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Benutzername: 
Igelmanu
Wohnort: 
Mülheim

Bewertungen

Insgesamt 982 Bewertungen
Bewertung vom 19.03.2024
In Liebe, Summer.. Life is a Story - story.one
Schwensow, Lisa Marie

In Liebe, Summer.. Life is a Story - story.one


sehr gut

»Zitternd sank sie auf den Boden, die Tränen zogen sichtbare Spuren durch ihr blutverschmiertes Gesicht. Wie war sie in diese Situation geraten? Sie hatte immer nur nach einem gesucht: Liebe.«

Die junge Literaturstudentin Summer hat ein geheimes Verhältnis mit ihrem Professor Tommaso Giordano. Für sie ist er die große Liebe und große Gefühle sind es auch, über die Summer während ihrer Vorlesungen und anschließend privat mit Tommaso stundenlang diskutieren kann, denn anders als etwa der junge Werther würde sie sich nie aus Liebe selbst töten…

Die junge Frau läuft in eine üble Falle, in einer Lebensphase, in der sie noch sich selbst und ein Ziel fürs Leben sucht, verfällt sie dem attraktiven, erfahrenen Mann, fixiert sich auf ihn und realisiert irgendwann, dass sie im Buch seines Lebens nur ein hübsches Kapitel ist.
Diese Ausgangssituation ist nicht neu, so etwas geschieht leider immer wieder. Wie Summer damit umgeht, entspricht allerdings nicht dem Normalfall.

Dieses Buch ist das Debut einer jungen Autorin, ich war sehr gespannt und wurde nicht enttäuscht! Der Stil ist lebhaft, natürlich und sehr angenehm zu lesen, die Handlung packt von der ersten Seite an und zieht den Leser gemeinsam mit Summer in eine unheilvolle Spirale, die in einem überraschenden und sehr gelungenen Ende gipfelt.

Mehreren Kapiteln ist ein thematisch passendes Buchzitat vorangestellt, auch das gefiel mir sehr. Wenn das Buch ein Manko hat, dann liegt es darin, dass es so kurz ist. Wie gern hätte ich noch mehr gelesen! Trotzdem gelingt es der Autorin, das stimmige Psychogramm einer jungen Frau zu zeichnen, getrieben durch intensive Gefühle und verhängnisvolle Leidenschaft. Rückblenden und Nebenhandlung sind im passenden Verhältnis eingearbeitet, das Ende, wie bereits erwähnt, sehr gelungen!

Fazit: Ein spannendes und vielversprechendes Debut, ich hoffe auf weitere Werke der jungen Autorin!

Bewertung vom 15.03.2024
Die Tote am Watt / Mamma Carlotta Bd.1
Pauly, Gisa

Die Tote am Watt / Mamma Carlotta Bd.1


ausgezeichnet

»Leider bestand Erik ja auf handfesten Beweisen. Und sie, Carlotta Capella, würde diese Beweise finden! Am Ende würde Erik froh sein und seine Schwiegermutter jedes Mal einladen, wenn auf Sylt ein Mord geschehen war. Weil er wusste, dass sie mit sicherem Instinkt den Mörder erkannte. Auch ohne Beweise und DNA-Analyse! Basta!«

Fast ihr ganzes Leben lang entsprach Carlotta Capella dem typischen Klischee einer italienischen Mamma. Sie kochte, zog sieben Kinder groß und pflegte zuletzt den kranken Ehemann. Nun, als Witwe, wagt sie einen neuen Schritt ins Leben. Dazu gehört, dass sie endlich die Einladung ihres Schwiegersohns annimmt, ihn und die Enkel auf Sylt zu besuchen. Hauptkommissar Erik Wolf hat eigentlich damit gerechnet, dass sie von früh bis spät in der Küche werkelt, doch Mamma Carlotta hat was anderes zu tun. Schließlich wurde gerade eine reiche Witwe erdrosselt und mit ihrer Intuition erkennt Carlotta, was allen anderen entgeht…

Endlich habe ich mich auch mal an diese Reihe gewagt und bin von dem Einstieg begeistert! Mamma Carlotta ist ein herrliches Original, der Krimi dabei aber wirklich gelungen. Der Schwiegersohn und seine Kollegen werden auch nicht als Trottel dargestellt, sondern leisten ordentliche und engagierte Ermittlungsarbeit.
Natürlich kommen sie nicht gegen Carlottas Bauchgefühl an und sie liefert mit ihrer amüsanten und liebenswürdigen Art nicht nur gute Unterhaltung, sondern zeigt auch, wie ein Mensch in der Mitte des Lebens noch mal mutig neu anfängt.

