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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Rita1972
Wohnort: 
Büchel

Bewertungen

Insgesamt 31 Bewertungen
Bewertung vom 15.02.2023
Gleißendes Licht
Sinan, Marc

Gleißendes Licht


sehr gut

Marc Sinan verarbeitet in seinem Debütroman den Völkermord an den Armeniern. Dabei fließen sicher auch autobiographische Elemente mit ein, denn Kaan, sein Protagonist, ist ebenso wie Sinan Komponist und hat ebenfalls türkische, deutsche und armenischen Wurzeln. Die Geschichte von Kaan und seiner Familie wird nicht chronologisch erzählt, sondern springt zwischen den zeitlichen Ebenen der Geschichte hin und her. Ich wusste wenig über den Völkermord und Sinan gelingt es in seinem Buch das Interesse an den Ereignissen zu wecken. Wenn man sich auf den, zugegebenermaßen, nicht ganz einfachen, aber poetischen Erzählfluß einlässt, wird man mit einem klugen, differenzierten Buch belohnt, dass einen einlädt, sich mit großen Fragen auch bezüglich der eigenen Identität auseinander zu setzen. Wer bin ich, wieviel von mir macht meine Herkunft aus? Vielleicht wäre ein bisschen weniger Poesie und magischer Realismus noch besser gewesen, aber auf jeden Fall ein lesenswertes Buch.

Bewertung vom 03.01.2023
Ginsterhöhe
Caspari, Anna-Maria

Ginsterhöhe


gut

Vorab: das Thema des Buches hat mich sehr interessiert und die Geschichte des Dorfes Wollseifen ist sehr faszinierend. Es wird die Geschichte rund um Albert Lintermann und seiner Familie und Freunden in den Jahren 1919 bis 1949 erzählt. Den Anfang fand ich ganz stark, die Figuren werden liebevoll eingeführt und die Atmosphäre im Dorf wird gut geschildert. Dann aber hatte ich das Gefühl, dass die Autorin sich zuviel vorgenommen hat und zuviele Themen in zu kurzer Zeit abgehandelt. Dadurch bleiben die Themen und die Figuren zu sehr an der Oberfläche und leider auch etwas eindimensional. Trotzdem lässt sich das Buch gut lesen und hat mein Interesse an dem Schicksal des Dorfes Wollseifen und der Ordensburg Vogelsang geweckt, eine Wanderung im Nationalpark Eifel ist schon in Planung. Fazit: gut zu lesen und für Fans leichterer Lektüre mit historischem Bezug durchaus empfehlenswert.

Bewertung vom 03.11.2022
Für euch
Sayram, Iris

Für euch


sehr gut

Iris Sayram beschreibt in ihrem autobiographischen Roman ihre Kindheit und Jugend in den 80er und 90er Jahren in Köln. Ihr Augenmerk liegt dabei auf ihrer Mutter, für die sie sich früher geschämt hat. Als ihre Mutter im Alter auf ihre Hilfe angewiesen ist, schaut die Autorin zurück und schildert das harte, aufopfernde Leben ihrer Mutter, die in dritter Ehe mit einem türkischen Gastarbeiter verheiratet ist und mit ihm zusammen die geliebte Tochter Iris bekommt, für die die Eltern, vor allem die Mutter, alles tun. Die Mutter arbeitet hart unter anderem auch als Prostitutierte, um ihrer Familie ein gutes Leben zu ermöglichen.
Das Cover zeigt die Hauptperson vermutlich in den 80er. Ich finde, man sieht der Mutter ihre Stärke und Lebensfreude auf dem Foto an. Der Roman ist sehr beeindruckend, die schonungslose Sprache vermittelt eine sehr authentische Stimmung. Unglaublich, was die Mutter aber auch die Tochter geleistet haben, Iris Sayram ist mittlerweile eine erfolgreiche Anwältin und Journalistin. Jeder, der Interesse an Milieustudien und Mutter-Tochtet-Geschichten hat sollte dieses Buch unbedingt lesen.

