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Hilde
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Hildesheim

Bewertungen

Insgesamt 88 Bewertungen
Bewertung vom 29.01.2024
OUTLIVE
Attia , Peter

OUTLIVE


ausgezeichnet

Auf in ein langes Leben!
„Outlive“ von Dr. Peter Attia ist ein engagiertes und kenntnisreiches Bekenntnis zum Aufbruch in ein langes und gesundes Leben. Der Autor hat als Arzt genug theoretisches Wissen wie auch praktische Erfahrungen gesammelt, um uns Leser wach zu rütteln und uns aus dem Status Quo in eine bessere und gesündere Zukunft zu führen.

Im ersten Teil zeigt er uns auf, wie die Medizin sich von der Reparatur-Medizin der vergangenen Jahrzehnte weiterentwickelt zur Medizin 3.0, die uns individuell und präventiv bei der Entwicklung eines gesunden Lebensstils unterstützt, um die chronischen Krankheiten im Keim zu ersticken.
In Teil II zeigt er genauer auf, wie die Überfluss-Krise der modernen Lebensweise die Grundlagen für unsere wohlstandsinduzierten Krankheiten Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und neurodegenerative Erkrankungen legt. Zugleich erzählt er von seinem eigenen Weg, seinen Erkenntnissen, den Beobachtungen bei seinen Patienten und von den methodischen Problemen bei der Suche nach einer Lösung.
In Teil III erläutert er seine vier Säulen eines langen Lebens: Sport, Ernährung, Schlaf und seelische Gesundheit. Immer wieder stellt er sein eigenes Vorgehen in Frage und bemüht sich, anhand internationaler Studien die wirklich essentiellen Stellschrauben für ein gesundes langes Leben herauszufinden.

Das Buch zeigt seine lebenslange Begeisterung für dieses Thema und das Ringen um eine Lösung, die jedem einzelnen gerecht wird und sich nicht nur in allgemeinen Ratschlägen erschöpft. Der Text ist dadurch streckenweise etwas lang und stark von der persönlichen Betroffenheit geprägt, aber birgt einige Schätze auch für die Leser, die sich schon länger mit dem Thema beschäftigen.
Im wortreichen Fließtext droht aber einiges davon unterzugehen: Der Autor gibt leider oft nur Stichworte für die weitere eigene Recherche. Zudem wären eine Zusammenfassung der Erkenntnisse am Ende der Kapitel und tabellarische Übersichten über die relevanten Laborwerte hilfreich. So habe ich mit einem Leuchtmarker interessante Stellen markiert, damit ich eine Chance habe, die wichtigsten Erkenntnisse auf den 600 Seiten wiederfinden zu können, denn ich werde dieses interessante Buch bestimmt noch öfter in die Hand nehmen!

Bewertung vom 08.12.2023
Der Spion und der Verräter
Macintyre, Ben

Der Spion und der Verräter


ausgezeichnet

Spannende Spionagegeschichte
Ben Macintyre erzählt in seinem Roman „Der Spion und der Verräter“ die wahre Spionagegeschichte von Oleg Gordijewski. Dieser wächst in einer Familie auf, in der schon Vater und Bruder beim KGB sind, und wird dann selbst Agent für den sowjetischen Geheimdienst. Doch als er während seines Praktikums in Berlin den Bau der Mauer hautnah miterlebt, beginnt er am Kommunismus zu zweifeln. Später lassen ihn seine Erfahrungen während seines Dienstes in der russischen Botschaft in Dänemark die Vorzüge der westlichen Lebensweise und Vorteile der Demokratie kennen und schätzen lernen. Als 1968 sowjetische Truppen in Prag einmarschieren, bricht er mit dem KGB, bietet sich dem britischen MI6 als Doppelagent an und flüchtet schließlich 1985 unter dramatischen Umständen aus Moskau.

Dieser tatsachenbasierte Roman liest sich über weite Strecken wie ein spannender Spionagethriller, der uns in eine Welt des Verrats und der Täuschung entführt. Anfangs verwirren die vielen beteiligten Personen etwas, doch dies ist wohl der Komplexität der geschichtlichen Zusammenhänge geschuldet, insbesondere dem Dreiecksspiel zwischen den Geheimdiensten der USA, Großbritanniens und der Sowjetunion.
Mich hat vor allem fasziniert, in welchem Spannungsfeld und welch innerer Zerrissenheit der Spion lebt: Vieles von dem, was er denkt und tut, dürfen seine Kollegen und auch seine Familie nie erfahren. Sein Doppelleben ist mit großen psychologischen und emotionalen Herausforderungen sowie nervenaufreibenden lebensgefährlichen Risiken verbunden.
Außerdem besticht das Buch durch die gründliche Recherche, die sich auch im umfangreichen Quellenverzeichnis zeigt: So erhält der Leser neben der Spannung einen fundierten Einblick in die komplexen politischen Zusammenhänge während des Kalten Krieges.

