Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Lilian

Bewertungen

Insgesamt 31 Bewertungen
Bewertung vom 20.05.2023
Girls like girls - Sag mir nicht, wie ich mich fühle
Kiyoko, Hayley

Girls like girls - Sag mir nicht, wie ich mich fühle


gut

Direkt zu Beginn ihrer Zeit in Oregon, lernt Coley bei einem Beinahe-Unfall Sonya kennen. Und ist direkt vollständig und absolut absorbiert.
Eine Teenager-Schwärmerei wie sie im Buche steht- mit zwei Girls in den Hauptrollen. Das klassische "Sie-liebt-mich-sie-liebt-mich-nicht" Spiel, aber in der queeren Version gepaart mit dem Versteckspiel vor Freunden und Familie.

Nach dem Trauma und den Verlust, den Coley erst kürzlich miterleben musste, setzt sie sich wirklich wenig damit auseinander. Statt zu trauern, zu reflektieren, oder zu versuchen sich in ihrem neuen Leben zurecht zu finden, fixiert sie sich komplett auf ihren Schwarm.
Sonya, der Mittelpunkt ihrer Clique und das Vorzeigesternchen ihrer Familie, jedoch weiß nicht was sie will oder ob sie stark genug ist, ihr wahres Ich offen zu zeigen.

Für meinen Geschmack war die Story und wie sich die Charaktere verhalten leider etwas zu vorhersehbar - eine Teenager Lovestory eben.
Die Figuren stellen alle wichtige Aspekte dar- sind jedoch etwas Eindimensional. Die zickige beste Freundin, der GoldenRetriever Kumpel, der arschige Ex, die versnobbte Mum, ...



Insgesamt eine gut queere Repräsentation, in der die Charaktre früher oder später Stärke zeigen und den Wiedrigkeiten die Stirn bieten.

Bewertung vom 07.05.2023
Die unglaubliche Grace Adams
Littlewood, Fran

Die unglaubliche Grace Adams


gut

Fran Littlewood nimmt uns mit auf eine Reise durch Graces Leben. Zu Beginn sieht es auf gesamter Linie recht düster aus- ihr Mann hat sich von ihr getrennt, ihre Tochter redet nicht mit ihr, im Job läuft es nicht, und die Torte über die sie sich mit ihrer Tochter aussöhnen will muss erstmal zu Fuß mitten im Sommer durch die Stadt transportiert werden.

Im Prinzip geht es gar nicht so sehr darum, wie Grace sich wieder mit ihrer Familie vertragen will und noch nichteinmal um ihren mehr oder minder guten Torte-im-Sommer-Plan.
Als Grace durch die Stadt läuft, lässt sie ihr gesamtes bisheriges Leben nochmal revue passieren. Die Geschichte ist im Groben und Ganzen in 3 Zeitschienen gegliedert die jeodhc alle nochmal durch Rückblenden und Erinnerungen durchbrochen werden teilweise die Erzählperspektive wechseln.
Dadurch dass Grace eine 45-jährige Mutter ist, bekommt man in ihrer Lebensrückbende so einiges zu sehen: bewegende Aspekte rund um ihre (ungeplante) Mutterschaft (Karriere/ Familie, Sorgen, Vereinsamung), Feminismus, Familie, Frauengesundheit, Liebe und Schwärmerei. Über ihre Tochter erhascht man auch kurze Einblicke darin wie Sozialen Netzwerke sich auf das Leben der Jugendlichen auswirken und welchem Druck sie standhalten müssen.

Insgesamt hat mich das Buch an eine moderne und etwas dramatischere Version von Bridget Jones erinnert - im Mittelpunkt das mehr oder weniger alltägliche Leben einer etwas ungeschickten und latent durchgeknallten aber liebenswerten "Heldin", die sich durch die Tücken von Liebe, Familie und Karriere bugsiert.

