

Meine Meinung:
Der zehnte Fall für Tischler und Fink - und gleichzeitig auch der mit Abstand Persönlichste für Hauptkommissar Tischler. Nachdem in „Prost auf die Singles“ (Fall Nr. 5) unser lieber Fink in den Ermittlungsfokus geraten war, findet sich nun Constantin Tischler selbst im Mittelpunkt der Ermittlungen wieder…

Auch dieser Fall folgt dem bewährten Muster: Bereits auf Seite 23 heißt es: „Wir haben eine Leiche!“ und es entspinnt sich ab dort ein solides who-dun-it-Geflecht mit diversen verdächtigen Personen und so mancher Finte. Dass Tischler nach einem feucht-fröhlichen Abend im KRAUSE selbst dabei einen kleinen Filmriss hat, macht das Ganze natürlich umso spannender. So lässt es sich einmal mehr ganz hervorragend mitermitteln und Theorien aufstellen und wieder verwerfen, bis am Schluss wieder einmal eine passende und nachvollziehbare Auflösung präsentiert wird. Ein grundsolider Kriminalfall mit gewohnt charmantem Lokalkolorit und viel Humor, sei es, wie Fink mit Hüftschwung auf die Tanzfläche schwebt und das Ganze dann in einer kleinen Disco-Odyssee endet, oder auch Luises Zwerchfell-erschütternder Bericht über eine Nahtoderfahrung bei Fleischsommelier Parkers Grillkurs. Lächeln, grinsen, lachen - gehört bei dieser Reihe einfach alles mit dazu!

Natürlich dürfen im Jubiläumsband auch die anderen „liebgewonnenen“ Charaktere nicht fehlen, allen voran natürlich Cover-Girl Resi und ihr Besitzer Ferstel, aber auch der windige, aber dennoch sympathische Schrauber Steiner (der natürlich wieder einmal negativ auffällt) oder auch das infernalische Duo Tereza & Nori. Dazu beschert uns Friedrich Kalpenstein noch ein paar neue, sehr vielversprechende Charaktere, bei denen natürlich vor allem Tischlers Ex-Kollegin Anne Reusch eine extrem gute Figur macht. Aber auch Ingo, neuer Florist im Ort, wird in Zukunft bestimmt für den ein oder anderen Farbtupfer in Brunngries sorgen und mit seiner nicht ganz so konservativ-urbayerischen Art sicherlich das Potenzial bieten, das beschauliche chiemgauer Örtchen ein bisschen „aufzumischen“.

FAZIT:
Prost, auf die nächsten zehn Bände - ich freu´ mich drauf!

Bewertung vom 23.10.2024
Verborgene Fabelwesen der Meere
Schäfer, Florian

Verborgene Fabelwesen der Meere


ausgezeichnet

Operation Bathys - nach dem großartigen ersten Band eine herausragende Fortsetzung

„Was auch immer sie in den Geschichtsbüchern gelesen haben mögen, wir waren damals die ersten, die den Grund des Meeres erreichten.“ (S. 4)

Meine Meinung:
Dies ist der zweite Band nach dem ebenfalls großartigen und uneingeschränkt empfehlenswerten Buch „Fast verschwundene Fabelwesen“, dessen Kenntnis aber keine Voraussetzung ist, um dieses Buch genießen zu können.

Auch hier wird eine fiktive Expeditionsreise des Forschers Konstantin O. Boldt geschildert und das Buch ist wieder im Stil eines Expeditionstagebuchs gehalten. Die über 200 Seiten bescheren uns erneut zahlreiche Bilder, Skizzen, Illustrationen, Briefe, Kartenausschnitte und Pressenotizen. Das Umblättern jeder einzelnen Seite dieses Buches wird hierdurch wieder zu einem eigenen kleinen Abenteuer, denn man ist jedes einzelne Mal gespannt, welch phantastisches Artwork einen auf der nächsten Doppelseite erwartet. Allein das Betrachten und Staunen macht hier unglaublich viel Spaß! Illustratorin Elif Siebenpfeiffer hat hier erneut eine ganz großartige Arbeit abgeliefert.