Daher ist dieses Buch eine absolute Empfehlung für Spionagebegeisterte und Geschichtsinteressierte gleichermaßen, denn dies ist die spektakulärste Geheimdienstgeschichte des Kalten Krieges.

Bewertung vom 18.11.2023
Diagnose Lipödem?
Sprott, Caroline;Lipp, Anna-Theresa

Diagnose Lipödem?


gut

Nicht ganz überzeugend!
Caroline Sprott und Dr. Anna-Theresia Lipp haben sich als Autorenteam zusammengeschlossen, um ein Buch für Frauen zu schreiben, bei denen ein Lipödem diagnostiziert wurde. Das Motto des Buches steht schon auf dem Cover: Du bist nicht allein!
Caroline Sprott ist Healthfluencerin und Kompressionsmodel und erzählt ganz offen von ihrem eigenen Weg, ihre Krankheit und ihren Körper zu akzeptieren: Sie berichtet, wie sie lernte, ihr Selbstwertgefühl nicht von ihrer Körperform abhängig zu machen und selbstbewusst ihre Kompressionskleidung nicht nur zu tragen, sondern zum Bestandteil ihres modischen Styles zu machen. Sie verrät jede Menge Tricks vom leichteren Anziehen der Kompression, dem Umgang mit alltäglichen Problemen wie z.B. dem Toilettengang, bis zur Planung von Kuraufenthalten. Immer wieder fordert sie energisch zum Selbstmanagement auf: Du bist mehr als dein Lipödem! Du bist vielmehr als Deine Beine und Arme! Nimm Dein Leben in die Hand und lass Dich nicht unterkriegen! Diese zentrale Botschaft vermittelt sie immer wieder energisch und powervoll in den verschiedensten Facetten.
Frau Dr. Lipp ist ebenfalls von einem Lipödem betroffen, hat dieses zugleich zu ihrem Beruf gemacht und eine eigene Praxis mit dem Schwerpunkt Lipödem-Chirurgie eröffnet: Sie ergänzt in farblich abgesetzten Info-Blöcken medizinische Fakten: Wo kann ein Lipödem entstehen, wie finde ich einen Arzt, was hilft gegen die Schmerzen und vor allem wann wird eine Liposektion sinnvoll?
Dieses Konzept der gegenseitigen Ergänzung gefällt mir sehr gut. Auch die Vielzahl der Anregungen und der ganzheitliche Ansatz, sich mit dieser Krankheit auseinander zu setzen, ist ein wahrer Schatz für Betroffene.

Dennoch habe ich zwei Punkte, die mich massiv stören.
1. Der Fokus liegt ausschließlich auf dem Lipödem, obwohl sehr viele Frauen gleichzeitig unter einem Lymphödem leiden. Ein paar erklärende Passagen über Grenzen und Unterschiede hätte ich sehr sinnvoll gefunden. Noch besser eine dritte Autorin, die diesen Typus verkörpert hätte. Aber in diesem Buch findet sich nur der kurze Hinweis, dass eine Fettabsaugung ein fortgeschrittenes Lymphödem verschlimmern könnte (S.143) Das ist mir angesichts der Häufigkeit des gleichzeitigen Auftretens beider Krankheiten viel zu wenig!
2. Caroline Sprott erzählt viel über Body Positivity und Selbstakzeptanz, aber sie hat das Glück, trotz ihrer Krankheit eine gute, wohl proportionierte Figur zu haben. Und als Kompressionsmodel weiß sie sich mit einer Vielzahl von Kompressionsmodellen und modischer Kleidung perfekt in Szene zu setzen. Aber das ist leider nicht der Alltag derer, die um jede Bewilligung der Kompressionskleidung durch die Krankenkasse kämpfen müssen und auch sonst nur begrenzte Mittel für ihren Kleiderschrank zur Verfügung haben. Hier ist allen motivierenden Sprüchen zum Trotz Frustration vorprogrammiert, und der Druck auf die Frauen wird vergrößert, trotz ihrer Krankheit toll auszusehen. Daher finde ich diese gestylten Instagram-Fotos einfach weder ehrlich noch zielführend. Die Frauen mit Lipödem, die ich kenne, sehen anders aus und sollten sich doch eigentlich in diesem Buch wiederfinden können!