Auch als Regionalkrimi gefiel mir das Buch, die Beschreibungen der Gegend, des Wetters und der ganzen nordseetypischen Besonderheiten schafften eine Atmosphäre, die bei mir gleich den Wunsch auslöste, meinen Koffer zu packen. Spannend wurde es zudem auch noch und so klappte ich das Buch hochzufrieden zu.

Fazit: Toller Regionalkrimi mit einer ungewöhnlichen und liebenswerten Ermittlerin. Ich lese gerne weiter!

Bewertung vom 15.03.2024
Die Herzogin der Bloomsbury Street
Hanff, Helene

Die Herzogin der Bloomsbury Street


sehr gut

»Wir klapperten die Buchhandlungen im Regen ab. In allen lag 84 gut sichtbar aus, und alle Geschäftsinhaber und Buchhändler verneigten sich und strahlten und schüttelten mir die Hand, so dass ich nach der dritten Buchhandlung erhobenen Hauptes huldvoll einherschritt, als wäre ich das alles gewohnt. Wir trafen um halb drei zu der Signierstunde bei Poole’s ein – und stell sich einer vor: da stand eine lange Schlange von Menschen, die alle mein wichtiges Autogramm haben wollten! An einem regnerischen Dienstag!«

London, im Juni 1971. Gerade ist Helene Hanffs Buch „84, Charing Cross Road“ in London erschienen. Zu diesem Anlass wird Helenes lang gehegter Traum wahr, sie darf nach London reisen und all die Stätten besuchen, die sie bislang nur aus der Literatur oder durch ihren Briefwechsel mit der Buchhandlung Marks & Co. kennt.

Mit allen Sinnen genießt sie den Aufenthalt, besucht die Orte ihrer literarischen Helden und lässt sich feiern. Dabei wirkt sie in jedem Moment so liebenswert, dass man beim Lesen gar nicht anders kann, als sich mit ihr zu freuen. Anschaulich, mit feinem Humor und scharfem Blick beschreibt sie Sehenswürdigkeiten und typisch Britisches, ohne sich jemals über etwas lustig zu machen. So wird ihr Tagebuch zu einem gelungenen und unterhaltsamen Reisebericht.

Die Kenntnis des Vorgängers ist nicht erforderlich, was man wissen sollte, wird kurz erklärt.

Fazit: Den Vorgänger „84, Charing Cross Road“ liebe ich noch mehr, aber auch dieser Reisebericht hat mich in seiner liebenswürdigen Art gut unterhalten.

Bewertung vom 15.03.2024
Mord in der Uckermark / Miss Merkel Bd.1
Safier, David

Mord in der Uckermark / Miss Merkel Bd.1


sehr gut

»Angelas Herz klopfte höher. Sie spürte das Adrenalin, das sie immer durchströmte, wenn sie plötzlich vor unvorhergesehene komplizierte Aufgaben gestellt wurde. Sie hatte gedacht, in der Rente würde sich dieses wundervoll belebende Gefühl nie wieder einstellen. Doch jetzt war es da! Und obwohl Angela ganz genau wusste, dass es moralisch nicht in Ordnung war, freute sich ein nicht gerade kleiner Teil von ihr über den vermutlichen Mordfall, wie sie sich bisher über noch rein gar nichts in Klein-Freudenstadt gefreut hatte.«

Neu-Rentnerin Angela langweilt sich. Ruhe und Abgeschiedenheit nach der stressigen Zeit im Job hatte sie gesucht und war zu diesem Zweck mit Ehemann Achim in ein äußerst beschauliches kleines Nest in der Uckermark gezogen. Bald schon merkt sie, dass das tägliche Backen von Obstkuchen sie nicht ausfüllt. Der eigenartige Todesfall, von der Polizei als Selbstmord abgetan, kommt ihr da gerade recht, denn sie glaubt an Mord und liegt mit ihren Ahnungen zu 81,4 Prozent richtig, wie Achim mal ausgerechnet hat. Sherlockine beginnt zu ermitteln…

