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zeilen_drama

Bewertungen

Insgesamt 40 Bewertungen
Bewertung vom 12.10.2023
Das Mosaik meines Lebens
Wiebusch, Michaela

Das Mosaik meines Lebens


sehr gut

Das wunderschöne Cover hat mich sofort hat mich sofort in seinen Bann gezogen. Weitere Bilder in den Umschlagseiten und in der Geschichte, alle in Blautönen gehalten, geben Archetypen ein Gesicht oder spiegeln die Situation wieder.

232 Seiten geben eine Erzählung von Michaela Wiebusch wieder, die sich an den zwölf Archetypen orientiert. Diese wurden bereits in den 30er Jahren dokumentiert und in eine wundervolle Geschichte eingebettet.
Der Schreibstil ist leicht und kurzweilig. In 19 Kapitel unterteilt erfährt der Leser von der Protagonistin Lisa, wie unglücklich sie mit ihrem Leben ist und aus alten Pfaden ausbrechen möchte.
In Griechenland findet sie am Urlaubsort ihrer Kindheit, nicht nur die alt Vertraute "Tante Ju" wieder, sondern auch eine Kapelle mit dem Mosaik des Lebens.
Von Tante Ju wird sie darin eingeführt und entdeckt ihre Archetypen.
Sie erkennt, wie sie diese für ihr eigenes Glück und Veränderung nutzen kann.
Die Erzählung endet damit, dass Lisa neue Verhaltensmuster in ihrer Ehe ausprobiert und sich selbst und ihr Leben besser steuern kann.
Im Anschluss werden alle zwölf Archetypen noch einmal stichwortartig vorgestellt.
Eine wirklich wundervoll berührende Geschichte, in der ich mich selbst entdecken durfte.
Mit der Darstellung der weiblichen Archetypen richtet sich das Buch wohl direkt an Frauen (es sei denn, Männer möchten ihre Frauen besser verstehen).
Leider fehlt für mich der Hinweis auf männliche Archetypen sowie Quellen (von der Datierung) ursprünglicher Archetypen.
Aber vielleicht wird es ja einen zweiten Band geben, der für Männer geschrieben ist!?

Bewertung vom 11.10.2023
Die Wahrheiten meiner Mutter
Hjorth, Vigdis

Die Wahrheiten meiner Mutter


ausgezeichnet

Ein farbintensives Cover, welches schon Fragen aufwirft. Eine fensterlose Hauswand im Licht. Die Umgebung in Blautönen gehalten. Vielleicht die blaue Stunde? Ist es in Wahrheit fensterlos oder nur von der einen Seite? Liegt die Wahrheit nicht immer in der Perspektive?
Meine Gedanken gleiten schon ab. Vielleicht, weil mich Vigdis Hjorth mit ihrem Schreibstil so gepackt hat. Sie schickt ihre Protagonistin Johanna fast ohne Requisiten, mit wenig wechselnden Bilder alleine auf die Bühne und der Leser, fast schon Zuschauer, darf teilhaben an Johanna's Gedanken und Gefühlen, der Aufarbeitung ihrer Kindheit und ihrem Werdegang und immer, immer wieder zu dem Moment, als sie Familie (einschließlich Ehemann und Eltern) ohne Abschied spontan verließ.
Ihre Zerrissenheit, Wut, Ohnmacht, Schuldfragen, Ängste, all das macht sie mit sich alleine aus. Sie wiederholt Fragen in nur einem Absatz. Andere Seiten sind nur mit 1-3 Sätzen gefüllt um bewusst das Zeit,-oder Denkkarussell zu unterbrechen.
Erstaunlich, wie es Vigdis Hjorth gelingt, allein die Absicht von Johanna ihre Mutter anzurufen, auf rund 20 Seiten beschreiben kann, ohne langatmig zu wirken.
Diese intensive und teilweise auch drastische Darstellung einer erwachsenen Frau und Mutter, die aber mit ihren Sehnsüchten, Ängsten, Schuldzuweisungen noch tief mit ihrer Kindheit steckt, zieht sich konsequent durch die Geschichte.
Allein in ihrer Hütte im Wald findet sie einen (seelischen) Ruhepol.
Ihr Sohn, ihre Schwester und selbst die Mutter (um die sich doch all ihr Denken und Sehnen dreht) bleiben, bis auf kurze Sequenzen, unnahbar. Nur der Leser kann sie durch Mitgefühl oder Verständnis auch ihre Perspektive einnehmen.
Für mich ein absolutes Lese-Highlight! Zurecht nominiert für den International Booker Prize 2023!