Bewertung vom 18.11.2023
Deine Küche kann nachhaltig!
Hirsch, Verena

Deine Küche kann nachhaltig!


ausgezeichnet

Das gute alte Wirtschaften!
Verena Hirsch vermittelt in ihrem Buch einen guten Einblick in den sinnvollen und wertschätzenden Umgang mit Lebensmitteln: Sie spannt den Bogen vom (regionalen und saisonalen) Einkauf über Vorratshaltung, Essensplanung bis zur Resteverwertung. Dabei ist sie angenehm ideologiefrei und setzt die richtigen Schwerpunkte. So weist sie zum Beispiel zurecht darauf hin, dass es unerheblich ist, ob die Gurke, welche in der Tonne landet, aus regionalem Anbau oder aus Spanien stammt. Wichtiger ist die Tatsache, dass sie erst gar nicht im Müll landen sollte. Auf diese Weise holt sie jeden Leser dort ab, wo er steht, und ermuntert ihn, die Schritte gehen, die ihm möglich sind und welche auch schon einen Unterschied machen für die persönliche Öko-Bilanz und bei der Vermeidung der Lebensmittelverschwendung in den Industriestaaten.
Sie gibt auch ganz praktische Tips und Rezepte für die Resteverwertung, Hilfestellung bei kleineren Missgeschicken und (besonders praktisch) eine Tauschtabelle zum Ersatz von Rezeptzutaten durch vorhandene Lebensmittel.

Als Endfünfzigerin mit einigen Jahrzehnten Haushaltserfahrung erzählt sie mir nicht viel Neues. Ich bin noch mit der Einstellung aufgewachsen, dass es die gute Hausfrau ausmacht, vernünftig zu wirtschaften, Essensplanung nach den regionalen und saisonalen Bedingungen auszurichten und auch aus begrenzten Vorräten noch etwas Nährendes und Schmackhaftes auf den Tisch zu bringen. Doch für die junge Generation ist ihr Buch bestimmt eine große Hilfe, aus unverarbeiteten, naturbelassenen Lebensmitteln zu kochen und wertschätzend mit ihnen umzugehen. So können die jungen Leute auch lernen, dass Erdbeeren zu Weihnachten weder sinnvoll noch schmackhaft sind und die hoch verarbeiteten Produkte aus den Laboren der Lebensmittelindustrie weder dem Körper noch dem Geldbeutel guttun. So greifen ökologische, ökonomische und physiologische Aspekte des Wirtschaftens optimal ineinander. Und der Instagram-Account der Autorin wird zusätzlich dazu beitragen, die richtige Zielgruppe zu erreichen. Perfekt!

Bewertung vom 18.11.2023
Welt in Aufruhr
Münkler, Herfried

Welt in Aufruhr


sehr gut

Tief schürfende Analyse


Herfried Münkler verspricht in seinem neuen Buch ‚Welt in Aufruhr‘ , die (Neu-) Ordnung der Mächte im 21 Jahrhundert zu erklären. In dieser Funktion war er mir aus dem Fernsehen bekannt, was mich als politisch interessierten Bürger zur Lektüre dieses Buches veranlasste. Ich erhoffte mir, ein wenig mehr (gedankliche) Ordnung und Durchblick durch das gegenwärtige geopolitische Chaos zu erhalten.

Herfried Münkler ist emeritierter Professor der Politikwissenschaft und schöpft unverkennbar aus einem sehr großen Fundus an Geschichtswissen und vermag seine Analyse tief zu verankern.
Kapitel 1 führte mich wie erwartet in diese Problematik und die Entwicklung seit dem Ende des kalten Krieges ein. Auch den Ausführungen zu Geopolitik und Weltordnung in Kapitel 2 vermochte ich zu folgen.
Kapitel 3 und 4 allerdings strapazierten meine Geduld und meinen Wissensdurst erheblich: Ich kann nicht nachvollziehen, ob es wirklich nötig ist, für das Verständnis der Gegenwart bis in die Antike und zum Alten Testament zurückzugehen. Meines Erachtens hätte ein Rückgriff z.B. bis in die Zeit der napoleonischen Kriege auch eine gute historische Basis dargestellt. In diesen Kapiteln nahmen auch extrem lange und verschachtelte Sätze überhand, die gespickt mit sehr fachspezifischen Fremdwörtern meinen Lesefluss zusätzlich ausbremsten.
Kapitel 5 und 6 dagegen erfüllten meine Erwartungen. Hier kommt Herfried Münkler in der Gegenwart an, und sein Schreibstil ist gut lesbar und spannend. Ich konnte viele neue Erkenntnisse gewinnen, die mir helfen, die geopolitischen Vorgänge besser zu verstehen.