Alles in allem hat das Buch schon eine bewegende Hintergrundgeschichte. Für mich ist die Erzählung leider an der mangelnden emotionalen Reife von Grace gescheitert - ich hatte das Gefühl dass sie sich eher wie eine 16-jährige als eine 45-jährige Mutter verhält. Auch die Geschichte an sich hatte mir etwas zu viele Nebenaspekte (ich hatte das Gefühl dass wirklich jeder Aspekt von Grace Leben thematisiert wurde und zudem einige Aspekte aus dem Leben ihrer Tochter und ihres Mannes).
In der Rückblende wird recht am Ende von Graces Weg in einem Plotreveal enthüllt woran ihre Familie eigentlich zerbricht. An sich ein hoch-bewegendes Thema. Jedoch ist das tatsächliche Problem, dass die Charaktere nicht miteinander sprechen/ gesprochen haben und nichtmal so sehr was an sich passiert ist.

Lieblingszitate:
Sie ist sich im Augenblick nicht sicher, wer sie eigentlich ist. Sie hat nur das unbestimmte Gefühl, wärend ihrer Wanderung mehrere Versionen ihrer selbst durchlebt zu haben.

Schritt für aberwitzigen Schritt hat ihre lange Wnaderung die Vergangenheit aufgerissen, die sie jahrelang zu verdrängen versucht hat. Was sie getan hat, oder vor allem, was sie nicht getan hat.

Bewertung vom 26.04.2023
Als wir Vögel waren
Banwo, Ayanna Lloyd

Als wir Vögel waren


gut

Darwin ist als junger Rastafari gezwungen, seinen Lebensunterhalt auf einem Friedhof zu verdienen, obwohl seine Religion ihm das untersagt - daran zerbricht er fast. Als er dann noch herausfindet, was seine Kollegen für etwas Zusatzverdienst im Schutzmantel der Dunkelheit treiben, steht seine Welt vor dem Abgrund.

Gleichzeitig lernt Yejide, dass ihre Familie seit jeher an der Schwelle zwischen den Lebenden und Toten wache hält. Als ihre Mutter stirbt, lastet die Pflicht, sich um die Geister der Toten zu kümmern plötzlich auf ihr und kehrt ihr gesamtes Leben auf den Kopf - sie will nur ausbrechen und frei sein.

Zwei sehr interessante Charaktere, die aufeinandertreffen und lernen sich gegenseitig zu stützen und ihr Leben wieder lebenswert und fröhlich zu gestalten.
Von Yejides Plot war ich leider etwas unvorbereitet getroffen - ich hätte in diesem Roman nicht mit einem fiktionalen mythischen Character-Background gerechnet. Die Story erinnert mich etwas an Schwabs Gallant.
Die Handlung ist von vorn herein recht klar abzusehen, wird aber durch Yejides Background und Darwins Entdeckungen nochmal aufgewühlt.

Insgesamt ein sehr schön geschriebener Roman über Liebe, Familie, Pflicht und den Umgang mit dem Tod.
Dadurch, dass der Roman auf Trinidad-Tobago handelt bekommt die gesamte Geschichte auch nochmal einen sehr interessanten kulturellen Boden.

Lieblingszitate:
Das Gute kommt nicht, wenn du meist, dass es kommen muss, sondern wenn dus am dringendsten brauchst.

Prüf deine Stimme. NIcht alles Schöne ist hübsch, und deine ist klein und heiser, weil du sie nicht benutzt hast. Benutz deine Stimme trotzdem. Sing.

Auch ein kleines Leben ist ein Leben.

(Aus dem Interview mit Banwo:)
Alle Geschichten sind Liebesgeschichten. Wir trauern, weil wir diejenigen lieben, die wir verloren haben, und die Toten gehen nicht, weil sie die Menschen und das Leben, das sie zurückgelassen haben, lieben.

Bewertung vom 27.03.2023
Morgen und für immer
Meta, Ermal

Morgen und für immer


ausgezeichnet

Liebe und Hoffnung gegen Regime und Unterdrückung.

Kajan nimmt uns mit auf eine Reise aus dem Albanien der 1940er Jahre, über Ost- und Westberlin, Amerika und schließlich wieder in seine Heimat. Er und seine Familie haben viel unter dem Krieg und fast noch mehr unter der folgenden politischen Unterdrückung der Sowjets zu leiden. Schließlich muss Kajan mit nichts als seiner Musik im Herzen in die westliche Welt fliehen und alles und jeden zurück lassen. Doch auch dann noch bleibt ihm die Hoffnung auf Glück und Freiheit erhalten. Und so bringt Kajan mit seinem Klavier ein bisschen Licht in den dunklen Alltag... Morgen und für immer.

