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Benutzername: 
mrs-lucky
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Norddeutschland

Bewertungen

Insgesamt 196 Bewertungen
Bewertung vom 20.10.2023
Eine Idee von Mord (MP3-Download)
Holt, Anne

Eine Idee von Mord (MP3-Download)


sehr gut

„Eine Idee von Mord“ ist der dritte Band der norwegischen Autorin Anne Holt um ihre Hauptfigur Selma Falck, kann aber durchaus ohne Vorkenntnis der übrigen Bücher gelesen werden. Die Privatermittlerin Selma Falck sitzt mit zwei Freundinnen in Oslo in einem Straßencafé, als ein Schuss fällt, der Selma in den Arm trifft und ihre Freundin Linda tödlich in den Kopf. Hat Lindas unvermittelte Bewegung im Moment des Schusses verhindert, dass Selma schwerer getroffen wurde? Ihre alte Schulfreundin Linda ist zwar Abgeordnete im Parlament, dort aber eher unbekannt, ganz im Gegenteil zu Selma, die durch Fernsehauftritte und spektakuläre Ermittlungserfolge schon häufiger im Rampenlicht stand. Auch Selma befürchtet, das eigentliche Ziel des Anschlags gewesen zu sein, da sie seit kurzem in ihrer Wohnung von einem Stalker verfolgt wird. Doch dann geschehen weitere Morde und es tauchen Hinweise auf, die auf einen großen Skandal im Bereich der staatlichen Jugendämter hindeuten. Ist Selma doch nur ein zufälliges Opfer? Auch dieser Band ist wieder komplex und vielschichtig, man merkt der Geschichte an, dass die Autorin als Juristin, Ermittlerin und Justizministerin weiß, wovon sie schreibt. Für mich ist es als Nicht-Norwegerin nicht immer einfach, den politischen Anspielungen und Feinheiten zu folgen, das trübt jedoch nicht die Spannung. Als Leser folgt man den Ermittlungen Selmas und der Polizei, trotz einiger Kapitel aus der Sicht des Täters kann man miträtseln und sich von den Entwicklungen überraschen lassen. Auch Lars Winter als Vertreter der Presse ist in diesem Band wieder mit dabei, ebenso wie die großartige Figur Einar Falsens. Selma Falck ist kein einfacher Charakter, sie wirkt oft spröde und unnahbar, ihre Karriere war ihr immer wichtiger als ihre Familie. Doch sie darf auch schwache Seiten zeigen, insbesondere in diesem Band wirkt sie bisweilen verletzlich. Mir hat auch hier wieder die Mischung gefallen aus spannendem Fall und kritischem Blick auf Norwegens Gesellschaft und Politik. Die Stärke der Reihe liegt in den komplexen Fällen ebenso wie in der psychologischen Ebene, in der Intensität, mit der die Autorin die Figuren ihre Eindrücke und Gefühle schildern lässt. In der Hörbuchfassung hat Katja Bürkle wieder einmal der Geschichte mit ihrer ausdrucksvollen Stimme Tiefe gegeben, ich freue mich schon auf eine Fortsetzung der Reihe.

Bewertung vom 08.10.2023
Die Formel der Hoffnung (eBook, ePUB)
Cullen, Lynn

Die Formel der Hoffnung (eBook, ePUB)