Zusammenfassend komme ich zu dem Schluss, dass der Autor hier ein profundes Grundlagenwerk geschrieben hat, das Politik- und Geschichtswissenschaftler begeistern wird. Sie finden nach der Lektüre der 450 eng bedruckten Seiten noch weiterführende Anregungen und Quellen in 50 Seiten Anmerkungen und 20 Seiten Literaturangaben.
Doch ein ‚fachfremdes‘, nur allgemein historisch und politisch interessiertes Publikum wird sich streckenweise überfordert fühlen und hätte aus einem gestrafften Werk das Wissen schöpfen können, das es erhoffte.

Bewertung vom 20.10.2023
Das Glück liegt im Darm
Polster, Elisabeth

Das Glück liegt im Darm


ausgezeichnet

Höchst informativ
Elisabeth Polster beschäftigt sich in ihrem Buch mit den umfassenden Wirkungen der Darmgesundheit auf unseren gesamten Körper. Da ich mich als interessierter Laie schon länger mit dem Thema beschäftige, hat mich vieles nicht überrascht. Doch das erste Kapitel zu Mikrobiom, Verdauung und Darmbarriere hat mir doch einen hilfreichen Überblick verschafft und einige Zusammenhänge aufgezeigt. Insbesondere die Bedeutung der löslichen Ballaststoffe für die Erzeugung der kurzkettigen Fettsäuren Butyrat, Propionat und Acetat sowie die nährende Aufgabe der Buttersäure für die Mikroglia des Gehirns waren mir neu! Daher ist allein dieses erste Kapitel Grund genug, dieses Buch zu kaufen!
Das zweite Kapitel erläutert die Verbindung des Darms mit Leber, Immunsystem, Hirn und Haut. Auch hier ist das kenntnisreiche und ganzheitliche Denken der Autorin unverkennbar. Die Lektüre ist sehr inspirierend, weist auf einige wenig bekannte Zusammenhänge hin und motiviert zu weiteren eigenen Recherchen. Leider fehlen aber in beiden Kapiteln Verweise auf Studien und weiterführende Literatur zum Thema.
Kapitel 3 fordert den Leser auf, sein Mikrobiom kennen zu lernen: Kurze -ausführungen zu Darmsanierung und Symbioselenkung sowie zur Qualität von Probiotika führen in die Problematik ein, lassen den Leser aber letztlich hilflos zurück. Zu Recht weist Elisabeth Polster darauf hin, dass eine umfassende Diagnostik und Behandlung in die Hände eines erfahrenen Therapeuten gehört, doch hätte ich mir dennoch ein paar erste Informationen und allgemein gültige Ratschläge erhofft, da nicht jeder Leser so beträchtliche Probleme hat, sondern sich und seinem Darm vielleicht einfach etwas Gutes angesichts einer sich abzeichnenden Schwachstelle tun möchte. So etwa fehlen Angaben zu den Bakterienstämmen, die beim jeweiligen Problem bevorzugt in den Nahrungsergänzungsmitteln zu finden sein müssten.
Diese allgemeinen Tipps und Rezepte verspricht der vierte Teil: Die Autorin streift die Problemfelder Zucker, Weizen und Kuhmilch sowie Antinährstoffe und gibt allgemeine Verhaltensregeln zum guten Umgang mit unserem größten Organ. Auch die angebotenen Rezepte versöhnen mich etwas mit den Informationsdefiziten des dritten Kapitels. Aber leider können mich die letzten beiden Kapitel nicht so begeistern wie die ersten beiden.

Bewertung vom 20.10.2023
Baustellen der Nation
Banse, Philip;Buermeyer, Ulf

Baustellen der Nation


sehr gut

Gute Analyse
Philip Banse und Ulf Buermeyer nehmen in ihrem Buch die Baustellen der Nation unter die Lupe: Detailgenau und kenntnisreich führen sie uns die jahrzehntelangen Defizite in den Bereichen der Verkehrsinfrastruktur, Digitalisierung, Energiewende, Bildungspolitik und Rentensicherung vor Augen. Außerdem kritisieren sie die Folgen sozialer Ungleichheit, die lähmende Wirkung einer trägen Bürokratie und des zusätzlich bremsenden Föderalismus.

