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Lena
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Köln

Bewertungen

Insgesamt 92 Bewertungen
Bewertung vom 08.03.2025
The Favourites
Fargo, Layne

The Favourites


ausgezeichnet

Katarina Shaw stammt aus einfachen Verhältnissen und hat von klein auf davon geträumt, Eistänzerin zu werden. Mit Heath Rocha, der als Pflegekind von einer Familie in die nächsten geschoben wurde, findet sie einen Partner auf dem Eis und ihren besten Freund und Seelenverwandten. Nach dem Tod ihres Vaters wird der Wunsch größer, dem Zuhause zu entfliehen und so klammern sich Kat und Heath als Ausweg an den Eistanz und aneinander. Sie werden zu einem Liebespaar und mit hartem Training zu einem meisterhaften Eistanzpaar. Unter strenger Anleitung entwickeln sie sich weiter und werden zu Medaillenfavoriten. Doch Gefühle haben auf dem Eis und den Profimeisterschaften keinen Platz und werden dem Paar mehrfach zum Verhängnis und macht es zu einem schillernden Promipaar, das für Schlagzeilen sorgt. Erfolg und Niederlage, Liebe und Hass liegen dicht bei einander.
Noch Jahre später wird der dramatische Aufstieg und Fall des Paares von Insidern medienwirksam diskutiert.

Der Roman wird aus der Sicht von Kat, beginnend von ihrer Kindheit, erzählt und erstreckt sich über mehrere Jahre. Unterbrochen wird ihre eigene Geschichte durch Interviewfragmente von Konkurrenten, Juroren und Weggefährten, die Jahre später die Geschichte um das vielversprechende Eistanzpaar und ihre Partner rückblickend analysieren.
Während die Unterbrechungen der Geschichte zu Beginn etwas störend sind, heizen sie die weitere Erzählung sensationshungrig an, indem sie Andeutungen machen und vereinzelte Details vorwegnehmen, die die Dramatik und den Skandal einer Karriere erahnen lassen.

Unabhängig davon, ob man sich für den Eissport interessiert, ist die Geschichte mitreißend und packend. Die Leidenschaft für den Sport, die Anstrengung des Trainings, der Druck zu performen und das perfekte Bild nach außen abzugeben, ist anschaulich dargestellt. Gleichzeitig ist neben der tatsächlichen Obsession für den Eistanz spürbar, welches Geschäft dahinter steckt und dass es in erster Linie darum geht, zu funktionieren, wenn man Erfolg haben möchte. Der Ehrgeiz ist riesig, aber gleichzeitig auch der Konkurrenzdruck und die Eifersucht.
Sowohl Kat und Heath, für die der Erfolg im Eistanz einen Start in ein neues Leben bildete, als auch für das Zwillingspaar Bella und Garrett Lin, die aus dem Schatten ihrer erfolgreichen Mutter heraustanzen müssen, ist der Eistanz alles und die Gefühle, die ihnen dazwischen funken, werden einerseits zu einem Aufputschmittel, andererseits aber auch zum Auslöser ihrer schwersten Niederlagen.

Die Charaktere sind vielschichtig gezeichnet und machen im Verlauf der Jahre, die man die Figuren begleitet, einen authentischen Reifeprozess durch. Keiner der vier Hauptfiguren ist perfekt, jede hat ihr Geheimnis oder verfolgt eine persönliche Agenda, was die Geschichte unvorhersehbar macht und ihr immer wieder neue Impulse gibt.
Wenn das Privatleben die sportliche Ereignisse in den Schatten stellt, wird das Interesse der Medien geweckt. Die Gerüchteküche in der Öffentlichkeit brodelt, was auch gewollt ist, um die Leidenschaft auf dem Eis zu transportieren, ungewollt jedoch in einem Enthüllungsbericht gipfelt, der fatale Folgen hat.

Die Mischung aus Hochleistungssport, Training bis zur Erschöpfung, körperlichen Schmerzen, die Obsession und der Hunger nach Erfolg zusammen mit den leidenschaftlichen Gefühlen, der Liebe, Eifersucht und Manipulation, die die Protagonisten antreibt, bildet eine abwechslungsreiche und fesselnde Geschichte voller Spannung und Emotionen.
Der Eistanz stellt dabei einen glamourösen Rahmen dar, während der Roman allgemeine Themenkomplexe aufgreift, mit denen sich jeder identifizieren kann. Er handelt von der Leidenschaft für eine Sache und die Opfer, die man bereit ist, dafür zu bringen sowie davon, an seine Träume zu glauben und sie zu leben. Am Ende stellt sich für jeden die Frage, welche Prioritäten zu setzen sind und ob der Zweck die Mittel heiligt.