sehr gut

Polio als Krankheit ist mir ein Begriff, mir war jedoch nicht bewusst, wie sehr die Krankheit in der Mitte des 20.Jahrhunderts das Leben in Amerika beeinflusst hat und wie viele Kinder dort erkrankt sind. Durch Corona haben wir vor kurzem die Auswirkungen einer Pandemie am eigenen Leib spüren können, zu unserem Glück erfolgte die Entwicklung eines Impfstoffs deutlich schneller als in der damaligen Zeit.
Lynn Cullen widmet sich in ihrem Roman „Die Formel der Hoffnung“ der Rolle einer Wissenschaftlerin bei der Entwicklung eines Impfstoffs gegen Polio, über die in der Öffentlichkeit wenig bekannt ist. In den 40er und 50er Jahren waren weibliche Ärztinnen und Wissenschaftlerinnen eher die Ausnahme, wurden von der dominanten Männerwelt wenig akzeptiert und an den Rand gedrängt. Dorothy Horstmann, die im Mittelpunkt dieser Geschichte steht, stammte zudem aus einfachen Verhältnissen, so dass ihr helfende Kontakte fehlten und sie hart um Anerkennung kämpfen musste. Sie hat die Forschung nach einem Heilmittel gegen Polio in den Mittelpunkt ihres Lebens gestellt und für dieses Ziel ihr privates Glück in den Hintergrund treten lassen. Der Roman macht deutlich, wie sie in ihren Forschungen immer wieder ausgebremst wird, Gelder an männliche Kollegen verteilt werden, und Männer den Erfolg ihrer Ergebnisse einstreichen, während sie an den Rand gedrängt wird. Ähnlich ergeht es auch anderen weiblichen Forscherinnen, deren Erkenntnisse zum Teil bahnbrechend waren, die in der Geschichte der Entwicklung des Impfstoffs aber kaum auftauchen.
Der Roman ist interessant und bietet viele neue Einblicke in die medizinische Forschung ohne dabei zu wissenschaftlich zu werden. Andererseits legt er für meinen Geschmack bisweilen den Fokus zu sehr auf das Privatleben Dorothys aber auch der anderen Ärzte. Es entsteht so ein lebendiges Bild der Zeit, das Buch bekommt jedoch Längen, wenn ähnlich geartete gesellschaftliche Ereignisse wiederholt auftreten. Die Autorin orientiert sich an tatsächlichen Persönlichkeiten und geschichtlichen Ereignissen, die Ausschmückung der Szenen ist fiktiv. Es hat mich hier wie schon in „Eine Frage der Chemie“ von Bonnie Garmus fassungslos gemacht, mit welcher Selbstgerechtigkeit die Männer der damaligen Zeit die Leistungen der Frauen herabgesetzt haben.
Die Liebesgeschichte, die die Autorin für Dorothy zu dem Roman erfunden hat, ist in meinen Augen zu kitschig geraten, macht sie zwar emphatisch, setzt aber zu sehr den Fokus auf das Private als auf ihre wissenschaftlichen Leistungen.

Bewertung vom 08.10.2023
Südfall (eBook, ePUB)
Knöppler, Florian

Südfall (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Florian Knöppler ist inzwischen für mich ein Garant für einfühlsam und sprachlich überzeugend erzählte Geschichten über besondere Schicksale. Auch sein neuer Roman „Südfall“ ist da keine Ausnahme.
Im Sommer 1944 stürzt ein englischer Soldat der Air Force über dem norddeutschen Wattenmeer ab und macht sich von Hallig Südfall auf den gefährlichen Weg nach Hause. Auf seiner Flucht begegnet er verschiedenen Personen, denen jeweils einzelne Kapitel gewidmet sind. Sie alle eint, dass sie an Wendepunkten ihres Lebens stehen in einer Zeit, in der der Krieg das Leben in großen Teilen beeinflusst. Auch dort zeichnet sich durch die Landung der Alliierten in der Normandie gerade eine Wendung ab. Die Geschichte umfasst nur wenige Tage, Daves Geschichte bildet die Rahmenhandlung, im Fokus stehen die ganz unterschiedlichen Charaktere, in deren Leben und Gedanken der Leser wie in einer Momentaufnahme einen kleinen Eindruck bekommt.
Es hat mich auch in diesem Roman wieder beeindruckt, wie dicht der Autor an seinen Figuren dran ist, wie er sich in die unterschiedlichen Charaktere hineinversetzt, ihre Gedanken authentisch wieder gibt und den Leser an Gefühlen und Zweifeln teilhaben lässt.
Der Leser lernt nur kleine Ausschnitte aus dem Leben der Personen kennen, man weiß nicht viel über die Personen, dennoch wirken sie lebensnah, ihre Erfahrungen und Gedanken regen zum Nachdenken an. Der Roman umfasst nur rund 240 Seiten und eine sehr kurze Zeitspanne, umso mehr beeindruckt es, wie viel der Autor in dieser Geschichte unter bringt, wie viel man über die einzelnen Personen erfährt, und wie sehr die einzelnen Schicksale berühren, so dass ich es am Ende schade fand, ihre Geschichten nicht weiter verfolgen zu können.

