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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
gormflath
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Ketsch

Bewertungen

Insgesamt 36 Bewertungen
Bewertung vom 16.10.2023
Das Nachthaus
Nesbø, Jo

Das Nachthaus


gut

Genre-Mix zwischen Horror und Fantasy

Richard Elauved erzählt im ersten Teil des Schauerromans, wie er als Jugendlicher von seiner Tante und seinem Onkel in der Kleinstadt Ballentyne aufgenommen wird, nachdem seine Eltern bei einem Brand ums Leben kamen. Als einer seiner Mitschüler spurlos verschwindet, hat Richard nur eine Erklärung: Tom sei in einer Telefonzelle am Waldrand wie in einem Horrorfilm in den Hörer gesaugt worden. Lediglich Karen, ebenso Außenseiterin wie Richard, glaubt ihm diese Geschichte und ermutigt ihn dazu, Hinweisen nachzugehen, die die Polizei nicht glaubt. Richard verfolgt die Rufnummer, die Tom angerufen hat bis zu einem verlassenen Waldhaus und erblickt ein furchterregendes Gesicht im Fenster. Danach beginnen Stimmen in seinem Ohr zu flüstern. Als ein weiterer Klassenkamerad verschwindet, versucht Richard umso mehr seine Unschuld zu beweisen..
Fünfzehn Jahre später werden die damaligen Ereignisse in einem anderen Licht geschildert, und es stellt sich beim Lesen immer wieder die Frage, wie glaubwürdig Richard überhaupt ist.
Noch einmal legt Jo Nesbø im dritten Teil des Buches eine absolute Kehrtwendung hin, die zwar Vieles erklärt, aber die Leser etwas ratlos zurücklässt.

Wer wie gewohnt einen Krimi wie aus der Harry-Hole-Reihe erwartet, wird von von Jo Nesbø diesmal überrascht, wenn nicht gar enttäuscht sein, denn mit „Das Nachthaus“ hat der bekannte Autor diesmal einen Genre-Mix aus Horror und Fantasy veröffentlicht. Wie immer schafft es der Autor, mit seinem Schreibstil zu fesseln, aber es bleibt Geschmackssache, ob man mit der Story voller Fantasy- und Horrorelemente etwas anfangen kann. Mich hat der Roman leider nicht überzeugt, auch wenn die Gesamthandlung stimmig erscheint.

Bewertung vom 30.09.2023
Glutspur / Liv Jensen Bd.1
Engberg, Katrine

Glutspur / Liv Jensen Bd.1


sehr gut

Skandinavische Spannung

Inspiriert von wahren Begebenheiten ermittelt die ehemalige Polizistin Liv Jensen, die sich gerade als Privatdetektivin in Kopenhagen selbstständig gemacht hat. Ihre Spuren führen sie dabei immer weiter in die Vergangenheit, mitten hinein in ein dunkles Kapitel dänischer Geschichte….

Ihr Fall beginnt mit dem Selbstmord eines Häftlings auf Freigang, dazu kommt der Tod einer Museumsangestellten sowie der dreieinhalb Jahre zurückliegende Mord an einem Journalisten. Liv Jensen versucht herauszufinden, ob diese Todesfälle zusammenhängen.
Mit ihren Lesern geht sie dabei zurück in die Zeit der 1940er Jahre, als jüdische Bürger nach Schweden flüchten wollen. Bis in die Gegenwart hinein reicht die Vergangenheit, doch Liv ist nicht die einzige Protagonistin. Die Autorin Katrine Engberg erzählt im ersten Teil der Liv-Jensen-Reihe aus drei Perspektiven, neben Hannah Leon, einer Krisenpsychologin, die gerade selbst einen Schicksalsschlag erlitten hat, erhält Liv auch Unterstützung von Nima Ansari, einem iranischen Automechaniker, der in einem der Fälle selbst unter Mordverdacht gerät. Gemeinsam stößt das Trio auf Ereignisse, die jemand mit sämtlichen Mitteln geheim zu halten versucht.

