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Annis

Bewertungen

Insgesamt 39 Bewertungen
Bewertung vom 03.04.2023
Der treue Spion / Offizier Gryszinski Bd.3
Seeburg, Uta

Der treue Spion / Offizier Gryszinski Bd.3


sehr gut

Stimmungsvoller historischer Krimi

München, 1896: Major Gryszinski wird mit dem Vermisstenfall eines französischen Diplomaten betraut. Als dann noch eine Leiche, eine brisante technische Erfindung und ein russisches Hochstaplerpaar auftauchen, begibt sich der Ermittler auf eine Reise quer durch ganz Europa.
Zwanzig Jahre später stößt Gryszinskis Sohn Fritz mitten im ersten Weltkrieg auf neue Indizien zum Fall. Kann er endlich zu Ende führen, was sein Vater begonnen hat?

"Der treue Spion" ist bereits Uta Seeburgs dritter Kriminalroman rund um Major Gryszinski, man kann ihn jedoch gut ohne Vorkenntnisse lesen. Für mich war es das erste Werk der Autorin.

In den Schreibstil musste ich mich erst einmal hineinfinden. Alles wird sehr genau und detailliert beschrieben, insbesondere die jeweiligen Schauplätze. Sobald ich mich daran gewöhnt hatte, fühlte ich mich aber gut ins Europa Ende des 19. Jahrhunderts versetzt und konnte die Umgebung ganz genau vor mir sehen.
Die Spannung baut sich nur langsam und subtil auf, was ich als sehr angenehm empfand. Die Erzählart ist unaufgeregt, es gibt keine reißerischen Phrasen, keinen hektischen Showdown o.Ä., es ist ein eher ruhiger, dafür stimmungsvoller Krimi.
Die beiden unterschiedlichen Zeitstränge werden abwechselnd erzählt und nach und nach verknüpft Seeburg sie auf geschickte Weise miteinander, sodass sie gemeinsam ein Bild ergeben.
Die Auflösung war nicht vollkommen verblüffend, dennoch zufriedenstellend.

Insgesamt mochte ich die ruhige Grundstimmung, die Atmosphäre und die klassische Ermittlungsarbeit Gryszinskis sehr gerne, die historischen Fakten wurden erstklassig recherchiert und obwohl die Spannung an keinem Punkt Übermaß annimmt, ist "Der treue Spion" durchgehend kurzweilig. Die Mischung aus Fiktion und Historie ist hervorragend gelungen.

Für mich war es kein Highlight, aber definitiv ein unterhaltsamer Krimi. Das Lesen der beiden Vorgänger werde ich auf jeden Fall noch nachholen.

Bewertung vom 28.03.2023
Ich, ein Sachse
Meffire, Samuel;Kittstein, Lothar

Ich, ein Sachse


sehr gut

Intensive Biografie mit sehr privaten Einblicken

Samuel Meffire wurde 1970 als Afrodeutscher in Leipzig geboren und wuchs in der DDR auf. Er schaffte es, erster Schwarzer Polizist Ostdeutschlands zu werden, fiel dann tief und landete im Gefängnis.
In diesem Buch erzählt er im Rückblick seine bisherige Lebensgeschichte über Aufstieg, Fall und der Suche nach sich selbst.

Die Erzählung beginnt im Juli 2021: Meffires Tochter findet eine Kiste mit Erinnerungen. Daraufhin beginnt dieser, seinen Kindern aus seinem Leben zu erzählen.
Dabei gibt es immer wieder kurze Gegenwartssequenzen, die das Ganze auflockern und die Möglichkeit geben, einmal kurz aufzuatmen.
Denn in der Vergangenheit hatte der Autor es alles andere als leicht: Rassismus, Gewalt und Ablehnung gehörten zu seinem Alltag.