Bewertung vom 30.08.2023
Terafik (eBook, ePUB)
Karkhiran Khozani, Nilufar

Terafik (eBook, ePUB)


sehr gut

Terafik ist eine Geschichte, die ich erst einmal ein wenig sich setzen lassen musste, bevor ich eine Rezension dazu schreiben konnte.
Die Autorin erzählt von sehr persönlichen Erlebnissen und Eindrücken aus ihrer Kindheit sowie über eine Reise in den Iran zu ihrem Vater und dessen zahlreichen Familienangehörigen. Nilufar ist Tochter einer deutschen Mutter und eines aus dem Iran stammenden Vaters, der Ender der 80er Jahre vor dem Regime dort geflohen und zum Studium nach Deutschland gekommen ist. Als Nilufar im Teenageralter ist, trennen sich die Eltern und ihr Vater kehrt in den Iran zurück.
Der Roman spielt sich auf verschiedenen Zeitebenen ab, am meisten hat mich der Teil der Reise in den Iran berührt, in dem sich einerseits die Distanz zwischen Vater und Tochter aufgrund der unterschiedlichen Kulturen manifestiert, in denen sie leben und aufgewachsen sind. Andererseits ist hier, endlich muss man sagen, eine gewisse Annäherung der beiden möglich.
Die Rückblicke in die Vergangenheit aus Sicht Nilufars aber auch aus der ihres Vaters während seiner Zeit in Deutschland, habe ich als schwierig nachvollziehbar empfunden. Vermutlich ist es so gewollt, dass die Empfindungen vage und schwammig bleiben, zumindest ist es mein Eidruck, dass für Nilufar weder die Beziehung ihrer Eltern greifbar war, noch dass sie als Kind eine enge Bindung zu ihrem Vater aufbauen konnte. Sie wächst damit auf, als Ausländerkind ausgegrenzt zu werden, ohne Zugang zu der Kultur ihres Vaters zu erhalten.
Zwischen Nilufar und ihrem Vater bleibt vieles unausgesprochen, sie verständigen sich auch ohne Worte, als Leser fühle ich mich Außen vor, es war für mich nicht wirklich greifbar, weshalb ihr Vater sich zu dem Menschen entwickelt hat, den sie auf ihrer Reise im Iran trifft.
Insbesondere in den Schilderungen aus dem Iran habe ich viel Neues über das Land und das Leben der Menschen dort gelernt, über unterschiedliche Traditionen und Wertvorstellungen, die schnell zu Vorurteilen und Missverständnissen führen können.
Terafik ist kein einfacher Roman, er erzählt teils eine bewegende Geschichte, teils bleibt er zu vage, um alle Umstände wirklich nachvollziehen zu können.

Bewertung vom 25.08.2023
Verlogen / Mörderisches Island Bd.2 (eBook, ePUB)
Ægisdóttir, Eva Björg

Verlogen / Mörderisches Island Bd.2 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

