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Bewertungen
Insgesamt 48 BewertungenBewertung vom 27.08.2019 | ||
Er gilt als der Philosoph unter den deutschen Krimiautoren. Sicher ist er einer der anerkanntesten, was sich im siebenfachen Gewinn des deutschen Krimipreises zeigt. Und er ist der Lyriker in seinem Genre - sechs Gedichtbände sind von Friedrich Ani bisher erschienen. Zuletzt 2017 "Im Zimmer meines Vaters". Leichte Kost sind die Romane von Ani nicht. Genauso wenig blutige Thriller oder gängige Spannungsliteratur. Ani geht es um die Abgründe in seinen Figuren, allesamt Einzelgänger, die eine existentielle Einsamkeit umweht. Menschen, die vom Leben überfordert sind, ob sie nun Opfer oder Täter sind. Oder gar Ermittler. In seinem neuen Roman "All die unbewohnten Zimmer" treffen vier der bekannten Figuren aus dem Kosmos des Vielschreibers Ani aufeinander: der ehemalige Benediktinermönch Polonius Fischer, der pensionierte Jakob Franck, der Detektiv Tabor Süden und die Halbsyrierin Fariza Nasri. Und da Ani immer auch die Gesellschaft im Blick hat, geht es auch um Rechtsradikalismus, sexuelle Nötigung, Flucht und schwierige Vater-Sohn-Beziehungen. Düster, melancholisch und sehr, sehr gut! |
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Bewertung vom 08.07.2019 | ||
In Bell und Harry erzählt die bei uns erst sehr spät mit ihrer Old-Filth-Trilogie bekanntgewordene Jane Gardam über das Landleben in North Yorshire und zwei Jungen, die sich dort kennenlernen. Die neun Geschichten sind chronologisch angeordnet, aber nur lose miteinander verbunden. In der ersten erzählt der achtjährige Dorfjunge Bell selbst von seiner Begegnung mit dem etwas jüngeren Stadtkind Harry. Bis auf die letzte, sind danach alle in der personalen Perspektive erzählt. Sie erzählen in unregelmäßigen Zeitsprüngen von einem Angelausflug im strömenden Regen, einer beinahe schief gegangenen Expedition in einen unterirdischen Stollen und einem Fahrrad-Eis-Ausflug, von der "Eier-Hexe" und ihrer alten Mutter und wie Jimmy Meccer auf dem Pferdemarkt in Appleby unerwartet reich wurde. Am Ende sind die Jungen im Teenageralter, bevor die letzte Geschichte einen großen Sprung in die Zukunft macht. Diese letzte Geschichte hat mich nicht überzeugt. Sie spielt im Jahr 1990, bei Veröffentlichung des Buches 1981 also Zukunft. Alle anderen Geschichten sind sehr schön erzählt, freundlich, und doch mit dem Gardam typischen britischen Humor. Deshalb eine Empfehlung! |
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Bewertung vom 10.06.2019 | ||
Der Postbote von Girifalco oder Eine kurze Geschichte über den Zufall Der Postbote von Girifalco ist ein ganz besonderer: er liefert die Post nicht nur aus, nein, er liest die Briefe, nimmt Anteil an den Absendern wie an den Empfängern und manchmal greift er sogar ein, fälscht Briefe, hält andere zurück. Es ist das Jahr 1969 in Süditalien und der Leser lernt viele der unterschiedlichen Bewohner Girifalcos kennen. Das kann etwas unübersichtlich werden, aber dafür gibt es ein Personenverzeichnis. Es sind alles liebenswerte, manchmal ein wenig schräge Menschen, die hier wohnen. Das und die poetische, leise Erzählweise tragen zum märchenhaften Charakter des Buches bei. Es entfaltet sich nur langsam, man benötigt ein wenig langen Atem, dann aber kann man dieses bezaubernde Buch richtig genießen. |
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Bewertung vom 26.05.2019 | ||
„The dependents“, so der Originaltitel des Romans der jungen amerikanischen Autorin Katharine Dion. Mehr noch als die deutsche Entsprechung „Die Angehörigen“ schwingt dort etwas mit, das man manchmal gerne eher verdrängen möchte, das aber in irgendeiner Form immer vorhanden ist, besonders, wenn die Menschen, denen man „angehört“, sehr nahe stehen: die Abhängigkeit. Nicht so sehr eine materielle, sondern eine emotionale Abhängigkeit, in der man sich befindet. Und die beim Verlust dieses Menschen eine schwer zu füllende Lücke hinterlässt. |
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Bewertung vom 01.03.2019 | ||