Meffire hat einen sehr ungezwungenen Schreibstil, man hat das Gefühl, man säße ihm gegenüber und er erzähle einem seine Geschichte persönlich.
Man erfährt schonungslos, offen und ehrlich von seinen intimsten Gedanken. Dabei hat man nicht das Gefühl, dass er sich in ein heroisches Licht stellen will; Meffire berichtet auch ganz klar von seinen negativen Seiten und inneren Dämonen.
Trotz all der ernsten Themen gibt es auch immer wieder Stellen, die einen schmunzeln lassen.

Ein kleiner Kritikpunkt ist für mich die massige Flut an Informationen und Details, mit denen man auf jeder Seite überhäuft wird: Es fiel mir ab und an schwer, nicht den Faden zu verlieren und ich musste sehr konzentriert lesen, um alles aufzunehmen.

Insgesamt ist es eine sehr lesenswerte, wichtige Biografie über Rassismus in Deutschland und einen Mann, der in seinem Leben so viele ungewöhnliche Erfahrungen gemacht hat, wie nur wenige andere.

Bewertung vom 24.03.2023
22 Bahnen
Wahl, Caroline

22 Bahnen


gut

Wie ein Sprung ins kalte Wasser

Tildas Leben ist durchgetaktet: Studieren, arbeiten, sich um ihre kleine Schwester Ida und die alkoholkranke Mutter kümmern. Zeit für sich selbst nimmt sie sich nur, indem sie tagtäglich ihre 22 Bahnen schwimmt - bis Viktor in ihr Leben tritt und alles durcheinanderwirbelt.

Ich mochte den Anfang des Buches sehr. Caroline Wahl startet ihren Debütroman "22 Bahnen" wie einen Sprung ins kalte Wasser: man ist direkt drin im Geschehen, mitten in Tildas durchgeplantem Alltag.

Die Autorin bringt außerdem Tildas Liebe zur Mathematik von Beginn an durch verschiedene Stilmittel zum Ausdruck: jegliche Zahlen werden nicht ausgeschrieben, die Sätze sind kurz und präzise, Dialoge werden ohne gefühlsbetonte Adjektive einfach in Drehbuchform niedergeschrieben.
Dies haben einige kritisiert, ich fand jedoch, dass es Tildas Charakter sehr gut unterstreicht.
Ebenso passend ist der sehr jugendlich klingende Schreibstil, auch wenn die vielen Anglizismen beim Lesen gewöhnungsbedürftig sind, spiegelt es sehr treffend die Sprache der Generation wider.

Nicht so gut gefallen haben mir die Charaktere: Ich fand sie alle schlicht sehr stereotyp; die große Schwester, die die Mutterrolle übernimmt, der unnahbare junge Mann mit dunkler Vergangenheit, der Vater, der einfach die Familie verlässt usw.
Es kam mir so vor, als hätte man die Figuren aus einem beliebigen Familiendrama genommen und hier eingefügt.

Der größte Plot in der Geschichte ist, wie Tilda versucht, sich aus ihrem prekären Alltag zu befreien, ein eigenes Leben zu führen und ihren eigenen Träumen zu folgen, ohne dabei ihre kleine Schwester im Stich zu lassen. Ihren inneren Zwiespalt dazu, ebenso wie die persönliche Entwicklung der beiden Geschwister, fand ich sehr gut dargestellt, auch wenn die Lösung des Konflikts für Ida meiner Meinung nach eher dürftig ist.

Insgesamt konnten mich aber weder die Charaktere, noch die Geschichte, noch der Schreibstil so richtig überzeugen. Das Buch ist zwar kurzweilig, hat für mich aber keine Besonderheit, kein Alleinstellungsmerkmal. Daher gibt es von mir drei von fünf Sternen.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.03.2023
Morgen und für immer
Meta, Ermal

Morgen und für immer


ausgezeichnet

Fesselnd und doch kaum zu ertragen

"Er wusste weder, wie er zurückgehen sollte, ohne das schreckliche Schicksal der Verräter zu erleiden, noch, wie er weitermachen sollte, ohne das Schicksal der Unsichtbaren zu erleiden."