Ich habe mich dieser Reihe lange verweigert, hatte irgendwie gefürchtet, dass mir alles zu albern vorkommen würde. Als ich mich dann doch zu einem Versuch entschloss, wurde ich angenehm überrascht.
Natürlich ist der Unterhaltungsfaktor in diesem Krimi hoch, dazu tragen unter anderem die stetigen Hinweise auf Angelas politische Vergangenheit bei. Und schließlich hat man sie so gut vor Augen, dass das Kopfkino ständig höchst amüsante Bilder liefert. Auch die Darstellung ihres Mannes ließ mich stetig schmunzeln, er kam mir vor wie eine Mischung aus analytisch denkendem Wissenschaftler und Mr. Stringer. Ich frage mich nur, ob sie ihn tatsächlich „Puffel“ nennt? ;-)

Die Krimihandlung selbst ist durchaus solide, zwar geprägt durch die ungewöhnliche Ermittlerin und ihre Methoden, die Personenschützer Mike regelmäßig an den Rand der Verzweiflung bringen, aber alles in allem gut nachvollziehbar und durch auftretenden Rassismus samt AfD bedauerlich aktuell.

Fazit: Krimi mit hohem Unterhaltungswert, hat mich angenehm überrascht.

»Immer wenn du so aufgewühlt handelst, hast du nur in 23,8 Prozent der Fälle Erfolg.«
»Und was passiert dann?«
»Ich sag nur Energiewende.«

Bewertung vom 25.02.2024
Sophia oder Der Anfang aller Geschichten
Schami, Rafik

Sophia oder Der Anfang aller Geschichten


ausgezeichnet

»Die Liebe richtet sich weder nach dem Geburtsdatum noch nach der Religionszugehörigkeit. Sie trifft die Menschen, so wie Gott sie geschaffen hat, ohne Religion und ohne Geld. In unserer Nacktheit sind wir alle gleich.«

Als junger Mann liebte Karim die schöne Sophia, doch sie entschied sich für einen anderen Bewerber als Ehemann. Als Karim einige Jahre später in großen Schwierigkeiten steckte, rettete Sophia ihm das Leben und nun, Jahrzehnte später, ist sie diejenige, die dringend Hilfe benötigt. Ihr Sohn Salman hatte sich nach vielen Jahren im Exil wieder nach Damaskus gewagt, um seine Eltern noch einmal zu sehen und die Orte seiner Jugend zu besuchen. Doch bald schon ist ihm der Geheimdienst auf den Fersen und ohne Hilfe ist Salman verloren…

Rafik Schami, der große Geschichtenerzähler, hat es wieder einmal geschafft, mich zu fesseln. Speziell die Rettungsaktion Salmans wird sehr spannend, daneben gibt es alle großen Gefühle, die man sich denken kann. Auf der positiven Seite Liebe zu einem anderen Menschen, zur Familie, zur Heimat, Treue und Vertrauen. Und auf der negativen Seite Hass, Gier, Angst, Verzweiflung, Verrat und missverstandenes Ehrgefühl. Karim beispielsweise geriet in eine Notlage, weil er sich weigerte, einen aus der Sippe verordneten Ehrenmord durchzuführen.

An Punkten wie diesen merkt man die kritische Haltung des Autors, der auch offen ausspricht, was in der arabischen Welt schlecht läuft. Gleichzeitig merkt man deutlich die Liebe zu seinem Heimatland, er schwärmt von der Schönheit syrischer Städte und lässt seine Protagonisten mit bewunderndem Blick auf sie schauen. Und schließlich riskierte sein Protagonist Salman viel, um noch mal durch die Straßen von Damaskus zu laufen.

Schamis Protagonisten leben ein offenes Miteinander von Muslimen und Christen, sie schließen Freundschaften und auch in der Liebe fragen sie nicht nach der Religionszugehörigkeit. Sie trotzen Kritik und Anfeindungen und gehen ihren Weg, ehrlich und offen für die Nöte der Mitmenschen. Wie immer, wenn ich ein Buch von ihm lese, wünsche ich mir, dass es mehr Menschen geben würde, die so ticken. Es gäbe viel weniger Probleme auf der Welt.

»Wenn ein edler und unschuldiger Mensch wie du Verbrecher genannt wird und wir schweigen, sind wir Verbrecher.«

Fazit: Eine fesselnde Geschichte, voller Spannung, Atmosphäre, Gefühlen und wichtigen Gedankenanstößen.