Liebevoll erzählt Ermal Meta aus den Leben seiner Charaktere, die so von Unterdrückung gepägt sind, und doch definiert sie die Liebe und Zuversicht.

Trotz des doch eher düsteren, sehr politischen Themas gelingt es Meta der Erzählung durch die Charactere eine große empathische Tiefe mit einem liebe- und hoffnungsvollen O-Ton zu verleihen.
Wie bei einem Brombeerstrauch - die Geschichte hat ebensoviele Dornen wie süße Früchte. Am Ende trägt man den ein oder anderen emotionalen Kratzer davon, aber der süße Nachgeschmack ist es allemal Wert!

Lieblingszitate:
"Der Krieg entsteht zuerst in einigen wenigen Köpfen, dann in vielen Köpfen, von den Köpfen wandert er in die Hände und Beine und von dort in die Augen. Und dort, in den Augen, bleibt er, auch nachdem er vorbei ist. Halte dich vom Krieg fern, Kajan, sieh nie hin, der Krieg ist furchtbar."

"Wer schubst, denkt, er brächte einen zu Fall, doch er weiß nicht, dass es manchmal genau dieser Anstoß ist, der einen fliegen lässt."

Bewertung vom 19.03.2023
Es war einmal in Brooklyn
Atlas, Syd

Es war einmal in Brooklyn


weniger gut

Juliette und David - David und Juliette. Seit ihrer Kindheit sind sie ein eingeschworenes Team - ein unzertrennliches Duo - beste Freunde.

Mittlerweile sind jedoch beide junge Erwachsene geworden. Juliette bereitet sich darauf vor, aufs College zu gehen, ihr Erwachsenwerden auszukosten und auf eigenen Beinen zu stehen... währenddessen kämpft David mit seinem Krebs, der ihn ziemlich eingeschränkt und isoliert aufstellt.
In "Es war einmal in Brooklyn" erzählt Syd Atlas über die tiefe Freundschaft der beiden, die mit zunehmendem Alter jedoch immer bröckeliger wird, bis man sich fragt ob es überhaupt noch Freundschaft ist. Über die Alltagsprobleme der beiden Protagonisten. Und auch viel über deren Verwandte und Freunde - bis hin zu den Urgroßeltern.

Alles in allem eigentlich eine schöne Geschichte. Jedoch konnte ich mich nicht wirklich in die Charaktere hineinversetzen oder mit ihnen mitfühlen. Die Freundschaft zwischen David und Juliette, um die es eigentlich gehen soll, wird aus meiner Sicht durch 2 andere Sachen überschattet: a) ich finde nicht, dass es zum Zeitpunkt der Erzählung noch wirklich eine Freundschaft ist, b) die Geschichten aller anderen Charaktere in diversen Zeitschienen nehmen so viel Raum ein, dass für die Beziehung zwischen Juliette und David kaum Raum bleibt.
Der Blackout, mit dem der Wendepunkt der Geschichte kommen soll, kommt mir etwas zu kurz, damit leider auch der Wendepunkt selbst. Die Veränderung zwischen Juliette und David hat schon längst stattgefunden und wird durch die Nacht im Dunklen eigentlich nur letzendlich besiegelt; wobei der letzte Stoß deutlich nach dem Blackout stattfindet.

In der Erzählung geht es im Grunde um Juliettes Erwachsen-Werden, wobei sie sich jedoch eher wie eine 14-Jährige verhält.
Dabei geht es, wie bei Teenagern zu erwarten, auch zentral um das Thema Sex. Ich finde es etwas fraglich, hierauf den Fokus zu legen, gäbe es bei den Hauptfiguren (Krebskrank + soziale Ausenseiterin) doch emotional viel Tiefgründigeres zu beleuchten.
Auch Rassismus/ Diskrikinierung tauchen als Thema der 1970er Jahre stellenweise auf. Legitim, da es die Zeit wiedergibt, andererseits tut es zur Handlung nichts zu Sache - ich bin etwas darüber gestolpert.