Ermal Metas "Morgen und für immer" erzählt die auf wahren Tatsachen beruhende Geschichte des Kajan Dervishis.
Sie beginnt 1943 in Albanien: Kajan, noch ein Kind, lebt während des Krieges auf dem Hof seines Großvaters. Ein deutscher Deserteur bringt ihm das Klavierspielen bei und weckt somit seine Liebe zur Musik.
Im Laufe des Buches begleiten wir Kajan über mehrere Jahrzehnte und Kontinente auf der Flucht vor dem kommunistischen Regime.

Der Roman beleuchtet Teile der europäischen Geschichte, mit denen ich mich noch nicht besonders viel befasst habe.
Ich fühlte mich regelrecht erdrückt von der gnadenlosen Justiz, der Willkür, der Ungerechtigkeit und vor allem den kaum zu ertragenen Brutalitäten.
Oft habe ich mir gewünscht, die Handlungen seien einfach fiktiv, denn nicht nur Kajans persönliche Geschichte, sondern auch die der allgemeinen Bevölkerung in kommunistischen Staaten, hat in mir eine unerträgliche Beklemmung ausgelöst, wie kein Geschichtsunterricht je zuvor.

Er berichtet aber auch auf bewegende Weise von Liebe, Freundschaft, Hoffnung und der Kraft der Musik und weckt dabei große Emotionen.
Ermal Meta erzählt in einem hohen Tempo und erzeugt mit seiner Sprache starke Bilder. Trotz der Grausamkeiten schafft er es, der Geschichte eine poetische Schönheit einzuhauchen.

Da ich das Buch zwar auf der einen Seite nicht aus der Hand legen, auf der anderen Seite dessen Inhalt kaum ertragen konnte, weil es einem schonungslos und doch berührend die historische Vergangenheit näherbringt, gibt es von mir eine Leseempfehlung und fünf Sterne.

Bewertung vom 15.03.2023
Es war einmal in Brooklyn
Atlas, Syd

Es war einmal in Brooklyn


gut

Mittelmäßige Coming-of-Age-Geschichte

"Er ist immer davon ausgegangen, das Mädchen im dritten Akt zu bekommen, wird aber möglicherweise feststellen müssen, dass es sich um eine Kurzgeschichte handelt."

Brooklyn, 1977: Die Freundschaft der beiden Siebzehnjährigen Juliette und David wird auf die Probe gestellt: Sie wird bald aufs College gehen, er weiß nicht, wieviel Zeit ihm nach seiner Krebsdiagnose überhaupt noch bleibt. Als ein großer Blackout die Stadt in Dunkelheit hüllt, ist nichts mehr wie zuvor.

Syd Atlas hat mit ihrem Roman "Es war einmal in Brooklyn" eine authentische Geschichte über zwei Jugendliche und ihre Gefühle, Unsicherheiten und Träume geschaffen.
Ihr Schreibstil ist leicht verständlich und schnell zu lesen, man fühlt sich direkt in die 70er Jahre versetzt.

Es ist interessant zu verfolgen, wie die beiden Protagonisten sich immer mehr entfremden und sich dadurch jeder auf seine eigene Weise weiterentwickeln und erwachsen werden kann.

Aber obwohl die Beziehung und gemeinsame Vergangenheit der beiden ausführlich beschrieben wurde, hatten die Charaktere für mich kaum Tiefe und gingen mir nicht sonderlich nahe.
Auch hat die ganze Story nicht wirklich meine Erwartungen getroffen, ich hatte mit einem größeren Fokus auf den Blackout gerechnet. So hatte sie meiner Meinung nach nichts Außergewöhnliches an sich.

Insgesamt war es für mich leider nur eine mittelmäßige Coming-of-Age-/ Liebesgeschichte vor einer immerhin sehr atmosphärischen Kulisse.

