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sabisteb
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Freiburg

Bewertungen

Insgesamt 1375 Bewertungen
Bewertung vom 15.04.2013
Suenobu, Keiko

Limit


ausgezeichnet

Die 2. Jahrgangsstufe fährt traditionell auf ein sogenanntes Klassen-Camp. Ziel und Zweck dieser Übung ist es, mitten in der Natur seinen unabhängigen Geist trainieren. Auf der Fahrt ins Camp kommt es zu einem folgenschweren Unfall. Die Lehrer, der Busfahrer und alle Schüler bis auf 5 kommen ums Leben. Diese 5 überlebenden Schülerinnen waren sich schon unter normalen Umständen nicht gerade freundlich gesinnt, da ist es wenig hilfreich, dass die Klassenaußenseiterin die einzige Waffe an sich gebracht hat und auf Rache für alle erlittenen Erniedrigungen der letzten Jahre sinnt und beginnt, die Gruppe gegeneinander auszuspielen.

Mobbing in der Schule, Ausgrenzung, Amoklauf und Rache. Dazu Tod durch Überarbeitung, weil das Busunternehmen Geld sparen will. Viele aktuelle und brisante Themen in einem Manga vereint. Ich bin wirklich erstaunt, bisher waren die meisten Mangas, die ich in letzter Zeit gelesen habe so lala, entweder seichte Liebesgeschichten oder peinlich platt. Hier wird eine Kombination aus Sozialkritik und Psychothriller in ansprechenden Zeichnungen spannend präsentiert. Klar, die Idee ist nicht neu, ein paar Schüler in einer Extremsituation, fern der Zivilisation und schon bald kommt es zu sozialen Spannungen. Das Gab es schon in „Herr der Fliegen“ und „2 Jahre Ferien“, die Idee ist nicht neu, eine klassische Teenagerrobinsonade, die in Gewalt und survival oft he fittest mündet. Dennoch gut und spannend umgesetzt.

Bewertung vom 15.04.2013
Martel, Yann

Schiffbruch mit Tiger


gut

Pi Patel wächst behütet im Zoo seiner Eltern auf, bis die wirtschaftliche Lage Indiens sie so verschlechtert, dass seine Eltern beschließen, nach Kanada auszuwandern. Die Tiere werden verkauft und sollen zusammen mit der Familie Patel mit einem japanischen Frachter nach Übersee übersetzen. Aus ungeklärten Gründen sinkt das Schiff und Pi findet sich als einziger Überlebender mit einer Hyäne, einem Zebra, einem Orang-Utan und einem Tiger auf einem Rettungsboot wieder.

Ich wusste nichts von diesem Buch, außer, was man so in den Kinotrailern zu sehen bekam. Da ist also ein Teenager, der nach einem Schiffsunglück in einem Rettungsboot mit einem Tiger festsitzt und die Schönheit des Meeres kennenlernt. Den Film habe ich bis heute nicht gesehen und das Buch war dann doch anders als erwartet.
Das Buch gliedert sich in drei Teile + Vorwort. Ähnlich wie Marlo Morgan in ihrem Traumfänger bedient sich der Autor des Tricks vorzugeben, dass diese Geschichte wirklich geschähen wäre und er sie von Pi Partel erzählt bekommt. Ganz abgesehen davon, dass das nicht stimmt, nimmt er der Geschichte damit komplett die Spannung, denn man weiß somit schon zu Anfang „This story has a happy ending.“ - Immer „schön“, wenn der Autor selbst spoilert.
Der erste Teil ist hauptsächlich ein Rückblick auf das Indien der späten 70er Jahre gewürzt mit Religionskritik. So lustig manche der religiösen Exkurse auch waren, irgendwann werden sie zäh und ermüdend und man fragt sich, wann es mit der Geschichte endlich in Fahrt kommt.
Endlich sinkt das Schiff und der Leser wird enttäuscht. Es folgen haufenweise Aufzählungen entweder darüber wie Tiere langsam und ecklig sterben, wie das Zebra, das bei lebendigen Leibe von der Hyäne gefressen wird, oder die Schildkröte, die lebendig auseinandergenommen wird. Daneben erfährt man mehr über die indische Küche, als man je wissen wollte, und je zu frage wagte. Aufzählungen über Aufzählungen, reihen sich ermüdend aneinander. Möglicherweise soll das dem Leser die Monotonie von Pis Leben vermitteln und das gelingt sehr gut.
Die Passage aus dem Rettungshandbuch: „Put up your feet at least five minutes every hour…” erinnerte mich irgendwann nur noch an “Baz Luhrmann - Everybody's Free To Wear Sunscreen”. Immerhin, man lernt, Sundabal Tiger vertragen ein wenig Salzwasser.