In einem Lavafeld auf Island wird die Leiche einer jungen Frau gefunden. Maríanna war seit 7 Monaten verschwunden, aufgrund einer Notiz, die sie ihrer 15-jährigen Tochter Hekla hinterlassen hatte, ging die Polizei in Asker von einem Selbstmord aus, doch nun wird klar, dass Maríanna ermordet wurde. Elma und ihr Kollege Sævar stehen vor einer schweren Aufgabe, denn nach der langen Zeit sind kaum noch Spuren zu finden, die Erinnerungen möglicher Zeugen sind verblasst. Sie forschen in Maríannas Vergangenheit, sie war erst 16 Jahre alt, als sie Mutter wurde und sich ohne Unterstützung ihrer Familie um ihre Tochter kümmern musste. Was ist passiert, dass Hekla schon früh zeitweise bei einer Pflegefamilie gelebt hat, und auch später von dieser betreut wurde? Weshalb ist der Kontakt Maríannas zu ihren Eltern abgerissen?
Ein zweiter Handlungsstrang setzt 15 Jahre zuvor an: eine junge Frau bringt eine Tochter zur Welt, zieht sie allein auf und erzählt aus der Ich-Perspektive von ihren Schwierigkeiten, zu ihrer Tochter eine Beziehung aufzubauen. Das kleine Mädchen verstört sie und stellt sie immer wieder vor kaum lösbare Herausforderungen.
Auch in diesem 2.Band aus der isländischen Krimi-Reihe um Elma und Sævar gefällt mir, wie geschickt die Autorin in dieser komplexen Geschichte mit dem spielt, was der Leser in das hinein interpretiert, was ungesagt bleibt. Das Ermittlerteam tappt lange im Dunkeln, je mehr sie herausfinden, um so mehr neue Fragen tauchen auf, einige Ermittlungsansätze verlaufen im Sande, und auch wenn der Leser über mehr Hintergrundinformationen verfügt, entwirren sich die Fäden erst ganz zum Schluss.
Die Geschichte ist spannend und vielschichtig, insbesondere die Rückblenden wirken zum Teil sehr bedrückend. Die Autorin beschreibt detailliert, hält sich mit Wertungen jedoch zurück und überlässt dem Leser die Deutungen. Im Verlauf haben mich einige Details irritiert, letztendlich ist der Krimi jedoch schlüssig und glaubwürdig.
Auch Elmas private Geschichte entwickelt sich weiter, dieser Teil bringt Lebendigkeit in den Krimi ohne zu dominieren und gibt kleine Einblicke in das Leben auf Island. Mir hat dieser 2. Band wieder sehr gut gefallen und ich freue mich, dass für Anfang nächsten Jahres bereits die Veröffentlichung der Fortsetzung angekündigt wird.

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Bewertung vom 23.07.2023
Der Junge, der Rache schwor / Kajsa Coren Bd.1 (eBook, ePUB)
Teige, Trude

Der Junge, der Rache schwor / Kajsa Coren Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

Aus Trude Teiges Krimireihe um die norwegische Journalistin Kajsa Coren sind in den letzten Jahren in Deutschland bereits die Bände 3 bis 6 erschienen, nun wurden auch die ersten beiden Bände in deutscher Übersetzung veröffentlich.
Den Auftakt bildet die Geschichte „Der Junge, der Rache schwor“, im Original schon ein paar Jahre alt erscheinen seine Themen dennoch nicht weniger brisant und aktuell.
Kajsa Coren ist Journalistin bei dem Fernsehsender TV4 und muss nebenbei den Alltag mit zwei kleinen Kinder meistern. Anfangs hat sie als Kriminalreporterin gearbeitet, ist aber ins politische Resort gewechselt, um nicht beruflich mit ihrem Mann Aksel in Konflikt zu geraten, der als Psychologe und Profiler bisweilen für die Polizei tätig ist.
Aktuell recherchiert Kajsa zu Themen um Gewalt und Missbrauchsfällen in Kinderheimen, als sie durch einen Tipp zu dem Schauplatz eines Doppelmordes an einem älteren Ehepaar in der Nähe ihres Heimatortes Asker kommt. Der Fall lässt ihr keine Ruhe, die beginnt über die Hintergründe des Ehepaares zu recherchieren und ahnt nicht, dass der Täter ihr Handeln beobachtet.
Die Geschichte ist spannend und aus verschiedenen Perspektiven erzählt, Es gibt Einblicke aus der Sicht des Täters, dessen Identität dem Leser verborgen bleibt, sowie Schilderungen der missbrauchten Kinder, die mir sehr nahe gegangen sind.
Kajsa Coren als Hauptfigur habe ich als nicht ganz schlüssig empfunden, anfangs tritt sie als fürsorgliche aber überforderte Mutter auf, die Unterstützung ihres Mannes vermisst, dann wiederum abrebeltet sie mehrfach bis spätabends oder geht auf Recherchereise und von ihrer Familie ist kaum die Rede. Ihre Arbeitsweise als Journalistin habe ich teilweise als sehr übergriffig empfunden, für eine gute Story nimmt sie wenig Rücksicht auf die Gefühle anderer und vermittelt den Eindruck, sich die Wahrheit gerne mal so zurecht zu biegen, wie es für ihre Story passt.
Der Schreibstil Trude Teiges hat mir insgesamt gut gefallen, es werden verschiedene Aspekte der Geschichte beleuchtet, vielleicht gibt es ein paar Zufälle zu viel, der Spannungsbogen bleibt jedoch durchgehend hoch. Es gibt noch Luft nach oben, ich werde mal sehen, wie sich die Reihe weiter entwickelt.

