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Lilian

Bewertungen

Insgesamt 37 Bewertungen
Bewertung vom 12.09.2023
Always love you / Ikonen ihrer Zeit Bd.11
Faber, Hanna

Always love you / Ikonen ihrer Zeit Bd.11


weniger gut

Mit der berührenden Szene , wie die kleine Nippy zum ersten mal ein Solo im Gospelchor singt, startet das Buch. Und schlägt direkt danach in einen Sumpf aus Drogen um.

"Always love you" erzählt aus Whitney Houstons Leben - als Pirvatperson wie als Star. Laut Nachwort basiert diese Erzählung hauptsächlich auf den Büchern, die ihre beste Freundin Robyn und Nippys Mom veröffnetlicht haben; dementsprechend wird das Geschriebene schon recht nahe an der Realität liegen.
Für meinen Geschmack gibt es jedoch zu viele Szenen, die sich nicht belegen lassen und reine persönliche Interpretation sind (Dialoge zwischen Charakteren, innere Monologe/ Gedankenschweife, ...). Davon abgesehen finde ich den Schreibstil durchaus gelungen - er transportiert einen mitten in die Szenen und ist lebendig. Die Charaktere sind gut aufgebaut und haben tiefgang.

Mit dem Schwerpunkt des Buches habe ich mich etwas schwer getan. Klar- es ging darum darzustellen, dass Whitney nicht erst durch ihren Mann mit Drogen in Kontakt kam und ihr Leben begann zu schlingern. Allerdings kam es mir so vor, als würde Whitneys Drogen-Geschichte hier im Vordergrund stehen und ihr restliches Leben lediglich das "Skelett" aus Fakten für die Erzählung liefern. Als zweiten Fokus gibt es Whitneys Beziehung zu Robyn, die meiner Meinung nach in diesem Proträt die einzige Beziehung ist die diesen Namen auch verdient.
Whitney selbst wird gleichzeitig als bodenständig und bescheiden dargestellt, jedoch auch als etwas naiv und emotional unreif. Sie stellt ihr gesamtes Leben und ihr Glück hinter ihrer Karriere hinten an.
Leider fällt es mir schwer, das Porträt das von Whitney Houston gezeichnet wird, mit ihren gefühlvollen Liebesballaden in Einklang zu bringen.

Alles in allem ein Buch das sich gut lesen lässt. Unter einer Erzählung über Whitneys Leben hatte ich mir allerdigns etwas anderes vorgestellt.

Lieblingszitate:
Geht man mutig weiter Schritt für Schritt in die neue Zukunft und schafft sich dort ein neues Zuhause, oder kehrt man lieber dorthin zurück, wo alles bekannt ist?

Hatte sie mit dieser Frisur ihre Herkunft verleugnet, ihre Schwarze Kultur ? Oder waren gewisse Kompromise nun einmal einfach notwendig, um als Person of color im Leben erfolgreich zu sein?

So wie sie Musik betrachtete, war sie erst dann bedeutsam, wenn sie die Zeit überdauerte. [...] So sollte auch ihre Musik sein: unendlich.

Ich möchte mit meinder Musik etwas in den Leuten auslösen, ein Gefühl, eine Verbundenheit. Mir istes nicht so wichtig, ob ich das bei hundert oder hundert tausend schaffe.

Bewertung vom 05.09.2023
Die Formel der Hoffnung
Cullen, Lynn

Die Formel der Hoffnung


sehr gut

Lynn Cullen nimmt einen mit in die USA der ~1940er Jahre.
Während die Welt im 2ten Weltkrieg gegen Deutschland kämpft, stellt sich Dorothy Hosrtmann mit ihren Forschungkollegen dem weitaus kleineren aber genauso tödlichen Feind: dem Polio-Virus. Keiner weiß, wie es die Kinder infiziert, wie es sich im Körper verbreitet oder was an dagegen unternehmen kann.
Kampflustig wirft sich Dr.Horstmann in den Ring und stößt dabei auf immer weitere Probleme wie den Misogynismus ihrer Zeit, der ihr die Forschung ordentlich erschwert, oder den wissenschaftlichen Wettlauf zwischen Forschungsgruppen um Publikationen und Fördergelder.

