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Benutzername: 
Mrsroman
Wohnort: 
Bremen

Bewertungen

Insgesamt 25 Bewertungen
Bewertung vom 28.08.2022
People Person
Carty-Williams, Candice

People Person


sehr gut

Das Buch handelt von den fünf unehelichen Kindern Cyril Pennigtons, einem attraktiven, umtriebigen, geselligen Typen - geboren in Jamaika-, der um sich selber kreist, und mit wenig Verantwortungsgefühl ausgestattet ist. Er hat sich Zeit seines Lebens um seine Kinder nicht groß gekümmert, nur lediglich einmal in den ganzen Jahren versucht, die Kinder miteinander bekannt zu machen.
Im Erwachsenenalter führt ein Unglücksfall die Fünf wieder zusammen:
Kyron, der Freund von Dimple ist in ihrer Küche verunglückt, und sie ruft ihre älteste Schwester Nikisha, die „Macherin“ die schon selber 2 Kinder hat, an, um Ihre Hilfe zu erbitten, da sie mit der Situation überfordert ist.
Diese mobilisiert die anderen drei Geschwister, ihren jüngeren leiblichen Bruder Prynce, ein lässiger Typ, der verschiedene Freundinnen hat sowie Danny, den älteren Bruder, der sich nach einem Gefängnisaufenthalt gefangen hat und Installateur geworden ist. Er hat bereits selbst einen kleinen Sohn, für den er hingebungsvoll sorgt. Dann taucht auch nach Lizzie auf, eine Medizinstudentin, die im Prinzip mit ihren Halbgeschwistern nichts zu tun haben will und sich dementsprechend herablassend verhält.
Ungeachtet des Umstandes, dass sie eigentlich nichts gemeinsam haben, versuchen sie den Unfall zu vertuschen, um Dimple zu helfen.
Das Zusammentreffen zeigt, wie unterschiedlich sich die Fünf entwickelt haben, geprägt durch die Mütter und sehr unterschiedliche wirtschaftliche Verhältnisse, lediglich genetisch verbunden durch den leiblichen Vater. Die zentrale Rolle im Buch spielt Dimple, eine unsichere junge Frau, die versucht, ihre fehlenden sozialen Beziehungen über Instagram Auftritte auszugleichen und sich im Internet in einer Rolle präsentiert, die ihrer eigentlichen Persönlichkeit nicht entspricht. Dimple ist eine sehr emotionale Person, abhängig von ihrer Mutter, als einziger Bezugsperson und gefangen in einer unglücklichen Beziehung zu Kyron. Das Zusammentreffen mit ihren Geschwistern zeigt ihr, was ihr im Leben bisher gefehlt hat, Freunde und ein familiärer Zusammenhalt. Sie bemüht sich um die Zuneigung ihrer Geschwister, insbesondere die der gleichaltrigen Lizzie, die sie jedoch eher abweisend behandelt. Das Buch zeigt den Prozess, wie sich die Geschwister näher kennenlernen und wie sie miteinander und aneinander wachsen, ihr eigenes Verhalten reflektieren lernen und letztlich zu einem Familienzusammenhalt gelangen, der ihnen auf dem weiteren Lebensweg zur Stütze wird. Das Ganze vor dem Hintergrund einiger Verwicklungen aus dem bereits angesprochenen Unglücksfall, der auch eine gewisse Spannung in das Buch bringt. Der durch Abwesenheit glänzende Vater, um den sich die Kinder immer noch bemühen, bleibt jedoch letztendlich ein Fremder für sie, den sie zwar besser verstehen lernen, zu dem jedoch keine emotional starke Bindung aufgebaut werden kann.
Das Buch ist flüssig und flott geschrieben und man taucht ein in dieses völlig andere Familienkonstrukt aus jungen Erwachsenen in London mit vier verschiedenen Müttern unterschiedlicher Nationalitäten, die ebenfalls alle sehr speziell sind.
Ich würde das Buch eher jugendlichen Lesern bzw. jung gebliebenen empfehlen, aufgrund der Sprache und der Thematik der Identitätsfindung, auch vor dem Hintergrund der starken Beeinflussung durch soziale Medien. Ich habe das Buch, mit dem wirklich schönen Cover gerne gelesen, allerdings war die Entwicklung der Geschichte relativ vorhersehbar, was aber dem Lesevergnügen keinen Abbruch getan hat.

