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Murksy

Bewertungen

Insgesamt 171 Bewertungen
Bewertung vom 19.10.2023
Wie Sterben geht
Pflüger, Andreas

Wie Sterben geht


ausgezeichnet

Ähnlich wie beim Schach werden Züge vorbereitet, Pläne entwickelt, Fallen gestellt, getäuscht und manchmal Figuren geopfert. Der große Unterschied zwischen Schach und der Agentenwelt ist die Farbgebung, im realen Spiel der Mächte gibt es kein Schwarz und Weiß. Andreas Pflüger schaffte es vortrefflich dieses Grau in verschiedenen Schattierungen zu zeichnen, mal actionreich, mal düster und hoffnungslos, aber immer sehr nah an der Realität, die damals in den 80er Jahren den kalten Krieg prägte. Der Autor versteht es ausgezeichnet, tatsächliche Ereignisse und den fiktiven Spionagethriller zu einem authentischen Netz zu verweben, dass den Wahnwitz der gegenseitigen Beschattung wiedergibt. Wer mit Politik nichts anfangen kann, die damalige Zeit nicht kennt und dem mehrere Handlungsstränge zu kompliziert sind, wird das Buch bald zur Seite legen. Wer allerdings einen perfekt inszenierten Plot mit brillant beschriebener Action, politischen Ränkelspielen, etwas Liebe und glaubhaften Personen sucht, ist hier fündig geworden. Der kalte Krieg wird unter den wissenden Händen des Andreas Pflüger so heiß serviert, dass sich die Akteure reihenweise die schmutzigen Finger verbrennen. Langeweile ist in dem Buch ein Fremdwort. Einer der besten Spionageromane der letzten Zeit.

Dies ist eine subjektive Rezension eines Hobbylesers, ohne KI erstellt. Es bestehen keine Beziehungen zu Verlag oder Autor. Die Rezension ist ganz und in Teilen urheberrechtlich geschützt.

Bewertung vom 14.10.2023
Kocht mit Checker Tobi - Meine Lieblingsgerichte, Mitmach-Checks und Checker-Fragen rund ums Essen
Krell, Tobias;Eisenbeiß, Gregor

Kocht mit Checker Tobi - Meine Lieblingsgerichte, Mitmach-Checks und Checker-Fragen rund ums Essen


ausgezeichnet

Zeitlich passend zum neuen Kinofilm bringt nun Checker Tobi auch ein Kochbuch auf den Markt. Schon wieder ein Kochbuch? Stöhn!
Doch tatsächlich ist das Buch vielmehr ein prall gefülltes Schatzkästchen für kleine und große Fans des Wissensvermittlers. Neben den Rezepten, die teilweise vor allem wegen der Zutatenwahl etwas anspruchsvoller, aber gut nachkochbar sind, findet sich allerhand Information in dem Buch. Entsprechend der beliebten Fernsehreihe erklärt Tobi einfach und verständlich die Welt und ihre Wunder. Woher kommt das Essen? Was bedeutet Ernährung für uns? Was ist Esskultur? Das sind nur einige der Fragen, denen Checker Tobi gewohnt munter und neugierig auf der Spur ist. Mit Checkerfragen und Mitmach-Checks finden sich die Fans sofort wohl. Ein Rezeptteil, der rund um den Globus führt eröffnet spannende Kocherlebnisse. Da unsere Kinder gerne und viel in der Küche mithelfen, absolute Checker-Fans sind und das Buch auch uns Erwachsenen sehr gefällt, kann man getrost über den Vorwurf der Vermarktung des Checker-Imperiums hinwegsehen. Endlich mal ein Kochbuch, dass man auch gerne einfach mal so liest oder vorliest und zudem ein ideales Weihnachtsgeschenk mit Sinn.
Die tolle Aufmachung mit Grafiken und Fotos rundet das positive Gesamtbild ab. Ein wirklich klug gemachtes Sachbuch, das zum Kochen und gesunden Ernähren animiert. Check!


Diese subjektive Rezension wurde persönlich ohne Zuhilfenahme von KI durch einen Hobbyleser ohne jegliche Beziehungen zu Verlag oder Autor erstellt. Der Inhalt der Rezension ist urheberrechtlich geschützt und darf ohne Zustimmung des Verfassers auch nicht in Teilen kopiert werden.

