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LeLo

Bewertungen

Insgesamt 80 Bewertungen
Bewertung vom 16.01.2021
Die Kannenbäckerin
Spratte, Annette

Die Kannenbäckerin


sehr gut

"Die besondere Aufgabe des Autors ist es, Dinge für den Leser erlebbar zu machen, zu denen er sonst keinen Zugang hätte, seien es Tätigkeiten, Landschaften oder Zeiten - oder alles zusammen."

Dieses selbst erklärte Ziel hat die Autorin Annette Spratte in ihrem historischen Roman" Die Kannenbäckerin" gelungen umgesetzt. Der Leser wird in das dörfliche Leben im Westerwald während des 30-jährigen Krieges geführt. Während des Lesens hatte ich den Eindruck, dass es sich um einen historischen Coming-of-age-Roman handelt. Man begleitet die Entwicklung von Johanna, die gerade erst ihre ganze Familie durch die Pest verloren hat und sich - als Junge verkleidet - zu ihrem unbekannten Onkel flüchtet, über Jahre hinweg durch verschiedene Schwierigkeiten zur jungen Erwachsene, die klar für ihre Ideale einzustehen vermag.

Besonders gut gefallen hat mir die sorgfältig recherchierte und passend in die Handlungen verwobene Darstellung des zeitgenössischen Berufs des Kannenbäckers. Vom Tonabbau über die Herstellung, Verzierung und den Brand bis zum Verkauf der Töpferware erhält der Leser spannende Einblicke. Die Faszination Johannas für dieses besondere Handwerk lässt sich leicht nachvollziehen. Zudem ist sie mit einem besonderen Talent und Ideenreichtum gesegnet, die ihr gerade zu der damaligen Zeit den Neid und die Missgunst der anderen Kannenbäcker - ausschließlich gestandene Männer - eintragen.

Neben den Auswirkungen des 30-jährigen-Krieges, familiären Verlusten, und Angriffen auf ihre töpferische Arbeit muss Johanna auch mit ihrer eigenen emotionalen und charakterlichen Entwicklung umzugehen lernen. Sie beginnt ihr neues Leben bei ihrem Onkel mit einer großen, alles beeinflussenden Lüge:

"Jetzt musste Johanna sich entscheiden. [...] Junge oder Mädchen? 'Ich heiße Johann Hatterod.'".

Mit diesem schlichten Satz hat Johanna sich zumindest die temporäre Chance erkauft, als Junge ganz andere Freiheiten genießen zu können. Nur so ist es ihr überhaupt möglich von ihrem Onkel die Kunst der Kannenbäcker zu erlernen. Jedoch lebt sie damit in der ständigen Angst vor Entdeckung und mit dem Wissen nie eine eigene Familie haben zu können. Schnell überholen sich die Ereignisse und Johanna sieht sich stets vor neuen Herausforderungen. Sie kommt nicht recht zu Ruhe, wodurch die Handlung an Spannung gewinnt. Johanna entwickelt sich dabei zu einer sympathischen, starken, mutigen und loyalen jungen Frau, mit der man sich in eigenen Punkten identifizieren kann. Ausgesprochen sympathisch ist ihre Einstellung zu Schwierigkeiten, die sie sich allmählich erarbeitet: "Aber man hat immer die Wahl, nicht wahr? Man kann schimpfen oder lachen. Ich für meinen Teil finde, mit Humor lässt sich vieles leichter ertragen."

Annette Spratte gelingt es mit ihrem Schreibstil, Geschichte anschaulich zu machen. Die Landschaften, Ereignisse und Personen werden so bildhaft beschrieben, dass man selbst durch den Westerwald streift, den Ton zwischen den Händen oder die unfassbare Hitze beim Brand des Töperwerks spürt. Aber nicht nur die Lebensumstände, auch die Gedanken und Emotionen werden intensiv und nachvollziehbar beschrieben, so dass man sich ganz in die Handlung einfühlen kann.

Etwas zu kurz kamen für mich ein wenig mehr Hintergründe zum Dreißigjährigen Krieg und an der ein oder anderen Stelle mehr Tiefe und Detailliertheit. Es handelt sich doch mehr um einen Entwicklungsroman vor historischem Hintergrund, als um einen reinen Historienroman.

"Die Kannenbäckerin" von Annette Spratte von Francke-Buch ist ein solider historischer Roman, der sich leicht liest, spannend Wissen über das alte Handwerk der Kannenbäcker vermittelt und eine sympathische Hauptfigur vorstellt. Gern spreche ich eine Leseempfehlung aus. Der Roman eignet sich insbesondere auch für junge "Erst"- Leser historischer Romane.

