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Benutzername: 
leTTera
Wohnort: 
Schwarzwald

Bewertungen

Insgesamt 33 Bewertungen
Bewertung vom 06.03.2023
Nackt in die DDR. Mein Urgroßonkel Willi Sitte und was die ganze Geschichte mit mir zu tun hat
Boks, Aron

Nackt in die DDR. Mein Urgroßonkel Willi Sitte und was die ganze Geschichte mit mir zu tun hat


weniger gut

Durchwachsen
Aron Boks erzählt eine persönliche Familiengeschichte mit Bezug zur Rolle der DDR für die eigene Familie und für den Autor selbst; der Einfluss der DDR-Politik auf die Kunst Willi Sittes wird deutlich.
Zugegebenermaßen kannte ich diesen Künstler bisher nicht. Interessant war das Buch für mich wegen des Bezugs zur DDR-Geschichte. Im Gegensatz zum Autor habe ich sowohl aus der Ferne die DDR noch erlebt, als auch den Fall der Mauer. Diese biografische Suche des Autors nach Antworten fand ich ebenfalls charmant wie auch vertraut. Dennoch packt mich das Buch nicht wirklich. Der Aufbau ist für mich verwirrend und der Erzählstil leider oft viel zu uninteressant, ja fast banal. Viele Interview-Passagen sind zu langatmig und geben Unterhaltungen oder Situationen so detailtreu wider, dass man sich in banalen Einzelbeobachtungen verliert. Die Schilderung der Lebensumstände von Familie Sitte war immer wieder interessant, dennoch hat mich das Buch leider weder gefesselt noch auf den Künstler Willi Sitte neugierig gemacht. Am wenigsten gelungen finde ich das Buchcover, weder Formen noch Farbkonzept sind für mich in irgendeiner Weise ästhetisch, ich habe es gleich abgezogen, um es nicht länger ansehen zu müssen.

Bewertung vom 06.03.2023
Männer sterben bei uns nicht
Reich, Annika

Männer sterben bei uns nicht


gut

Lesenswert trotz schwachem Schluss
Die äußere Gestaltung des Buches kann ich nur bedingt nachvollziehen, da ich den Zusammenhang zum Inhalt sehr abstrakt finde. Man kann sich das Cover erst am Ende ein wenig erklären. Der Titel ist dagegen sehr gut gewählt, er lässt einen aufhorchen und macht sofort neugierig.

Von Beginn an hat mich die Grundthematik interessiert und der Schreibstil gefesselt. Ich wollte unbedingt weiterlesen. Abwechselnd wird aus der Erzählperspektive der jungen und erwachsenen Hauptfigur die Geschichte der miteinander verwandten Frauen aufgerollt - ein klassischer jedoch gelungener Ansatz. Durch den sehr eigenen Blick der Erzählerin entdeckt man nach und nach die Eigenheiten und Hintergründe der Mutter, Schwester, den zwei Omas, Tante und Cousine. Es gelingt Annika Reich sehr gut, eine Identifikation mit Aspekten und Gefühlen aus dem Leben dieser Frauen zu ermöglichen. Ich habe ordentlich mitgefiebert. Männer kommen nur indirekt vor und sind jedoch nicht unwichtig für die Aussage des Buches. Das ist ausgesprochen gut gelungen - wie bedrückend und schleierhaft die Männer dieser Geschichte wirken, nicht anwesend und dennoch beherrschend.

Ich habe das Buch sehr gerne gelesen, bis auf die letzten Seiten. Die Autorin baut so viel Spannung auf, macht sich auch viel Mühe von allen Seiten die Thematik anzugehen - aber der Schluss überzeugt mich leider nicht. Es bleibt zu viel im Vagen oder wird gar nicht bzw. nicht schlüssig aufgelöst - z.B. die zwei toten Frauen, die zu Beginn für so viel Spannung sorgen. Auch fehlen mehr Informationen, um den Zustand oder die Entwicklung der Großmutter oder der Mutter nachzuvollziehen. Die Rolle des Krieges und die Verwicklung der Familie darin bleibt leider für mich auch neblig. Annika Reich beherrscht die Kunst der Andeutung und Auslassung sehr gut, dennoch bleiben für mich einige Fragezeichen. Dafür, dass der Rest so gut ist, hatte ich den Eindruck, der Autorin ist am Ende ein wenig die Luft ausgegangen. Alles in allem ist es für mich ein lesenswertes Buch.