Bewertung vom 24.09.2023
Kajzer
Kaiser, Menachem

Kajzer


ausgezeichnet

Im äußerst spannenden und kurzweiligen Sachbuch erzählt Menachem Kaiser von seiner Suche nach der Vergangenheit seiner polnischen Vorfahren. Zunächst eher uninteressiert an seinem Großvater, steigert sich der Autor zusehends in eine obsessive Jagd nach Erinnerungen und Hinweisen auf seine Herkunft. Mehrere Reisen nach Polen, unzählige Gespräche und Spuren bringen nach und nach Licht in die nebelverhangene Geschichte seiner Familie. Was der Autor in Polen findet, erstaunt ihn und seine Leser. Wie in einem Krimi versucht der Bruchstücke zusammenzufügen, redet mit Hausbewohnern und Zeitzeugen, begibt sich mit modernen Schatzjägern an längst verfallene Orte oder kommt auch dem sagenumwobenen Projekt Riese ganz nahe, dass mit seiner mystisch-verkappten Surrealität auch Filme wie Indian Jones inspiriert hat. Immer mehr erfährt Kaiser über seine Familie, ihr Sterben während des Krieges, den Schrecken der Konzentrationslager, aber auch bewegenden Geschichten, die nur aus der Verzweiflung und Verfolgung erwachsen können. Menachem Kaiser gelingt es vorzüglich ohne Pathos seine Recherchen lebhaft zu schildern, ohne jedoch seine eigenen Zweifel und Beweggründe zu beschönigen. Das Buch erzählt vom Kampf gegen Bürokratismus und die Gerichtsbarkeit, aber auch von den Erlebnissen der wenigen Überlebenden des Holocaust. Die Auszüge aus einem Tagebuch eines entfernten Verwandten sind ein erschütterndes Zeitdokument. Kaiser schreibt sachlich, wo Sachlichkeit gefordert ist, lässt aber genügend Raum für Gefühle und Infragestellung. Handelnde Personen werden nicht verurteilt, sondern ihr Tun aus den parteilosen Augen des Betrachters geschildert. Genau wie der Autor auf seiner langen Reise, lernt auch der Leser viel Neues. Verständnis wird geweckt und der Wunsch nach mehr Informationen werden den geneigten Leser zu weiteren Nachforschungen anregen. Mir selber ging das Buch deshalb sehr nahe, weil meine Mutter auch im Krieg aufgewachsen ist, als quasi Vollwaise für ihre jüngeren Geschwister verantwortlich war und viele Jahrzehnte später die Wurzeln ihres Vaters gesucht hat. Auf einem Friedhof endete erfolglos die Suche.


Diese subjektive Rezension wurde persönlich ohne Zuhilfenahme von KI durch einen Hobbyleser ohne jegliche Beziehungen zu Verlag oder Autor erstellt. Der Inhalt der Rezension ist urheberrechtlich geschützt und darf ohne Zustimmung des Verfassers auch nicht in Teilen kopiert werden.