Wider Erwarten sind es in dieser männerdominierten Welt die Frauen, die die wichtigen Durchbrüche machen um Polio an den Kragen zu gehen. Als Dorothy endlcih die Gelder bekommt, um aufzudecken wie sich Polio im Körper verteilt, öffnet das der Forschungsgemeinde die Augen um eine wirksame Immunisierung zu entwickeln.

Man fiebert mit Dorothy und der ganzen Welt dem ende des Poliovirus entgegen. Lucy Cullen verbindet gekonnt historische Fakten mit einem gelungenen Schreibstil und lebenidgen Charakteren. Ich bn selbst Wissenschaftlerin und habe das Buch sehr genossen.

Mein einziger kleiner Kritikpunkt ist, dass die Storyline des Buches wirklich sehr nah an der Realität der Forschung liegt - im Mitteltelíl des Buches geht es lange kaum noch um Polio an sich sondern hauptsächlich um den Wettlauf zwischen Forschungsgruppen als erstes neue Ergebnisse zu publizieren und Forschungsgelder einzuwerben. Das hat völlig seine Daseinsberechtigung, hat meinenLesefluss allerdings etwas entschleunigt.

Alles in allem würde ich das Buch absolut empfehlen! Eine Erfolgsgeschichte von und für Frauen in der Wissenschaft, die außerdem die Welt von ~1940-1960 facettenreich und lebendig darstellt.

Lieblingszitate:

Du kannst überall Schlechtes finden, wenn du hinschaust, und hinschauen musst du, wenn du es bekämpfen willst. Aber du musst auch auf das Gute schauen, um dich daran zu erinnern, wofür du kämpfst.

Ich mag die tiefe Stimme. Es ist ihr egal, ob die hohe Stimme sich in den Vordergrund drängt. Sie weiß, dass sie stark ist.
Wie er die Beständigkeit der Bassstimme bewundert hatte, die sich bereitwillig hingibt, damit die andere aufsteigen kann. Hatte er ihr daals nicht das Geheimnis des Lebens verraten?

Dabei wusste dorothy besser als sonst irgendjemand, dass nur weil etwas nicht zu sehen war, es nicht bedeutete, dass es nicht existierte. Die stärksten Mächte der Welt waren für das bloße Auge unsichtbar. Wie Viren. Wie Antikörper. Wie Liebe.

Bewertung vom 12.08.2023
Das Pferd im Brunnen
Tscheplanowa, Valery

Das Pferd im Brunnen


gut

Walja besucht ihre Großmutter Nina im russischen Kasan, wo sie die Geschichte ihrer Familie kennen lernt.
Epsiodenweise bekommt man Einblicke in die Leben der Urgroßmutter Tanja, der Großmutter Nina und der Mutter Lena. Alles starke Frauaen, die sich jeweils in ihrer ganz eigenen Umgebung ihren ganz eigenen Weg bahnen.
Die Geschichten sind so angeordnet, als würde man Nina selbst besuchen und Tag für Tag eine neue Episode anhören - die Kapitel spielen nicht unbedingt nacheinander- von Zeit zu Zeit gibt es Zeitsprünge und Wehcsel um wen es gerade geht. Das macht es etwas schwierger die Geschichten der einzelnen Charaktere im Blick zu behalten, macht das leseerlebnis aber spannender, da man teilweise erst später erfährt wer zum Beispiel warum gegen wen einen Groll hegt.

Als Haupterzählerin steht Ninas Lebensgeschichte im Vordergrund. Wie der ihrer anderen Familiengefährtinnen ist ihr Leben auch hart und anspruchsvoll; wodurch auch Nina schroff wird. Dennoch lernt man sie als liebevolle Person kennen, die sich durch ihre Lebensumstände und ihren Umgang damit nur irgendwie selbst den Weg zum Glück verbaut.

Durch die Familiengeschichte lernt man auch Russland durch ganz intime Einblicke im Wandel der Zeit kennen mit den verschiedenen Lebensumständen und Mindsets von Land und Stadt. Über (drohenden) Krieg, Inflation, Hunger, Religion, Lifestyle ist eigentlich alles dabei. Ein Aspekt der Weltgeschichte mit dem ich persönlich noch recht wenig Berührungspunkte hatte.

Lieblingszitate:
Das leben ist ein Kampf und es gewinnen nur die Starken. Also halte durch.