Bewertung vom 12.02.2023
Sibir
Janesch, Sabrina

Sibir


ausgezeichnet

Ergreifend und authentisch
Dies ist die Geschichte von Joseph Ambacher, der 1945 als zehnjähriges Kind zusammen mit seiner Familie aus dem Egerland nach Sibirien verschleppt wird und zehn Jahre lang in der kasachischen Steppe lebt. Es ist auch die Geschichte seiner Tochter, die in den 1990er Jahren in einer Kleinstadt in der Lüneburger Heide aufwächst und auf Identitätssuche ist: Die Verschleppung und das Trauma ihrer Familie ist ihr bekannt; sie lebt in einem Viertel 'am Rande' der Stadt umgeben von anderen Aussiedlern mit ähnlicher Geschichte. Dabei versucht sie ihren Vater zu verstehen und eine Brücke zu den "Normalos" zu finden. Die Ordnung der Dinge und die mühsam erarbeiteten Identitäten geraten ins Wanken, als 1990 weitere Aussiedler aus Russland nach Deutschland kommen und ihren Platz zu finden versuchen. Für Joseph Ambacher verschwimmen zunehmend die Grenzen zwischen seinen Lebenswelten, die Stimmen der kasachischen Steppe holen ihn ein.

Sabrina Janesch erzählt sehr einfühlsam und sehr gekonnt bzw. sehr wissend vom Schicksal der im Zweiten Weltkrieg nach Sibirien verschleppten Deutschen, vom Überleben, von der Erinnerung, der Zerrissenheit und vom Trauma. Ihr Text ist sehr authentisch und wer Ähnliches aus seiner Biografie kennt, der wird von diesem Buch sehr ergriffen sein. Es hat zwischendrin ein paar Längen, insgesamt aber eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 12.02.2023
Tatort Schrottplatz / Inspektor Salamander Bd.1
Grolik, Markus

Tatort Schrottplatz / Inspektor Salamander Bd.1


ausgezeichnet

Sehr witzig und flott
Endlich eine neue Handlungsidee in der Kinderbücherlandschaft! Statt des Dauerthemas Magie schwenkt hier der Blick erfrischenderweise auf das Thema Natur und Umwelt. Ein total witziger Inspektor Salamander hat sein Kriminalquartier auf einem Schrottplatz, in der rostigen Trommel einer kaputten Waschmaschine. Von hier aus arbeitet er zusammen mit seinem Assistenten Spider-Manni - James Bond lässt grüßen. Von Silberfischüberfall bis Obstentführung, das Profi-Team löst jeden Spezialfall und wird in getrockneten Fruchtfliegen bezahlt. In ihrem ersten Fall geht es um einen restlos ausgetrockneten Tümpel und die verschwundenen Neffen von Luigi Crötelli, ein Krötentenor und weltberühmter Opernsänger.

Allein dieses Handlungsgerüst ist genial ausgedacht und macht sehr viel Lust, dem Detektivfall zu folgen. Die Texte sind flott und lustig geschrieben, Kinder im Grundschulalter können der Geschichte gut folgen. Der absolute Pfiff jedoch entsteht durch die herrlichen Illustrationen des Buches. Bild und Text sind hier gleich wichtig, bilden zusammen den spritzigen und sehr lustigen Fortlauf der Geschichte. Absolut empfehlenswert!

Bewertung vom 15.01.2023
HIRNSALAT
Hübner, Véronique

HIRNSALAT


sehr gut

"Hirnsalat" ist ein dringend nötiges Buch. Die Autorin behandelt ein Thema, das sich mit dem modernen Zeitgeist erfreulicherweise verändert. Kinder, die sich 'auffällig' verhalten, werden nicht mehr als nur 'schlecht erzogen' angesehen. Dank wissenschaftlicher Erkenntnisse über das Gehirn wissen wir, dass meistens bio-chemische Prozesse eine Rolle im 'auffälligen' Verhalten spielen - Prozesse, die die Kinder nicht einfach beeinflussen können. Ihre Not zu erkennen, ihr Gefühlsleben und die sozialen Konsequenzen ihres Verhaltens darzustellen - darin liegt der große Verdienst dieses Buches.
Hoch anzurechnen ist Véronique Hübner auch, dass sie daraus ein Buch für Kinder macht. Gleichaltrigen das Verhalten ihrer als 'sonderbar' empfundenen Spielkameraden zu erklären versuchen, ihnen zu helfen eine Prise Verständnis für diese zu entwickeln, wenn nicht gar Zusammenhalt, das ist ein sehr lobenswertes Unterfangen der Autorin. In jedem Fall ist es auch ein Mutmach-Buch für 'Hirnsalat'-Kinder selbst - voneinander wissen und zusammenhalten, das hilft, den 'Hirnsalat' zu verdauen.
Wenn ich die Reaktion einer zehnjährigen Vielleserin dazu beachte, so denke ich, dass es eher ein Buch für das Grundschulalter ist. Es bleibt beschreibend und überwiegend emotional. Es fehlt ein wenig der praktische Aspekt: Was kann ich genau tun, was hilft mir wenn ich 'Hirnsalat'-Momente habe? Was wünsche ich mir von meiner Umwelt? Oder wie kann ich meine FreundInnen in solchen Momenten unterstützen?
Inhaltlich wie auch gestalterisch ließe sich diese Buchidee noch gut ausbauen. Die Zeichnungen sind leider für meinen Geschmack nicht sehr ansprechend und eher flach, ich denke das geht auch flotter und ansprechender. Auch der Buchsatz mutet etwas sonderbar an: Die Schriftart, der große Zeilenabstand sind für das Auge nicht so angenehm und die betonten Wörter machen das Ganze recht unruhig.
Insgesamt eine sehr gute Idee, die sich in einem weiteren Schritt noch ausbauen lässt.