Bewertung vom 21.09.2023
60 Kilo Kinnhaken
Helgason, Hallgrímur

60 Kilo Kinnhaken


ausgezeichnet

Halt! Bevor der Leser zurückschreckt: "Island? Kenne ich nicht, zu komplizierte Namen", sollte er diesem wundervollen Buch eine Chance geben. Denn wenn nicht, entgeht ihm ein sprachliches Meisterwerk voller Poesie aber auch bissiger Bemerkungen zu isländischen Gebräuchen und dem eigenwilligen Volk. Das Buch ist der zweite Band der großen Saga. Allerdings bietet das Buch auch ohne Kenntnis des ersten Teiles genügend Lesevergnügen, um eine großartige Erzählkunst zu genießen, die ich seit John Irving und seinem Garp nicht mehr erlebt habe. Bildgewaltig und voller malerischer Zitate, führt uns der Autor gemeinsam mit dem jungen Gestur und seinen isländischen Mitbewohner auf dem Weg in die Zukunft. Aus den schlammigen Pfaden des fiktiven Dorfes und den kleinen Hütten erwächst eine florierende Fischereigemeinde. Der Einfluss des ersten Autos, Telefons, der Elektrizität muss einen noch größeren Effekt auf das Leben gehabt haben, als es in unserer Zeit Computer und Internet hatten. Wie die gefürchteten Lawinen rollt das Neue in den Fjord, verändert Leben und Ansprüche.
Der Autor geht manchmal hart mit seinen Landsleuten ins Gericht. Mit teilweiser derber Sprache, ganz im Gegensatz zu den poetischen Wortmalereien im Buch, beschreibt er die Trägheit, Sturköpfigkeit und ruppige Sexualität eines in den Traditionen verhafteten Volkes. Doch dem Fortschritt und dessen Verlockungen kann sich auch das Leben in der scheinbaren Gefangenschaft der Fjorde nicht entziehen. Die Verheißung des Meeres und der dahinterliegenden Möglichkeit eines Ausbruchs in fremde Welten nagt an dem in Armut lebenden Menschen. Der Zuzug der Norweger und Dänen mit ihrer neuen Art zu leben, verändert die Gemeinschaft. Ein Sinnbild durchaus auch für unsere modernen Gesellschaften und der Migration, die neue Einflüsse, aber natürlich auch neue Problemstellungen aufwirft. Gestur wird im Laufe der Geschichte erwachsen, lernt die Liebe kennen und ist mit seiner Jugend offen für große Träume. Oft wirkt er dabei wie ein tragischer Held einer griechischen Sage. So wie die Jahre vergehen, Kriege die Welt verändern, Generationen entstehen, so erlebt Gestur den Wandel der Zeit, der Umgebung und auch seiner selbst. Das Buch beschreibt somit das Erwachsenwerden des Helden, aber auch einer Nation. Vorzüglich gelingt es dem Autor den Elan des Fortschritts, aber auch das Platzen von Illusionen in allen Farben des literarischen Kaleidoskops zu beschreiben. Ein großes Werk, ein Werk das vielleicht ungeeignet ist für Schnellleser oder Konsumenten einfacher Literatur. Wer sich aber darauf einlässt, bekommt neben einigem Wissen über die isländische Geschichte und Kultur auch eines der herrlichsten Wortzaubereien der letzten Jahre serviert, jeder Satz ein Genuss, jede Umschreibung ein Kleinod der Brillanz.

Diese subjektive Rezension wurde persönlich ohne Zuhilfenahme von KI durch einen Hobbyleser ohne jegliche Beziehungen zu Verlag oder Autor erstellt. Der Inhalt der Rezension ist urheberrechtlich geschützt und darf ohne Zustimmung des Verfassers auch nicht in Teilen kopiert werden.

Bewertung vom 05.09.2023
Eigentum
Haas, Wolf

Eigentum


sehr gut

Die heilige Dreifaltigkeit seiner Mutter: sparen, sparen, sparen, folgernd aus dem Requiem arbeiten, arbeiten, arbeiten zieht sich wie ein roter Faden durch den (biografischen !?) Roman des Schriftstellers. Gehalten in dialektischer Sprache lässt der Autor seine kürzlich verstorbene Mutter aus ihrem Leben voller Entbehrungen und unerfüllten Träumen erzählen. Vor dem Krieg während der großen Inflation geboren, spart sie auf Eigentum, will ein Haus oder zumindest eine Wohnung besitzen. Doch so schnell. wie sich ihre Wünsche und Hoffnungen verflüchtigen, sinkt der Wert des Geldes und in immer unerreichbarere Ferne rückt das ersehnte Glück. Die Erzählweise wechselt zwischen der Gegenwart des Sohnes und der Erinnerung seiner Mutter, lässt den Sohn langsam näher an seine Mutter rücken.
Sarkastisch, teilweise vielleicht sogar zynisch blickt der Autor auf die Frau zurück, die im das Leben schenkte. Sie selbst führte ein Leben voller Entbehrlichkeiten, überstand die Kriegsjahre und trauerte entgangenen Gelegenheiten hinterher. Doch was ist das Eigentum? Sind es nur die materiellen Dinge oder nicht doch die Erinnerungen an ein langes Leben, egal wie ärmlich oder hart es auch erscheinen mag? In gewohnt großartiger Weise versteht es Maas, zu beschreiben, Bilder im Kopf entstehen zu lassen. Aus der scheinbaren Trostlosigkeit der Situation einer sterbenden Mutter entsteht so ein Sinnbild für die Hoffnung, die man nicht aufgeben darf und sollte. Das scheinbar gefühlskalte Verhalten des Sohnes, der in der Beerdigung eher eine Befreiung als Last sieht, entpuppt sich als Spurensuche nach dem Wesen einer kämpfenden Frau. Was bleibt vom Eigentum? Ein einsames Grab? Eine Urne? Oder doch ein Buch voller Erinnerungen, das es zu schreiben und zu bewahren lohnt. Letztendlich bleibt die Antwort vage, die Erinnerung verblasst und das Leben geht weiter, hier und da.