Nach und nach folgen wir als Leser einer gleichbleibenden Spannung, wobei Engberg immer wieder ihre Ermittlungen in eine Richtung lenkt, um dann wieder mit unerwarteten Wendungen zu überraschen. Am Ende läuft das Netz begonnener Fäden zu einem Showdown zusammen, da fällt es einem wirklich schwer, sich von diesem Thriller zu lösen. In lebendigem Schreibstil beweist die Autorin erneut ihre Kenntnis der menschlichen Psyche. Sie setzt auf Nervenkitzel, Facettenreichtum und tolle Ermittlungsarbeit und liegt mit ihren grundverschiedenen Protagonisten, die trotzdem ein eingespieltes Team ergeben, goldrichtig.
Dieser erste Teil macht definitiv Lust auf mehr, ich freue mich schon auf den zweiten Band.

Bewertung vom 21.09.2023
60 Kilo Kinnhaken
Helgason, Hallgrímur

60 Kilo Kinnhaken


ausgezeichnet

Imposantes Werk voller Originalität

Nach seinem Bestseller „60 Kilo Sonnenschein“ nimmt Hallgrímur Helgason, einer der international erfolgreichsten Autoren Islands, seine Leser erneut mit auf eine eindrucksvolle Reise in den fiktiven kleinen Ort Segulfjörður.
Wir schreiben das Jahr 1906, eine Zeit des Aufbruchs und des wirtschaftlichen Aufschwungs, der kleine Ort entwickelt sich nach der vierten erfolgreichen Heringssaison zu einem wichtigen Zentrum in Islands Norden. Farbenfrohe Holzhäuser am Fjord, geschäftiges Treiben am Hafen mit der Chance auf schnell verdientes Geld, ausländische Fischer treffen auf junge Isländerinnen, in seinen Beschreibungen vermittelt der Autor ein lebhaftes Bild von einer Zeit des Umbruchs.

Protagonist Gestur in mittlerweile volljährig – Leser kennen den jungen Waisen aus dem unabhängig zu lesenden ersten Teil – stürzt sich voller Ehrgeiz in diese neue Welt mit ihren ungeahnten Möglichkeiten. Ohne das Wissen seines Ziehvaters trifft er Entscheidungen, er möchte vorankommen und an Fortschritt und Erfolg teilhaben.
Als das Schicksal zuschlägt und einen fiesen Kinnhaken austeilt, nimmt die Geschichte eine dramatische Wendung und setzt dem Treiben am Fjord ein jähes Ende.

Helgason beeindruckt mit seiner Fähigkeit, die Veränderungen mit einer gelungenen Mischung aus Emotionen sowie unerwarteter Wendungen zu beschreiben und liefert ein wahrhaft beeindruckendes und ebenso faszinierendes Kapitel isländischer Geschichte. Die Lebendigkeit seiner Erzählweise und vielschichtige Charaktere machen das Werk zu einem wirklich fesselnden Leseerlebnis, das seine Leser nachhaltig berührt und auf eine tiefgründige Reise entführt. Der Autor versteht es bravourös, zwischen Humor und ernsten Themen das Gleichgewicht zu halten und uns zu berühren. Wortgewaltig erzählt Hallgrímur Helgason vom abenteuerlichen Weg Islands in die moderne Welt und beweist erneut, weshalb er mit diesem vor Originalität sprühenden Werk zu den großen Autoren seines Landes zählt.

„60 Kilo Kinnhaken“ wurde bereits mit dem Preis für den besten Roman des Jahres ausgezeichnet. Dieser Meinung schließe ich mich hier sehr gerne an, ich bin absolut begeistert und möchte immer weiter lesen! Sehr gerne würde ich mehr als 5 Sterne vergeben.