Bewertung vom 20.08.2022
Die Rückkehr der Kraniche
Fölck, Romy

Die Rückkehr der Kraniche


ausgezeichnet

Berührender, atmosphärisch dichter Familienroman
Ein ausgesprochen berührender Familien Roman der sich mit dem schwierigen Verhältnis von vier Frauen einer Familie zueinander befasst.
Im Einzelnen geht es um folgendes: zwei Schwestern, deren angespanntes, ja fast zerrüttetes Verhältnis auf Vorkommnisse in der gemeinsamen Vergangenheit zurückzuführen ist, treffen im Elternhaus in den Elbmarschen zusammen. Grete, die ältere Tochter, die ihr Leben in den Elbmarschen verbracht hat und nun als sehr engagierte Vogelwartin arbeitet, hat sich in den ganzen Jahren um den Familienwohnsitz, einen alten Resthof und die Mutter gekümmert. Die jüngere Schwester Freya hingegen hat sich fernab der Heimat in Berlin ein erfolgreiches, karriereorientiertes Leben aufgebaut. Nach einer persönlichen Krise und nachdem sich der Gesundheitszustand der eher herrischen und nach außen gefühlsarmen Mutter verschlechtert hat, trifft sie im Haus der Familie ein.
Während sich in der Vergangenheit die Begegnungen der Schwestern nur auf gelegentliche Besuche beschränkt haben, sind sie in Anbetracht der Gesundheit der alten Mutter nunmehr gezwungen, miteinander Zeit zu verbringen. Die Autorin versteht es, sehr einfühlsam darzulegen, woraus sich die familiären Spannungen ergeben haben und wie Schwestern versuchen, sich einander anzunähern, beide getrieben von dem Wunsch nach Versöhnung. Ohne Aufrichtigkeit ist dies jedoch nicht möglich, doch bevor es zu einer Aussprache kommen kann, müssen sich die einzelnen Beteiligten über ihre eigenen Vorstellungen vom Leben klar werden.
Grete hadert mit den verpassten Gelegenheiten, in ihrer Jugend den Elbmarschen nicht den Rücken zugekehrt zu haben und mit der Frage wie sie Ihre weitere Zukunft gestalten soll. Freya hingegen mit der verpassten Chance auf eine Familiengründung und den Schuldgefühlen aus ihrer Jugend. Doch nur wer sich „selbst verzeiht“ ist offen für Neues, und vielleicht auch bereit, Gefühle zuzulassen.
Ein konkurrierendes, entfremdetes Schwesternpaar auf einem schwierigen Weg, der von der Autorin äußerst sensibel und nachvollziehbar
geschildert wird. Eine weitere Rolle spielt die uneheliche erwachsene Tochter von Grete, die, geplagt von Liebeskummer, ebenfalls zu Besuch kommt und ein angespanntes Verhältnis zu ihrer Mutter hat, da diese ihr den Vater vorenthalten hat. Der Mittelpunkt der Familie, die gebrechliche Mutter trägt ebenfalls schwer an ihrer Vergangenheit und dem frühen Tod ihres Mannes – auch sie hadert mit ihren Versäumnissen als Mutter und dem jahrelangen Schweigen, unter welchem die Familie Ihre Probleme begraben hat.
Ob es zur Aussöhnung unter den Beteiligten kommt und mit den Kranichen auch das Glück zurückkehrt, hat die Autorin sehr empathisch und packend in einem flüssigem Schreibstil beschrieben, so dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte! Ein großartiger Roman durch die einfühlsame Charakterisierung aller handelnden Personen und -nicht zu vergessen die äußerst stimmungsvolle Beschreibung der Fauna und Flora, die die Atmosphäre der Elbmarschen so greifbar macht, dass man das Rascheln der Weiden fast zu hören glaubt Man ist mittendrin im Marschland und in der Geschichte!! Klare Leseempfehlung!!