Sie hat ihren Stolz, und so geht sie nach Hause, und dort wird sie auch mit ihm am Tisch sitzen und nur mit ihm, dem Stolz.

Für die Menschen ist der Wandel in den Neunzigerjahren verheerend. Wie eine schützende Decke ist der Kommunismus über ihren Köpfen weggerissen worden, und nun ist Selbstständigkeit gefragt. Woher aber Selbstständigkeit nehmen, wenn man ein Leben lang Gehorsam gelernt hat?

Auf die Idee zu kommen, einzigartig zu sein, ist beim Schlangestehen so gut wie unmöglich. Auch gibt es keine Hierarchie, die Schlange besteht aus Körpern die aufgereiht sind, egal wer was hat oder kann. Was gegessen wird bestimmt die Saison, nicht der Appetit. Was nicht in Schlangen erstanden werden kann, muss selbst gemacht werden, und das wiederum unterscheidet die Menschen.

Bewertung vom 24.07.2023
Treacle Walker
Garner, Alan

Treacle Walker


gut

Wer Treacle Walker liest sollte sich auf ein paar Stunden Fiebertraum gefasst machen.

Joe Coppock bekommt in einem Tauschhandel von Treacle Walker ein Kermaiktöpfchen, dessen Inhalt sein Leben oder zumindest seine Wahrnehmung ordentlich auf den Kopf stellt.
Die Grenzen zwischen Realität, Fiktion und Irrsinn lösen sich komplett auf, bis völlig unklar ist, ob es die Realität überhaupt gibt.

Man findet sich einer Mischung aus Matrix, Inception, Alice im Wunderland und Pippi Langstrumpf wieder, jedoch mit urbritischem Kontext.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass durch die Übersetzung aus dem Englischen ein paar Tiefen verloren gehen, da Garner wohl in diesem Werk viel mit seinem lokalen Dialekt aus Cheshire spielt. Ebenso gehen vermutlich viele Anspielungen auf britische Folklore (für nicht-Briten) und Garners andere Werke (für nicht-Gerner-Fans) an einem Vorbei, die der Geschichte recht sicher nochmal ganz andere Blinkwinkel geben.

Alles in allem ist es aber ein gut geschriebenes Buch, das sich in 1-2 Stunden lesen lässt. Wenn man seinem Gehirn mit einer Fiebertraum-Session eine Pause gönnen will, perfekt.

Lieblingszitat(e):

Der Schornstein. Er ist das Herz von allem, das ist. Um ihn dreht sich der Himmel. Er ist der verbindende Weg.
Verbinden? Was denn verbinden?
Die Erde, den Himmel und die weisen Sterne.

Die Last liegt ganz bei dir. Du bist es der träumt.
Ich träume nicht! Ich bin wach!
Und dann bist du aufgewacht. Und wo warst du da? Immer noch in deinem Traum.

Können Sie machen, dass mit meinem Auge wieder alles richtig ist? Ich kann nicht mehr erkennen was wahr ist und was nicht.
Was ist schon wahr Joseph Coppock?

Bewertung vom 08.07.2023
Die Erinnerungsfotografen
Hiiragi, Sanaka

Die Erinnerungsfotografen


sehr gut

Eine alte Dame, die von ihrem Lebenswerk erzählt.
Ein Yakuza-Boss, der sein weiches Herz enthüllt.
Und ein kleines Mädchen, das die Kraft findet für sich und andere zu Kämpfen.

Und mittendrin Hirasaka, der all die Geschichten der Menschen begleiten darf. In seinem Fotostudio irgendwo zwischen Leben und Tod hilft er Menschen, nochmals ihr Leben revue passieren zu lassen, ihren schönsten Moment noch einmal zu erleben und sich dann zu verabschieden.

Eine wirklich schöne Erzählung; im Grunde Kawaguchis "before the coffee gets cold" trifft auf Klunes "under the whispering door" - nur eine Spur düsterer.
Wobei wir schon bei meinem einzigen Kritikpunkt wären: ich hatte mich auf ein schön-kuscheliges Wohlfühlbuch gefreut. Und bis auf ein/zwei absehbare Details der Yakuza-welt trifft das auch voll zu. Aber das letzte Kapitel hat mich etwas unvorbereitet getroffen - für einen so deftigen Subplot wie Mitsurus Geschichte wäre ich gerne vorgewarnt gewesen.