Bewertung vom 28.08.2023
Der Wald
Rode, Tibor

Der Wald


ausgezeichnet

Natur und Technik gegen die Menschheit

Weltweit erhalten Tausende Menschen anonym verschicktes Saatgut auf dem Postweg. Die Päckchen erscheinen völlig harmlos – aber bis die Behörden davor warnen, diese Samen einzupflanzen, ist es bereits zu spät. Eine invasive Pflanze, die bisher völlig unbekannt war, breitet sich in äußerst rasantem Tempo aus und bringt Krankheiten und zahlreiche Todesfälle mit sich.
Marcus Holland, Botaniker und Forscher auf dem Gebiet der Pflanzen-Neurobiologie, ist davon überzeugt, dass die Intelligenz von Pflanzen bisher unterschätzt wird. Auf einer Lesereise durch die USA, wo er sein neues Buch präsentiert, wird in Portland vor seinen Augen eine junge Frau erschossen. Holland wird von einem Agenten der Homeland Security um Hilfe gegen die mysteriöse Pflanze gebeten und ahnt schnell, dass wesentlich mehr hinter den weltweit verschickten Pflanzensamen steckt. Seine Suche nach dem Ursprung der Päckchen mit den angsteinflößenden Samen führen ihn und die Archäobiologin Waverly Park von Kanada über China zurück nach Deutschland, denn Waverly hat bereits eine Spur gefunden, die sie zu der legendären Urpflanze führen soll, aus der sich alle anderen Pflanzen entwickelt haben. Gemeinsam machen sie eine unglaubliche Entdeckung, die die Wissenschaft für immer verändern wird.
Waverlys Kollegin Ava steht vor ganz anderen Problemen und Schwierigkeiten, was sich in diesem rasant erzählten Umweltthriller erst nach und nach erschließt.
Der Autor hat wissenschaftlich akribisch recherchiert, was geschehen könnte, wenn sich die Natur gemeinsam mit der Technik gegen die Menschheit mit selbstlernenden Algorithmen, einem zerstörerischen Ökosystem und somit gegen die Menschheit verbünden würde. Wie die drei beschriebenen Handlungsstränge miteinander in Verbindung stehen, fügt sich erst im Laufe des Buches zu einem Gesamtbild zusammen, das spannender – aber auch nicht erschreckender – sein könnte! Als Leser sieht man sich mit der Frage konfrontiert, ob wir Menschen für unseren Untergang selbst verantwortlich sind. Der Wissenschaftsthriller könnte nicht aktueller sein, endet das Buch, das man kaum zur Seite legen kann, doch am 25. August 2023. Der Kampf zwischen Natur und Mensch in unserer Welt wird in Frage gestellt und führt uns vor Augen, was durch die Digitalisierung heute bereits möglich ist.
Für mich ist dieser Titel ein absolutes Lesehighlight, das fünf Sterne verdient.