Bewertung vom 07.03.2025
Mickey und Arlo
Dick, Morgan

Mickey und Arlo


sehr gut

Mickey erfährt aus der Zeitung, dass ihr Vater verstorben ist. Er hatte sie und ihre Mutter vor 25 Jahren verlassen und eine neue Familie gegründet. Sie erinnert sich an ihn als einen herrischen Alkoholiker und hat, wenn überhaupt, nur Abscheu für ihn übrig. Da erfährt sie, dass er ihr ein Vermögen vermacht hat - unter der Bedingung, dass sie sieben Therapiesitzungen absolviert. Widerwillig geht sie zu der vorgeschlagenen Therapeutin, denn nach der Beurlaubung als Vorschullehrerin ist das Geld knapp.
Was sie nicht weiß ist, dass es sich bei ihrer Therapeutin um ihre Halbschwester Arlo handelt. Auch diese ist zunächst unwissend und trauert um einen Vater, den sie bis zum Schluss liebevoll umsorgt und gepflegt hat. Umso irritierter ist sie, als sie erfährt, dass weder sie noch ihre Mutter in seinem Testament bedacht sind. Sie möchte herausfinden, wohin das Geld gehen soll und warum und erfährt dabei von Mickey, die das Alkoholproblem ihres Vaters geerbt hat.

"Mickey und Arlo" wird abwechselnd aus den Perspektiven der beiden Halbschwestern geschildert, die bis zu ihrem Aufeinandertreffen in der ersten Therapiestunde noch nie begegnet sind.
Beide haben unterschiedliche Erinnerungen an den toten Vater, wobei Arlo seine schlechten Seiten bisher ausgeblendet hat und die sich mit dem Verlust des Erbes bahnbrechen.
Ihr Vater war über Jahrzehnte Alkoholiker und ist letztlich an den Folgen davon gestorben. In Mitleidenschaft hat er zwei Ehefrauen und Töchter gestürzt, die nicht nur unter der Co-Abhängigkeit, sondern auch unter seinen Ausfallerscheinungen und seiner Gewalt leiden mussten.

Nach seinem Tod geraten Dinge in Gang, die zu Kontrollverlust und falschen Entscheidungen seitens beider Schwester führen. Neben der Trauer und der Wut handelt der Roman dabei vom Leben als Alkoholiker, denn Mickey hat die Kontrolle über ihren Alkoholkonsum verloren, auch wenn sie sich dies bisher nicht eingestehen wollte und die Menschen deshalb auf Distanz hält.

Die Geschichte ist durch die wahnwitzige Idee des Vaters, bei der man sich fragt, ob er posthum Wiedergutmachung leisten oder eine Annäherung seiner beiden Töchter herbeiführen möchte, ein wenig skurril. Die Menschen darin sind fehlerbehaftet und machen Dinge, die sie später bereuen.
Die Geschichte ist abwechslungsreich und unterhaltsam und lässt tief in die Gefühlswelt der beiden Hauptfiguren blicken, auch wenn sie selbst eine Mauer um sich gebaut haben und niemanden zu nah an sich heran lassen.

Neben den schmerzhaften Erinnerungen und den Problemen, mit denen sich beide Frauen konfrontiert sehen, gibt es einige amüsante Situationen, die der Erzählung die Schwere nehmen. Es ist ein tragikomischer Roman, der auf authentische Weise zeigt, wie zerstörerisch ein überhöhter Alkoholkonsum ist - für sich und für Angehörige - und wie schwierig es ist, sich eine Sucht einzugestehen und dagegen vorzugehen. Es ist eine eigenwillige und trotzdem glaubwürdige Geschichte, die neben Suchtverhalten von toxischen Familienstrukturen handelt, wobei man trotz aller Schwierigkeiten niemals die Hoffnung auf ein für alle versöhnliches Ende aufgibt.

Bewertung vom 03.03.2025
Echokammer / Ein Fall für Benjamin & Tong Bd.1
Johnsrud, Ingar

Echokammer / Ein Fall für Benjamin & Tong Bd.1


sehr gut

Wenige Wochen vor den Parlamentswahlen in Norwegen ist der Wahlkampf in der heißen Phase angelangt. Die stellvertretende Vorsitzende der Arbeiterpartei, Christina Nielsen, hat den Polizeijurist Jens Meidell als Berater in ihr Team geholt und hat als selbst ernannte norwegische Patriotin große Chancen auf das Amt als Ministerpräsidentin. Jens missbilligt ihren Flirt mit dem politisch rechten Rand und ihre moralisch umstrittenen Methoden im Umgang mit den sozialen Medien, steht persönlich jedoch aufgrund seiner dunklen Vergangenheit unter Druck und wird mit seinem Geheimnis erpresst.
Zur gleichen Zeit werden zwei Prepper von Terroristen entführt, die mit Anschlägen drohen. Die Polizistin Lieselott Benjamin und der Terrorexperte Martin Tong arbeiten in der Antiterroreinheit des PST zusammen und versuchen die Terroristen und ihre Unterstützer zu identifizieren und den Anschlag zu verhindern. Die Zeit ist knapp, denn die Terroristen haben ein Ultimatum gestellt, sind im Besitz von biologischen Waffen und zeigen bereits mit Gewalttaten, wie ernst die Lage ist.
Inmitten des Wahlkampfes muss der Staat mit voller Härte durchgreifen, um Schlimmeres zu verhindern und die Demokratie zu schützen.