Aber alles in sind es die Geschichten von 4 Menschen, die schön ineinander verwoben werden und jeder einzelne findet am Ende irgendwie seinen Frieden.

Lieblingszitate:
"Herr Hirasaka, Sie meinen also, ich soll meinem Alter entsprechend zweiundneunzig Fotos auswählen, um daraus meine persönliche Drehlaterne zu bauen. Und während ich mir die Rückschau ansehe, werde ich ins Nirwana gehen."

"Eine Schürfwunde am Arm, das verheilt irgendwann wieder, aber die Wunde, die in dir klafft, wenn dir dein Herzensobjekt derart zerfetzt wird, die heilt nicht mehr."

"Er hat mir damals gezeigt, wie das geht: Hoffen.
Ich solle immer wieder aufstehen. Ich solle meine Stimme erheben gegen die Ungerechtigkeit auf dieser Welt."

Bewertung vom 01.06.2023
Die Wölfe von Pompeji
Harper, Elodie

Die Wölfe von Pompeji


ausgezeichnet

Durch Amaras Augen lernt man das römische Reich Mal von einer ganz anderen Seite kennen. Hier stehen nicht wie sonst die prunkvollen Schlachten, architektonsichen Meisterwerke oder die Politik im Vordergrund - sondern das steinharte Leben der Unterschicht, von Sklaven und Prostituierten.

Durch ganz verschiedene Schicksals-schläge hat es Amara und die anderen Mädchen in die Wolfshöhle in Pompeji gespült, wo sie jetzt ihr Leben als Huren im Stadtbodell von Pompeji bestreiten müssen. Kein sehr schöner Alltag... trotz all der Gewalt und Ohnmacht über ihr Leben verlieren die Wölfinnen aber nicht die Hoffnung, sondern finden neue Stärke ineinander.

Ich bin fasziniert, wie gut Elodie Harper die Alltags-Gossen des römischen Reichs heraufbeschwört. Über die Architektur, Kultur, Sozialschichten, Politik - man könnte fast dort sein. Und das alles ohne den Fokus von Amaras Leben zu nehmen. Ein dickes Lob für diese wunderbar und liebevoll recherchierte und geschriebene Welt!

In ihrer Bordell-Zelle entscheidet sich Amara zu leben anstatt einfach nur zu überleben. Und greift dafür auf alle Mittel zurück, die sie hat. Sind wir mal ehrlich, im römischen reich sind das für eine junge Sklavin, die als Hure arbeitet, nicht gerade rosige Aussichten. Aber mit dem Rückhalt ihrer Freundinnen, ihrem Geschäftssinn, ihrer künstlerischen Ader, Glück und etwas Skrupellosigkeit gewappnet stellt sie sich dem Kampf mit ihrer Realität, ihrem Zuhälter und ihren Gefühlen.

Ein sehr gut geschriebener Roman, der mich auf allen Ebenen abgeholt und zu 100% mitgenommen hat. Sowohl auf emotionaler, literarischer, und historischer Ebene.

Man fiebert richtig mit dem Wolfsrudel und Amara mit und mir jucken schon die Finger nach der Fortsetzung!

Bewertung vom 20.05.2023
Girls like girls - Sag mir nicht, wie ich mich fühle
Kiyoko, Hayley

Girls like girls - Sag mir nicht, wie ich mich fühle


gut

Direkt zu Beginn ihrer Zeit in Oregon, lernt Coley bei einem Beinahe-Unfall Sonya kennen. Und ist direkt vollständig und absolut absorbiert.
Eine Teenager-Schwärmerei wie sie im Buche steht- mit zwei Girls in den Hauptrollen. Das klassische "Sie-liebt-mich-sie-liebt-mich-nicht" Spiel, aber in der queeren Version gepaart mit dem Versteckspiel vor Freunden und Familie.

Nach dem Trauma und den Verlust, den Coley erst kürzlich miterleben musste, setzt sie sich wirklich wenig damit auseinander. Statt zu trauern, zu reflektieren, oder zu versuchen sich in ihrem neuen Leben zurecht zu finden, fixiert sie sich komplett auf ihren Schwarm.
Sonya, der Mittelpunkt ihrer Clique und das Vorzeigesternchen ihrer Familie, jedoch weiß nicht was sie will oder ob sie stark genug ist, ihr wahres Ich offen zu zeigen.