Bewertung vom 06.08.2023
Die Erfindung des Lächelns
Hillenbrand, Tom

Die Erfindung des Lächelns


ausgezeichnet

Die gestohlene Mona Lisa
Nach seinem ersten historischen Roman „Der Kaffeedieb“ nimmt uns Tom Hillenbrand diesmal mit in das Paris der Belle Epoque. Damals war der Louvre noch ein einziger Widerspruch, ehemaliger Königspalast und gleichzeitig eine Sammlung erlesenster Kunst. Alles war verrottet, überall tropfte es durch die Decke und die Museumswächter waren größtenteils kriegsversehrte Alkoholiker, die es nicht so genau nahmen. Und genau so geschah im August 1911 das historische Verbrechen: Das Gemälde von Leonardo da Vinci „La Joconde“ – bei uns besser als „Mona Lisa“ bekannt, verschwand aus dem Louvre. Der dreiste Dieb muss einfach in den Salon Carré marschiert sein, nahm das Bild von der Wand und spazierte damit hinaus. Nicht einmal ein Wächter hielt sich zur fraglichen Zeit im Saal auf.
Zwar versetzt der Polizeipräfekt seine Männer sofort in höchste Alarmbereitschaft, lässt Straßen, Bahnhöfe und Häfen sperren, aber das Gemälde bleibt verschwunden. Commissaire Juhel Lenoir von der Pariser Polizei soll die Mona Lisa finden,aber das berühmteste Museum der Welt wird rasch ebenso wie die Polizei zum Gespött der Presse, denn es gibt keine Spur. Eine Schande für das stolze Frankreich!
Wen hat die Mona Lisa so sehr bezirzt, dass er nicht mehr ohne sie leben kann? Der Ermittler trifft auf seiner aufregenden Jagd durch Künstlercafés auf dem Montmartre, in die Opéra Garnier, zu dekadenten Grandes Fêtes im Bois de Boulogne und in absinthgetränkte Spelunken an der Place Pigalle auf die Maler Pablo Picasso und Henri Matisse, den Dichter Guillaume Apollinaire, die Ausdruckstänzerin Isadora Duncan und ihren Guru, den Satanisten Aleister Crowley, die Musiker Igor Strawinsky und Claude Debussy, die brutalen Anarchisten der Bonnot-Bande und Frankreichs größten Detektiv, Alphonse Bertillon. Wer von ihnen ist in die Geschichte des verschwundenen Bildes verwickelt? Auf seinen schwierigen Ermittlungen quer durch Paris gibt es zahlreiche Verdächtige, unter ihnen sogar Picasso.
In diesem historischen Roman voller Intrigen, Kunst und Kultur erlebt man als Leser die Künstler dieser Zeit, die noch nichts von ihrer späteren Berühmtheit ahnten wie, sie alle kämpfen für eine "neue Kunst".
In einem weiteren Handlungsstrang befasst sich der Autor mit den Anarchisten der kriminellen Bonnot-Gruppe, die für ihre neuen Ideen skrupellos überfallen und morden. So kreuzt sich das Leben der Tänzerin Isadora Duncan, einer Gegnerin des klassischen Balletts mit dem der jungen Russin Jelena, Mitglied der Bonnot-Gruppe, die sich mit der Philosophie des Illegalismus identifizierte und für damalige Verhältnisse hochtechnisierte Ausrüstung wie Repetierbüchsen und Automobile nutzte und so der Polizei immer einen großen Schritt voraus war.
Kurzweilig fängt Tom Hillenbrand die Atmosphäre und den Zeitgeist im damaligen Paris ein und spiegelt intensiv und fesselnd den Flair der Weltstadt wieder. Das turbulente Leseabenteuer ist ausgesprochen gut recherchiert und durch zahlreiche Nebenschauplätze gewinnt die Handlung noch mehr an Abwechslung.
Historisch dokumentierte Begebenheiten mischen sich mit Fiktivem, das macht den Reiz der Detektivgeschichte um Kunst, die Kunst- und Kulturszene, Täuschung, Literatur und Mode aus.
Ein Lesegenuss, der fünf Sterne verdient!

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Bewertung vom 05.06.2023
Sommersonnenwende / Wolf und Berg ermitteln Bd.1
Engman, Pascal;Selåker, Johannes

Sommersonnenwende / Wolf und Berg ermitteln Bd.1


ausgezeichnet

Temporeiche Hochspannung in Schweden

Es ist der von einer Hitzewelle, der Fußball-WM und Neonazis geprägte Sommer 1994 in Schweden, als ein Serienmörder auf der Jagd nach jungen Frauen mit Migrationshintergrund ist.
Polizist Tomas wuchs als Kleinkrimineller im rechten Milieu auf und seine zwei Brüder sind immer noch kriminell. Gerade zurück aus dem Bosnienkrieg leidet er unter einer posttraumatischen Belastungsstörung, seiner Vergangenheit sowie unvermeidlichen Familienproblemen, denn obwohl er seine Frau Klara und seine zwei Kinder liebt, hat er sich in Bosnien in Azra verliebt. Tomas muss den Mord an einer Migrantin untersuchen, der vor einer Flüchtlingsunterkunft gefunden wurde.
Auch die junge Journalistin Vera hat es nicht leicht: Ihr Freund Jonny hat sie mit dessen Sohn Sigge sitzenlassen und sie möchte alles tun, um Sigge eine gute Kindheit zu ermöglichen. Durch die Entführung ihres Ziehsohns und zweifelhaften Verbindungen zum Rockermilieu begibt sie sich in tödliche Gefahr.
Die Suche nach dem Mörder, der erneut zugeschlagen hat, erweist sich als schwierig, denn mehrere Männer stehen unter Verdacht. Zunächst wird Thomas` Bruder Kristian verdächtigt, dann gibt es noch den Sexualtäter Jörgen Waltz. Und was hat es mit dem gutaussehenden Schauspieler Micael Bratt auf sich, bei dem die die Slips der ermordeten Frauen gefunden werden?
Vera hat in Stockholm gerade einen neuen Job angenommen und auf der Suche nach dem Mörder kreuzen sich ihre Wege mit dem Ermittler Tomas. Diverse Hinweise bringen das ungleiche Paar scheinbar immer näher – aber wer ist der Mörder und welches Motiv hat er?