"Echokammer" ist der Auftakt einer Thrillertrilogie um die beiden Ermittler Lieselott Benjamin und Martin Tong. Im Vergleich zu anderen Kriminalromanen spielt das Privatleben der beiden Hauptfiguren keine Rolle. Der Fokus liegt klar auf den beiden Erzählsträngen Politik und Polizeiarbeit. Ein Countdown, der die Wochen und Tage bis zu den Parlamentswahlen herunterzählt, erzeugt Spannung, ob eine Katastrophe bis dahin verhindert werden kann.

Die politische Seite ist überwiegend aus der Perspektive des politischen Beraters und Sohn einer bekannten Politikerin der Arbeiterpartei, Jens Meidell, geschildert. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt den Wahlkampf und mit welch durchaus umstrittenen, rigorosen Methoden vorgegangen wird, um die Wähler zu beeinflussen und an die Macht zu kommen.
In dem Zusammenhang wird auch der Rechtsruck des Landes offensichtlich, wie es in vielen europäischen Staaten derzeit der Fall ist. Das Szenario mutet deshalb realistisch an und zeigt auf erschreckende Weise wie paktiert wird und wie der Einfluss der sozialen Medien auf die Gesellschaft genutzt wird.

Der zweite Erzählstrang handelt von den Ermittlungen der Polizei, die den ehemaligen Nachrichtendienstler Martin Tong reaktiviert hat, um von seiner Expertise zu profitieren. Während schon bald zwei Verdächtige im Raum stehen, ist nicht bekannt, wie weit verzweigt, dass Terrornetzwerk sein könnte. Klar sind jedoch die finanziellen und politischen Forderungen, die unter dem Druck von Anschlägen mit Rizin erzwungen werden sollen. Der Staat kann und möchte sich nicht erpressbar machen, kann aber auch nicht das Risiko von unzähligen Toten durch einen Giftgasanschlag in Kauf nehmen.
Auch diese Einflussnahme von (Rechts-)terroristen, um politische Ziele zu erlangen sowie die Ermittlungen der Polizei sind authentisch dargestellt. Die Gefahr ist spürbar und es ist leicht vorstellbar, dass eine solche Situation auch in Deutschland jederzeit möglich ist.

Auch wenn die Bedrohungslage ein realistisches Szenario darstellt, empfand ich die Aufklärung nicht durchgängig plausibel. Einerseits spielte der Faktor Zufall bei der Vorhersehung der Taten eine zu große Rolle, andererseits waren mir die Schlussfolgerungen der Ermittler zu sehr aus der Luft gegriffen. Eingängiger empfand ich den schmutzigen, bitterbösen Wahlkampf, wobei die Methoden bis an die Spitze des Erträglichen getrieben werden.

"Echokammer" ist vor dem Hintergrund eines drohenden Terroranschlags und dem Wettlauf mit der Zeit spannend aufgebaut und hat durch den Wahlkampf zudem eine brandaktuelle politische Komponente. Der Thriller spiegelt in weiten Teilen die Realität wieder bzw. welches Drohszenario Terroristen aufbauen können und ist deshalb besonders beängstigend. Für einen Reihenauftakt bleiben die Hauptfiguren allerdings blass und marginal. Der Epilog verspricht eine nahtlose Fortsetzung mit einem erneuten Terrorfall.

Bewertung vom 03.03.2025
Everlast -
Eberlen, Kate

Everlast -


sehr gut

Tess und Gus kommen zum ersten Mal in einer Kirche in Florenz miteinander ins Gespräch und merken erst dann, dass es schon unzählige Gelegenheiten gegeben hat, an denen sie sich näher hätten kennenlernen können. Wie das Schicksal so will, war ihre erste Begegnung schon vor 16 Jahren in Florenz. Sie verbringen gemeinsame Tage in der Toskana und verlieben sich ineinander, träumen sogar davon, gemeinsam nach Italien zu ziehen.
Zurück in London ist es schwer, die unbeschwerte Urlaubsfreude zu bewahren und in den Alltag mitzunehmen. Sowohl Tess als auch Gus haben, ihre Päckchen zu tragen, haben Trauer und Ablehnung erlebt und müssen unteren den Herausforderungen ihres Lebens ihre Liebe bewahren.

"Everlast - Sich zu verlieben ist nur der Anfang" ist die Fortsetzung von "Miss you", erzählt jedoch eine ganz eigene Liebesgeschichte, weshalb die Romane auch unabhängig von einander zu lesen sind.
Während die Mehrheit der Liebesromane vom Suchen und Finden der Liebe handelt und mit einem Happy End endet, beginnt "Everlast" mit dem Happy End und handelt davon, was danach kommt. Es ist insofern eine erwachsene Liebesgeschichte, die gut zum Alter der Protagonisten mit Mitte 30 passt, die schon einiges in ihrem Leben erlebt haben.