Bewertung vom 08.06.2020
Die Farben der Schönheit - Sophias Träume / Sophia Bd.2
Bomann, Corina

Die Farben der Schönheit - Sophias Träume / Sophia Bd.2


ausgezeichnet

"Sophias Träume" ist der mittlere Band der Trilogie "Die Farben der Schönheit" von Corina Bomann. Mich hat der Roman wieder wunderbar in eine andere Zeit entführt und wie der erste Band so gefesselt, dass ich ihn innerhalb eines Tages durchgelesen habe.

Das Cover ist sehr hübsch. Zuerst war ich von den plakativen, grellen Farben der Reihe etwas abgeschreckt, aber im Original ist es wirklich schön. Da die Geschichte aus Sicht von Sophia Krohn geschrieben ist und sie im Mittelpunkt steht, finde ich es passend, dass sie in den Vordergrund gerückt wird. Auch die Skyline von New York im Hintergrund passt sehr gut. Und das Beste - die Cover der Trilogie sehen ähnlich aus und werden im Bücherregal toll aussehen. So was schätze ich bei Reihen sehr.

Corina Bomann hat einen Schreibstil, der es leicht macht der Handlung zu folgen. Die Ereignisse werden bildhaft und detailreich geschildert, so dass während des Lesens ein Film im Kopf abläuft. Obwohl das Buch 573 Seiten umfasst, wurde es an keiner Stelle langweilig. Immer wenn sich für die Protagonistin Sophia Krohn eine gewisse Beständigkeit abzeichnete, gab es überraschend Veränderungen und Herausforderungen, die sie zu bestehen hatte und die die Geschichte spannend gemacht haben.

Sophia ist eine junge Frau, die ganz allmählich zu großer innerer Stärke findet und beginnt für sich einzustehen. "Das Leben ist nicht immer einfach. Besonders nicht für denjenigen, der es lebt. Den richtigen Weg zu finden, ist schwierig [.]

Ihrer Leidenschaft für die Herstellung von Kosmetik kann sie nicht mehr nachgehen, aber sie schlummert immer noch in ihr. Leider verliert sie mehr und mehr den Kontakt zu ihrer besten Freundin Henny und steht damit für eine Zeit ganz allein dar. Dennoch gibt es trotz aller Wechselspiele des Lebens auch immer wieder Menschen von denen Sophia Unterstützung erhält. Besonders gut gefällt mir, dass die Nebencharaktere nicht einfach verschwinden, sondern im Verlauf des zweiten Bandes nochmal Erwähnung finden oder plausibel erklärt wird, warum sie im Leben Sophias keine Rolle mehr spielen.

Die Reihe spielt vor dem historischen Hintergrund des Puderkrieges zwischen Helena Rubinstein und Elizabeth Arden. Sophia hat inzwischen von einer der beiden mächtigen Frauen zur anderen gewechselt. Sie ist jedoch ein sehr integer, mutiger und warmherziger Charakter und lässt sich nicht ausspielen und sich auch nicht alles bieten. Im Gegensatz zu "Sophias Hoffnung" gefällt mir in diesem Band besser, dass noch mehr auf den Zeitkolorit eingegangen wird. So wird der Börsenkrach in New York durch die Pleite der Lehmann Brothers und die Veränderungen in Deutschland nach der Machtübernahme durch Hitler sehr anschaulich beschrieben. Man spürt förmlich, welche Auswirkungen es auf die Menschen hatte und welch große, tragische Veränderungen damit einhergingen.

Es war wieder unterhaltsam, spannend und teils sehr tragisch Sophia auf ihrem Weg zu begleiten. Sie ist eine tolle und sympathische Frau, die ich sehr ins Herz geschlossen habe. Der Roman endet, wie bereits Band 1, mit einem extremen Cliffhanger, der es unmöglich macht die Reihe nicht zu beenden. Ich möchte so gern wissen, wie es für Sophia weitergeht. Auch empfiehlt es sich mit dem ersten Band "Sophias Hoffnung" zu beginnen. Zwar wiederholt dieser Band anfangs die wesentlichen Aspekte aus dem ersten Teil, es würde aber dennoch einiges fehlen.

"Sophias Träume" von Corina Bomann hat mich wieder sehr begeistert und ich empfehle es gerne weiter an alle, die es schätzen historische Romane mit starken Frauen zu lesen.