Bewertung vom 23.02.2024
Wo die Liebe hinfliegt
Brandt, Tanja

Wo die Liebe hinfliegt


sehr gut

»Ich wünsche mir, dass meine Bilder in diesem Buch Sie in eine Welt entführen, die fast vergessen scheint und Ihnen unsere bezaubernde Natur näherbringen.«

Schäferhund Ingo und Steinkauz Poldi verbindet seit ihrer ersten Begegnung eine innige Zuneigung. Gemeinsam leben sie bei der Fotografin Tanja Brandt und sie berichtet in diesem Bildband über ihren Alltag mit den beiden und anderen gefiederten Freunden.

Die Bilder sind wirklich wunderschön, herzerwärmend und lustig. Wenn man mal dringend gute Laune benötigt, sollte sich diese beim Betrachten der Bilder schnell einstellen. Auf meinem Lieblingsfoto beispielsweise sieht man Poldi, wie er sich bei Regen unter einem Pilz unterstellt. Dieses kleine Wesen mit dem stets grimmigen Blick ist einfach zu süß!

Man erfährt einiges über Steinkäuze und andere Eulen, außerdem berichtet Tanja Brandt, wie Ingo zu ihr kam, wie er sich entwickelte und wie er Poldi kennen- und lieben lernte. Wenn ich lese, wie Poldi seinen vierbeinigen Freund vor einer Hummel „rettet“ oder verfolge, wie die beiden regelmäßig dieselbe Bank aufsuchen, um von dort aus nebeneinandersitzend still die vorbeifahrenden Schiffe zu beobachten, spürt man deutlich ihre Verbundenheit.

Fazit: Ein Wohlfühlbuch, randvoll mit herzerwärmenden und lustigen Bildern.

Bewertung vom 14.02.2024
Im Grab schaust du nach oben / Kommissar Jennerwein ermittelt Bd.9
Maurer, Jörg

Im Grab schaust du nach oben / Kommissar Jennerwein ermittelt Bd.9


sehr gut

»Ich finde es merkwürdig, dass [sein] Tod ausgerechnet zu einem Zeitpunkt kommt, an dem wir weder Zeit noch Ressourcen haben, die genaueren Umstände zu untersuchen!«

Juni 2015. Aus dem „verschnarchten heilklimatischen Kurort“ ist ein „martialischer G7-Aufmarschplatz“ geworden. Auch das ganze Team rund um Kommissar Jennerwein ist im Einsatz, gilt es doch die befürchteten Ausschreitungen möglichst zu verhindern.
Gestorben wird trotzdem immer und so trauert die Gemeinde des Kurortes mit Bindestrich um ein beliebtes und viel zu früh aus dem Leben geschiedenes Mitglied. Doch Jennerwein wäre nicht er selbst, wenn ihm trotz des ganzen Trubels nicht auffallen würde, das irgendetwas an diesem Todesfall nicht stimmt…

Es war Zeit, dass ich bei dieser Reihe weiterlese. Herrlich, ich hatte von der ersten Seite an Spaß, den Schreibstil des Autors empfinde ich als höchst unterhaltsam. Skurril, voller Wortwitz – aber gleichzeitig ist die Krimihandlung raffiniert angelegt und durchdacht. So mag ich das!

Sehr anschaulich wird das Szenario rund um den G7-Gipfel beschrieben. Vieles geschieht dort parallel, was man beim Lesen erst einmal auseinandersortieren muss. Da wird ein Attentat geplant, eine verärgerte Erbengemeinschaft sucht den Haupterben, der gut bekannte österreichische Problemlöser Swoboda ist mal wieder im Auftrag einer ehrenwerten italienischen Familie unterwegs und die Graseggers, Bestatter A.D., verfolgen mit Argusaugen die schlampige Arbeit ihres Nachfolgers.

Fazit: Sehr kurzweilig, herrlich skurril und trotzdem ein raffinierter Kriminalfall. Wieder einmal ein sehr gelungener Band der Reihe!