Neben der Liebe, Romantik und der Hoffnung auf ein gemeinsames Leben handelt der Roman im Zeitraum von 2013 bis 2020 von vielen ernsten Themen wie Krebserkrankungen, Depressionen, Neurodivergenz und schwierigen familiären Beziehungen, weshalb die Geschichte beginnend mit dem Prolog schwermütig anmutet. Man sollte sich deshalb vom Cover in bunten Pastellfarben, das eine Sommerliebe suggeriert, nicht irreleiten lassen.

Nach der Verliebtheit und Euphorie in Italien folgt das wirkliche Leben für Tess und Gus in London. Dort ist es weniger der Alltag, der sie einholt, sondern die Geschichte, die sie mit sich tragen. Als geschiedener Vater hat Gus seine Verpflichtungen und Tess ist nach einer Krebserkrankung in Remission und fühlt sich für ihre jüngere Schwester verantwortlich. Zudem sind beide unglücklich mit ihrer Berufswahl. Für die Liebe bleibt bei all den Sorgen, Problemen und Beeinflussung von Freunden und Verwandten kaum Raum, auch wenn Tess und Gus für einander da sind und ihre Liebe nicht aufgeben möchten.

Durch wechselnde Sichten kann man sich in beide Leben und Gefühle sehr gut hineinversetzen, was durch die Ich-Perspektive noch verstärkt wird. Bei Tess und Guss kommen jedoch so viele psychische, physische und familiäre zusammen, dass die Geschichte viel mehr belastende als heitere, romantische Momente hat. Sie ist empathisch, aber auch sehr schwermütig und melancholisch, wobei auf übertriebene Dramatik verzichtet wird.

Auch wenn diese Liebesgeschichte vielleicht realistischer als so manche Happy Ever After-Romanze ist, hätte ich mir dennoch mehr gemeinsame Glücksmomente für Tess und Gus gewünscht, die die vielen verpassten Chancen über 16 Jahre hinweg wieder wettgemacht hätten. Aber gerade weil den beiden so viele Hürden auferlegt werden, ist die Geschichte unwahrscheinlich vielfältig, führt an verschiedene Orte auf der ganzen Welt und - gäbe es den Prolog nicht - wäre sie zudem im Hinblick auf das Ende unvorhersehbar.

Bewertung vom 01.03.2025
Vor hundert Sommern
Fuchs, Katharina

Vor hundert Sommern


sehr gut

Nachdem Elisabeth Brand im Alter von 94 Jahren in ein Seniorenheim gezogen ist, räumen ihre Tochter Anja und ihre Enkelin Lena die Wohnung in Berlin aus. Dabei finden sie auch Dinge von Elisabeths Tante Clara, die in den 1920er-Jahren als Flaschenspülerin für die Brauerei "Berliner Kindl" angefangen, später als Hundesitterin für den Brauereisohn gearbeitet, bis sie sich mit einem Hundesalon selbstständig gemacht hat.
Neugierig auf Claras Lebensgeschichte, stellt Lena ihrer körperlich gebrechlichen, aber geistig noch fitten Oma Fragen. Anfangs zögerlich erzählt Elisabeth schließlich gern von ihrer beherzten Tante, schweigt sich dabei aber über das Leben ihrer Mutter aus, die offenbar mit Clara in einen Streit geriet.
Während Anja und Lena mehr über ihre eigenen Wurzeln erfahren, ihre betagte Mutter und Großmutter aber nicht bedrängen möchten, haben sie selbst mit den Problemen der Gegenwart zu kämpfen. Anja hat ein Berufsangebot, das sie aufgrund ihrer familiären Verpflichtungen scheut, anzunehmen und Lena hat mit ihrer sozialen Phobie zu kämpfen, die ihr das Studium in Berlin erschwert, weshalb sie sich am liebsten wieder bei ihren Eltern einquartieren möchte. Zeitgleich braucht auch ihre ältere Schwester Anabel elterliche Unterstützung, die als Content Createrin erfolgreich ist, dabei aber an ihre körperlichen Grenzen kommt.

Der Roman handelt auf zwei Zeitebenen und wird in der Gegenwart im Jahr 2024 aus den Perspektiven von Anja und Lena erzählt, während die Vergangenheit hundert Jahre zuvor von Clara handelt.

Clara ist eine mutige junge Frau, die sich für ihre Mitmenschen engagiert, gegen Ungerechtigkeiten kämpft und beruflich ihren Weg geht. Sie steht zwischen zwei Männern und entscheidet sich letztlich für den bodenständigen liebenswerten, aber auch beeinflussbaren Willy und gegen den aufregenden Revoluzzer Aleksei.
Lena ist frisch an der Universität in Berlin und hat das Gefühl, nicht richtig dazu zu gehören. Halt gibt ihr ein Findelhund, der zu ihrem treuen Gefährten wird.
Anja steht vor der Entscheidung, erneut für die Familie beruflich zurückstecken zu müssen. Obwohl ihre Töchter erwachsen sind, sieht sie sich in der Pflicht und hat zudem ein schlechtes Gewissen ihrer Mutter gegenüber, die sie nicht zu Hause pflegt.