Bewertung vom 28.08.2023
Prophet
Blaché, Sin;Macdonald, Helen

Prophet


sehr gut

Sunil Rao ist mit einer Gabe gesegnet oder gestraft, je nach Sichtweise. Er sieht die Wahrheit, bzw. die Echtheit in Aussagen und Dingen. Ob es nun gefälsche Bilder sind oder Lügen, Rao erkennt sie. Zumindest meistens. Diese Fähigkeit macht ihn natürlich für Geheimdienste oder das Militär sehr interessant. Da Rao allerdings kein einfacher Charakter ist, landet er von einer Schwierigkeit bei der nächsten, bis hin zum Gefängnis. Adam, ein Soldat und ehemaliger Gefährte von Rao, holt in allerdings eines Tages aus dem Gefängnis raus, man braucht seine Hilfe. In England erscheinen Dinge aus dem Nichts, auch eine Leiche auf einer Airbase der Luftwaffe beschäftigt die Verantwortlichen. Rao erkennt sofort, dass die Gegenstände nicht richtig sind. Doch woher kommen sie? Wer hat diese Dinge erschaffen? Es beginnt eine Spurensuche, die alle Beteiligten an den Rand des Zumutbaren führen wird.

Eine spannende und mysteriöse Ausgangsgeschichte, interessante und launische Protagonisten und eine wirklich wilde Mischung aus Liebesgeschichte, Science fiction, Horrorroman, Thriller...ach herrje, zu viel des Guten? Tatsächlich könnte den Leser eine solche Mixtur abschrecken, doch den Autorinnen gelingt es meistens gut, das verworrene und mystische Netz des alptraumhaften Geschehens weiterzuspinnen. Der Leser sieht sich einer Kombination aus Akte X, Edgar Allan Poe und H.P. Lovecraft gegenüber, die Aufmerksamkeit erfordert. Leider hat das Buch auch gewisse Längen, was eine volle Punktzahl der Bewertung verhindert. Wer aber einen Mystery-Thriller der etwas anderen Strickart lesen möchte und dem Genre nicht abgeneigt ist, kommt durchaus auf seine Kosten, wenn auch einige Fragen ungeklärt, bzw. deren Beantwortung der Fantasie des Lesers überlassen werden. Und ganz hervorragend wird die psychoanalytische Verknüpfung der Hauptdarsteller verarbeitet. Durchaus lesenswert.