Auch wenn man sich nach dem ersten Aufschlagen des Buches sogleich in der Betrachtung der Seiten verlieren kann, zieht einen Florian Schäfers Geschichte ebenso von der ersten Seite an voll und ganz in ihren Bann. Selbst die Rekrutierung der Expeditionsteilnehmer liest sich abenteuerlich und die Vorstellung der Nautilus (samt „Bauplänen“!) auf den ausklappbaren Seiten gibt uns schnell einen Vorgeschmack darauf, welch unglaubliche „Expedition“ uns hier bevorsteht. Im Folgenden treffen wir dann auch auf Seejungfern, Seebischöfe, Serras, Riesenkraken und allerlei weitere Wunderwesen der Meere. Selbst ein Geisterschiff darf bei einem richtigen Expeditionsabenteuer auf See natürlich nicht fehlen! Verrat und Verlust, Überraschungen und Enttäuschungen machen diese Geschichte zu einem wahrlich besonderen Abenteuer, das zu erlesen unglaublichen Spaß macht.

Ich bin einfach nur voll & ganz und restlos begeistert von diesem Buch und kann es jedem neugierigen und fantasielebenden Lesenden nur aus vollem Herzen empfehlen!

FAZIT:
Zusammen mit dem Vorgängerband für mich definitiv eine der allerbesten Neuerscheinungen der letzten 12 Monate!

Bewertung vom 22.10.2024
Villa Obscura
Hill, Melissa C.;Stapor, Anja

Villa Obscura


ausgezeichnet

Die Legende der Blutfürstin – eine fesselnde Story voller überraschender Wendungen

„Dieses tiefschwarze Puzzleteil wird ihn sein ganzes Leben lang begleiten und auf die farbenfrohen Teile ausstrahlen, die er danebenlegt.“ (E-Book, S. 187)

Meine Meinung:
Der Harz, Schauplatz zahlreicher Sagen, Mythen und Legenden. Eine altehrfürchtige und leicht heruntergekommene Villa, in der sich vor mehr als 100 Jahren eine schreckliche Familientragödie ereignet haben soll. Eine Halloween-Party, auf der sich die schillernde Gastgeberin selbst nicht blicken lässt. Zwei anonyme Geiselnehmer und sechs Geiseln…

Schon das Setting und die Stimmung, die dieses Buch bereits auf den ersten Seiten versprüht, bescheren einem eine Gänsehaut. In kurzer Folge lernen wir die sechs Protagonisten dieser Geschichte kennen, die alle anscheinend selbst ein wohlgehütetes Geheimnis in sich tragen. So schnell, wie die Party in Gang kommt, so schnell und abrupt wird sie auch wieder beendet und für die sechs Jugendlichen, die sich in der Gewalt von Geiselnehmern wiederfinden, beginnt ein wahrer Albtraum.

Wahnsinnig schnell zieht einen dieser Thriller in seinen Bann. Düster und rätselhaft geht es zu. Das am Anfang noch indifferente ungute Bauchgefühl wächst sich rasch zu einer realen Bedrohung aus und wir als Lesende rätseln genauso wie die sechs Teenager, was das alles zu bedeuten hat. Fragen über Fragen türmen sich auf, doch anstelle von Antworten servieren uns die beiden Autorinnen eine überraschende Wendung nach der anderen und erschüttern dadurch alle bis dato aufkeimenden Theorien in ihren Grundfesten und definieren die Spielregeln neu.

So entwickelt diese Geschichte einen Sog beim Lesen, dem man sich kaum mehr entziehen kann und den ich bislang selten erlebt habe. Seite um Seite fliegt beim Lesen atemlos dahin, während wir dem großen Finale entgegenfiebern, für das sich die Autorinnen ebenfalls ein ausgefallenes Setting mit hoher Dramatik und einem guten Schuss Action erdacht haben. So bleibt es spannend und überraschend bis zu den letzten Seiten.

Dieses Buch hat mich wirklich begeistert, nicht nur durch seine gekonnt komponierte und immer wieder überraschende Storyline, sondern auch durch die ausdrucksstarken Charaktere und das für mein persönliches Empfinden wunderbar gewählten Setting des Harzes. Immer wieder nehmen die Autorinnen Bezug auf besondere Orte im Harz, seine Legenden und Geschichte. Das alles wirkt sehr gut recherchiert und wenn man sogar einige der Orte selbst kennengelernt hat, ist die Wirkung umso stärker. Dazu kommt noch, dass diese Story nicht nur perfekt zu unterhalten weiß, sondern auch mehrere ernste Themen anspricht, was dieser Geschichte zusätzlichen Tiefgang verleiht. Für mich persönlich damit eines der Lesehighlights 2024!