In ihrem temporeichen Auftakt einer neuen schwedischen Kriminalreihe schaffen es die beiden Autoren, die Spannung bis zum Ende aufrecht zu erhalten und ihren beiden Protagonisten ein nachvollziehbares Leben einzuhauchen. Der Perspektivenwechsel macht die Story noch einmal interessanter.
Tomas und Vera wirken sympathisch und werden gut charakterisiert. Ein ansprechendes Cover, das den Hitzesommer symbolisiert sowie der farbige Buchschnitt machen den Krimi zu einem echten Eyecatcher! Der flüssige Schreibstil und atmosphärische Dichte lassen einen das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Ein Cliffhanger am Ende lässt auf eine baldige Fortsetzung hoffen!

Bewertung vom 12.03.2023
Der Morgen / Art Mayer-Serie Bd.1
Raabe, Marc

Der Morgen / Art Mayer-Serie Bd.1


ausgezeichnet

Tödliche Verwicklungen im Kanzleramt?

Den ersten Band seiner neuen „Art Mayer-Serie“ beginnt Marc Raabe mit einem Rückblick in die düstere Vergangenheit: Ein Junge wird von einer Gruppe Jugendlicher gemobbt. Kappe, Brille, Zippo, Ellie und Ausschnitt schikanieren den Jungen und fordern höchst gefährliche Mutproben, die tödlich hätten enden können. Einer aus der Clique wird später Bundeskanzler – wer ist das damalige Opfer?
Im morgendlichen Schneegestöber an der Berliner Siegessäule steht ein verlassener Kleinlaster. Auf der Ladefläche wird eine nackte Frauenleiche gefunden, auf ihrem Körper – mit Blut geschrieben – steht die Privatadresse des Bundeskanzlers. Der berüchtigte Ermittler Art Mayer wird von oberster Stelle dazu aufgefordert, in den Dienst zurückzukehren, um in diesem Fall zu ermitteln. An seine Seite wird die junge und unerfahrene, aber äußerst ehrgeizige Kommissaranwärterin Nele Tschaikowski gestellt.
Schnell nimmt der Fall brisante Ausmaße an, den beiden Ermittlern wird klar, dass man von oberster Stelle versucht, auf die Ermittlungen Einfluss zu nehmen, denn wenige Tage vor dem G20-Gipfel soll der Fall abgeschlossen werden und man ist bemüht, den Kanzler herauszuhalten. Die Tote ist die Frau des Gesundheitsministers, einer kurz zuvor Ermordeten wurde ebenfalls die Adresse des Bundeskanzlers auf den Bauch geschrieben. Kurz darauf erscheinen Videos der Toten im Netz und der Fall gerät fast außer Kontrolle.
Die beiden Hauptcharaktere sind sympathisch und wirken durch ihre nachvollziehbaren Probleme stets authentisch – Art ist Diabetiker mit viel Fachkenntnis und Lebenserfahrung, während Nele mit ihrer Neugier und Jugend überzeugt.
Autor Marc Raabe schafft es gleich zu Beginn, Spannung aufzubauen, eine Spannung, die er nicht nur bis zum Ende aufrecht erhalten kann, sondern die sich im Verlauf der Ereignisse noch steigert. Der Thriller wird durch die Wortgefechte zwischen Art und Nele aufgelockert und als Leser stellt man eigene Überlegungen an. Aber der Fall ist kaum vorhersehbar, es kommt immer wieder zu überraschenden Wendungen und nichts ist so, wie es auf den ersten Blick scheint. Immer wieder streut der Autor ins aktuelle Geschehen Szenen aus Arts Vergangenheit ein, daher hat man recht schnell den Verdacht, dass dort der Schlüssel zur Lösung liegen könnte. Trotzdem lässt Raabe seine Leser lange im Unklaren, wie sich Vergangenheit und Gegenwart miteinander verbinden werden.
Den spannenden Pageturner möchte man nicht mehr aus der Hand legen – die Neugier auf den zweiten Fall, der leider erst im kommenden Frühjahr erscheint, ist jetzt schon geweckt!