Bewertung vom 07.06.2020
Die Farben der Schönheit - Sophias Hoffnung / Sophia Bd.1
Bomann, Corina

Die Farben der Schönheit - Sophias Hoffnung / Sophia Bd.1


ausgezeichnet

"Sophias Hoffnung" ist der erste Band der Trilogie "Die Farben der Schönheit" von Corina Bomann. Mich hat der Roman in eine andere Zeit entführt und so gefesselt, dass ich ihn innerhalb eines Tages durchgelesen habe.

Das Cover ist sehr, sehr hübsch. Zuerst war ich von dem Pink etwas abgeschreckt, aber im Original ist es wirklich schön. Da die Geschichte aus Sicht von Sophia Krohn geschrieben ist und sie im Mittelpunkt steht, finde ich es passend, dass sie in den Vordergrund gerückt wird. Auch die Skyline von Berlin im Hintergrund passt sehr gut. Und das Beste - die Cover der Trilogie sehen ähnlich aus und werden im Bücherregal toll aussehen.

Corina Bomann hat einen Schreibstil, der es leicht macht der Handlung zu folgen. Die Ereignisse werden bildhaft und detailreich geschildert, so dass während des Lesens ein Film im Kopf abläuft. Obwohl das Buch 541 Seiten umfasst, wurde es an keiner Stelle langweilig. Wie es im Leben auch oft ist, gab es für die Protagonistin Sophia Krohn einige Veränderungen und Herausforderungen, die sie zu bestehen hatte und die die Geschichte spannend gemacht haben.

Sophia Krohn ist eine sympathische junge Frau, die leidenschaftlich gern Chemie studiert. Sie möchte gern Kosmetik herstellen, um Frauen ein gutes Gefühl zu vermitteln. Nachdem sie jedoch schwanger wird, steht sie plötzlich vor dem Nichts. Nur ihre Freundin Henny ist für sie da und unterstützt sie.

"[E]gal, wie dunkel die Gedanken sind, die dich überfallen, bleib stark. Meine Großmutter sagte immer, auf Regen folgt Sonnenschein. Du magst jetzt im Regen stehen, aber ich bin sicher, die Sonne wird wieder scheinen."

Beide gehen nach Paris und versuchen dort ihr Leben zu meistern. Henny und Sophia sind ein tolles Gespann. Mitzuerleben, was ihnen widerfährt ist sehr intensiv. Für Frauen in den 1920er Jahren ist das Leben nicht leicht. Sie werden von den Männern klein gehalten, bevormundet, belächelt und leider oft ausgenutzt. Die Lebensumstände werden gut mit der Handlung verwoben. Auch die Beschreibungen von Kleidung, Freizeitbeschäftigung, Essen sind zeitgemäß und versetzten mich in die damalige Zeit. Der Bezug zum Puderkrieg zwischen Helena Rubinstein und Elizabeth Arden, in dessen Fronten Sophia gerät, bereichert die Geschichte und gefällt mir sehr.

Es war unterhaltsam, spannend und teils sehr tragisch Sophia auf ihrem Weg zu begleiten. Der Roman endet mit einem extremen Cliffhanger, der es unmöglich macht die Reihe nicht weiterzulesen, da es sehr offen ist, wie es für Sophia Krohn weiter geht. Das ist aber nicht schlimm, weil es Freude gemacht hat das Buch zu lesen und ich mich auf die beiden Folgebände freue.

"Sophias Hoffnung" von Corina Bomann hat mich begeistert und ich empfehle es sehr gerne weiter an alle, die gern historische Romane mit starken Frauen lesen.

Bewertung vom 06.06.2020
Der Sommer der Islandtöchter
Baldvinsson, Karin

Der Sommer der Islandtöchter


gut

"Der Sommer der Islandtöchter" von Karin Baldvinsson ist ein Roman über Familiengeheimnisse, Liebe und verlorene Träume vor der zauberhaften Kulisse Islands. Ein Buch, das sich angenehm liest und ein behagliches Gefühl vermittelt.

Das Cover ist hübsch. Mir gefällt gut, dass das Bild sich auf der Rückseite fortsetzt. Etwas besser hätte es mir noch gefallen, wenn mehr von der Kulisse Islands zu sehen wäre. Aber auch so ist es ansprechend.