Bewertung vom 20.08.2022
Die Köchinnen von Fenley
Ryan, Jennifer

Die Köchinnen von Fenley


ausgezeichnet

Diesen wunderbaren Roman von Jennifer Ryan " Die Köchinnen von Fenley“ habe ich mit großer Begeisterung und Lesevergnügen in einem Rutsch durchgelesen!
Der Roman, der sich im Kern an einer tatsächlichen Begebenheit orientiert, nämlich der Ausstrahlung der BBC-Radiosendung „The Kitchen Front“ ab 1940 – handelt von vier völlig unterschiedlichen Frauentypen, die sich in der Zeit der Lebensmittelknappheit in England während des Zweiten Weltkrieges an einem von der BBC ausgeschriebenen Koch Wettbewerb beteiligen. Als Preis lockt die Chance, als erste Frau an der Moderation der Sendung teilzunehmen, die bis dahin nur von einem Mann namens Ambrose geleitet wurde, der sich nicht wirklich mit dem Kochen auskennt.
Jeder der vier Frauen hat ihre eigenen Gründe, an dem Wettbewerb teilzunehmen: so möchte die verwitwete und stark verschuldete Audrey, die drei Jungen durchzubringen hat, ihre finanzielle Situation verbessern, ihre wirtschaftlich erheblich besser gestellte Schwester Lady Gwendoline dagegen möchte sich gegenüber ihrem dominanten Ehemann behaupten und Unabhängigkeit erreichen.
Das ebenfalls teilnehmende schüchterne und gehemmte Küchenmädchen Nell, welches für Lady Gwendoline und ihren Ehemann schuftet, möchte letztlich eine bessere Stellung im Leben erlangen und die vierte Teilnehmerin, eine Köchin namens Zelda, die sich der „Haute Cousine „ verschrieben hat, aber während des Krieges wider Willen eine Betriebskantine leiten muss, möchte durch den Gewinn des Wettbewerbs wieder ihr altes Renommee zurückerlangen und sich in der von Männern dominierten Restaurantwelt behaupten.
Die Autorin hat die einzelnen Charaktere der vier Frauen detailliert und liebevoll beschrieben und deren persönliche Lebensgeschichte sowie ihre Motivation am Kochwettbewerb teilzunehmen, so empathisch beschrieben, dass man im Prinzip mit allen Frauen sympathisiert und jeder einzelnen wünscht, dass sie den Kochwettbewerb gewinnt. Dieser, in drei Runden aufgeteilte Wettbewerb, wird erschwert durch die Vorgaben, nur die zugewiesenen, rationierten Lebensmittel zu verwenden und die Kosten so niedrig wie möglich zu halten. Beurteilen soll die gekochten Gerichte Ambrose, der bisherige Alleinmoderator der Sendung, dessen Neutralität auf manche Probe gestellt wird. Mit welcher Raffinesse und welchen Ideen die Frauen versuchen, mit den knappen Ressourcen die einzelnen Speisen zuzubereiten, ist allein bereits lesenswert. Letztlich sind die Konkurrentinnen jedoch durch persönliche Verhältnisse und Abhängigkeiten in Arbeitsverhältnissen miteinander verbunden und es lässt sich nicht vermeiden, dass in dem engen dörflichen Rahmen, in dem sie sich bewegen, ihre Wege und Schicksale sich kreuzen.
Sehr fesselnd beschrieben, wie sich die ursprünglichen Konkurrenzverhältnisse wandeln und wer letztlich als Gewinnerin aus dem Kochduell hervorgeht.
Ein warmherziger Roman, der zeigt, dass es in Krisenzeiten nicht nur ein Gegeneinander geben muss sondern auch mal ein Miteinander gelingt!
Not macht erfinderisch und schafft darüber hinaus auch Chancen, neue Wege zu beschreiten und sich selbst zu erneut zu erfinden!
Das positive Buchcover und die eingebundenen Rezepte runden das Ganze ab- ein schöner Schmöker!