Bewertung vom 17.07.2023
Engelsgabe / Ewert ermittelt (eBook, ePUB)
Roslund, Anders

Engelsgabe / Ewert ermittelt (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

In ‚Engelsgabe“, Anders Roslunds drittem Band um den Stockholmer Kriminalkommissar Ewert Grens, muss dieser erneut in einem Fall ermitteln, der ihn an seine persönlichen Grenzen bringt.
Ewert Grens bekommt von einem Kollegen den Tipp zu einem Fall von Menschenhandel und Zwangsprostitution. Er muss schnell handeln und nimmt lediglich seinen Kollegen Sven Sundkvist mit zu diesem kurzfristigen Zugriff. Der vermeintlich einfache Einsatz geht jedoch gründlich schief, der Täter ist bewaffnet und verletzt Sven schwer, er kann mit den beiden jungen Frauen fliehen, die als Zwangsprostituierte ihrem Zuhälter übergeben werden sollten.
Es wird bald offensichtlich, dass dieser Fall mit Ermittlungen ein paar Jahre zuvor zusammen hängt, in denen es auch um illegalen Organhandel ging, und bei dem Ewald Grens einige Entscheidungen treffen musste, die er jetzt zu bereuen beginnt.
Auch in diesem Band ist der Spannungsbogen durchgehend hoch, Anders Roslund schafft mit seiner bildhaften Sprache eine große Nähe zu seinen Protagonisten und lässt den Leser deren zum Teil schmerzhaften Gefühle miterleben. Auch wenn die grausamen Szenen nicht bis ins Detail ausgeweidet werden, sind die Schilderungen bisweilen nur schwer auszuhalten.
Ewald Grens ist als Hauptfigur kein einfacher Charakter, ich mag seine Vielschichtigkeit, seine berufliche Besessenheit, seine innere Verletzlichkeit und seine Loyalität spielen erneut eine große Rolle und sorgen für Authentizität. Der Leser ist den Ermittlern schon früh einen Schritt voraus, dennoch bleibt es spannend, den Entwicklungen und verschiedenen Handlungssträngen zu folgen.
Auch Piet Hoffmann darf in diesem Band nicht fehlen, sorgt für einige spannende Aktionen und kann mit seinen außergewöhnlichen Fähigkeiten die Arbeit der Polizei unterstützen.
Mit seinen Themen um Menschen- und Organhandel weckt der Krimi Betroffenheit und zeigt gleichzeitig die Schwierigkeiten und Widrigkeiten auf, denen die Polizei im Kampf gegen das organisierte Verbrechen ausgesetzt ist. Ich hoffe sehr, dass diese Reihe eine Fortsetzung finden wird und bin auf jeden Fall wieder dabei.