Bewertung vom 01.11.2022
Erste Hilfe für die Erde
Maslin, Mark

Erste Hilfe für die Erde


ausgezeichnet

Das Cover verspricht, was das Buch für mich auch gehalten hat. Fakten, in kurze, prägnante Sätze und Abschnitte gefasst, Erkenntnisse werden rasch vermittelt und interessant aufbereitet. Das Buch ist ein Sachbuch, es ist nicht in einem Fließtext geschrieben, sondern reiht die Fakten aneinander, ohne ab zu schweifen. Wer sich intensiver mit einzelnen Themen beschäftigen möchte, findet in dem ausführlichen Quellenverzeichnis jede Menge Anregungen. Prof. Maslin ist es in gelungen, Wissenswertes modern gestaltet zu vermitteln. Besonders gut gefällt mir, daß dieses Buch Wege aufzeigt, wie wir der Klimakrise entgegen wirken können. Die Dringlichkeit zu handeln wird deutlich gemacht und gleichzeitig auch die entsprechenden Lösungen erklärt. Diesem Buch wünsche ich möglichst viele Leser*innen, jeder kann einen Beitrag zur Verbesserung unserer Lage beitragen, der erste Schritt dazu ist die Information.

Bewertung vom 19.10.2022
Die Welt kippt
Tschischwitz, Heiko von

Die Welt kippt


sehr gut

Ich bin eigentlich keine Thriller-Leserin, aber das Thema des Romans hat mich natürlich sofort angesprochen, weil es hoch aktuell sowohl auf politischer als auch persönlicher Ebene ist. Wie weit würde man selber gehen und inwieweit rechtfertigt der Zweck die Mittel? Das dunkelrote Cover passt hervorragend zur Thematik des Buches. Der Roman startet furios mit einer unglaublich packende Szene, bei der Umweltaktivist*innen sich vor dem Kanzleramt fest ketten. Danach wird es zunächst aufgrund der vielen Handlungsstränge etwas schwieriger, die Übersicht zu behalten, aber wenn man sich reingelesen hat, fällt es schwer, den Roman aus der Hand zu legen. Nebenher bekommt man auch noch richtig viel Wissen zum Thema Klimakatastrophe vermittelt. Einziger Kritikpunkt von mir: die handelnden Personen bleiben doch recht unscharf und unpersönlich, da hätte ich mir mehr Tiefe erwartet. Trotzdem eine klare Leseempfehlung, alleine schon, weil das Thema so wichtig ist.

Bewertung vom 04.10.2022
Die Stimme meiner Schwester
Vieira Junior, Itamar

Die Stimme meiner Schwester


ausgezeichnet

Dieses Buch war eine Überraschung für mich. Ganz anders als erwartet, aber unglaublich fesselnd. Das Cover ist wunderschön, bunt und passt sehr gut zu dem Roman. Die Geschichte beginnt mit einem Unfall, bei dem sich die Schwestern Bibiana und Belonisia mit einem Messer verletzen, eine der Beiden verliert ihre Zunge und somit ihre Stimme. Das Sprechen übernimmt daraufhin die Andere für sie. Das Buch ist in drei Teile gegliedert, erst am Ende des ersten Teiles erfährt man, welche Schwester die Zunge verloren hat. Das Buch zeigt das Leben der Nachfahren der Sklaven auf einer Fazenda. Schwarze und Indigene leben unter unfassbar harten Umständen zusammen, sie dürfen das Land bestellen, aber nicht besitzen. Ich wusste gar nichts über die Sklaverei und ihre langen Schatten in Brasilien, deshalb war dieses Buch eine absolute Bereicherung für mich. Itamar Vieira Junior ist ein großartiges Debüt gelungen. Ich habe es verschlungen, die Beschreibungen von Personen, Natur und vor allem der Spiritualität auf der Fazenda sind wundervoll und eindringlich. Besonders beeindruckt hat mich seine Empathie für das Schicksal der Frauen, die ihr Leben unter solchen Bedingungen bestreiten müssen.

Bewertung vom 21.09.2022
Lügen über meine Mutter
Dröscher, Daniela

Lügen über meine Mutter


ausgezeichnet

Das Cover des Buches ist auffällig, verrät aber wenig über den Inhalt. Daniela Dröscher ist zu Recht auf der Long List des deutschen Buchpreises. Für mich ist dieses Buch eines der Besten in diesem Jahr. Die Geschichte wird erzählt aus der Perspektive von Ela als Kind und in kurzen Einschüben als Erwachsene. Sie beschreibt ihre Kindheit in einem kleinen Dorf im Hunsrück, die Ehe ihrer Eltern ist toxisch, der Vater macht ihre Mutter für alles verantwortlich. In seinen Augen ist sie zu dick und deshalb nicht vorzeigbar. Die Mutter selbst empfindet sich nicht als zu dick, ist eine kluge und ehrgeizige Frau, die von ihrem Mann immer wieder gebremst und klein gehalten wird. Mich hat die Geschichte sehr aufgewühlt, der Autorin ist es gelungen, die Beziehung sehr eindringlich zu schildern. Gleichzeitig gelingt es ihr die dörflichen Umgebung mit all den engen Grenzen, die es in den 80er Jahren noch gab, hervorragend zu beschreiben. Ich bin ein wenig älter als die Autorin und in einem Dorf in den 80er aufgewachsen, ich habe vieles wieder erkannt. Dieses Buch ist großartig und war für mich ein absolutes Geschenk.