Die Autorin formuliert sehr detailliert und ausschweifend. An mancher Stelle werden schöne Vergleiche gefunden, die ich noch nicht kannte und mir deshalb gut gefallen haben. Zum Beispiel heißt es, dass Spinnenweben mit "engelshaargleichen Strähnen" in den Ecken schimmern oder dass die Luft sich anfühlt, wie ein "flatterndes Chiffonkleid, mit einer leichten Brise, zarten Wolken und dem Geruch nach Gras, Meer und Algen."

Auch die Landschaftsbeschreibungen vermitteln ein tolles Gefühl und machen Lust darauf, selbst nach Island zu reisen. Es muss inspirierend und beeindruckend sein, die Natur und Weite zu erleben. Die Stimmung wird verstärkt, indem Wörter und Sätze auf isländisch in die Dialoge einfließen.

Mit einem Abstand von rund 40 Jahren reisen die Hauptprotagonistinnen Monika und Hannah nach Island. Sie sind beide an einem Punkt in ihrem Leben, wo sie unzufrieden und sich nicht klar sind, wie es weitergehen soll. Monika war mir dabei insgesamt leider nicht sympathisch, so dass es zwar interessant war, ihrer Geschichte zu folgen, aber mich nicht berühren konnte. Hannah hingegen war sympathischer, mit ihr identifizieren konnte ich mich dennoch nicht. Dadurch habe ich die Geschichte gern verfolgt, war aber emotional nicht so sehr ergriffen.

Es gefällt mir gut, dass beide Zeitstränge im ausgeglichenen Wechsel erzählt werden und dann allmählich zusammen finden. Leider war die Schilderung allerdings manchmal etwas langatmig und hätte für mich noch mehr Schwung und Unvorhersehbares haben können, um unvergesslich zu sein. Es liest sich angenehm als Lektüre für einige schöne Stunden, ist aber keine große literarische Überraschung.

"Der Sommer der Islandtöchter" von Karin Baldvinsson empfehle ich gern für Leser, die sich gern gedanklich nach Island träumen wollen und eine leichte Lektüre zwischendurch schätzen.

Bewertung vom 02.06.2020
Lena liest ums Leben
Mai, Manfred

Lena liest ums Leben


ausgezeichnet

"Lena liest ums Leben" von Manfred Mai ist ein Roman für Kinder, der auf bezaubernde Weise wichtige Themen wie Kraft von Familie, Liebe und Büchern. Gruppenzwang, Lästerei, geistloses Gerede, das Akzeptieren von anderen Arten sein Leben zu leben, Courage und Mut für andere einzustehen, anspricht. Mich hat beeindruckt, wie all diese Themen eingeflochten wurden, ohne überfrachtet oder anklagend zu wirken.

Mein erster Gedanke, als ich das Buch in der Hand gehalten habe, war wie wertig, wunderschön und ansprechend die Ausgabe ist. Besonders der blaue Buchschnitt hat es mir angetan. So hübsch und auch super für Kinder.

Auch der Schreibstil ist gut geeignet für junge Leser. Ausdrucksweise und Satzbau sind leicht lesbar. Ich war etwas überrascht, dass es so große Passagen aus dem Buch gibt, das Lena, ihrem Papa vorliest. Es gibt dadurch eine vollständige, in sich abgeschlossene Geschichte in der Geschichte. In einer solchen Ausführlichkeit habe ich das noch nie gelesen, fand es dann aber sehr schön und besonders. Ich habe mich sogar schnell etwas mehr auf die Fortsetzung der vorgelesenen Geschichte gefreut, als auf die Schilderung des Lebens von Lena.

Lena und ihre Familie sind sehr sympathisch, lieben sich untereinander sehr, machen aber eine sehr schwere Zeit durch. Lenas Papa ist schwer krank und die Ärzte wissen nicht, wie sie ihm helfen sollen. Aber Lena hat eine Idee: "Vorlesen aus unserem Buch. So lange er sich darauf freut, dass ich ihm daraus vorlese, wird er nicht sterben." Es ist toll, wie sie zusammenwachsen und sich gegenseitig Halt geben.

"Lena liest ums Leben" von Manfred Mai ist ein ganz besonderer Roman für Kinder, den ich wirklich gern weiterempfehle und das nicht nur an junge Leser.

Bewertung vom 01.06.2020
Wie uns die Liebe fand
Stihlé, Claire

Wie uns die Liebe fand


gut

"Wie uns die Liebe fand" von Claire Stihlé ist eine Homage an die Liebe und die Irrungen und Wirrungen, die so manches Mal damit verbunden sind. Dabei sollte man jedoch keine gänzlich realistische Geschichte erwarten, sondern sich einfach von der schönen Art zu erzählen bezaubern lassen.