Bewertung vom 08.06.2023
Die Affäre Alaska Sanders (eBook, ePUB)
Dicker, Joël

Die Affäre Alaska Sanders (eBook, ePUB)


sehr gut

In Joël Dickers aktuellem Roman ‚Die Affäre Alaska Sanders‘ gibt es ein Wiedersehen mit dem Schriftsteller Marcus Goldman und Sergeant Perry Gahalowood aus ‚Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert‘.
Zwei Jahre sind vergangen, seit die beiden durch ihre hartnäckigen Recherchen diesen Fall aufdecken konnten, als Perry Gahalowood Hinweise bekommt, dass es bei einer 11 Jahre zurück liegenden Mordermittlung möglicherweise einige Ungereimtheiten gibt. Im Jahr 1999 wurde in dem kleinen Städtchen Mount Pleasant eine junge Frau namens Alaska Sanders ermordet aufgefunden. Indizien führen schnell zu einem Verdächtigen und der Fall scheint nach einem Geständnis gelöst. Nun zweifelt Perry Gahalowood und Marcus Goldman wittert einen Stoff für einen neuen Roman.
Auch diesmal wird die Rahmenhandlung in der Ich-Perspektive aus der Sicht Marcus Goldmans erzählt. Dazu kommen eingeschobene Rückblenden oder auch Protokolle von Befragungen. Die Geschichte springt in den Zeitebenen und Schauplätzen, es hilft zur Bewahrung der Übersicht, dass die Kapitelüberschriften deutlich Ort und Zeit des folgenden Abschnitts benennen.
Mir gefällt die Vielschichtigkeit des Romans ebenso wie bei seinem Vorgänger, die Handlung ist spannend erzählt, nach und nach deckt der Autor auf, dass Vieles nicht so ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Auch Perry Gahalowood muss erkennen, dass er damals bei den Ermittlungen nicht genau genug hingesehen und einige Umstände falsch interpretiert hat.
Die Figuren und Schauplätze wirken authentisch, in vielen kleinen Szenen lässt Joel Dicker die Ereignisse lebendig werden, man hat als Leser oft das Gefühl, als Beobachter direkt dabei zu sein.
Das Buch ist nicht ganz so komplex und persönlich wie die Geschichte um Harry Quebert, lässt aber auch Marcus Goldman sich weiterentwickeln. Es bietet erneut eine schöne Mischung aus Krimi, Gesellschaftsroman und einer tragischen Liebesgeschichte.

Bewertung vom 29.04.2023
30 Tage Dunkelheit (eBook, ePUB)
Madsen, Jenny Lund

30 Tage Dunkelheit (eBook, ePUB)


gut

Jenny Lund Madsens Krimi ‚30 Tage Dunkelheit‘ basiert auf einer originellen Idee. Die dänische Schriftstellerin Hannah Krause-Bendix ist in Dänemark bekannt für ihre epischen Romane, verkauft werden ihre Werke jedoch nur in geringer Stückzahl, im Gegensatz zu den Krimis des Erfolgsautors Jørn Jensen, den Hannah verachtet. Als sie sich auf einer Buchmesse zu der Aussage hinreißen lässt, jeder Idiot könne so einen Krimi in einem Monat schreiben, nimmt ihr Verleger sie beim Wort und schickt sie zu einer Bekannten nach Island. In der dortigen Ruhe und Abgeschiedenheit soll Hannah innerhalb von 30 Tagen einen Krimi verfassen.
Als kurz nach Hannahs Ankunft der Neffe ihrer Vermieterin tot aufgefunden wird und es Gerüchte um seine Ermordung gibt, findet Hannah darin eine Inspiration für ihr Buch und versucht, in den Fall tieferen Einblick zu bekommen.
Ein Krimi über das Verfassen eines Krimis vor Islands winterlicher Kulisse, das klang für mich vielversprechend. Leider wirkt vieles in der Geschichte zu bemüht und nicht wirklich schlüssig. Man lernt als Leser einiges über die Merkmale, die ein guter Krimi aufweisen sollte, und bekommt dabei den Eindruck, dass Jenny Lund Madsen sich selber zu sehr an dieses Grundgerüst gehalten und damit nur Durchschnittskost erzeugt hat. Die Hauptfigur soll danach unsympathisch sein, das ist ihr mit der aufdringlichen und übergriffigen Hannah gelungen, entspricht aber nicht meinen Erfahrungen mit Krimis, die mir gefallen haben. Hannah wirkt auf mich zudem nicht schlüssig, heißt es doch anfangs, es wäre eine ihrer Stärken, Menschen zu beobachten und sich im Hintergrund zu halten. Hier drängt sie sich den Menschen auf, mischt sich sehr unsensibel in die Ermittlungen ein glänzt mit Fehleinschätzungen der Beteiligten.
Es gibt einige Action-Szenen und eine Art Showdown kurz vor dem Schluss, das alles wirkt aber ebenso bemüht und konstruiert wie das Motiv hinter dem Mord.
Der Krimi liest sich flüssig, es gibt spannende Entwicklungen und Wendungen, insgesamt ist die Geschichte aber sehr durchschnittlich und konnte mich nicht fesseln.