Bewertung vom 27.02.2023
Wolfskinder
Buck, Vera

Wolfskinder


ausgezeichnet

Dunkle Geheimnisse in der Siedlung
Rund um das kleine Dorf Almenen liegt versteckt hoch in den Bergen die kleine Siedlung Jakobsleiter, die ganz von der modernen Welt abgeschnitten ist. Dort, wo vermeintlich die rauen Regeln der Natur gelten, verschwinden über einen längeren Zeitraum immer wieder junge Mädchen und Frauen.
Nach und nach erfahren die Leser immer ein wenig mehr über Jakobsleiter und dessen Bewohner, allen voran die drei einzigen Kinder der Siedlung Jesse, Rebekka und Edith. Den Kindern in Jakobsleiter wurde stets eingeredet, dass alles Böse unten in der Stadt wohnt. Jesse glaubt nicht daran, als eines Tages auch seine Freundin Rebekka verschwindet und niemand sich dafür zu interessieren scheint.
Eine der Protagonistinnen ist auch Smilla, deren beste Freundin bereits vor zehn Jahren in der Bergregion verschwand. Smilla begibt sich auf Spurensuche und kehrt an den Ort des Geschehens zurück, denn nichts wünscht sie sich mehr, als Julis Entführer zu finden. Lediglich Smilla sieht einen Zusammenhang im Verschwinden der Mädchen, ganz besonders, als ihr ein verwahrlostes Mädchen vors Auto läuft, das ihrer damaligen Freundin Juli verblüffend ähnlich sieht.
Jedes Kapitel wird aus der Sicht eines anderen Protagonisten erzählt. Abwechselnd ist der Leser mit Smilla, Jesse, Rebekka oder Edith unterwegs, die ihre Eindrücke schildern. Damit schafft es die Autorin Vera Buck die Spannung bis zum Ende des Buches aufrecht zu erhalten.
Immer wieder werden die Bewohner von Jakobsleiter Opfer brutaler Angriffen, denn unter den Einwohnern von Almenen wächst das Misstrauen gegenüber der Bergbewohner, die auf dem Berg ohne Strom und Wasser leben und sich nur zum Einkaufen ins Dorf begeben.
Währenddessen zeichnet sich in den Geheimnissen eine Spur auf, die nur Smilla erkennt – ihre Erkenntnisse heben alle bisherigen Wahrheiten aus der Angel.
Am Ende ist nichts so, wie es scheint; mit den zahlreichen Vorurteilen passt das Buch gut in unsere Zeit und hält den Lesern immer ein wenig den Spiegel vor. Schon das mystische Cover verspricht einen packenden Thriller der besonderen Art, den ich nur wärmstens empfehlen kann.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.02.2023
Die Klinik / Erdmann und Eloglu Bd.2
Borck, Hubertus