Auch wenn die Erzählebenen 100 Jahre trennen, gibt es Parallelen. Während in der Vergangenheit die Nationalsozialisten erstarken und im Jahr 1933 die Macht ergreifen, ist auch 2024 der Antisemitismus in Deutschland gegenwärtig. Zudem wirkt Lena inspiriert von dem Lebensweg ihrer Großtante.

Der Roman handelt von der zögerlichen Aufarbeitung der Familiengeschichte, wobei durch das unaufhörliche Schweigen lange hinausgezögert wird, worin das Familiengeheimnis liegt.
Während man über die schmerzhaften Erinnerungen spekuliert, taucht man in den Alltag der drei Frauen ein, der lebendig geschildert ist.
Die Frauen stehen vor verschiedenen Herausforderungen, haben mit Selbstzweifeln und Einsamkeit, aber auch mit herrschenden Strukturen zu kämpfen. Zivilcourage, Freundschaft und Frauensolidarität und selbstbewusst den eigenen Weg zu gehen, sind in Gegenwart und Vergangenheit wesentliche Punkte, die Mut machen.

Die Geschichte ist mit Liebe zum Detail erzählt, das beharrliche Schweigen und die Leugnung eines wesentlichen Teils der Familiengeschichte wollte mir jedoch nicht so recht einleuchten und ließ das vererbte Trauma dramaturgisch erzwungen aussehen.

Bewertung vom 26.02.2025
Winternacht - Der Schnee begräbt alles. Nur die Lügen nicht
Bolton, Sharon

Winternacht - Der Schnee begräbt alles. Nur die Lügen nicht


gut

Olive Anderson ist alleine in einem Hotelrestaurant, als sich eine Fremde an ihren Tisch setzt und vorgibt, ihre Ehefrau zu sein. Olive, die seit sechs Monaten unglücklich mit dem bekannten Abgeordneten Michael Anderson verheiratet ist, lässt sich auf das Spiel ein. Die Fremde scheint ihren Ehemann besser zu kennen und behauptet zudem, dass Michael seine erste Ehefrau getötet habe.
Am nächsten Morgen meldet Michael Olive als vermisst und Detective Sergeant Alexandra Thomas und der Verkehrspolizist Garry Mizon ermitteln in dem Fall, während die übrigen Einheiten mit einem OK-Fall um den berüchtigten Verbrecher Howie Trick befasst sind.
Die Spurensuche nach Olive führt zu einer weiteren verschwundenen Frau aus dem Umfeld von Anderson, was den Labour-Politiker zunehmend verdächtig erscheinen lässt.

Der Roman handelt auf zwei Zeitebenen und beschreibt in der Gegenwart die Ermittlungen der Polizei nach dem mysteriösen Verschwinden Olives, während die Vergangenheit in das Leben von Olive als Krankenschwester und ehemaliger Armeeangehöriger blicken lässt.
Auch wenn es logische Parallelen zwischen beiden Zeitebenen gibt und immer mehr Details zutage kommen, in welchem Zusammenhang die einzelnen Personen zu einander stehen, bleibt die Rolle des Abgeordneten Anderson undurchsichtig. Lange ist es reine Spekulation, ob er tatsächlich ein Interesse am Verschwinden seiner Frauen hat und sogar den Tod seiner krebskranken Ehefrau beschleunigt haben könnte. Genauso rätselhaft ist das Motiv der Fremden, die Olive verführt.

Die Geschichte handelt im tiefsten Winter mit heftigen Schneefällen, die die Polizeiarbeit erschweren. Die Ermittlungen des ungleichen Duos sind unorthodox und wirken wie Recherchen von Hobby-Detektiven nach Feierabend. Die junge Sergeant ermittelt eigenmächtig und wird dabei von einem Verkehrspolizisten unterstützt, der sich selbst als Sonderling bezeichnet und nur aufgrund der Familientradition die Polizeilaufbahn eingeschlagen hat. Der Fall interessiert ihn jedoch persönlich und darüber hinaus hat er sich in seine Vorgesetzte verliebt, weshalb er außerhalb seiner Dienstzeiten agiert

Spannung ist unterschwellig vorhanden, während Olives Schicksal und vor allem die Motivation der fremden Frau ungewiss ist. "Winternacht" ist eine unblutige Geschichte, die nur wenig Thrill entfaltet und allenfalls als eigenwilliger Krimi zu bezeichnen ist.
Auch wenn man neugierig ist, wie alle losen Fäden zusammenhängen, wird die Geschichte nach einem starken und spannenden Beginn durch zu viele unnötige Details zunehmend verworren und langatmig. Das Motiv um Machtmissbrauch, Sex und Eifersucht ist speziell und effekthascherisch und lässt die ganze Geschichte arg konstruiert aussehen. Die Auflösung ergibt sich dann recht plötzlich und das Ende ist zu romantisierend und hat mit einem Thriller gar nichts mehr zu tun.