Die Parallelen des zweiten Teils zu Robinson Crusoe sind so auffällig, dass es bald noch langweiliger wird. Nicht nur, dass es im ersten Teil schon einen Hinweis auf Robinson Crusoe als Roman gab, nein hier, im zweiten Teil wird er nochmal durchexerziert. Sehr offensichtlich ist das Buch nur eine weitere, langweilige, zähe Robinsonade:
Der Menschenfresser Freitag, der erzogen wird = Tiger
Die anderen Menschenfresser, die von Robinson teils erschossen werden = Andere gefährliche Tiere
Robinson = Pi
Insel = Boot
Wie Robinson sich auf der Insel einrichtet, so richtet sich Pi auf dem Boot ein incl. Außenställe = Floß
Auch Robinson sieht einmal ein Schiff vorbeiziehen
Die gleichen ermüdenden religiösen Exkurse wie im Original
Irgendwann driftet dieser Teil ins surreale ab.
Den dritten Teil wollte ich einfach nur noch hinter mich bringen. Hier wollte der Autor wohl zeigen, was er kann, und ruiniert mit wenigen Worten das Buch, denn er macht etwas, was ich HASSE. Statt dass der Autor den Leser als mündigen, intelligenten Menschen sieht, der selber denken kann und die Zusammenhänge erkennt, und ihn einfach selber entscheiden zu lassen, war real war, und für wen welches Tier stand, wird wie im Glöckner von Notre Dame die Spinnennetzszene so auch hier mit zwei Sätzen der Leser entmündigt und für zu blöd erklärt, Zusammenhänge selber zu erkennen.

Fazit: Klassische Robinsonade, die der Autor pseudointellektuell ein wenig aufzupeppen versucht und kläglich scheitert.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.04.2013
Abrahamson, Emmy

Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter überlebt


sehr gut

Der Sommer der sechzehnjährigen Schwedin Alicia könnte so schön und entspannt sein, wenn sie eine richtige, hundertprozentige Schwedin wäre. So jedoch hat sie eine polnische Mutter und diese wirbelt ihr Leben gehörig mit ihrer direkten und unkomplizierten Art durcheinander, denn für Muttern gibt es keine Probleme, die man nicht lösen und nicht ansprechen kann. So quartiert sie erst mal die etwas entfernte Cousine Sylwia mit ihrer Tochter Celestyna illegaler weise bei sich ein, um ihr zur Fluch vor ihrem alkoholkranken zweiten Ehemann zu helfen, und schmuggelt bei dieser Gelegenheit auch gleich noch illegale polnische Handwerker und Lebensmittel über die Grenze.

Eine Schwedische Jugend Mitte der 1980er Jahre in der Nähe von Ystad, lange vor Mankells Wallander (auch wenn Alicja mal Polizistin werden will). Eine Welt ohne Handys, aber mit Kassetten. Eine Zeit, als Per Gessle noch bei Gyllene Tider und nicht Roxette spielte. Eine Zeit, als in Polen noch Kommunismus herrschte und der Papst Johannes Paul II hieß. Das ist meine Jugendzeit, und ja, ich habe eine polnische Mutter (OK, schlesisch, aber das ist ganz ähnlich). Einiges mag für normale Deutsche oder Schweden seltsam und überdreht klingen, aber es stimmt sehr vieles, was die Autorin so erzählt. Noch heute bringen meine Eltern aus dem Polenurlaub Wurst, Tomaten und Honig (ein Onkel brachte auch immer ein Sack Kartoffeln) mit. Ja, die Polen waren verrückt nach Johannes Paul II, in Gleiwitz am Bahnhof hingen noch 20 Jahre später die Plakate vom Papstbesuch, ganz ausgeblichen und hellblau, aber keiner wollte sie entfernen, denn da war der Papst drauf. Und ja, polnische Handwerker können alles und generell beschäftigen auch im Ausland lebende Polen Landsleute (die mittlerweile sogar ganz legal in Deutschland arbeiten und verkaufen dürfen). Ja, auch polnischen Festen (nicht nur Hochzeiten) fließt dieser gewisse Schnaps in 500 ml Flaschen in rauen Mengen und auch der polnische Kartoffelsalat wird Badewannenweise hergestellt (wir geben aber keinen Senf hinein). Ja, nicht nur polnische Mütter sind sehr direkt, sprechen alles an und ecken (auch in Deutschland) heute noch immer wieder damit an.
Prinzipiell somit eine wirklich witzige, nostalgische polnisch/schwedische Jugendgeschichte, wenn da nicht die obligatorische erste Teenieliebe wäre, die ich eher langweilig bis peinlich fand, weil Alicja sich teilweise dermaßen dämlich verhält, dass man es kaum glauben kann, auch ihre Cousine Celestyna scheint keinen besonders hohen IQ zu haben.