Für meinen Geschmack war die Story und wie sich die Charaktere verhalten leider etwas zu vorhersehbar - eine Teenager Lovestory eben.
Die Figuren stellen alle wichtige Aspekte dar- sind jedoch etwas Eindimensional. Die zickige beste Freundin, der GoldenRetriever Kumpel, der arschige Ex, die versnobbte Mum, ...



Insgesamt eine gut queere Repräsentation, in der die Charaktre früher oder später Stärke zeigen und den Wiedrigkeiten die Stirn bieten.

Bewertung vom 07.05.2023
Die unglaubliche Grace Adams
Littlewood, Fran

Die unglaubliche Grace Adams


gut

Fran Littlewood nimmt uns mit auf eine Reise durch Graces Leben. Zu Beginn sieht es auf gesamter Linie recht düster aus- ihr Mann hat sich von ihr getrennt, ihre Tochter redet nicht mit ihr, im Job läuft es nicht, und die Torte über die sie sich mit ihrer Tochter aussöhnen will muss erstmal zu Fuß mitten im Sommer durch die Stadt transportiert werden.

Im Prinzip geht es gar nicht so sehr darum, wie Grace sich wieder mit ihrer Familie vertragen will und noch nichteinmal um ihren mehr oder minder guten Torte-im-Sommer-Plan.
Als Grace durch die Stadt läuft, lässt sie ihr gesamtes bisheriges Leben nochmal revue passieren. Die Geschichte ist im Groben und Ganzen in 3 Zeitschienen gegliedert die jeodhc alle nochmal durch Rückblenden und Erinnerungen durchbrochen werden teilweise die Erzählperspektive wechseln.
Dadurch dass Grace eine 45-jährige Mutter ist, bekommt man in ihrer Lebensrückbende so einiges zu sehen: bewegende Aspekte rund um ihre (ungeplante) Mutterschaft (Karriere/ Familie, Sorgen, Vereinsamung), Feminismus, Familie, Frauengesundheit, Liebe und Schwärmerei. Über ihre Tochter erhascht man auch kurze Einblicke darin wie Sozialen Netzwerke sich auf das Leben der Jugendlichen auswirken und welchem Druck sie standhalten müssen.

Insgesamt hat mich das Buch an eine moderne und etwas dramatischere Version von Bridget Jones erinnert - im Mittelpunkt das mehr oder weniger alltägliche Leben einer etwas ungeschickten und latent durchgeknallten aber liebenswerten "Heldin", die sich durch die Tücken von Liebe, Familie und Karriere bugsiert.

Alles in allem hat das Buch schon eine bewegende Hintergrundgeschichte. Für mich ist die Erzählung leider an der mangelnden emotionalen Reife von Grace gescheitert - ich hatte das Gefühl dass sie sich eher wie eine 16-jährige als eine 45-jährige Mutter verhält. Auch die Geschichte an sich hatte mir etwas zu viele Nebenaspekte (ich hatte das Gefühl dass wirklich jeder Aspekt von Grace Leben thematisiert wurde und zudem einige Aspekte aus dem Leben ihrer Tochter und ihres Mannes).
In der Rückblende wird recht am Ende von Graces Weg in einem Plotreveal enthüllt woran ihre Familie eigentlich zerbricht. An sich ein hoch-bewegendes Thema. Jedoch ist das tatsächliche Problem, dass die Charaktere nicht miteinander sprechen/ gesprochen haben und nichtmal so sehr was an sich passiert ist.

Lieblingszitate:
Sie ist sich im Augenblick nicht sicher, wer sie eigentlich ist. Sie hat nur das unbestimmte Gefühl, wärend ihrer Wanderung mehrere Versionen ihrer selbst durchlebt zu haben.

Schritt für aberwitzigen Schritt hat ihre lange Wnaderung die Vergangenheit aufgerissen, die sie jahrelang zu verdrängen versucht hat. Was sie getan hat, oder vor allem, was sie nicht getan hat.