Bewertung vom 24.02.2025
Die kleine Villa in Italien / Romantic Escapes Bd.11
Caplin, Julie

Die kleine Villa in Italien / Romantic Escapes Bd.11


sehr gut

Lia hat vor Kurzem durch einen Zufall erfahren, dass ihr Vater nicht ihr leiblicher Vater ist. Ihre Mutter erzählte ihr sodann von einer kurzen Romanze mit einem Italiener, der Schauspieler in Hollywood geworden ist. Lia möchte Ernesto kennenlernen und reist dafür an die Amalfiküste nach Italien, wo er die Sommer mit seiner Familie verbringt. Zuvor hatte Lia versucht, ihren Vater über sein Management zu kontaktieren, war jedoch an Raphael Knight gescheitert.
In Italien stellt sich heraus, dass Raph Ernestos Stiefsohn ist und Lia für eine der vielen Betrügerinnen hält, die behaupten, ein uneheliches Kind Ernestos zu sein. Unerwartet herzlich wird Lia jedoch von Ernesto und seiner Familie aufgenommen und in eine der Gästesuiten der Villa eingeladen. Während Lia Zeit mit der quirligen Patchworkfamilie verbringt und das Flair Italiens genießt, kann sie Raph nicht ausweichen, gegen dessen Misstrauen sie sich zur Wehr setzen muss.

"Die kleine Villa in Italien" ist Band 11 der Reihe "Romantic Escapes" und als eigene Geschichte unabhängig von den Teilen davor zu lesen.

Lia ist in Italien, um nicht nur ihren fremden Vater kennenzulernen, sondern auch um Inspiration für ihre Kunst und den Auftrag eines italienischen Restaurants in London zu erhalten. Sie trifft dort auf eine reiche, aber dennoch sehr bodenständige Familie, die sie warmherzig willkommen heißt. Für Lia ist der Kontrast enorm, denn sie war verletzt von der Lüge ihrer Mutter über ihre Herkunft überstürzt abgereist, fühlt sich entwurzelt und leer. Sie spürt mehr den Verlust der gewohnten Familie, als den Zugewinn einer neuen. Ihre Sehnsucht nach Zugehörigkeit ist groß und dir Gastfreundschaft der Salvatores macht es ihr leicht, auch wenn sie sich zunächst vor Raph behaupten muss, der einen ausgeprägten Beschützerinstinkt hat. Die Spannung zwischen den beiden lässt unter der Sonne Italiens jedoch bald die Funken sprühen.

Die Geschichte erfüllt als "romantische Auszeit" die Erwartung der Reihe. Sie vermittelt Leichtigkeit und Urlaubsstimmung und durch die anschaulichen Beschreibungen hat man sonnige Bilder im Kopf und den Duft von frischer Pasta, Zitronen oder dem salzigen Meer in der Nase.
Auch wenn Lia sich verraten fühlt, unter der Lebenslüge über ihre Wurzeln leidet und auf Distanz zu ihrer Primärfamilie geht, ist die Stimmung nicht betrüblich und die Geschichte wenig anspruchsvoll oder tiefsinnig. Im Vordergrund stehen neben den Flirts und plumpen Kuppelversuchen von Raphs Mutter vor allem die Atmosphäre und der Genuss. Der Roman liest sich über weite Teile wie ein kulinarischer Reisebericht, führt durch Zitronenhaine zur Weltstadt des Thunfischs bis zur besten Pizza in Neapel. Es wird gekocht, gegessen und die Highlights der Amalfiküste entdeckt.

Die Geschichte ist abwechslungsreich, lebendig und hat auch dank der liebenswerten Charaktere ihren Charme, ist als reine sommerliche Unterhaltungslektüre allerdings wenig feinfühlig oder emotional. Die eigentlichen Probleme der Identitätskrise, der verletzten Gefühle und des Misstrauens, mit denen sich die Hauptfiguren Lia und Raph konfrontiert sehen, treten für Liebe und Flair in den Hintergrund.

Am Ende gibt es einen Hinweis auf Band 12 der Reihe, die mit Raphs jüngerem Bruder Leo in Prag fortgesetzt werden wird.