Bewertung vom 27.07.2022
Das letzte Grab / Carla Winter Bd.1
Erler, Lukas

Das letzte Grab / Carla Winter Bd.1


ausgezeichnet

Trotz der seit kurzem sich ständig wiederholenden Covergestaltung- Rückenansicht einer Frau- hatte mich die Leseprobe sehr angesprochen, da der Autor ohne große Umschweife einen ersten Spannungspunkt setzt, indem die Leserschaft mit der Plünderung des Nationalmuseums in Bagdad im Jahre 2003 konfrontiert wird, um sich anschließend im Jahre 2009 wiederzufinden und auf die Hauptakteurin des Buches, die Frankfurter Strafverteidigerin Carla Winter zu treffen.
Diese wird unvermittelt von dem Tode ihres Exmannes, von dem sie sich mental noch nicht ganz gelöst hat, in Kenntnis gesetzt, der unter ungeklärten Umständen in der Türkei bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. Ihr geordnetes Leben gerät weiter aus den Fugen, als sie- noch unter dem Eindruck der Todesnachricht stehend- nicht nur ihre Wohnung verwüstet vorfindet, sondern auch noch die Leiche ihres letzten Liebhabers.
Bereits an dieser Stelle ist klar, dass es sie kein zufälliges Opfer dieser Geschehnisse ist. Doch hängt der Tode ihres eher unberechenbaren, abenteuerlustigen Exmannes- mit den Ereignissen in ihrer Wohnung zusammen?
Carla will sich mit der Situation nicht einfach abfinden, hat aber zunächst keinen Anhaltspunkt, wer und was hinter dem Einbruch in ihrer Wohnung und dem Mord steckt. Dies ändert sich erst, als sie auf der von ihr übernommen Beisetzung des Exmannes auf einen syrischen Weggefährten von diesem trifft, der ihr den Hintergrund erklärt und damit aber auch deutlich macht, dass sich Carla in großer Gefahr befindet. Von nun an nimmt der Krimi weiter Fahrt auf, ein Katz- und Maus Spiel beginnt, welches Carla bis in die Türkei führt, wo sie unter gefährlichen Umständen versucht, der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Weggefährten von ihr bei dieser Jagd gehen ebenfalls ein hohes Risiko ein, wobei sie selbst nicht davor zurückschreckt sich auch der Hilfe eines Clanchefs, den sie früher einmal verteidigt hat, zu bedienen.
Der Autor versteht es, die Abgründe des Kunsthandels und deren politische und gesellschaftliche Verflechtungen in einen spannenden Plot einzubinden, ein hoch interessantes Thema, welches sicherlich nicht übertrieben dargestellt ist.
Hochspannung bis zum Schluss, flotter Schreibstil ohne Längen, wobei eine etwas tiefergehende Schilderung der Persönlichkeit der Hauptakteurin aus meiner Sicht nicht geschadet hätte.
Eine Leseempfehlung für Freunde temporeicher Krimis mit interessantem Hintergrund!

Bewertung vom 11.07.2022
Findelmädchen
Bernstein, Lilly

Findelmädchen


ausgezeichnet

Allein aufgrund des Covers hätte ich das Buch nicht gekauft; abgesehen davon, dass es offenbar nur noch diese Art der Deckblattgestaltung mit Rückenansichten von Personen gib, suggeriert es für mich eher eine heile Welt, von der in dem Buch jedoch wenig zu spüren und zu lesen ist. Die Leseprobe hat mich jedoch neugierig gemacht und ich bin nicht enttäuscht worden.
Das Buch setzt sich mit dem Nachkriegsschicksal einer Familie in Köln auseinander, wobei die einzelnen Familienmitglieder mit dem Folgen des Krieges und den Erlebnissen während der Kriegszeit zu kämpfen haben, die den Aufbruch in eine neue Zeit überschatten. Hauptakteurin des Buches ist die 15- jährige Helga, die im Jahre 1955 gemeinsam mit ihrem Bruder wieder mit dem bis dato vermissten Vater im Nachkriegsköln zusammentrifft und der Versuch unternommen wird, wieder zu einer Familie zusammenzuwachsen. Was positiv beginnt, wird überschattet von unterschiedlichen Erwartungen der Heranwachsenden und des Vaters sowie der unnahbaren Tante. Helga muss ihren Wunsch nach Schulbildung zurückstellen und sich den Berufsvorstellungen des Vaters- geprägt durch das Rollenbild der Frau in den 50er Jahren- beugen. Das Hadern Helgas mit dieser Situation und ihren enttäuschten Hoffnungen wird eindringlich und sehr sensibel von der Autorin geschildert, man hofft, dass Helga einen Ausweg aus dieser prekären Lage findet. Während eines Praktikums in einem Waisenhaus wird sie zudem mit den dortigen Missständen und zugleich mit ihrer eigenen Machtlosigkeit konfrontiert. Mit eiserner Willenskraft versucht sie, ihre Vorstellungen vom Leben umzusetzen, wobei die Moralvorstellungen der damaligen Zeit und die Schatten der Vergangenheit ihr zusätzliche Steine in den Weg legen. Die Autorin hat nicht nur Helga als Hauptfigur, sondern auch die Nebenfiguren äußerst überzeugend und feinfühlig beschrieben, so dass der gesamte Handlungsverlauf stimmig und überzeugend ist, wobei das Ende des Buches auch hätte anders gestaltet werden können, aber das mag jede(r) Leser:in für sich selbst beurteilen. Da auch die detaillierte Schilderung der wirtschaftlichen Aufbruchstimmung im Nachkriegsdeutschland wesentlich zur Authentizität des Romans beiträgt, kann man sich dem Sog des Buches nur schwer entziehen-jedenfalls mir ging es so! Ein trauriger und zugleich schöner Roman, mit der Botschaft, die Hoffnung niemals aufzugeben!