Das Cover ist traumhaft. Titel und Blütenblätter sind plastisch erhoben und schön farbenfroh. Mich hat es sofort angesprochen. Gut gefällt mir auch, dass es am Ende des Buches eine ganze Reihe von Rezepten aus dem Elsass gibt. In die Geschichte fließt immer mal wieder nebenbei ein, was die Familie von Madame Nanon isst. Ich konnte mir darunter nicht immer etwas vorstellen und habe die Rezepte deshalb als Bereicherung empfunden. Die Atmosphäre des Elsass wird auch durch einige Sätze und Redensarten auf "elsässisch" eingefangen.

Erzählt wird die Handlung im Rückblick von der 92-jährigen Madame Nanon. Sie erzählt dabei amüsant, witzig und sympathisch. Von der ersten Seite an habe ich mich gut aufgehoben gefühlt und ihrer Stimme gern gelauscht. Verstärkt wurde das dadurch, dass sie an mancher Stelle mich als Leserin direkt angesprochen hat. Durch die scharfsinnigen und teils lustigen Beobachtungen und Schlüsse, wird die Geschichte kurzweilig und fliegt nur so dahin.

Madame Nan hat vier Töchter, die zum Zeitpunkt der erzählten Ereignisse noch alle bei ihr wohnen. Marie, ihre älteste Tochter, erfindet zusammen mit Malou, ihrem Freund, Liebesbomben. "Da zerplatzt einem das Glück im Hirn, wenn man die nimmt." Schon nach kurzer Zeit führen diese kleinen Kügelchen zu turbulenten Ereignissen im Dorf und einer großen Welle der Liebe. Einzig Madame Nan und ihr Schwarm Monsieur Boberschram scheinen nicht so viel Glück zu haben.

Besonders gefallen haben mir die sehr individuellen Charaktere, die eine große Lebendigkeit mitbringen und die herrlich direkte und unverblümte Art, in der das Dorfleben, die Auswirkungen der Liebebsbomben und all die Menschen dort, beschrieben sind. Auch der Umgang der vier Mädels von Madame Nan untereinander und mit ihr war schön zu beobachten. Die Geschichte war kurzweilig und hat mich insgesamt mit einem guten Gefühl zurück gelassen.

Was mir jedoch nicht ganz so gefallen hat, waren die Liebesbomben selbst, weil diese als Voodoo-Zauber dargestellt werden und ich das Buch unter diesen Voraussetzungen wohl nicht gekauft hätte. Zudem werden im Verlauf der Handlung einige Dinge wiederholt. Teils werden sie zwar an anderer Stelle dann ausführlicher und mit mehreren Details erzählt, aber ich hätte es mir etwas kompakter gewünscht.

"Wie uns die Liebe fand" von Claire Stihlé ist ein humorvoller, lebendiger Roman, der sich schön liest. Von mir gibt es eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 25.05.2020
Pandatage
Gould-Bourn, James

Pandatage


ausgezeichnet

"Pandatage" von James Gould-Bourn ist ein echter kleiner Buchschatz. Auf der einen Seite ist der Roman sehr rührend und zu Herzen gehend und auf der anderen Seite herrlich beschwingt und amüsant. Eine gelungene Mischung, die das Lesen zum Vergnügen macht.

Schon der Schutzumschlag und der Einband der gebundenen Ausgabe machen gute Laune und haben mich begeistert. Ich mag das Farbkonzept und die beiden Personen mit dem beschwingten Schritt auf dem Cover.

Auch der Schreibstil ist überzeugend. Es wird geschickt mit Vorausblicken gearbeitet, was die Spannung offen hält. Zudem liegt über allem eine gewisse Leichtigkeit und Humor, so dass die emotionalen Passagen nicht zu schwer wiegen und dem Buch nicht die angenehme Leichtigkeit nehmen.

Danny fällt es schwer sein Leben nach dem Tod seiner Frau zu meistern. Dadurch gelingt es ihm nicht, seinen Sohn in dessen Trauer aufzufangen. Beide leben nebeneinander her und drohen immer mehr auseinanderzudriften. Doch dann verliert Danny den Job und droht auch noch die Wohnung zu verlieren. Er verkleidet sich als tanzender Panda, um damit den Lebensunterhalt für sich und seinen Sohn Will zu bestreiten. Was zunächst als weiterer Schicksalsschlag erscheint, führt doch ganz allmählich zu etwas guten.