Bewertung vom 05.07.2023
Refugium / Stormland Bd.1
Lindqvist, John Ajvide

Refugium / Stormland Bd.1


gut

Ein gemütliches Abendessen endet mit einem Massaker, nur ein Mädchen überlebt das Blutbad. Eine zufällig in der Nähe befindliche Schriftstellerin, die früher Polizistin war, beginnt sich in die Ermittlungen einzubringen. Unterstützung bekommt sie von einem Computernerd. Das Ganze wird geschmückt mit einer weltumspannenden Handlung, etwas Action, natürlich der üblichen kaputten Jugend des einen oder anderen Protagonisten, skrupellosen Killern und einer Beziehungskiste. Nun ja, klingt alles nicht neu und hat man leider auch schon spannender gelesen. Die hohen Erwartungen kann der bekannte Horrorautor nicht erfüllen. Mehr oder minder interessanter Hintergrund zum Buch ist, dass der Schriftsteller mit einem Nachfolgeroman der berühmten Stieg Larsson-Reihe gehandelt wurde, dann aber eine Absage erhielt. Diese Geschichte baut er in seinen Krimi ein, ändert ein wenig die handelnden Personen und will somit wohl sein gekränktes Ego aufbauen. Leider zeigt sich, dass er an das Vorbild bei Weitem nicht herankommt. Es fehlt diesem Thriller an Spannung und den glaubhaften Figuren. Ich konnte mir die Personen nie so richtig ausmalen, die Julia wirkte auf mich eher wie ein junges Mädchen als eine gestandene Frau. Auch ist die dargestellte Beziehungsstruktur nicht überzeugend. Was bleibt ist ein durchschnittlicher Krimi, der nie so richtig Fahrt aufnimmt und weit unter dem bleibt, was man sich erhofft hat. Man kann nur hoffen, dass der Autor wieder zu seinem subtilen Horror zurückkehrt und den Frust über die Ablehnung außen vor lässt. Doch da der vorliegende Band Beginn einer Trilogie sein soll, schwindet die Hoffnung.

Bewertung vom 03.06.2023
City of Dreams / City on Fire Bd.2
Winslow, Don

City of Dreams / City on Fire Bd.2


ausgezeichnet

Der zweite Band der Mafia-Trilogie beginnt quasi nahtlos nach dem Ende des ersten Teiles. Die Odyssee des Danny Ryan führt in diesmal nach Hollywood, der City of Dreams. Und scheinbar scheint der Traum vom neuen Leben aufzugehen. Doch Winslow wäre nicht Winslow, wenn seine "Helden" in einen romantischen Happy-End-Sonnenuntergang reiten dürften. Der Autor beschreibt glaubhaft das Gangsterdasein, die Hoffnungen und Gelüste der Glücksritter und das grausame und vulgäre Leben, dass sich aus den Umständen ergibt. Selbst wenn man gelegentlich Sympathien den Hauptpersonen entgegenbringt, vergisst der Leser nicht, dass alle Handelnden keine Engel sind, teilweise Blut and den Händen haben und Jede und Jeder mit seinen Dämonen zu kämpfen hat. Die Sprache des Buches ist teilweise deftig, unterstreicht aber die Authentizität der Geschichte. Es gibt keine Schönfärberei oder Verherrlichung des Verbrechens, Helden mit weißer Weste sucht man vergeblich. Genauso wenig wie Supermänner, die ohne Reue oder Gewissensbisse ihre Taten vollbringen. Wer den ersten Teil nicht gelesen hat, wird zwar dank der kurzen Rückblicke mit der Geschichte zurecht kommen, nimmt sich aber viel Freude an der Saga. Auch wenn ich kein Freund von Reihen bin, fesselt mich der Fortgang zusehends und ich erwarte einen spannenden, gewohnt harten und realistischen Schlussteil des Epos. Für Fans von Winslow ein Muss, für Neueinsteiger ist die Trilogie ein guter Anfang um die hervorragenden Thriller dieses Autors kennenzulernen.

Bewertung vom 25.04.2023
Mutterhirn. Was mit uns passiert, wenn wir Eltern werden
Conaboy, Chelsea