Ihre Ausführungen sind faktenbasiert und anhand vieler Artikel und Interviews belegt, so dass der Leser die erschreckende Analyse überprüfen und vertiefen kann. Dieser diagnostische Teil ist daher rundum gelungen.

Doch leider vertrauen die Autoren ihren eigenen Analysen offenbar nicht so ganz oder haben Angst vor der eigenen Courage, denn bei den angedeuteten Lösungsideen bleiben sie auf vertrauten Wegen statt konsequent den Ergebnissen ihrer Analysen zu folgen.

Anders kann ich mir nicht erklären, dass sie z.B. im Kapitel über die vorhersehbare Rentenlücke die individuelle Vorsorge mittels Investitionen in ETF-Fonds empfehlen, aber im Kapitel über die soziale Ungleichheit in das alte Klassenkampfschema zurückfallen und die vermeintlich zu geringe Besteuerung von Aktiengewinnen anprangern, die angeblich nur den ohnehin schon Wohlhabenden nutze. Sie können oder wollen offenbar nicht erkennen, dass individuelle Altersvorsorge mittels Aktien für die junge Generation der einzige Ausweg aus der zukünftigen Altersarmut ist, welcher mithilfe von kostengünstigen ETFs und Neobrokern auch gerade Geringverdienern offensteht. Aber diese Vorsorge muss durch einen Wegfall der Kapitalertragssteuer oder großzügige Steuerfreibeträge gefördert werden, zumal das hier investierte Kapital aus der eigenen Erwerbsarbeit stammt und bereits einmal versteuert wurde Bei dieser großen Baustelle kann und muss Deutschland noch viel (von seinen Nachbarn) lernen, damit seine Bürger Eigenverantwortung übernehmen und ein zentrales Problem unserer Nation lösen können!

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.10.2023
Nie gut genug
Curran, Thomas

Nie gut genug


sehr gut

Chance vertan!
Das Buch „Nie gut genug“ des britischen Psychologen Thomas Curran beschäftigt sich wie im Untertitel angekündigt mit dem um sich greifenden Perfektionismus und seinen Folgen sowie der Frage, wie wir uns vom Selbstoptimierungsdruck befreien können. Bereits der erste Blick in die Gliederung zeigt allerdings, dass die Analyse des Status Quo mit gut 240 Seiten den größten Raum einnimmt, während der Teil mit den Lösungsperspektiven mit nur 50 Seiten erheblich sparsamer ausfällt.

Currans Analyse des individuell vorhandenen und gesellschaftlich verstärkten Perfektionismus ist sehr kenntnisreich und basiert auf unzähligen Biografien und Studien, betrachtet private Lebensverhältnisse genauso wie berufliche Erfahrungen in verschiedenen Branchen. Besonders die verstärkende Wechselwirkung zwischen persönlichem Selbstoptimierungsbedürfnis und gesellschaftlichem Druck wird geradezu beängstigend genau beschrieben, so dass sich der Leser die bange Frage stellt, wie er diesem Wechselwirkungsgeflecht je entkommen kann.

Doch wer sich vom Buch konkrete Lösungsvorschläge erhofft, wird leider enttäuscht. Die Quintessenz der letzten Seiten mündet letztlich in zwei Themenkomplexe: Zum einen in der Forderung nach einem Bewusstseinswandel, i.e. der Bereitschaft, die eigenen Mängel und Misserfolge als Teil unseres Menschseins zu akzeptieren. Und zum anderen in einer Kapitalismus-Kritik, welche die berechtige These ausstellt, dass es ein ständiges Wohlstandswachstum nur auf Kosten von Mensch und Umwelt geben kann und ein sinnvolles Maß die bessere Alternative darstellt. Allerdings wird der Autor hier immer ungenauer und pathetischer: „Wirtschaftswachstum – verewigt in Einheiten des Bruttoinlandsprodukts – ist der allmächtige weltliche Gott. Wir beten an seinem Altar und heben ihn auf einen vergoldeten Sockel, wo er über allen Dingen thront. Was immer die Wirtschaft für ihr Wachstum benötigt, wird ihr bedingungslos dargebracht, ungeachtet der Kosten für Mensch und Umwelt.“ (S.270)
Schade! Etwas mehr wissenschaftliche Distanz und Rückbesinnung auf sein eigenes Fach hätten seinen Lesern hier mehr geholfen, sich aus den Zwängen zu lösen, die sich daraus ergeben, sich nur über die eigene Leistung zu definieren. Die gute Analyse der ersten 240 Seiten wäre eine gute Basis, sich guten Gewissens von den übertriebenen Ansprüchen der Arbeitswelt zu distanzieren und diese auf ein gutes und sinnvolles Maß zurückzuschrauben. Und der Psychologe Curran hätte seinen Lesern das nötige Handwerkszeug dafür geben können. Doch diese Chance hat er meines Erachtens leider vertan.