Vater und Sohn sind perfekt unperfekt beschrieben und dadurch unheimlich sympathisch. Trotz aller kleiner Macken ist es einfach unmöglich, die beiden nicht lieb zu gewinnen. So geht es auch Krystal, die anfangs einfach nur genervt von Danny ist, ihn dann aber nach und nach doch schätzen lernt. Sie versucht ihm tanzen beizubringen und besticht dabei mit ihrer frechen, vorlauten Art. Auch wenn es manchmal etwas unter die Gürtellinie geht, muss man auch sie einfach mögen. Und dann sind da noch Ivan, der beste Freund von Danny und Mo, der beste Freund von Will. Beide sind ebenfalls starke Charaktere, die die Geschichte erheblich bereichern und an mancher Stelle für einen herzlichen Lacher, aber auch rührende Momente sorgen.

Besonders toll fand ich, dass die Handlung nahezu völlig frei von Klischees und nicht vorhersehbar war, sondern mich überraschen konnte.

"Pandatage" von James Gould-Bourn ist ein tolles Buch, das große Freude beim Lesen bereitet. Ich kann eine klare, uneingeschränkte Leseempfehlung aussprechen.

Bewertung vom 16.05.2020
Die verlorene Tochter der Sternbergs
Correa, Armando Lucas

Die verlorene Tochter der Sternbergs


gut

"Die verlorene Tochter der Sternbergs" von Armando Lucas Correa ist ein intensiver, tragischer Roman, der bewegt und nachdenklich stimmt.

Das Cover finde ich großartig und es hat mich sofort angezogen, weil ich wissen wollte, was es mit dem kleinen Mädchen vor dieser bedrückenden Kulisse auf sich hat. Auch die Gestaltung der Kapitel und Abschnitte finde ich sehr gelungen. Zudem ist durch eindeutige Orts-und Zeitangaben immer klar, wo in der Handlung man sich gerade befindet.

Der Schreibstil gefällt mir gut. Es ist leicht der Handlung zu folgen, dennoch entwickelt sich eine gewisse Spannung und einige Sätze sind wunderschön formuliert. Außerdem mag ich es, dass persönliche, emotionale Briefe mit in die Handlung einfließen. Das bildet einen guten Rahmen für die eigentliche Schilderung und verbindet gelungen die Vergangenheit mit der Jetzt-Zeit.

Zu großen Teilen spielt die Handlung in der Vergangenheit. Umrahmt wird dies von kurzen Episoden der Gegenwart. Élise Duval ist eine der Hauptprotagonistinnen des Buches. Zu Beginn lernt man sie als ältere Frau in einem Moment kennen, in dem die Vergangenheit unvermittelt auf sie hereinbricht. "Vielmehr tat sich eine Vergangenheit auf, die sie nicht länger fernhalten konnte, ein Schatten, der über ihrem Leben gehangen hatte[...]". Schnell findet der Leser sich dann in ebendieser Vergangenheit wieder. Dabei begleitet man das Schicksal der Familie Sternberg während der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Haben sie anfangs als jüdische Familie in Deutschland nur mit subtilen Anfeindungen zu tun, steigert sich dies schnell so sehr, dass sie die gemeinsame Flucht planen. Tragischerweise werden sie dabei getrennt. Während großer Teile des Buches verfolgt man daher das Leben von Amanda und Lina Sternberg in Frankreich. Viera Sternberg, die ältere Tochter, ist zwar immer unterschwellig präsent, ihre Geschichte wird aber nicht weiter verfolgt. Die Charaktere werden nahezu sachlich geschildert, ihre Emotionen bleiben oft verborgen. Gerade die nicht zu stark ausformulierte Emotionalität der Charaktere war für mich passend. Die Gräuel sind so schon schrecklich genug und sicher kann man oft nur überleben, indem man seine Gefühle dämpft.

Durch die eindringliche Schilderungen des Lebens der Zeit des Krieges wird wieder bewusst, was für eine schreckliche, menschenunwürdige Zeit es war. Dieser Roman beleuchtet besonders den Aspekt, welche Auswirkungen die Flucht aus Deutschland auf die Familien hatte. Die Enrwurzelung, das Fremdsein, der Verlust des Eigentums, der Familie, der Freunde. Und dann holt der Krieg Ananda und Lina doch wieder ein. Egal wie viele Bücher ich schon gelesen habe, die Schrecken des Zweiten Weltkrieges verblassen nicht. Auch hier macht es mich wieder sprachlos, wie Menschen beginnen ihre Nachbarn zu denunzieren, wie Menschen sich über andere erhaben fühlen, wie Menschen zu solcher Brutalität bereit sein können. Wo ist in solchen Momenten nur alles menschliche hin, was uns doch ausmacht?