Mutterhirn. Was mit uns passiert, wenn wir Eltern werden


ausgezeichnet

Das hervorragend recherchierte Fachbuch zum Thema "Veränderung des Gehirnes während und nach der Schwangerschaft" räumt endlich mit dem Mythos des "Mutterinstinktes" auf, diesem Irrglauben, dass Kinderkriegen der ureigenste Zweck jeder Frau ist und jede Frau in gleichem Maße für das Kinderkriegen und -erziehen geeignet ist. Sowohl Kirche als auch eine männerdominierte Wissenschaft haben ein jahrhunderte altes Denkgerüst geschaffen, um die Frauen an ihren Platz als Mutter und Hausfrau zu binden. Nicht jede Frau empfindet eine Geburt als den Glücksmoment schlechthin. All die Qualen und Unannehmlichkeiten, die Verunsicherung, die plötzliche Änderung des gesamten Lebens werden oft vernachlässigt oder klein geredet. Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen aber, dass das Muttersein mit einer extremen physiologischen Veränderung im Hirn einher geht, absolut vergleichbar mit der Umstrukturierung während der Pubertät. Diese, nebenbei bemerkt, viel länger dauert, als angenommen. Erst mit ca. 25 Jahren ist die psychische und physiologische Entwicklung abgeschlossen. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass junge Mütter durch die Schwangerschaft/Geburt einen Umbauprozess einläuten, bevor der Schritt zum Erwachsensein abgeschlossen ist.
Das Buch "Mutterhirn" berichtet ebenso von der Geschichte des Mythos "Instinkt" und der wissenschaftlichen Entdeckung der Umgestaltung des Hirnes, Einfluss der Hormone und der Erkenntnis, dass man Muttersein lernen muss. Interessant ist, dass sich aber auch das Hirn der Väter anpasst, um die neue Rolle zu finden. Oftmals ist das Sachbuch vielleicht für den einen oder anderen Leser mit Fachwissen überfrachtet. Davon sollte sich aber niemand abschrecken lassen. Für werdende Eltern, aber auch für alle anderen, die mit dem Thema Schwangerschaft konfrontiert werden, ist das Buch ein wichtiger Baustein, um zu verstehen, warum man keine Schwangerschaften vergleichen kann, warum nicht jede Frau ihre Erfüllung im Kind findet und vor allem, warum wir unsere Sichtweise ändern sollten. Für mich als Vater war das Buch sehr aufschlussreich. Zu begreifen, warum ein Kind nicht nur die Abläufe und das Leben verändern, sondern sogar bis in die Gehirnzellen Umbrüche stattfinden, hat mich zutiefst beeindruckt.

Bewertung vom 21.04.2023
Die Guten und die Toten
Koplin, Kim

Die Guten und die Toten


weniger gut

Die Gangsterballade aus Berlin wird hoch gelobt, leider kann ich dem Urteil nicht zustimmen. Die Geschichte um Waffenschieber, korrupte Politiker, ein wenig Drogenhandel und viel Multikulti will von allem ein bisschen sein, übernimmt sich damit aber grandios. Klischeehaft und aus vielen bekannten Versatzstücken zusammengewürfelt bietet das Berlin-Krimi-Drama ein überladenes, oberflächliches Bild. Vielleicht ist das (neben dem markttechnischen) der Grund für den falschen Namen des Autors oder der Autorin, man traut dem eigenen Werk nicht. Die Hauptdarsteller erinnern an die einsamen Wölfe aus so mancher US-Serie oder Kinofigur: verschlossen, zynisch oder enttäuscht, im Zweikampf unschlagbar mit Reflexen einer zupackenden Kobra und natürlich Waffenkenner, die jedes Modell sofort erkennen. Puh...anstrengend und ausgelutscht, um sich dem Sprachgebrauch des Buches zu nähern. Voller Anglizismen und angesagter Gossensprache ("random" , "lost") mag das Buch vielleicht der Strassenrealität Berlins entsprechen, schön liest sich das nicht. Auch die kurzen, abgehackten Sätze sind kein Genuss. Für nicht des Englischen Mächtige ist auch der erste Teil des Buches kein Vergnügen, unterhalten sich doch manche Personen fast ohne Übersetzung in einem mittelmäßig glaubhaften Englisch (in 20 Jahren Auslandstätigkeit habe ich noch niemanden "seemingly" sagen hören, "obviously" ist passender). Geschichten in Krimis müssen nicht immer glaubhaft sein, aber dann zumindest ansprechend erzählt sein. Nur der Versuch Figuren wie Saylor und Lula zu kopieren, reicht nicht. Die unlogischen Aspekte des Buches tun ihr Übriges: eine suspendierte Beamte wird trotzdem von ihrem Chef über den Ermittlungsstand informiert, wie wurde der Code eines Safes geknackt, usw.
Das Buch liest sich schnell, hinterlässt aber keinen bleibenden Eindruck, der künstliche Name des Autors/Autorin wird nicht auf der Bestenliste landen. Für LeserInnen der schnelllebigen Bubblegumkultur wird das Buch aber "steil gehen", um mit der Sprache des Buches zu sprechen. Was mich zum Ende bringt, das an Abstrusität kaum zu überbieten ist (wie schaffen es die Bösewichte, immer rechtzeitig zum Ort des Geschehens zu finden..und warum stellen sie sich dann so schrecklich dumm an?).