Bewertung vom 02.10.2023
Die graue Stadt
Kuhlmann, Torben

Die graue Stadt


ausgezeichnet

Torben Kuhlmann hat mit diesem Kinderbuch ein erstaunlich gesellschaftskritisches Werk geschaffen!
Die Illustrationen führen den Leser in eine graue Stadt. Hier ist tatsächlich alles grau. Jedes Gegenständliche, selbst der Himmel und vor allem die Gesinnung. Und die gibt es in allen Facetten, dargestellt durch unterschiedlichste Farbnuancen an Grautönen in Farbtuben.
Grau steht für Anpassung, Disziplin, Unterordnung. Ein kleines Mädchen, das neu zugezogen ist, rebelliert in gelber Regenjacke, findet Gleichgesinnte und Verbündete und deckt den Trugschluss dieses Systems auf.
Am Ende gelingt es ihr, zusammen mit ihrem Freund, die Stadt in neue Farben zu tauchen. Gleichzeitig wird es auch ein Befreiungsschlag gegen das graue Regime sein. Eine bunte Gesellschaft gelingt nur dann, wenn jeder Einzelne sich frei entscheiden kann, in welchen Farben er sich ausdrücken und leben möchte. Je bunter diese Mischung ist, um so vielfältiger und bereichernder für das Miteinander!
Ein wichtiges Buch in der heutigen Zeit! Angegeben ist das Lesesalter ab 8 Jahren, empfehlenswert aber sicher auch für alle Erwachsenen.
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Bewertung vom 29.09.2023
Tränen, Liebe, Lebensgier
Hagen, Kimberly

Tränen, Liebe, Lebensgier


sehr gut

Ein Trauertagebuch! Geschrieben von Kimberly Hagen, wohl der Münchner Prominenz angehörend, welches sie mit dem Leser teilt. Weder K. Hagen, noch Rainer Maria Schießler, waren mir bekannt aber in die Trauer eint uns alle als Schicksalsverbündete.
So einzigartig wie Trauer ist, ist auch dieses Buch eine ganz persönliche Geschichte und inwieweit sich dort ein Leser wiederfindet, ist wohl seiner eigenen Trauer, seinem Umfeld oder auch seinem Lebensstandard geschuldet.
Der Schreibstil ist leicht, teilweise mit einem erfrischend jugendlichen
Sprachjargon.
Am Anfang lässt sich der überwältigende Schmerz, den K. Hagen, nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes durch eine Routine-OP erfährt, gut mitfühlen.
Der weitere Verlauf und der Umgang mit ihrer Trauer ist ihrer ganz persönliche Geschichte und kaum übertragbar auf andere Trauernde. Aber vielleicht hilft es anderen, ihren eigenen Weg zu finden und neue Lebensmut zu gewinnen!

Bewertung vom 19.09.2023
Schneekinder
Langer, Andreas

Schneekinder


sehr gut

Ein Cover, welches eine so verlockende Schneelandschaft in zarten Grautönen darstellt und doch so trügerisch. Denn hier sind Kinder auf der Flucht!
Was als Fantasy-Abenteuer ab 11 Jahren deklariert wird ist viel mehr als das. Es ist eine berührende Geschichte von Kindern aus verschiedenen Dörfern, die alle ohne ihre Familien ihren Alltag meistern müssen, nachdem die Erwachsenen und Jugendlichen in den Krieg oder zu Hilfsdiensten eingezogen wurden.
Hier werden viele Ängste und Emotionen freigesetzt. Überforderungen, Hunger, Kälte, neue Hierarchien, selbstbestimmten Tod, Überlebensstrategien aber auch Vorurteile, Missgunst, Freundschaft, Vertrauen, Hoffnung, Gruppendynamik, Heimatgefühl,…
Besonders hat mir gefallen, das hier Mädchen/Frau die Führungsrolle übernehmen und oft die leisen, zurückhaltenden Stimmen die hilfreichen sind.
Die Kindergruppe, in der sich ein älterer Mann als Guru aufführt und die Mehrheit keine Kraft findet aufzubegehren, finde ich für dieses Lesealter fragwürdig. Auch die Steinwesen, vor denen die Kinder zunächst flüchten, könnten verstörend wirken.
Dieses Fantasy-Abenteuer ist wirklich spannend bis zum Ende. In den Details sehr realistisch beschrieben (wie ein Schlitten beladen wird, Brotbacken in Töpfen usw.) Allerdings würde ich das Lesealter später ansetzen.
Den Kindern hätte ich ein größeres Happyend gewünscht. Sie haben überlebt mit vielen Opfern, die aktuelle Bedrohung ist vorbei, nicht aber Krieg und fehlende Eltern und ein Zuhause.