Die Klinik / Erdmann und Eloglu Bd.2


ausgezeichnet

Erlösung im Krankenhaus
Malte Ostersetzer ist erst 39 Jahre alt und ein sportlicher Typ, als er nach einem Fahrradsturz ins Koma fällt. Nachdem er außer Lebensgefahr ist, verstirbt er plötzlich. Seine Witwe Anna ist davon überzeugt, dass er umgebracht wurde. Geht in der Hamburger Klinik ein Todesengel um oder war es schlicht ein Behandlungsfehler? Nach der Obduktion der Leiche steht fest, dass Anna tatsächlich Recht hat. Sie engagiert David Bergmann, Anwalt und langjähriger Freund von Malte und Anna.
Kriminalkommissarin Franka Erdmann und ihr junger Assistent Alpay Eloğlu stoßen auf weitere mysteriöse Todesfälle in der Klinik und beginnen mit ihren Ermittlungen und stoßen dabei auf weitere mysteriöse Todesfälle in der Klinik. Die Klinik mauert, aber das Ermittlerduo lässt nicht locker und stößt auf immer mehr Ungereimtheiten.
Parallel dazu streut Hubertus Borck im zweiten Teil seiner Thrillerserie um die beiden ungleichen Ermittler immer wieder Kapitel ein, in denen die Krankenschwester Marion Kramer, genannt „Mecki“ unheilbare Kranke von ihrem Dasein erlöst. Mecki ist unter Kollegen nicht sonderlich beliebt, gilt dafür als umso zuverlässiger. Hat sie es wieder getan und den Familienvater Malte ins Jenseits befördert?
Lange tappt die Polizei im Dunkeln, als Leser möchte man Mecki auch gern den Mord an Malte zur Last legen, bis plötzlich zwei Mörder auf dem Plan stehen.
Sprachlich gewandt und flüssig und spannend liest sich der Thriller um das brisante Thema Sterbehilfe. Auch ohne den Vorgänger „Das Profil“ zu kennen (was ich unbedingt nachholen werde!), sind die Figuren gut durchdacht und glaubwürdig.
Ich hoffe auf weitere Fälle für Franka und Alpay!

Bewertung vom 06.02.2023
Das Sanatorium / Ein Fall für Elin Warner Bd.1
Pearse, Sarah

Das Sanatorium / Ein Fall für Elin Warner Bd.1


sehr gut

Abgeschieden von der Außenwelt lauert ein Mörder

Früher einmal diente das in den Schweizer Bergen abseits gelegene Luxushotel Le Sommet als Sanatorium für Tuberkulosepatienten. Überragt von dunklen drohend wirkenden Gipfeln war es schon immer ein unheimlicher Ort, auch nach dem umstrittenen Umbau in ein Luxusressort blieb die düstere Atmosphäre.
Elin Warner, derzeit freigestellte Kommissarin, reist mit ihrem Lebensgefährten Will dorthin, um die Verlobung ihres Bruders Isaac mit Laure zu feiern. Kurz nach ihrer Anreise verschwindet Isaacs Verlobte spurlos, zudem wird die Leiche des vor Jahren verschwundenen Architekten Daniel gefunden, der gemeinsam mit dem Immobilienentwickler Lucas das riesige Projekt plante.
Als sich die Wetterlage drastisch ändert, sollen Hotelgäste und Mitarbeiter evakuiert werden, aber nicht alle schaffen es, den Ort rechtzeitig zu verlassen: Eine gewaltige Schneelawine verhindert die Abreise des letzten Busses und so müssen wenige Personen im Hotel verbleiben. Ein Mord geschieht, das Hotel ist von der Außenwelt abgeschnitten, die Gäste sind mit einem Mörder gefangen und Elin ist mit den Ermittlungen auf sich allein gestellt.
Weitere Hotelmitarbeiter verschwinden, Elin findet die entstellte Leiche Laures, unheimliche Begebenheiten aus der Vergangenheit werden zu brutaler Wirklichkeit und Elin selbst gerät immer mehr in Gefahr. Lucas bewahrt ebenso wie seine Schwester Cécile düstere Geheimnisse, die Situation droht immer mehr zu entgleisen, und immer noch hat die Polizei aufgrund der Wetterlage keine Chance, das abseits auf den Gipfeln liegende Hotel zu erreichen.

In ihrem Debüt versteht es die junge Autorin Sarah Pearse, die düstere Stimmung des ehemaligen Sanatoriums und die Wetterlage mit der drohenden Lawinengefahr bildhaft darzustellen. In ihrem flüssigen Schreibstil ist man als Leser schnell mittendrin im Geschehen und weiß bald nicht mehr, wem außer Elin überhaupt noch zu trauen ist.
Ein bisschen zu viel des Guten waren für meinen Geschmack die traumatischen Erlebnisse aus Elins Kindheit und ihre Instabilität, die durch ihren letzten Fall begründet ist. Auch ohne Elins Vergangenheitsbewältigung liest sich die Story fesselnd und birgt manche gruselige Momente.