Als Fazit würde ich sagen ein eher mittelmäßiger Coming-of-age Roman. Ich hatte mir mehr Fokus auf und mehr Tiefe in der Beziehung zwischen David und Juliette erwartet. Die Geschichten der vielen Nebencharaktere drängen zwar das Hauptthema an den Rand, verleihen dem Roman letztendlich aber seine Konsistenz und Liebenswürdigkeit.

Lieblingszitate:
David weinte, weil er eigentlich nicht sterben wollte und weil er bei ihrem Anblick begriff, warum er leben wollte. Er wollte für sie leben – sie rettete ihm das Leben.

Erst wenn wir vom weg abgekommen sind, fangen wir an, uns selbst zu verstehen.

Von nun an verlange ich kein Glück mehr, ich bin mein glück, Von nun an winsle ich nciht mehr, [...] Stark und genügsam reise ich auf der offenen Straße.

Wird es wieder gut? Ich weiß es nicht. Aber was ist die Alternative?

Du kannst sein wer du willst [...] du musst dich nur dafür entscheiden.

Bewertung vom 07.03.2023
Dalee
Gastmann, Dennis

Dalee


sehr gut

Auch in Indien hält die Industrialisierung ihren Einzug und macht mit all den neuartigen Maschinen die Elefanten nach und nach überflüssig. Als Bellinis Vater irgendwann verzweifelt genug ist, lässt er sich anheuern mit seinem Elefanten und seiner Familie mit einem überfüllten Schiff auf die Andamanen-Inseln 700 Meilen entfernt umzusiedeln. Dort entsteht mitten im Dschungel eine neue Siedlung aus bunt zusammengewürfelten Siedlern aller möglichen Nationen, Religionen und Ansichten. Mithilfe ihrer Arbeitselefanten schlagen sie das Tropenholz, was ein harter Alltag ist. Bellinis Familie hängt ganz von ihrem Elefanten Dalee ab, den sie liebevoll umsorgen und als Teil der Familie betrachten. Aber leider ist Dalee nicht mehr der Jüngste und schließlich fängt sein Gehirn an ihm Streiche zu spielen.

Gastmann erzählt liebevoll von der gemischt-indischen Kultur mit einfühlsamen Details in Religion, Weltsichten, Alltagsleben und Kultur. Durch Bellinis Augen lernt man seine zahlreichen Nachbarn kennen sowie das Leben in Indien und im Andamanischen Dschungel.
Bellinis Leben und das seiner Familie wird durch ihren Elefanten Dalee gelenkt - er bestimmt indirekt wo sie leben und wonach sich ihr Alltag richtet. Allerdings befasst sich haupstächlich Bellinis Vater mit Dalee - Bellini selbst geht ihm dabei zwar zur Hand, sein Fokus in seinem jungen Leben liegt aber eher daruf sich an das neue Dschungel-Leben zu gewöhnen und die Inseln zu entdecken. Erst als er gegen Ende 12 Jahre alt wird, darf er allein mit Dalee losziehen.
Bellini vergöttert Dalee, sieht in ihm nicht nur das praktische Arbeitstier, sondern einen Bruder, einen Freund, engsten Verwandten und Superheld. Doch seine Kraft und Größe wird plötzlich zum Problem, als Dalee durch sein Alter beginnt zu vergessen - nicht nur Befehle und seine umgebung sondern auch die Menschen, die ihn schon sein ganzes Leben umsorgen.

Insgesamt ein sehr gut geschriebenes Buch, indem man durch Bellinis Augen das Leben der gemischt-indischen Dschungelsiedlung auf den Andamanen-Inseln liebevoll kennenlernt.
Mir kam im Hauptteil des Buches nur leider die Verbindung zwischen den Hauptcharakteren Bellini und den Elefanten Dalee etwas zu kurz.
Nichts desto trotz ein empfehlenswertes Buch!

Lieblingszitate:
"Von hier oben waren alle Reisenden gleich. […] Jeder fuhr über dieselbe See zu denselben Inseln, erfüllt von derselben, tröstenden Hoffnung."

"Immer menschlicher kamen mir die Elefanten vor, wenn ich sie betrachtete. Es waren Erwachsene und Kindsköpfe, Heißsporne und Weise, Geschicklichkeitskünstler und Tölpel, die von den reiferen Tieren lernten."