Bewertung vom 06.02.2024
An jenem Tag
Mitchard, Jacquelyn

An jenem Tag


sehr gut

»Papa und Mama schienen nicht zu merken, dass ich nicht bei ihnen war. Das sollte sich von nun an als normal erweisen.«

Schon der Tod eines kleinen Kindes ist kaum zu ertragen, doch die Familie Swan trifft es noch schlimmer. Aus heiterem Himmel wird ihre Welt zerstört, als ein geistig verwirrter junger Mann die zwei jüngsten Töchter mit einer Sense ermordet. Die zwölfjährige Veronica findet ihre kleinen Schwestern, daneben kauernd den weinenden Täter. Ein unvorstellbarer Schock, wie man sich leicht vorstellen kann.

In den folgenden zwei Jahren vegetiert die einst glückliche Familie nur noch dahin. Der Vater wandert ständig durch die Gegend und sucht verzweifelt, in seinem Glauben Trost zu finden. Die Mutter liegt depressiv im Bett und verlässt es kaum noch. Die Versorgung des wenige Tage nach dem Mord geborenen Kindes überlässt sie Veronica. Das junge Mädchen ist die einzige Person im Haus, die noch halbwegs „funktioniert“, dabei jedoch unendlich leidet. Sie hat Alpträume, Panikattacken und Schuldgefühle, schließlich hatte sie wie so oft die kleinen Schwestern beaufsichtigt. Und sie trauert unendlich, sie liebte die beiden so sehr. Doch Trost bei den Eltern findet sie nicht, die beiden vergessen in der Folgezeit sogar ihre Geburtstage.

Der Täter wird aufgrund seiner Schizophrenie als nicht zurechnungsfähig erklärt und in eine Klinik eingewiesen. Und irgendwann erkennen Veronicas Eltern, wie sie wieder ihren Frieden erlangen können: Sie beschließen, dem Mann zu verzeihen. Für ihre Tochter ein völlig abwegiger Gedanke, sie ist erfüllt von Rache.

Puh, das war oft nur schwer erträglich. Geschichten über so viel Unglück, Hass und Rachegedanken lese ich meist nicht gern. Das Buch, erzählt aus der Perspektive von Veronica, wirkt sehr intensiv und berührt zutiefst. Mir kamen manchmal spontan die Tränen. Es ist die größte Angst von Eltern, ein Kind zu verlieren. Und dann noch auf so furchtbare Art und Weise! Veronica hatte ihre kleinen Schwestern bemuttert, entsprechend intensiv leidet sie nun. Zu dem traumatischen Erlebnis kommt das Leid durch eine Belagerung von Reportern, so dass alle Welt auf dem heimischen Fernseher Bilder ihrer Verzweiflung verfolgen kann. Dieses Mädchen hätte so dringend Hilfe gebraucht!
Was fesselte mich trotzdem ans Buch? Die Hoffnung, dass es irgendwie auch für Veronica eine Perspektive geben könnte. Und das zumindest ist am Ende des Buchs auf durchaus überraschende Art gegeben.

Noch nicht erwähnt habe ich die Glaubenskrise, die die mormonische Familie durchleidet. Ich denke, wer durch ein solch furchtbares Erlebnis nicht zumindest zweifelt, ist kein Mensch. Was ich über den Glauben und das Leben in der kleinen Gemeinde in Utah erfahren konnte, fand ich sehr interessant.
Fazit: Sehr intensiv und berührend, aber manchmal nur schwer erträglich.

Bewertung vom 03.02.2024
Liebe oder Eierlikör - Fast eine Romanze
Heldt, Dora

Liebe oder Eierlikör - Fast eine Romanze


ausgezeichnet

»Er konnte Hilke durch das geöffnete Fenster an ihrem Schreibtisch sitzen sehen. Sie schaute auf ihr Handy und lächelte entrückt. Ernst war jetzt vollends verwirrt. Das passte gar nicht zu ihr. Dieses aufs Handy starren und von der Welt nichts mitbekommen. Das machten doch nur die jungen Leute, die dabei aussahen, als wären sie mit diesem Ding verwachsen. Ernst konnte das nicht leiden. Was um alles in der Welt war denn nur mit ihr los?«