Bewertung vom 26.04.2023
Als wir Vögel waren
Banwo, Ayanna Lloyd

Als wir Vögel waren


gut

Darwin ist als junger Rastafari gezwungen, seinen Lebensunterhalt auf einem Friedhof zu verdienen, obwohl seine Religion ihm das untersagt - daran zerbricht er fast. Als er dann noch herausfindet, was seine Kollegen für etwas Zusatzverdienst im Schutzmantel der Dunkelheit treiben, steht seine Welt vor dem Abgrund.

Gleichzeitig lernt Yejide, dass ihre Familie seit jeher an der Schwelle zwischen den Lebenden und Toten wache hält. Als ihre Mutter stirbt, lastet die Pflicht, sich um die Geister der Toten zu kümmern plötzlich auf ihr und kehrt ihr gesamtes Leben auf den Kopf - sie will nur ausbrechen und frei sein.

Zwei sehr interessante Charaktere, die aufeinandertreffen und lernen sich gegenseitig zu stützen und ihr Leben wieder lebenswert und fröhlich zu gestalten.
Von Yejides Plot war ich leider etwas unvorbereitet getroffen - ich hätte in diesem Roman nicht mit einem fiktionalen mythischen Character-Background gerechnet. Die Story erinnert mich etwas an Schwabs Gallant.
Die Handlung ist von vorn herein recht klar abzusehen, wird aber durch Yejides Background und Darwins Entdeckungen nochmal aufgewühlt.

Insgesamt ein sehr schön geschriebener Roman über Liebe, Familie, Pflicht und den Umgang mit dem Tod.
Dadurch, dass der Roman auf Trinidad-Tobago handelt bekommt die gesamte Geschichte auch nochmal einen sehr interessanten kulturellen Boden.

Lieblingszitate:
Das Gute kommt nicht, wenn du meist, dass es kommen muss, sondern wenn dus am dringendsten brauchst.

Prüf deine Stimme. NIcht alles Schöne ist hübsch, und deine ist klein und heiser, weil du sie nicht benutzt hast. Benutz deine Stimme trotzdem. Sing.

Auch ein kleines Leben ist ein Leben.

(Aus dem Interview mit Banwo:)
Alle Geschichten sind Liebesgeschichten. Wir trauern, weil wir diejenigen lieben, die wir verloren haben, und die Toten gehen nicht, weil sie die Menschen und das Leben, das sie zurückgelassen haben, lieben.

Bewertung vom 27.03.2023
Morgen und für immer
Meta, Ermal

Morgen und für immer


ausgezeichnet

Liebe und Hoffnung gegen Regime und Unterdrückung.

Kajan nimmt uns mit auf eine Reise aus dem Albanien der 1940er Jahre, über Ost- und Westberlin, Amerika und schließlich wieder in seine Heimat. Er und seine Familie haben viel unter dem Krieg und fast noch mehr unter der folgenden politischen Unterdrückung der Sowjets zu leiden. Schließlich muss Kajan mit nichts als seiner Musik im Herzen in die westliche Welt fliehen und alles und jeden zurück lassen. Doch auch dann noch bleibt ihm die Hoffnung auf Glück und Freiheit erhalten. Und so bringt Kajan mit seinem Klavier ein bisschen Licht in den dunklen Alltag... Morgen und für immer.

Liebevoll erzählt Ermal Meta aus den Leben seiner Charaktere, die so von Unterdrückung gepägt sind, und doch definiert sie die Liebe und Zuversicht.

Trotz des doch eher düsteren, sehr politischen Themas gelingt es Meta der Erzählung durch die Charactere eine große empathische Tiefe mit einem liebe- und hoffnungsvollen O-Ton zu verleihen.
Wie bei einem Brombeerstrauch - die Geschichte hat ebensoviele Dornen wie süße Früchte. Am Ende trägt man den ein oder anderen emotionalen Kratzer davon, aber der süße Nachgeschmack ist es allemal Wert!

Lieblingszitate:
"Der Krieg entsteht zuerst in einigen wenigen Köpfen, dann in vielen Köpfen, von den Köpfen wandert er in die Hände und Beine und von dort in die Augen. Und dort, in den Augen, bleibt er, auch nachdem er vorbei ist. Halte dich vom Krieg fern, Kajan, sieh nie hin, der Krieg ist furchtbar."

"Wer schubst, denkt, er brächte einen zu Fall, doch er weiß nicht, dass es manchmal genau dieser Anstoß ist, der einen fliegen lässt."