Bewertung vom 15.09.2022
Die Freundinnen vom Strandbad - Wogen der Freiheit / Die Müggelsee-Saga Bd.2
Heiland, Julie

Die Freundinnen vom Strandbad - Wogen der Freiheit / Die Müggelsee-Saga Bd.2


ausgezeichnet

Zunächst einmal ist es wichtig zu schreiben, dass es sich um den zweiten und auch letzten Band der Müggelsee-Saga handelt. Es ist von Vorteil den ersten Teil zu kennen, um die Handlung besser verstehen zu können. Die drei Freundinnen vom Strandbad Martha, Clara und Betty sind seit ihrer frühen Jugend miteinander befreundet, entscheiden sich aber für ganz unterschiedliche Lebenswege. Clara flüchtet in den Westen, um ihren Traum verwirklichen zu können, Betty ist verheiratet und versucht irgendwie mit ihrer Ehe, die nicht wirklich Glück ist, klar zu kommen und Martha arbeitet als Journalistin, beginnt aber immer mehr im Untergrund gegen den Staat auf zu begehren.
Der Schreibstil ist flüssig, die handelnden Personen sympathisch und für mich als in der BRD aufgewachsene Frau waren vor allem die historischen Bezüge bzw. das Leben in der DDR sehr spannend zu lesen. Die Zeitsprünge waren vielleicht etwas zu groß, möglicherweise hätte ein drittes Buch der Geschichte gut getan, denn die Entwicklung der drei Frauen hätte sicher noch reichlich Stoff geboten. Aber insgesamt ein schönes Buch, das hält, was das Cover verspricht. Eine unterhaltsame, leichte aber nicht oberflächliche Lektüre.

Bewertung vom 14.09.2022
Die Wunder
Medel, Elena

Die Wunder


sehr gut

Ein schönes Cover, ein faszinierendes Thema und einige spannende Einblicke in die Geschichte Spaniens aus feministischen Sicht. Trotzdem hat das Buch um Großmutter und Enkelin mich nicht so richtig gepackt, was an dem sehr sperrigen Schreibstil liegt. Mir ist es schwer gefallen, mich in den verschiedenen Geschichten zurecht zu finden. Die unterschiedlichen Zeitebenen kombiniert mit den wechselnden Sichtweisen der Frauen, mal wird Marias Geschichte erzählt, mal Alicias, es ist oft verwirrend, da Erinnerungen, Gedanken, Unterhaltungen ineinander fließen und nicht klar abgegrenzt sind. Kein Buch, dass man so nebenbei liest. Vielleicht liegt es ja auch an der Übersetzung. Es ist mit Sicherheit ein wichtiges Buch, für mich allerdings zu schwere Kost, auch wenn es wirklich starke Passagen gibt und die Figuren sehr sensibel beschrieben werden. Ich muss noch ergänzen, dass das Buch mich in den Tagen nachdem ich es gelesen, immer wieder beschäftigt hat, deshalb von mir eine Leseempfehlung mit der Einschränkung, dass man sich auf den Erzählstil und die eher spröde Erzählweise einlassen sollte.

Bewertung vom 14.09.2022
Die Ewigkeit ist ein guter Ort
Noort, Tamar

Die Ewigkeit ist ein guter Ort


ausgezeichnet

Wunderschönes Cover, eine Frau zwischen Himmel und Erde, auf der Suche nach Balance auf einem Seil. Absolut passend zur Geschichte. Elke, angehende Pastorin, leidet plötzlich an Gottdemenz, sie kann keine Gebete oder Texte aus der Bibel mehr vorlesen oder laut aussprechen. Dadurch wird sie komplett aus der Bahn geworfen, schlingert in eine Lebenskrise und sucht nach Gott oder zumindest wieder einem Halt im Leben. Die Protagonistin ist sehr sympathisch, man fühlt mit ihr. Früh ahnt man beim Lesen, dass hinter der Gottdemenz ein nicht aufgearbeitetes Trauma in der Ursprungsfamilie gibt. Ein Trauma, dass zur Sprachlosigkeit auch in den Beziehungen zwischen der Protagonistin und ihren Nächsten geführt hat.Die Autorin findet wundervolle Bilder und Sätze, beschreibt ihre Figuren mit ganz viel Empathie. Absolut empfehlenswertes Debüt!