"Seine Augen sind meine, Junge, seine Ohren sind meine. Der Elefant ist ich, und ich bin er. Wir sehen dasselbe, wir hören dasselbe, wir fühlen dasselbe tief in unserem Herzen. Er dient mir, und ich diene ihm. Ein ganzes Leben schon. Glaubst du, ich sehe nicht, was mit ihm geschieht? Junge, er vergisst. […] Es kommt vielleicht der Tag an dem er uns nicht mehr erkennt."

Bewertung vom 26.02.2023
Der Paria / Der stählerne Bund Bd.1
Ryan, Anthony

Der Paria / Der stählerne Bund Bd.1


ausgezeichnet

Schon auf den ersten Seiten taucht man direkt mitten in Alwyns Abenteuer ein.
Im Lauf der Geschichte wird aus dem Jungen ungebildeten Strauchdieb zunächst ein Gefangener in aussichtloser Lage, dann ein Schreiber an wichtiger Stelle bis er als nicht ganz freiwilliger Soldat in einen Kreuzzug. Nebenher steht die ganze Welt Kopf, da die Krone durch Aufständler angegangen wird.
Rundum ein Buch mit viel Plot- es wird nie langweilig. Alles baut mega gut zum Wendepunkt der Geschichte auf und alles hängt delikat zusammen.

Durch die quirligen, lebensechten Charaktere, die an der ein oder anderen Stelle auch gerne mal für eine Überraschung gut sind, gewinnt das Buch unglaublich an Farbe. Und durch Ryans runden Schreibstil, absorbiert einen die Geschichte geradezu.


Mir juckt es jetzt schon in den Fingern nach dem Folgebuch! Zusätzlich zur Haupthandlung, die am Ende des Buchs sozusagen die "zweite RUnde" einläutet, sind viele spannende Sub-Plots offen; ebenso bin ich gespannt, wie es mit den diversen CHaracteren weitergeht, die einem teils wie Freunde ans Herz wachsen und sich teils fragt an wessen Seite sie als nächstes Stellung beziehen werden.

Die einizigen Minuspunkte für mich sind, dass die Welt mir etwas zu stark am Mittelalter orientiert ist (über Lebensstil, Waffen, Religion, und Völker) und dass Charactere sich etwas zu oft zufällig wieder über den Weg laufen - vielleicht erklärt der nächste Band der Serie aber auch noch weitere Verstrickungen.

Alles in allem eine absolute Empfehlung meinerseits.
Anthony Ryans "Der Paria" kombiniert die besten Aspekte von Ken Folletts "Kingsbridge"-Serie und Patrick Rothfuss´ "Kingskiller chronicles".

Bewertung vom 16.02.2023
Equilon
Raich, Sarah

Equilon


sehr gut

Equilon hat mich, ehrlich gesagt, noch ein bisschen mehr gepackt als ursprünglich gedacht.
Die Welt, über die Sarah Raich schreibt, klingt gar nicht mehr so weit weg vom Hier und Jetzt. Die Menschheit hangelt sich am Abgrund der Klimakrise entlang und scheint gerade so mit Biegen und Brechen durchzukommen. Doch zu welchem Preis und wer diesen bezahlt wird im Laufe des Buchs immer klarer.
Nicht nur die Klima-Probleme dieser Welt sondern auch die immer weiter verkümmernde Menschlichkeit sind nur leicht überspitzte Darstellungen unseres Alltags. Dadurch ist das Buch wirklich mega fesselnd und relateable.
Auch der Schriebstil ist so gewählt, dass sich die Jugend ganz gut wiederspiegelt.

Für meinen Geschmack hat sich etwas zu früh etwas zu deutlich abgebildet, wer hier die "Bösen" sind und wie Jenna sich in dem Ganzen orientiert. Alles in allem aber ein sehr gelungenes Buch, das bei jedem auch Fragen zur Selbstreflexion aufwirft.

Besonders gefallen hat mir, dass die gesamte Geschichte von Musik (hauptsächlich auf Jennas seite) und kurzen Gedichten (von Dorian) untermalt wird - das verleiht dem Buch sozusagen eine weitere einzigartige Dimension.