Bewertung vom 22.02.2025
Fun
Felsenheimer, Bela B

Fun


sehr gut

"Fun" handelt von einer Woche im Leben der fiktiven Band nbl/nbl, die nach skandalträchtigen Schlagzeilen und einer Strafanzeige gegen einen Teil der Mitglieder und Crew vor drei großen Open Air-Konzerten in der Provinz steht.
Ex-Groupie Liane nutzt das Wochenende für einen Ausflug mit ihren Freundinnen an die Müritz, um ein Wiedersehen mit der Band zu verhindern. Knapp 200 Kilometer entfernt, beschleicht sie allerdings das ungute Gefühl, dass ihre Tochter entgegen ihrer Aussage eines der Konzerte besuchen könnte. Währenddessen ahnt sie nicht, wozu ihr Mann das freie Wochenende nutzen möchte.
Die Band lässt sich vor und hinter der Bühne feiern - bis die Polizei mit einem Haftbefehl backstage erscheint.

"Fun" ist trotz des Titels weniger amüsant und skurril als Bela B.s Debütroman "Scharnow", aber dennoch eine unterhaltsame und turbulente Geschichte.

Kurze Kapitel und stetig wechselnde Perspektiven sorgen für Einblicke in die einzelnen Mitglieder der Band, Security und Tourmanagement sowie in das Leben von Liane und ihrer Familie, die dem Sänger der Band in der Vergangenheit zu nah gekommen war und gegenwärtig in Sorge um ihre Tochter ist.

Wo die Geschichte hinführt, ist leicht zu erahnen, da die Charaktere übertrieben eindimensional karikiert sind. Insbesondere Männer bekommen ihr Fett weg, werden als stumpfsinnig und triebgesteuert dargestellt. Selbst der Familienvater gibt hier kein besseres Beispiel ab, als die berühmten Musiker, von denen man das erwarten würde. Sex, Drugs und ein wenig Rock'n'Roll bestimmen das Geschehen. Es geht um toxische Männlichkeit und sexuelle Übergriffe, mit denen sich Frauen, die als Subjekt degradiert werden, konfrontiert sehen.

Der Roman bietet darüber einen Blick hinter die Kulissen einer deutschen Rockband alternder Musiker zwischen Machtkämpfen, internen Spannungen, Erfolgsdruck, Selbstüberschätzung und Hedonismus.

Auch wenn die fiktive Geschichte sicher von realen Ereignissen inspiriert ist, ist "Fun" mit der Summe an frauenfeindlichen und sich selbst überschätzenden Männern etwas einseitig geraten. Spannend und passend mit dem typischen Branchenslang ist dennoch zu lesen, wie dem "Fun" des starken Geschlechts Grenzen gesetzt werden.

Bewertung vom 19.02.2025
Die Schlafwandlerin
Jordan, Jack

Die Schlafwandlerin


sehr gut

Wenige Tage vor Beginn des von der Presse lang ersehnten Prozesses wird Neve Harper mit der Verteidigung von Wade Darling beauftragt. Der unter Depressionen leidende Waffennarr soll seine Frau und seine beiden Kinder erschossen und das gemeinsame Haus in Brand gesetzt haben.
Auch wenn alle Indizien gegen Wade sprechen, sieht sich Neve in ihrem Ehrgeiz gepackt und findet eine Möglichkeit, Zweifel an der Schuld des Angeklagten zu sähen. Da tritt ein Bote auf sie zu und zwingt sie, den Fall zu verlieren, andernfalls würde ihre Stieftochter getötet. Neve kann sich nicht wehren, da er die Wahrheit über das Verschwinden ihres Ehemanns kennt, das sie zutiefst belastet.

"Die Schlafwandlerin" handelt von einem ähnlichen Szenario wie schon "Die Herzchirurgin", in dem eine Ärztin erpresst wird, einen ihrer Patienten sterben zu lassen. In beiden Fällen steht das Leben eines Kindes auf dem Spiel.

Der Roman wird aus der Ich-Perspektive von Rechtsanwältin Neve geschildert, die ein dunkles Geheimnis hat, das sie nachts um den Schlaf bringt. Damit werden Zweifel an der Integrität der Hauptfigur geschürt, die bisher als erfolgreiche Strafverteidigerin bekannt ist.

Der Thriller ist durchgehend spannend und abwechslungsreich und dreht sich nicht ausschließlich darum, wie Neves moralisches Dilemma zu lösen ist. Fraglich ist zudem, wie der Prozess gegen Wade ausgeht und ob die Schuldfrage zweifelsfrei geklärt werden kann und ob Neves schmutziges Geheimnis gewahrt werden kann und sie unbescholten davon kommen wird.

Der Schlagabtausch zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung und deren kluger Argumentationskampf vor Gericht fesseln auch durch die Einbeziehung neuer Beweise und die Verhöre der Zeugen.
Daneben leistet Neve schier Unglaubliches, um ihr Geheimnis zu vertuschen. Die Nacht- und Nebelaktionen sowie die zahlreichen Hürden, mit denen sie konfrontiert wird, sind in Summe allerdings recht abenteuerlich. Ihre Gegner sind ihr stets einen Schritt voraus und man muss fassungslos dabei zusehen, wie sich Neve immer tiefer in ihren Schlamassel hineingräbt und dabei mentale und körperliche Höchstleistungen erbringt. In Erwartung einer Wende, die eine schlüssige Erklärung zur Entlastung der Heldin liefern könnte, wird man an die Seiten gefesselt.