Bewertung vom 24.02.2023
Weite Sicht
Pilz, Thorsten

Weite Sicht


ausgezeichnet

Tieftraurig und zugleich voll von Glück erfüllt

"Auf das Leben. Denk dran, was du mir neulich gesagt hast. [...] Dass man den Augenblick genießen muss. Dass so schnell alles vorbei sein kann."

Charlotte, Gesine, Sabine und Bente. Vier Frauen um die 70, die sich seit Kindheitstagen kennen und deren Schicksale alle miteinander vereint sind.
Als Charlottes Mann stirbt, müssen sie jedoch feststellen, dass jede von ihnen mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen hat und man sich vielleicht doch gar nicht so nah ist, wie man dachte.

Thorsten Pilz ist mit seinem Debüt "Weite Sicht" ein wunderschöner Roman über Trauer, Hoffnung und Liebe gelungen.

Sein Schreibstil ist zwar einfach gehalten, dabei jedoch nicht plump, er trifft er immer die richtigen Worte und schafft so eine ergreifende Melancholie, die einen auf gut 280 Seiten einhüllt und auch nach dem Lesen vorerst nicht mehr loslässt.

Dem Autor gelingt es, einem die Protagonistinnen mit wenigen Sätzen ans Herz wachsen zu lassen, die jeweiligen Schicksale berühren einen sehr und man ist in einem Moment tieftraurig, im nächsten wieder hoffnungsvoll und von Glück erfüllt.

Auf geschickte Weise verwebt er die Geschichten der vier Frauen miteinander und nach und nach kommen Situationen aus der Vergangenheit hinzu, von denen die anderen nichts geahnt haben. So wird ein konstantes Spannungslevel gehalten, das keine Langeweile aufkommen lässt und erst zum Schluss klären sich alle Fragen.
Als LeserIn wird man mit der Gewissheit entlassen, dass jeder Abschied auch einen Neuanfang bedeutet.

Der Roman hat mich so berührt, wie es bisher nur wenige geschafft haben. Dabei war er nicht kitschig oder übermäßig dramatisch, sondern einfach nur voller authentischer Gefühle.
Daher gibt es von mir auf jeden Fall eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 24.02.2023
Wolfskinder
Buck, Vera

Wolfskinder


sehr gut

Eine geheimnisvolle Siedlung von Einzelgängern

"Wer in der Stadt lebt, vergisst leicht, wie dunkel eine Nacht sein kann. Dass es Nächte gibt, die Straßen fressen, indem sie den Asphalt auflösen."

Eine kleine Siedlung, abgeschottet von der modernen Welt, die vielleicht gar nicht so religiös ist, wie sie vorgibt.
Eine Lehrerin aus der Stadt, die die falschen Fragen stellt.
Und eine junge Journalistin, die ihre verschollene beste Freundin auch nach zehn Jahren einfach nicht vergessen kann.

Vera Bucks Thriller-Debüt "Wolfskinder" hat mich direkt angesprochen und neugierig gemacht.
Sie vereint die Geschichten rund um eine sektenartige Zusammenkunft weit oben in den Bergen, die ihr eigenes Leben fernab der Bevölkerung führt und um die Aufklärung der übermäßig hohen Zahl an Vermisstenfällen in dieser Gegend.

Die Autorin schreibt dabei aus unterschiedlichen Perspektiven, sodass man als LeserIn schnell einen Einblick in die verschiedenen Charaktere bekommt und stets weiß, was sowohl auf dem Berg, als auch unten im Dorf bzw. in der Stadt geschieht.

Der Schreibstil ist leicht verständlich und gut zu lesen, man kommt problemlos in die Geschichte rein.
Buck hat eine sehr bildliche Sprache und schafft es, einen mit wenigen Worten an den jeweiligen Schauplatz zu bringen.