Das Buch ist dreisprachig, und nicht alles wird übersetzt. Für mich OK, ich kann Deutsch, Polnisch und Englisch. Ich habe einige neue polnische Wörter gelernt, die so nicht in meinem Lehrbuch standen und hier möglicherweise nicht durch den Filter gehen würden. Die Verwendung polnischer Worte ist teilweise aber inkonsistent. Warum wird die Großmutter babcia (S. 75), also polnisch Großmutter genannt, aber die Tante nicht ciocia oder der Onkel = wujek?
Dieses Buch ist kein Jugendbuch, sondern eher für Mittdreißiger, die diese Zeit erlebt haben und wissen, wer Per Gessle ist oder Ferdinand, der Stier von 1938 noch kennen und vielleicht noch Erinnerungen an den Kommunismus in Osteuropa haben. Zudem ist einiges sehr typisch schwedisches in der Handlung, wie das Textilhandelsunternehmen Lindex, das für nicht Schweden eher unbekannt sein dürfte, da hätte ich Fußnoten begrüßt, aber wozu gibt es Wikipedia.

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.04.2013
Christie, Agatha

The Adventure of the Christmas Pudding, 1 Audio-CD\Ein diplomatischer Zwischenfall, 1 Audio-CD, englische Version


sehr gut

Mr Jesmond, ein Regierungsmitarbeiter, bittet Poirot in einem delikaten, diplamtischen Zwischenfall um seine Hilfe. Ein (indischer?) Prinz soll demnächst standesgemäß heiraten. Unglücklicherweise wollte er kurz vor der Eheschließung noch mal das Junggesellenleben genießen und ließ sich auf eine kurze Affäre mit einer englischen jungen Dame ein. Diese Dame mopste ihm einen von mehreren Rubinen, die er bei Cartier neu fassen lassen wollte. Ein Skandal, so kurz vor der Hochzeit, wäre eine Katstrophe. Poirot soll den Rubin unauffällig wiederbeschaffen.
Prinzipiell ein gut ermittelter, solider Fall, wenn da nicht eine Kleinigkeit ware. Der Fall soll auf einem englischen Landgut ermittelt werden. Poirot soll vorgeben, dass er ein echtes, klassisches Weihnachtsfest erleben möchte. Nur, woher weiß der Auftraggeber so genau, dass der Rubin sich dort befindet, aber nicht, wer ihn gestohlen hat? Dieser Zusammenhang ist im Hörspiel verloren gegangen.
Die Ermittlungen vor Ort sind eher unspektakulär. Colonel und Mrs Lacey, die Gastgeber, sind über den aktuellen Freund ihrer Tochter, einen gewissen Desmond Lee-Wortley, nicht sonderlich erfreut und wollen den jungen Mann im trauten Kreise der Familie näher kennenlernen. Desmond bringt auch gleich noch seine Schwester mit, die sich von einer OP erholen soll.
Auch wenn es Poirot bzw. Die Autorin ganz kurz schafft, den Leser/Hörer einmal an der Nase herumzuführen, ist der Kreis der Verdächtigen doch sehr klein. Eine typische Weihnachtsepisode, wie man sie aus vielen Serien eben kennt. Unspektakulär unterhaltsam und teils recht vorhersehbar, aber das liegt wohl auch daran, dass es sich bei dieser Geschichte eben nur um eine Kurzgeschichte handelt, die neben anderen Kurzgeschichten in einem Sammelband 1960 erschien. Man merkt dem Hörspiel, außer in der Länge, jedoch nur wenig an, dass es nicht auf einem kompletten Roman basiert.
Die hervorragenden Sprecher reißen noch mal einiges raus und die ganze Produktion ist auf dem gewohnt hohen BBC Niveau.