Insgesamt hätte ich mir gewünscht noch mehr über Viera zu erfahren. Wie der Titel schon vermuten lässt, ist sie wirklich die "verlorene Tochter" und nimmt kaum Raum ein. Auch einige ausführlichere Beschreibungen und deutlichere Schilderungen von Zusammenhängen wären schön gewesen. Dennoch hat mich der Roman insgesamt berührt und ist ein weiterer wertvoller Beitrag gegen das Vergessen.

Für "Die verlorene Tochter der Sternbergs" von Armando Lucas Correa kann ich eine Leseempfehlung aussprechen. Lesern, die Romane mit wahrem historischen Bezug und Tiefe schätzen, könnte dieser Roman gefallen.

Bewertung vom 11.05.2020
Die Muskatprinzessin
Driessen, Christoph

Die Muskatprinzessin


sehr gut

Spannender historischer Roman voller intensiver Eindrücke - "Die Muskatprinzessin" von Christoph Driessen hat mich eindrucksvoll in eine längst vergangene Zeit entführt. Besonders gut gefallen hat mir, dass es reale historische Vorbilder für die Romanfiguren gibt, die dann in die fiktive Handlung eingeflochten wurden.

Der Schreibstil ist sehr authentisch, da Begriffe aus dem 17. Jahrhundert verwendet und die Lebensumstände, Sichtweisen und Glaubenssätze sehr gut beschrieben werden. Dabei fällt das Lesen dennoch nicht schwer, sondern es ist von Anfang an leicht sich in der Handlung zurechtzufinden. Durch die bildhafte, detailreiche Sprache ist es umso spannender das damalige Leben in Amsterdam, die achtmonatige Schiffsreise und dann das Leben in Ostindien mitzuverfolgen. Obwohl vieles vom heutigen Standpunkt aus fremd wirkt, ist es doch ein wertvoller Einblick in eine gänzlich andere Welt. Die Erzählung ist dabei bis ins letzte Detail zeitgemäß - das Essen, die Kleidung, die Sprache, Kinderlieder, Hygienegewohnheiten, medizinische Versorgung und anderes.

Die Hauptprotagonistin Eva Ment mit ihren langen roten Haaren mit einem Stich Orange wirkt von Anfang an sympathisch. Auch wenn sie den damaligen Vorstellungen von der Rolle der Frau und der Macht des weißen Mannes aufgrund ihrer Herkunft ein Stück weit verbunden ist, zeigt sie großen Anstand und begehrt so manches Mal gegen Ungerechtigkeit auf. Ihren Weg von einem jungen unbedarften Mädchen zu einer starken, mutigen Frau zu verfolgen, ist sehr mitreißend und faszinierend.

Weniger sympathisch hingegen ist ihr Ehemann Jan Pieterszoon Coen. Er regiert als Generalgouverneur mit eiserner Hand und spielt sich an mancher Stelle als Richter auf. Und dies, obwohl er selbst bei weitem nicht fehlerfrei ist. Mit all seinen Schwächen bietet er ein gutes Gegendbild zu Eva.

Ich war davon ausgegangen, dass Evas Entwicklung und ihr Fortkommen von Coen noch präsenter sein würde. Der verhältnismäßig große Abschnitt der Reise nach Indien hat sich daher für mich etwas in die Länge gezogen. Aber auch wenn ich anderes erwartet habe, war es dennoch interessant zu lesen, wie beschwerlich Reisen zur damaligen Zeit war. Und umso spannender waren die Beschreibungen von Amsterdam und dem damaligen Batavia.

"Die Muskatprinzessin" von Christoph Driessen kann ich allen Lesern empfehlen, die gern historische Romane mögen und sich auf eine spannende und kurzweilige Reise in eine exotische Welt begeben wollen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.05.2020
Die kleinen Geheimnisse des Herzens
Anderson, Celia

Die kleinen Geheimnisse des Herzens


gut

"Die kleinen Geheimnisse des Herzens" von Celia Anderson ist ein kurzweiliger Wohlfühlroman mit einem Funken Magie.