Bewertung vom 14.11.2022
Agent Sonja
Macintyre, Ben

Agent Sonja


ausgezeichnet

Überzeugend
Wie es gehen soll, Mutter, Kommunistin und Topspionin in einem zu sein, wollte sich mir vor der Lektüre dieses Buches nicht erschliessen. Allein bei der Vorstellung eines solchen Lebens bekam ich Gänsehaut. Dies war jedoch nichts gegenüber der überwältigenden Gefühle, die mich beim Lesen dieses Buches begleiteten.
Ben Mcintyre erzählt sehr gekonnt eine wahre Geschichte, die in dieser Form nur vom Leben selbst geschmiedet worden sein kann. Sehr einleuchtend kommen während der Lektüre die Beweggründe dieser Frau durch, die sie zu so einem spannenden und gefährlichen Leben verleitet haben. Die ganz besonderen Bedingungen dieser Zeit bewegen sie als junge Frau und als Jüdin so sehr, dass sie bereit ist, ihr persönliches Lebensglück für die Version von Frieden, Wahrheit und Gerechtigkeit zu opfern, die ihr die kommunistische Welt scheinbar überzeugend vermittelte.
Es wäre sehr spannend zu wissen, wie sie selbst aus heutiger Perspektive ihr Handeln und ihren Einsatz bewerten würde.
Ein sehr lohnendes Buch; für weniger starke Nerven empfehlen sich jedoch Pausen oder gutes Nervenfutter...!

Bewertung vom 14.11.2022
Als die Welt zerbrach
Boyne, John

Als die Welt zerbrach


ausgezeichnet

Meisterhaft
Die Idee zu diesem Buch finde ich schon großartig. Die kleinste und unbedeutendste Figur aus "Der Junge im gestreiften Pyjama" zur Hauptperson der Rückschau auf die Ereignisse des ersten Buches und deren Analyse zu machen, ist eine raffinierter Einfall.
Und gleichzeitig ist dieser Umstand so realistisch. Wie viele Kinder werden traumatisiert und müssen mit dem Trauma lange Jahre leben bzw. versuchen, es zu verstehen und zu verarbeiten?! Wie sehr wird das Leben der Jüngsten und Unschuldigsten von den Taten Erwachsener beeinflusst, geprägt, wenn nicht sogar zerstört, u.a. da sie sich im Gefüge der Schuld verstrickt fühlen?

John Boyne hat ein meisterhaftes Buch zu diesem Themenkomplex verfasst und beweist eine gute psychologische Einsicht und tiefe Menschenkenntnis. Auch die Umsetzung und der Schreibstil ist erneut gekonnt. Die Stimmen der jugendlichen und der sehr betagten Hauptprotagonistin werden verflochten und lassen ein vielschichtiges Bild des zweiten Weltkrieges und dessen Konsequenzen für Gretel entstehen. Ein zutiefst berührendes Buch!