Bewertung vom 24.04.2023
Solange wir leben (eBook, ePUB)
Safier, David

Solange wir leben (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

In seinem Roman „Solange wir leben“ erzählt David Safier die bewegende und zum Teil tragische Geschichte seiner Eltern. Sein Vater Josef, genannt Joschi stammt aus einer jüdischen Familie und ist in Wien aufgewachsen. Er erlebt die Anfänge des Nationalsozialismus mit und die Verfolgung der Juden, seinen Vater kann er nicht beschützen, ihm selbst gelingt die Flucht nach Israel, wo er seine ältere Schwester Ruth wieder trifft. Joschi lebt von Jobs, da er sein Studium in Wien nicht mehr abschließen konnte, er heiratet, wird in Israel jedoch nicht heimisch und entdeckt seine Liebe zu Seefahrt. Er ist bereits Mitte 40 als er auf einer dieser Reisen in Bremen die 20-jährige Waltraud trifft und schnell von ihr in den Bann gezogen wird. Waltraud stammt aus einer Bremer Arbeiterfamilie, die im Krieg ausgebombt wurde und unter ärmlichen Verhältnissen lebt. Sie ist in ihrem jungen Alter bereits verwitwet und zieht ihre Tochter mithilfe ihrer Eltern groß. Sie fühlt sich von Joschis Avancen geschmeichelt und dieser ist so verliebt, dass er für eine Heirat mit ihr nur 20 Jahre nach dem Holocaust in das verhasste Deutschland zurückkehrt.
Die Geschichte wird anfangs abwechselnd aus der Sicht Joschis und Waltrauds erzählt, fängt mit kleinen Momentaufnahmen ihre Lebensumstände und Gedanken ein, bis sich ihre Wege kreuzen und zu einer gemeinsamen Geschichte wird. Ihr Leben ist ereignisreich, von Höhen und Tiefen und Schicksalsschlägen geprägt.
Der Roman ist spannend und berührend, und obwohl die Geschichte für den Autor sehr persönlich ist, schafft er eine gewisse Distanz zu den Figuren. Das mag daran liegen, dass in seiner Familie die Vergangenheit kaum thematisiert wurde, vielleicht ist aber gerade seine emotionale Nähe zu den Hauptfiguren der Grund, weshalb er ihre Geschichte eher nüchtern und beschreibend wieder gibt. Die Ereignisse sind auch so oft dramatisch genug, als dass durch stilistische Mittel Spannung aufgebaut werden müsste.
Mich hat wie schon in „28 Tage“ David Safiers Vielseitigkeit beeindruckt, er kann nicht nur Klamauk und Satire, sondern überzeugt mit der Tiefe dieser ebenso spannenden wie emotional berührenden Geschichte.