Die Story entwickelt sich sehr zügig und es entsteht rasch Spannung. Nach den ersten 150 Seiten weiß man immer noch nicht, wohin einen die Geschichte führt, es kommen anfangs mehr Fragen als Antworten auf.
Diese klären sich im weiteren Verlauf des Buches, vielleicht etwas zu offensichtlich, zumindest kam das Ende leider nicht sehr überraschend und ich hatte schon früh den richtigen Verdacht, wer der Täter sein könnte.
Auch gab es für meinen Geschmack etwas viele Zufälle in der Geschichte.

Nichtsdestotrotz ist es ein wirklich spannender Thriller, der einen auf über 400 Seiten den Atem anhalten und so gut wie keine Längen aufkommen lässt.
Ich empfehle das Buch jedem, der kurzweilige und nervenaufreibende Geschichten liebt, dabei jedoch keinen Tiefgang braucht.

Bewertung vom 18.02.2023
Die letzte Lügnerin / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.3
Schwiecker, Florian;Tsokos, Michael

Die letzte Lügnerin / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.3


ausgezeichnet

Gelungene Fortsetzung rund um einen Polit-Skandal

In einem geleakten Video ist zu sehen, wie Bausenator Möller zwielichtige Immobiliengeschäfte abwickelt. Die Veröffentlichung bedeutet das Ende seiner politischen Karriere. Als kurz darauf der Tontechniker des Videos ermordet aufgefunden wird, deutet alles auf Möller als Täter hin.
Während Strafverteidiger Rocco Eberhardt von Möllers Unschuld überzeugt ist, zieht sich die Schlinge um seinen Hals immer enger, denn es tauchen mehr und mehr Beweise auf ...

Dies ist der dritte Band der Reihe Schwiekers und Tsokos' rund um Strafverteidiger Rocco Eberhardt und Rechtsmediziner Justus Jarmer.
Man kann ihn unabhängig von den ersten beiden Teilen lesen, wobei die Vorgänger auch sehr empfehlenswert sind.

Wie schon in den vorangegangenen Büchern wird die Geschichte wieder in kurzen Kapiteln aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Ich persönlich mag das sehr gerne, da die Geschichte so schnell an Fahrt aufnimmt.
Was neu ist, sind die Zeitsprünge: Die Erzählung wechselt zwischen dem Tatzeitraum und der Gerichtsverhandlung vier Monate später. Durch diese Sprünge entsteht eine enorme Spannung, die auf den letzten 100 Seiten kaum noch auszuhalten ist.
So kommt das Buch im Gegensatz zu anderen Thrillern auch gut ohne reißerische Floskeln und Beschreibungen aus, generell wird sehr nüchtern geschrieben, was ich als absolut stimmig zu den beiden Protagonisten empfinde.

Inhaltlich dreht sich alles um die Wohnungspolitik in Berlin, ein sehr wichtiges Thema, welches eher selten in Büchern aufgegriffen wird.
Die Problematik wird jedoch so verständlich beschrieben, dass der Handlung auch gefolgt werden kann, wenn man sich politisch nicht gut auskennt.
Dennoch ist das Buch natürlich nichts für diejenigen, die sich durch Politik schnell gelangweilt fühlen; aber dass es darum geht, macht der Klappentext schon deutlich.

Da dies ein Justizkrimi ist, spielt sich der Hauptteil der Handlung im Gerichtssaal ab. Hier erfahren die LeserInnen auch erst von den Ermittlungsergebnissen usw.
Ich fand die Szenen rund um den Prozess besonders gelungen und die Einblicke in einen solchen sehr interessant.

Für mich persönlich war der dritte Band des Autorenduos genauso spannend und gut gelungen wie seine Vorgänger und ich hoffe auf noch viele weitere Fälle rund um Eberhardt und Jarmer.