Bewertung vom 21.10.2022
Unsre verschwundenen Herzen
Ng, Celeste

Unsre verschwundenen Herzen


ausgezeichnet

Gruselig gut
Dieses Buch hat mich von Beginn an gefesselt. Die Geschichte des zwölfjährigen Bird auf der Suche nach seiner Mutter ist nicht nur zutiefst berührend als persönliches Schicksal. Sie entfaltet auch ein Panorama amerikanischer Kulturgeschichte, das hochaktuell und verstörend ist. Während der Lektüre hatte ich permanent das Bedürfnis zu recherchieren, ob die geschilderten Ereignisse und Gesetze Realität sind. Sie sind es nicht wirklich, die Geschichte ist fiktional, dennoch fließen viele reale Begebenheiten hinein, wie die Autorin am Ende erläutert. Die angegebenen Literaturempfehlungen ermöglichen dem Neugierigen, sich mit den realen Einflüssen zu beschäftigen. Ein anrührendes Buch, das gekonnt und poetisch geschrieben ist. Ein wichtiges Buch, das einen zur Vorsicht und Engagement mahnt, angesichts der politischen und sozialen Entwicklungen der vergangenen Jahre und der aktuellen Zeit.

Bewertung vom 21.10.2022
Ein Sturm zieht auf / Feather & Rose Bd.1
Siegmann, Claudia

Ein Sturm zieht auf / Feather & Rose Bd.1


gut

Unterhaltsam
Es ist kein wirklich neues Thema, magische Schulen haben Hochkonjunktur. Neu ist der Ansatz der Elemente, die es zu beherrschen gilt, was das Buch charmant macht. Die eigenen Kräfte zu beherrschen - ein ansprechendes Motiv für Jugendliche, das diese Lesergruppe inspirieren kann. Auch wenn es hier um magische Kräfte geht, die Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft sind so grundlegend, dass sie sich durchaus auch auf reale Eigenschaften und Temperamente beziehen und dies indirekt bei der Leserschaft ankommt. Auch die Liebesgeschichte ist nett eingeflochten und weckt die Neugierde des Lesenden. Die Charaktere sind recht hölzern gestaltet, auch der Schreibstil ist gewöhnungsbedürftig und hat wenig Aussagekraft. Insgesamt ist es ein leichtes Lesevergnügen und man darf auf die nächsten Bände gespannt sein. Ansprechend ist die Gestaltung des Buches. Insbesondere die verzierten Ecken verleihen dem Buch eine besondere Atmosphäre und sind optisch sehr ansprechend.

Bewertung vom 20.10.2022
Meine Grenze ist dein Halt
Imlau, Nora

Meine Grenze ist dein Halt


ausgezeichnet

Informativ und wohltuend
Nora Imlau ist ein informatives und wohltuendes Buch gelungen. Das Thema Grenzen wird von unterschiedlichen Seiten und Aspekten betrachtet, erläutert, mit Beispielen belegt. Die Struktur des Buches ist gut durchdacht und die Entwicklung des Themas ist stimmig. Auch die Übergänge zwischen den Kapiteln sind gut gemacht. Besonders gefallen hat mir die optische Trennung der Kapitel mit einem farbigen Blatt; die Zitatseiten sind sehr schön und ein guter Impuls, das Gelesene kurz einwirken zu lassen. Die Gestaltung des Buches ist ansprechend, die dunkelgrüne Farbe sehr angenehm beruhigend.

Auch der Schreibstil der Autorin trägt zum Wohlgefühl bei, ist das Thema ja durchaus anspruchsvoll. Es gelingt ihr in einer klaren, lockeren Sprache sehr wertvolle Gedanken zu vermitteln. Dadurch ist sie überzeugend in ihrer Aussage, dass ein verhärteter, kopflastiger Umgang mit dem Thema Grenzen nicht gut tut und kontraproduktiv ist.

Lediglich einen Punkt hätte ich mir inhaltlich noch deutlicher gewünscht: Frau Imlau betont zurecht, dass wir als Eltern durchaus flexibler mit sinnvollen Grenzen umgehen können, wenn wir es selbst gerade nicht leicht haben: die extra Folge der Lieblingssendung erlauben oder den ganzen Nachmittag Medienkonsum zu gestatten, zum Beispiel. Das erläutert sie in einleuchtender und lockerer Sprache, die den Inhalt evtl. jedoch zu leicht macht. Was mir hier fehlte ist das deutlichere Ansprechen bzw. Betonen der zeitlich begrenzten Ausnahmen in solchen Fällen - eben bis wir wieder mehr Kraft haben oder eine organisatorische Lösung gefunden haben, die für die Gesundheit unserer Kinder nötigen Grenzen stärker zu beachten. Hier kann der Faktor Bequemlichkeit bzw. ungute Gewohnheit sich schnell einschleichen, wenn wir das nicht klar genug reflektieren und uns dessen bewusst sind bzw. diese zeitliche Begrenzung nicht deutlich kommunizieren.

Insgesamt ein sehr empfehlenswertes Buch!