Bewertung vom 05.09.2023
KRYO - Die Verheißung
Ivanov, Petra

KRYO - Die Verheißung


ausgezeichnet

Menschlicher Optimierungswahn!
Der Thriller Kryo – die Verheißung ist der erste Band der Kryo-Trilogie von Petra Ivanov. Julia Sanders hat mit ihrer Vergangenheit abgeschlossen und auch ihrem jetzigen Ehemann nicht verraten, was genau geschehen ist und wer der Vater ihres Sohnes Michael ist, welchen sie gemeinsam aufgezogen haben. Doch nun ist Michael verschwunden und die Sorge um ihren Sohn ist größer als die Angst vor den Schatten der Vergangenheit. Also begibt sich Julia auf die Suche und wird konfrontiert mit der Skrupellosigkeit international agierender Forscher und Verbrecherorganisationen, die alle auf der Suche nach der Optimierung und Verlängerung menschlichen Lebens sind und dafür buchstäblich über Leichen gehen…
Im Roman gelingt eine gute Balance zwischen Thriller-Spannung und Denkanstössen zu den ethischen und gesellschaftspolitischen Konnotationen des technisch bereits machbaren und der noch weiter gehenden Forschungen zum Thema…. Die Anzahl der beteiligten Personen an verschiedenen Schauplätzen und ihre Verstrickungen sind gerade zu Beginn undurchschaubar und verlangen dem Leser einiges ab. Die Personenübersicht auf den ersten Seiten ist hier eine gute Orientierungshilfe. Nach und nach fügt sich alles zu einem stimmigen Bild, und erste Vermutungen zu den Zusammenhängen stellen sich ein. Das Ende des ersten Bandes ist dann noch kein wirklich fulminantes Finale. Dies ist wohl der Tatsache geschuldet, dass noch zwei Bände folgen und hier bewusst die wirklich spannenden Fragen unbeantwortet bleiben sollen.
Ich bin auf die Fortsetzung gespannt: sowohl bezüglich der Auflösung der offenen Fragen im Rahmen des Handlungsplots als auch auf die Komplexität und Ausgestaltung des Themas Bewusstseinsspeicherung und Konservierung des Körpers. Wählt die Autorin eine realitätsnahe Beschreibung oder eine science-fiction-artige Übersteigerung oder nimmt das Thriller-Genre überhand?

Bewertung vom 05.09.2023
12 Gesetze der Dummheit
Beck, Henning

12 Gesetze der Dummheit


ausgezeichnet

Bin begeistert!
Henning Beck stellt in seinem Buch ‚12 Gesetze der Dummheit‘ Denkfehler vor, die vernünftige Entscheidungen in der Politik und bei uns allen verhindern. Dieser Buchtitel mag auf manchen erst etwas überheblich klingen, doch der Autor und Neurowissenschaftler wird diesem Anspruch gerecht!
In den 12 Kapiteln des Buches stellt er keineswegs nur 12 Thesen zu diesem Thema auf, sondern erläutert eine Vielzahl an Zusammenhängen, die uns zu falscher Wahrnehmung, unausgewogenen Entscheidungen und suboptimalen Lösungen führen. Diese untermauert er nicht nur kenntnisreich mit unzähligen Studien, die er im Anhang nachweist, sondern setzt die einzelnen Phänomene auch untereinander in Beziehung, bringt Beispiele aus Alltag und Geschichte und veranschaulicht alles mit kleinen Experimenten und lustigen Bonmots.
So liest sich das Buch sehr flüssig und unterhaltsam, und der Leser kann schon nach der ersten Lektüre viele neue Einsichten für sich gewinnen. Doch ich bin mir sicher, dass dieses Buch auch eine wiederholte Lektüre verdient, denn es wird uns jedes Mal erneut auf Denkfehler aufmerksam machen, die sich bei uns eingeschlichen haben, weil uns unser Gehirn und unsere Denkgewohnheiten immer wieder einen Streich spielen! Daher wird dieses Buch einen dauerhaften Platz in meinem Regal finden!