"Die Schlafwandlerin" ist eine packende Mischung aus Drama und Justizthriller, die zeigt, dass Recht nicht zwangsläufig mit Gerechtigkeit gleichzusetzen ist. Unbefriedigender ist jedoch die mangelnde Aufklärung der Tat und des Krankheitsbildes der Hauptfigur sowie das unerklärliche Selbstbewusstsein, das sie am Schluss begleitet.

Bewertung vom 18.02.2025
Der Gott des Waldes
Moore, Liz

Der Gott des Waldes


ausgezeichnet

Im August 1975 verschwindet ein 13-jähriges Mädchen während eines Sommerferienlagers spurlos in den Adirondack Mountains. Besonders brisant ist, dass Barbara die Tochter der wohlhabenden Familie Van Laar ist, die Eigentümer des Naturreservats sind und dass schon ihr Bruder seit 14 Jahren vermisst wird.
Die junge Betreuerin Louise hätte auf Barbara aufpassen sollen, war jedoch in der Nacht ihres Verschwindens selbst mit anderen Dingen beschäftigt.
Eine verzweifelte Suche nach der Ausreißerin, die schon früh gegen ihre Eltern rebelliert hat, beginnt und weckt unweigerlich Erinnerungen an den Sommer 1961.
Während die Polizei ermittelt, drängt sich unweigerlich der Verdacht auf, dass die Familie Van Laar etwas zu verbergen hat und nie ein echtes Interesse daran hatte, das Verschwinden des achtjährigen Jungen aufzuklären.

"Der Gott des Waldes " ist eine spannende Mischung aus Familientragödie und Kriminalroman, die aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt wird. Auf dieses Weise erhält man einen umfassenden Einblick in die Angestellten im Camp, die mächtige Familie Van Laar, Helfende, Polizisten und die Kinder im Camp. Der Fokus rückt dabei insbesondere auf die weiblichen Figuren. Alice, Barbaras Mutter, ist gefangen in einer unglücklichen Ehe und hat den Verlust ihres Sohnes nicht verkraftet. Die 12-jährige Tracy ist ein schüchternes Mädchen, dass sich mit Barbara angefreundet hatte und mehr über sie weiß, als sie preisgeben mag. Daneben ist es die unkonventionelle T.J., eine der Zuständigen im Camp, die gegen einen Aufenthalt der aufmüpfigen Barbara im Camp war. Die Betreuerin Louise hat ihre eigenen Geheimnisse, warum sie ihrer Pflicht nicht nachgekommen ist, auf Barbara zu achten und gerät als erstes in Verdacht. Für die Ermittlungen zuständig ist unter anderem die junge Investigator Judy Luptack, die von den Angehörigen als Polizistin nicht ernst genommen wird und auch innerhalb der Polizeistrukturen als Frau einen schweren Stand hat.

Neben den Ereignissen im Sommer 1975 sind die Rückblenden in die Vergangenheit, angefangen von den 1950er-Jahren bis zum tragischen Sommer 1961, zentral. In der Rückschau erfährt man mehr über die Familienverhältnisse der Van Laars und die Suche nach Sohn Bear. Dabei ist spannend zu erfahren, ob und wie das Verschwinden von Bear mit dem Verschwinden seiner Schwester in einem Zusammenhang stehen könnte. Parallel dazu verleiht die Flucht des "Schlitzers" aus dem Gefängnis, einem Sexualstraftäter und brutalen Serienmörder, ein ungutes Gefühl.

Durch einen Zeitstrahl und die Benennung der Person zu Beginn der kurzen Kapitel überfordert die sprunghafte Erzählung nicht, sondern sorgt gezielt für Cliffhanger. Die Naturbeschreibungen sind bildhaft und machen die Umgebung des Naturreservats und das Anwesen der angesehenen Van Laars so gut vorstellbar wie die einzelnen Personen, die trotz ihrer Vielzahl fein gezeichnet sind.

"Der Gott des Waldes" ist neben einer spannenden und tragischen Kriminalgeschichte eine lebendige Zeitreise in die 1950er-, 1960er- und 1970er-Jahre, in der die sozialen Ungleichheiten zwischen Arm und Reich sowie zwischen Mann und Frau deutlich zutage treten. Voller Empathie blickt die Autorin auf ihre Figuren und hält die Spannung durch zwei sich ähnelnde Vermisstenfälle und die Familie mit ihren verborgenen Geheimnissen in Vergangenheit und Gegenwart gleichbleibend hoch.
Die Geschichte ist fesselnd und erschütternd zugleich, während sich immer mehr familiäre Abgründe auftun und sich die Puzzlestücke zur Klärung beider Vermisstenfälle vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Konventionen, patriarchaler Strukturen, Machtmissbrauch und Vorurteile, auftun.