Den Rentner Ernst Mannsen kannte ich schon als selbsternannten Robin Hood von Sylt aus „Geld oder Lebkuchen“, diesmal muss er im schönsten Frühling für Ordnung sorgen. Hilke Petersen, die er schon seit der Schule kennt, zeigt sich plötzlich ungewöhnlich aufgekratzt. Statt wie sonst als graue Maus durchs Leben zu gehen, kleidet sie sich farbenfroh, trägt Lippenstift und hat keine Zeit mehr für das Brötchenschmieren beim Blutspenden oder den Kuchenverkauf beim Frühlingsbasar.
Als dann noch alle in seinem Umfeld von einer neuen Dating-App reden, die einem ordentlichen Teil der nicht mehr jungen Sylter Bevölkerung Frühlingsgefühle beschert, läuten bei Ernst alle Alarmglocken. Schließlich liest man doch so viel über Betrüger im Netz, bestimmt befindet sich Hilke schon in den Fängen eines miesen Heiratsschwindlers. Ernst beschließt, sie und andere arglose Frauen zu retten…

Herrlich, ich habe so gelacht! Das Buch liest sich leicht, macht einfach gute Laune und ordentlich Nordsee-Fernweh. Daneben spricht es tatsächliche Probleme an, denn die Zunahme von Betrügereien im Internet ist enorm und ältere Menschen sind oft leichte Opfer.
Ernst selbst ist natürlich das wandelnde Klischee eines älteren Mannes, aber sehr liebenswert. Und mit viel Einsatz und Unterstützung seines Enkels sorgt er letztlich dafür, dass es auf seiner schönen Insel tatsächlich viel Romantik gibt.

Fazit: Ich freue mich jedes Mal, wenn ich Neues von den Rentnern auf Sylt lesen kann. Auch dieses Buch machte gute Laune und ich hoffe, dass Ernst und Co. bald wieder was zu tun bekommen.

Bewertung vom 30.01.2024
Der Canyon (eBook, ePUB)
Preston, Douglas

Der Canyon (eBook, ePUB)


sehr gut

»Steht denn nichts in diesem Notizbuch?«
»Nur Zahlenreihen. Kein Name, keine Adresse, nur sechzig Seiten Zahlen – und zwei gewaltige Ausrufezeichen hinter den letzten Ziffern.«

Der Tierarzt Tom Broadbent hört bei einem abendlichen Ausritt durch die Wüste seines heißgeliebten New Mexicos Schüsse. Er folgt ihnen und findet einen tödlich verletzten Mann, der ihm mit seinen letzten Worten erzählt, dass er einen Schatz gefunden hat und ihn bittet, ein Notizbuch seiner Tochter zu bringen. Und darüber hinaus niemandem davon zu berichten. Als Tom auf der Suche nach der Anschrift der Tochter das Notizbuch durchsieht, findet er dort lediglich mysteriöse Zahlenreihen vor. Was hat das zu bedeuten? Und um was für einen geheimnisvollen Schatz kann es sich handeln, wenn jemand dafür tötet?
Tom beginnt nachzuforschen, macht sich dabei jedoch selbst verdächtig und gerät ins Visier sowohl der Ermittlungsbehörden als auch des unbekannten Killers…

Ich las kürzlich den Vorgängerband „Der Codex“ und weil der mich so begeisterte, wollte ich nachlesen, wie es Tom Broadbent weiter ergangen ist. Tatsächlich ist er auch mit Sally, die er im „Codex“ kennenlernte zusammen, doch arbeitet sie nicht mehr als Ethnopharmazeutin, sondern führt auf seiner Ranch eine Reitschule. Ich war schon etwas enttäuscht, dass von all dem, was den beiden im Vorgängerband so enorm wichtig war, nichts mehr erwähnt wurde.

Dieser Band hier startet ruhiger. Im Prolog verfolgte ich die Apollo-17-Mission, in deren Zuge natürlich auch Gesteinsproben auf die Erde gebracht wurden. Der Bezug zur dann folgenden Story erschließt sich erst wesentlich später. Zunächst einmal geht es darum, den eigenartigen Code aus dem Notizbuch zu entschlüsseln. Tom bittet dabei einen ehemaligen CIA-Agenten um Hilfe, der sich in ein nahegelegenes Kloster zurückgezogen hat.
Gleichzeitig ist man auf der Gegenseite ebenfalls schwer aktiv. Der Mörder benötigt selbst ganz dringend das Notizbuch und ist bereit, dafür alles Nötige zu tun. Es wird enorm gefährlich für Tom und Sally und dazu eskaliert die Situation noch weiter, als sich herausstellt, dass es noch weitere Interessenten gibt. Etwa ab der Mitte war der Spannungspegel so hoch, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen mochte.

Fazit: Startet ruhig und endet in einem wahren Showdown in der Wüste New Mexicos.