Das Cover ist einfach zauberhaft und wird bei mir quer im Regal stehen, so dass man es gut sehen kann. Nachdem ich das Buch gelesen habe, empfinde ich Titel und Bd zudem als sehr passend.

Ich war sofort von der Geschichte in den Bann gezogen und wollte mehr über die Protagonisten erfahren. Der Schreibstil macht es leicht, der Handlung zu folgen. Mir gefällt der chronologische Aufbau, die eingeflossenen Briefe und die präzise Sprache. Zudem wird ein angenehmer Spannungsbogen aufgebaut, so dass es bis zum Ende spannend war, der Geschichte zu folgen. Die Landschaft und die Personen werden detailliert beschrieben, dadurch entstand schnell ein klares Bild während des Lesens.

Die Charaktere sind interessant, lebensnah und mit einigen Eigenheiten gezeichnet.
May besitzt eine besondere Gabe, die sie jung erhält und es ihr ermöglicht hat, 110 Jahre alt zu werden und dabei noch erstaunlich fit zu sein. Ihr erklärtes Ziel ist es jetzt auch noch 111 Jahre alt zu werden. Dabei nimmt sie zunächst wenig Rücksicht auf Verluste. Und dies nicht nur im buchstäblichen Sinne des Wortes, klaut sie doch ihren Nachbarn Gegenstände, sondern auch emotional. Anfangs war May deshalb nicht besonders sympathisch. Beim Lesen schwankte ich zwischen Faszination, weil ihre Gabe den Roman aufgelockert und spannend gemacht hat und Abscheu, weil andere darunter leiden müssen. Glücklicherweise hat May während des Romans eine schöne Entwicklung gemacht, ohne dabei gänzlich unglaubwürdig zu sein. Einer der Gründe dafür ist Julia, ihre Nachbarin, die May ins Herz zu schließen beginnt.

Julia selbst fand ich von Anfang an bezaubernd. Auch wenn sie es nicht mag, dass ihre Enkelin Emily sie altmodisch nennt, finde ich gerade das so sympathisch. Sie ist sehr lieb, hat ein großes Herz, kann gut mit Kindern umgehen und backt oder kocht leckere Sachen - die perfekte Oma. Aber Julia ist noch viel mehr als das und es ist schön zu verfolgen, wie sie im Laufe des Buches immer mehr bei sich ankommt und immer glücklicher wird.

Während des Lesens habe ich so manches Mal sehr herzhaft über die beiden älteren Ladys May und Julia lachen können. Während sich zwischen ihnen eine zarte Freundschaft anbahnt, planen sie gemeinsam eine Zukunft für Emily und den sympathischen alleinerziehenden Nachbarn Andy. Es ist herrlich zu beobachten, wie gerissen sie vorgehen, um ihre Vorstellungen, wie das Leben der jungen Leute zu laufen hat, durchzusetzen.

Emily selbst ist eine junge Frau, die sich für ihren Job aufopfert und sich gerade erst aus einer Beziehung mit einem verheirateten Mann befreit hat. Nach Pengelly ist sie nur während des Urlaubs gekommen, um bei ihrer Oma zu sein. Es ist leicht sich mit Emily zu identifizieren, da sie eine Reihe "moderner" Probleme verkörpert, die man gut kennt.

Andy ist ihrem Zauber schon länger verfallen, scheut sich jedoch davor, es Emily zu zeigen. Er kümmert sich hingebungsvoll um seine kleine Tochter und ist ein sehr hilfsbereiter Mensch.

Die Geschichte besticht durch einige neue Ideen, amüsante Passagen, sympathische, interessant angelegte Charaktere und eine gemütliche Atmosphäre. An mancher Stelle habe ich jedoch innerlich leicht aufgestöhnt. Es wird kein Klischee ausgelassen und einiges in die Geschichte gepackt, was schon fast überladen wirkt. Da wäre weniger mehr gewesen.

Mir hat das Buch dennoch insgesamt gut gefallen. Es fügte sich alles zusammen, wie ich es mir erhofft hatte und für mich sind am Ende keine Fragen offen geblieben. Ich fand es auch erfrischend, dass das Buch so manches Mal an der Grenze zu Fiktion war. Das war mal was anderes, hat mich gut unterhalten und mir beim Lesen ein gutes Gefühl gegeben.

"Die kleinen Geheimnisse des Herzens" von Celia Anderson ist eine erfrischende, angenehme Lektüre, die ich allen Lesern empfehlen kann, die sich gern einmal unkompliziert unterhalten fühlen