Lieblingszitate:
Und bei jedem Blick auf die Wunder von New Valley frage ich mich nun, was der Preis für diese Welt ist. Was das mit mir zu tun hat. Ob es das wert ist.

Ihr müsst so nicht leben. Wehrt Euch! Eine andere Welt ist möglich.

„Ich will die Welt retten. Ich will den Climate Reverse schaffen. […] Oder die Welt wenigstens ein kleines bisschen weniger beschissen machen.“ Wir lachen beide. „Hand drauf. Du rettest die Welt und ich schreibe ein Buch drüber.“

Bewertung vom 16.02.2023
Jetzt ist Sense
Rath, Hans

Jetzt ist Sense


sehr gut

Unterhaltsam, witzig und zugleich tiefgründig zugleich.
Was passiert, wenn der jahrtausende alte humorvolle Todes-Gott Thanatos auf eine aufgeweckte Berliner Psychologin trifft?
Was wenn der Tod keine Lust mehr auf seinen Job hat und ohnehin keiner so recht freiwillig aus dem Leben treten will?
Was wenn man sich mit einer ordentlichen Portion Humor fragt, warum sich beim Sterben alle noch ein bisschen extra Lebenszeit wünschen, um all das zu tun was sie in den letzten 80 Jahren aus irgendweöchen Gründen nicht geschafft haben?

Durch das ganze Buch hatte ich ein Lächeln im Gesicht, obwohl es dann doch um die menschliche Sterblichkeit geht. Wunderbar, wie Rath es schafft mit Witz die großen Fragen der Menschheit aufzurollen und zum Grübeln anzuregen.
Seine schrulligen, ur-originellen, ungefilterten Charactere nehmen einen mit auf eine völlig unwahrscheinliche und gleichzeitig liebevoll und berührende Reise ins menschliche Dasein.

Rundum ein schönes, kurzweiliges Buch. Für meinen Geschmack treffen die Charactere ein wenig zu oft "rein zufällig" aufeinander - aber solide 4 von 5 Sterne!

Lieblingszitate:
"„Sagten Sie gerade, dass Sie der Gott des Todes sind? […] Faszinierend.“ Sagte Olivia und fragte sich, ob die Therapie eines psychopathischen Serienkillers nicht doch einfacher gewesen wäre."

"Wenn man sich klarmachte, dass alles jederzeit vorbei sein konnte, weil das Leben jederzeit vorbei sein konnte, dann war es einfach nur lächerlich, womit Menschen ihre Zeit verplemperten."

Bewertung vom 19.01.2023
Bissle Spätzle, Habibi?
Alaoui, Abla

Bissle Spätzle, Habibi?


sehr gut

"Bissle Spätzle, Habibi?" erzählt unglaublich einfühlsam und humoristisch aus Amayas Leben. Wie sie im Konflikt über ihr Liebesleben und allgemein ihren Freiheitswillen immer wieder mit ihrer Familie aneinandergerät. Durch stilsicher eingepflegte Rückblenden lernt man nicht nur Amaya als junge Erwachsene kennen, sondern auch ihr Leben und ihre Herausforderungen als Kind und Teenager.
Wie sie sich trotz allem selst treu bleibt; auch wenn es zusätzlich im beruflichen Leben nicht rund läuft. Wie sich ihre Religion im Laufe der Zeit wandelt und wie sie als moderne freiheitsliebende Frau Halt und Liebe im Islam findet.

Abla Alaoui nimmt einen als Leser gekonnt mit und gibt einem Einblicke aus teilweise ganz neuen Perspektiven.
Ein absolut empfehlenswerter culture clash: traditionelles marokkanisches Familienleben trifft modernen Hamburger City-Lifestyle trifft Urschwaben.

Lieblingszitat:
Ich erzähle von meiner Frustration und davon, wie ich mich bedrängt fühlte zu heiraten. Wie ich durch den Mann, den sich meine Eltern für mich wünschten, den Mann kennen gelernt habe, den sich mein Herz wünschte. Ich beschrieb die Angst, entweder wieder von [meinen Eltern] verstoßen zu werden oder Daniel zu verlieren.