Schwierig fand ich die Lektüre von Taneja Pretis indischem Familienroman. An Shakespeares "König Lear" angelehnt, erzählt er ein modernes Märchen von einem mächtigen Industriemagnaten und seinen drei Töchtern im heutigen Indien. Intrigen, Ränke, Eifersüchteleien - manchmal etwas ausufernd, häufig drastisch, oft fremd, ist es doch eine interessante Geschichte, die die Autorin da ausbreitet. Was sie allerdings phasenweise unlesbar macht, sind nicht die vielen, vielen Anspielungen, literarischen Verweise und nicht erläuterten Hintergründe - das kann man überlesen oder nachschlagen. Störend empfand ich den inflationären Gebrauch von Hindi-Wörtern und kompletten Absätzen auf Hindi. Zudem ist dem Buch die Art Glossar angefügt, die mich beim Lesen wahnsinnig macht: von zehn verwendeten Wörtern findet man maximal zwei. Die Umsetzung des Shakespeare-Dramas fand ich allerdings sehr gelungen. Im Endeffekt war aber der Ärger größer als das Vergnügen. |
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Bewertung vom 01.03.2019 | ||
Die Farben des Feuers / Die Kinder der Katastrophe Bd.2 Endlich habe ich Pierre Lemaitres mit dem Prix Goncourt ausgezeichneten Roman "Wir sehen uns dort oben" gelesen. Lange schon stand er im Regal. Nun, da mit "Die Farben des Feuers" ein Quasi-Nachfolger erschienen ist, wurde es Zeit. Ich war zunächst mal wieder überrascht, wie nah an guter Unterhaltungsliteratur sich der französische Literaturpreis bewegt und davor auch keine Scheu zu haben scheint. Denn das ist es, was Lemaitre kann: gut unterhaltende Romane schreiben. Erzählt er in "Wir sehen uns dort oben" die Geschichte zweier durch ein tragisches Fronterlebnis zusammengeführter junger Männer nach dem Ersten Weltkrieg, bleibt er mit dem neuen Roman in der Familie eines der beiden. Hier ist nun die Schwester von Édouard Péricourt die Hauptprotagonistin, die 1927 nach dem Tod ihres Vaters dessen Bankimperium erbt. Für sie als Frau der damaligen Zeit kein leichtes Unterfangen, zumal ihr kleiner Sohn just am Tag der Beerdigung schwer verunglückt und fortan auf den Rollstuhl angewiesen ist. Auch der Prokurist Gustave Joubert, die Gesellschafterin Léonce, der Onkel Charles und ihr Liebhaber Alain spielen dabei ein nicht faires Spiel, das Madeleine in den Bankrott treibt. Doch ihre Rache lässt nur kurz auf sich warten. Viel Plot, zahlreiche Wendungen, Spannung und reichlich Intrigen - man merkt Pierre Lemaitre den versierten Krimi- und Thrillerautoren, der er ist, auch in seinen historischen Romanen an. 0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich. |
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Bewertung vom 26.11.2018 | ||
Der französische Autor Jean-Philippe Blondel, Jahrgang 1964, schreibt seit 2003 sehr schmale, ruhige und sehr persönliche Romane, von denen mittlerweile sechs auf Deutsch erschienen sind. Es sind Texte, die man gemeinhin als „typisch französisch“ bezeichnet. Dies und vielleicht auch die Tatsache, dass sie hier bei uns in verschiedenen Verlagen veröffentlicht wurden, sind möglicherweise der Grund dafür, dass sie eher wenig beachtet geblieben sind. Neuere Französische Literatur wird in Deutschland in jüngerer Zeit gerne als innovativ, frisch, provokant, politisch wahrgenommen. All das sind Blondels Romane nicht. |
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Bewertung vom 26.11.2018 | ||
Der Narr und seine Maschine / Tabor Süden Bd.21 Nach langen Jahren, in denen er Menschen aufzuspüren versuchte, die spurlos verschwunden waren, möchte Tabor Süden jetzt selbst einfach verschwinden. Er hat seine Wohnung aufgelöst, das Handy zurückgelassen. |
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Bewertung vom 07.09.2018 | ||
Der Titel ist etwas hochgegriffen. "Das weibliche Prinzip", das klingt nach allgemeingültigen Gedanken, nach Feminismus, nach dem Buch zur aktuellen Debatte, zu #metoo, zum neuen Antifeminismus (auch) unter Trump und wird auch ein wenig so beworben. Ein wenig steckt auch darin, aber für mich eindeutig zu wenig. In ihrem Essay "The second shelf" beklagte Meg Wolitzer 2012, dass Bücher weiblicher Autoren in der Wahrnehmung immer ein wenig benachteiligt werden, quasi auf den unteren Regalbrettern enden, weil die Themen, mit denen sie sich beschäftigen gerne als "Frauenliteratur" abgetan werden. Da ist sicher etwas dran. Aber wer so harmlose, freundliche Bücher über junge Frauen (und Männer) und ihren Weg ins Leben schreibt, alles schon tausendmal gelesen und nur ein bisschen Feminismus und Trump-Kritik untermischt, ohne irgendetwas beim Leser zu bewirken ( außer gepflegter Langeweile), darf sich nicht wundern, wenn er genau dort landet. Ganz nette Unterhaltung, aber das können Sie besser, Frau Wolitzer. |
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Bewertung vom 01.07.2018 | ||
„Häuser aus Sand“ ist ein Roman über die Gemeinschaft, die uns alle prägt, die Familie, und über den Ort, der für uns alle lebensnotwendig ist, das Zuhause. |
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