Bewertung vom 10.02.2023
Die Müllfahrzeuge / Wieso? Weshalb? Warum? Junior Bd.74
Erne, Andrea

Die Müllfahrzeuge / Wieso? Weshalb? Warum? Junior Bd.74


ausgezeichnet

Spielerisch die Welt entdecken

Die "Wieso? Weshalb? Warum? Junior"- Reihe beschäftigt sich mit der Beantwortung erster Kinderfragen rund um alltägliche Themen und ist für Kinder von 2-4 Jahren gedacht.

Der neueste Band "Die Müllfahrzeuge" thematisiert Abfallbeseitigung und Straßenreinigung.
Kindern wird spielerisch aufgezeigt, warum Mülltrennung wichtig ist, was die Aufgabe von MüllwerkerInnen ist, wie die Stadt saubergehalten wird und bekommen einen Einblick in das Innenleben verschiedener Müllfahrzeuge.

In dem Buch gibt es einiges zu entdecken, dabei wecken die vielen Klappen schon das Interesse der Kleinsten.
Jede Seite widmet sich einer speziellen Frage, die Antworttexte sind kurz, gut verständlich geschrieben und umfangreich recherchiert.

Besonders schön finde ich auch das Suchbild auf der letzten Doppelseite, in dem wir alle zuvor kennengelernten Abfallbehälter und Müllfahrzeuge wiederfinden können.

Für das Buch gebe ich eine klare Kaufempfehlung, es liefert Antworten zu einem wichtigen Thema für kleinere und größere Kinder.

Bewertung vom 10.02.2023
Männer sterben bei uns nicht
Reich, Annika

Männer sterben bei uns nicht


sehr gut

Ein bedrückendes Erbe

"Für meine Großmutter war Nähe keine relevante Kategorie. Sie hatte kein emotionales Verständnis von Familie, sondern eher ein dynastisches, auch wenn das Wort zu pompös war für den Haufen, den wir darstellten. Sie wies jeder von uns einen Platz und eine Aufgabe zu, und wenn wir den Platz einnahmen und die damit verbundene Aufgabe erfüllten, lief alles glatt, wenn nicht, wurden wir aussortiert wie verschlossene Muscheln."

Annika Reich schafft in ihrem Roman "Männer sterben bei uns nicht" ein interessantes Familienporträt, in welchem der Anschein über allem steht; Gefühle dürfen nicht ausgelebt oder gar gezeigt werden, wichtig ist nur die Form zu wahren - und zwar jene, die Großmutter für das jeweilige Familienmitglied gewählt hat. Männer gibt es hier keine.

Erzählt wird die Geschichte aus Luisas Sicht, der vorgesehenen Erbin des Anwesens und spielt am Tag von Großmutters Beerdigung. Dabei erfahren wir durch Rückblenden nach und nach mehr über die Geschichte der "Dynastie", über die einzelnen Familienmitglieder und ihre Rollen. Nach und nach wird ersichtlich, wie jeder jedem misstraut und die jeweilige Position missgönnt.
Im Laufe des Buches dringen wir immer tiefer in die Gefühlswelten ein, die zu Lebzeiten des Familienoberhauptes nie offenbart werden durften, und erfahren, dass jeder auf seine eigene Art einsam und unzufrieden ist.
Luisa stellt sich die Frage, ob sie die Familientradition überhaupt wahren möchte.

Die Autorin hat einen wunderschönen Schreibstil, klar und doch irgendwie poetisch. Die Geschichte ist kurzweilig und zieht einen immer tiefer in ihren Sog. So kann man die etwa 200 Seiten gut an einem Stück durchlesen.

Ich empfehle das Buch jedem, der gerne Familiengeschichten liest und sich dabei besonders für die jeweiligen Personenkonstellationen interessiert. Es gibt keinen großen Plot oder ein überraschendes Geheimnis, doch die Geschichte kommt sehr gut ohne aus, weil die einzelnen Figuren und ihre Beziehungen zu Großmutter und zueinander so gut gezeichnet sind.