FAZIT:
Durchdachte Storyline, starke Charaktere, übergreifende Atmosphäre und mehrere Plottwists – für mich ein Lesehighlight 2024!

Bewertung vom 25.09.2024
Lückenbüßer / Kommissar Kluftinger Bd.13
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Lückenbüßer / Kommissar Kluftinger Bd.13


gut

Der Kriminalfall wird diesmal zur Nebensache - leider

„Ich lass mich für den Gemeinderat wählen und zeig allen mal, wie die Kuh läuft. Oder der Hase. Also, wenn ihr wollt´s dass sich endlich mal was ändert und nicht immer bloß Deppen das Sagen haben: Wählt´s den Klufti! Also mich. Und jetzt lasst mir meinen Frieden, ich muss endlich was schaffen“ (S. 145)

Meine Meinung:
Ich bin wirklich ein Fan der Kluftinger-Reihe und auch der weiteren Werke der beiden Erfolgs-Autoren, sei es die neue „Unverbesserlichen“-Reihe oder auch Einzelwerke wie „Draußen“ oder das wunderbar adriatisch-nostalgische „In der ersten Reihe sieht man Meer“. Entsprechend gefreut habe ich mich natürlich auf Klufti Nr. 13.

Der Beginn war auch diesmal nach gewohnter Kluftinger-Krimi-Manier. Bei einer groß angelegten Manöverübung in der beschaulichen Kulisse der Allgäuer Alpen wird die Leiche eines Polizisten aufgefunden. Ein klassischer Ermittlungs-Startschuss für Team Klufti!

Doch leider stellte sich sehr schnell heraus, dass der Krimi-Plot in diesem Band bestenfalls als „schmückendes Beiwerk“ dient, der durch den Handlungsstrang um Kluftingers Polit-Karriere voll und ganz in den Schatten gestellt wird. Ich mag ja die typischen Klufti-Szenen mit allem, was dazu gehört. Seien es die Seitenhiebe auf den guten alten Passat, der Dauer-Zwist mit Lieblings-Feind-Freund Dr. Langhammer, kulturelle und generationsbedingte Missverständnisse á la Kluftinger und ständige Frotzeleien im Ermittlungsteam („Manchmal bist du mir unheimlich, ehrlich. Darf ich in Zukunft Mister Marple zu die sagen?“ – S. 219). All dies macht die Kluftinger-Krimis so einzigartig und in meinen Augen auch so lesenswert. Und all dies ist auch hier wieder vorhanden. ABER: Ein Kluftinger-Krimi braucht auch einen soliden Kriminalfall, der für (Mit-)Rätselraten und gerne auch die ein oder andere spannende Szene sorgt. So, wie wir es halt kennen. Doch der Kriminalfall aus diesem Band ist in meinen Augen der Schwächste bisher. Er wirkt recht lieblos und wenig originell konstruiert, die Ermittlungen laufen so nebenher und die Auflösung… naja… am Ende wird halt der Täter überführt, aber die Erklärung ist recht beliebig und auch der beste Hobby-Leserdetektiv hätte da vorher nicht drauf kommen können. Von Spannung will ich gar nicht erst sprechen, die gab es nämlich maximal in einer Szene und auch nur für wenige Seiten.

Stattdessen bedienen sich die beiden Autoren einiger sehr aktueller Themen, was mir durchaus gut gefällt, ergehen sich dann aber derart in Klischees und Stereotypen, dass ich einfach nur hoffen kann, dass sie dies bewusst überspitzt darstellen wollten.

Dass sie am Ende einen Cliff-Hanger der ganz anderen Art präsentieren und für altgediegene Fans der Reihe ein kleine „neue Zeitrechnung“ anbrechen lassen, fand ich passend und erfrischend zugleich. Aber das reichte einfach nicht, um dieses Buch aus dem soliden Mittelmaß der Krimiwelt hervorzuheben.

So bleibt mir am Ende nur ein Zitat von Seite 390: „Hatte er über all die Beschäftigung mit der Gemeinderatswahl am Ende schlampig gearbeitet?“ fragt sich unser Kult-Klufti da selbstkritisch. Ob sich genau das die Herren Klüpfel & Kobr am Ende dieses Buches wohl auch selbst gefragt haben?

FAZIT:
Für Fans der Reihe (wie mich) sicherlich ein Must-Read, aber in meinen Augen der bisher schwächste Band.