Bewertung vom 12.09.2023
Eine glückliche Familie
Kabler, Jackie

Eine glückliche Familie


gut

Das Cover im Stil eines Jackie Kabler Buches, neutral gehalten und nicht der Geschichte geschuldet. Als Psychothriller muss ich ihn leider der seichteren Kategorie zuordnen.
Die Protagonistin Beth ist in ihrer schweren Kindheit, ihrer Entwicklung und Überforderung nach gescheiterte Ehe mit Job und zwei Kindern gut nachvollziehbar. Allerdings scheint sie mir oft zu naiv und trotz immer weiter zunehmender Probleme zu gelähmt in ihrer Wahrnehmung.
Als Leser zeichnen sich schnell die Verstrickungen der Hauptfiguren ab. Für einen taktisch gut durchdachten Psychothriller fehlt mir die Tiefe. Es fällt mir schwer mit Beth Panik, Todesangst oder Horror mitfühlen.
Von der eigentlichen Idee ist die Geschichte trotzdem gut aufgebaut. Sicher gibt es viele Menschen, mit ähnlicher Kindheitsprägung. Diese entstandenen Traumata verfolgen sie ihr Leben lang und beeinflussen ihr Tun und Denken, wie im Falle von Beth.

Bewertung vom 20.08.2023
Und wir tanzen, und wir fallen
Newman, Catherine

Und wir tanzen, und wir fallen


sehr gut

Das Cover hat harmonisch und leicht auf das Buch-Thema eingestimmt.
Das Auf und Ab des Lebens, eine volle oder leere Getränkedose. Eine zarte Blume in der Dose steckend zusammen mit einem Strohhalm. Was, wenn jemand nach und nach die Dose austrinkt?

Beim Lesen der Geschichte fragte ich mich oft, wann ist Ediś Lebensdose leer? Keiner kann in die Dose sehen, aber ganz langsam welkt die Blüte dahin.

Catherine Newman überließ der sterbenden Edi allerdings nicht allein die Bühne. Mit ihrer Freundin Ash, die sie seit Kindertagen in-und auswendig kennt und aus deren Sicht geschrieben wurde, sowie deren Familien entwickelte sich eine sehr lebhafte, teilweise leicht übertriebene, Darstellung einer Endzeit im Hospiz.

Natürlich wissen sowohl die Figuren als auch die Leser, worauf die Geschichte zusteuert aber jeden erfasst dieses Ende eben anders, wie im wahren Leben.
Ash empfand ich etwas zu dominierend und gerade in dieser Ausnahmesituation, indem sie sich mit Ediś Mann die Begleitung im Hospiz quasi teilte, wirkte sie oft egoistisch. Auch ihre "One-Night-Stands" und Liebhaber bereicherten nicht die Geschichte.
Leider blieb Ediś kleiner Sohn Dash zu sehr im Hintergrund, dafür musste Ashś pubertäre Tochter oft mit den Peinlichkeiten ihrer Mutter zurechtkommen und ihr eine Stütze sein.

Es gab natürlich durchaus Passagen, die mich emotional gepackt haben und gut die Realität eines Hospizes widergespiegelt haben. Die Vertrautheit der Freundinnen ihr Suchen und Schwelgen in Erinnerungen und das jegliche Fehlen von Berührungsängsten, selbst in den letzten Stunden hat mit imponiert.
Trotzdem hätte ich mir mehr Tiefgang gewünscht. Vielleicht spielte auch einfach das amerikanische Leben der Autorin mit ein.

Bewertung vom 26.07.2023
October, October
Balen, Katya

October, October


sehr gut

Das Cover besticht durch seine wilde Natürlichkeit. Eine Schleiereule in Hochglanz, dahinter die Protagonistin mit verträumten Blick in die Ferne. October, ein 11jähriges Mädchen, das mit seinem Vater abgeschieden im Wald lebt.
Die Geschichte, aus Sicht von October ist fast poetisch erzählt. Die Sprache leicht und altersgerecht, manchmal auch überschlagend wie das Gedanken,-und Gefühlskarussell bei October. Durch veränderte Schriftformen oder einzelne Wörter in Großformat wird dem Leser die Wichtigkeit der Worte präsent.
„Die Frau, die meine Mutter ist,…“ zieht sich durch die Geschichte und zeigt, wie lange es dauern kann, bis ein Kind wieder einem Elternteil vertrauen kann wenn es zutiefst enttäuscht wurde. Sich einfinden in eine neue Welt, loslassen annehmen, authentisch zu bleiben, Träume nicht aufzugeben und versöhnlich zu sein und noch Einiges mehr, vermittelt dieses Buch ganz nebenbei ohne belehrend zu wirken.
Mich selbst hat etwas gestört, das manches in der Geschichte widersprüchlich war. Solange sie im Wald leben, geht sie nicht zur Schule. Sie tauschen beim Bauern Gemüse gegen Milch und Eier. Sie fahren nur einmal im Jahr ins Städtchen zum Einkaufen. Aber sie besitzen Eiswürfel, Marshmallows, täglich kommt der Postbote und im Zoohandel kaufen sie für Stig ein. Trotzdem weiß sie nicht, wie man eine Hand schüttelt. Etwas irritierend aber zugleich verliert dadurch die Geschichte nicht ihren ganz eigenen Zauber. Empfehlenswert nicht nur für Mädchen!

Bewertung vom 16.07.2023
Luftmaschentage
Becker, Anne

Luftmaschentage


ausgezeichnet

Das Cover hat mich sofort angesprochen. Farbenfroh, etwas schräg und wie der Titel „Luftmaschentage“ gemacht, für zahlreiche Interpretationen.
Angesprochen sind Leser*innen ab 11 Jahren.
Man merkt der Geschichte an, daß sie von einer fachlich kompetenten Autorin (Förderschullehrerin) geschrieben wurde. Sie liest sich leicht und verständlich, unterteilt sich in Tage mit/ohne Ricci und Sprachnachrichten an sie.
Neben der eigentlichen Handlung, die aus dem Klappentext hervor geht, möchte ich kurz die Nebenschauplätze erwähnen.
Da ist zum einen die alte, inzwischen verstorbene Frau Loose, die Matea das Häkeln gelernt und sie mit Wolle versorgt hat. Sie scheint eine Schlüsselfigur zu sein, mit Verständnis für Mateas Sprachblockade und kann ihr mit Häkeln als Kommunikationsmittel, eine Brücke zu bauen.
Die Krake in Mateas Bauch, von Frau Loose als Fräulein Schüchtern bezeichnet, verdeutlicht den inneren Kampf mit eigenen Ängsten und die Macht der Gefühle. Dazu gesellen sich Probleme wie Mobbing, soziale Herkunft, Kinderarmut, Leistungsdruck und die immer weiter klaffende Schere zwischen arm und reich, behüteter und vernachlässigter Kinder.
Emphatische Lehrer, ähnlich tickende Erwachsene und Schüler (mit Tieren im Bauch), ein fürsorglicher Bruder und erste Gefühlsneigungen zu den Jungs der Klasse, sind positive Balancehalter.
Wie gut, das dieses Buch ein versöhnliches und hoffnungsvolles Ende hat und aufzeigt, wie wichtig jede einzelne Masche einer Handarbeit ist. Keine(r) sollte dabei verloren gehen!

Bewertung vom 29.06.2023
Ein Kind namens Hoffnung
Sand, Marie

Ein Kind namens Hoffnung


sehr gut

Cover und Titel passen gut zueinander und führen uns mit einem Zeitsprung in die deutsche Geschichte ab 1938.
Die Protagonistin Ella erlebt als Haushälterin hautnah mit, wie die jüdische Familie in der sie angestellt ist, von den Nazis verhaftet wird. Sie setzt alles daran, den kleinen Sohn der Familie zu retten und mit ihm zu fliehen.
Immer wieder lasse ich mich literarisch in die Zeit und auch in die menschliche Tragik des Krieges ziehen.
Anfangs sah ich die resolute Elly mutig und konnte mich gut mit ihr identifizieren.
Im Laufe der Geschichte fand ich jedoch, daß sie ihr Ziel, Leon zu retten, groß zu ziehen und ihm eines Tages seinen Eltern wieder zuführen zu können, zu überspitzt.
Sowohl ihren Ehemann, seinen Sohn Erich, den sie sogar aus dem Heim zurückholte, als auch ihre eigene Tochter, gab sie nicht diese Liebe wie Leon.
In dem Ende sehe ich die Erkenntnis, das oft die Hoffnung mehr wiegt als die Wahrheit. Da Elly, als auch Leon‘s Mutter, beide nicht den Mut aufbringen sich der Wahrheit zu stellen, haben sie Leons Leben stark geprägt/ beraubt und um sich die Hoffnung zu erhalten. Als Debütroman gut aber nicht überzeugend.