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Benutzername: 
Lu
Wohnort: 
Hamburg

Bewertungen

Insgesamt 215 Bewertungen
Bewertung vom 10.03.2025
In ihrem Haus
van der Wouden, Yael

In ihrem Haus


sehr gut

„In ihrem Haus“ von Yael van der Wouden ist ein Roman, der sich zwar langsam entfaltet, aber dabei für mich schnell eine Sogwirkung entwickelt hat. Anfangs begleiten wir die verschlossene Isabel in ihrem stillen, geordneten Leben, das von klaren Routinen geprägt ist. Nach dem Tod ihrer Mutter lebt sie allein im Haus der Familie und trifft sich nur ab und zu mit ihren beiden Brüdern. Als ihr älterer Bruder seine aktuelle Freundin Eva im Haus einquartiert, wird Isabels bisheriges Leben infrage gestellt.

Was mir besonders gefallen hat, ist die dichte, sinnliche Sprache, die die sommerliche Schwere und unterschwellige Spannung zwischen Eva und Isabel greifbar macht. Man spürt in jeder Szene, dass etwas Bedrohliches in der Luft liegt, auch wenn es lange nicht greifbar ist. Die langsame Annäherung zwischen Isabel und Eva hat sich für mich im Mittelteil des Romans allerdings etwas gezogen. Doch dann kommt eine überraschende Wendung, die ich wirklich nur kurz vorher vorhergesehen hatte – ab diesem Moment konnte ich das Buch wieder kaum noch weglegen.

Thematisch geht es um Begehren, Schuld, Verdrängung und gesellschaftliche Zwänge – auch atmosphärisch liegen diese Themen immer in der Luft, auch wenn nicht offen über sie gesprochen wird. Für mich war der Roman eine lohnende, fesselnde Lektüre mit einem starken Ende, aus dem ich viel mitgenommen habe.

Bewertung vom 09.03.2025
The Modern Taste of Ayurveda
Nowoczin, Kristina

The Modern Taste of Ayurveda


sehr gut

„The Modern Taste of Ayurveda“ verspricht eine einfache, alltagstaugliche Umsetzung der ayurvedischen Küche mit einem saisonalen Ansatz – und tatsächlich gelingt das in vielen Rezepten sehr gut. Besonders das Bratapfelporridge hat mich mit seinen ungewöhnlichen, wärmenden Gewürzen absolut überzeugt, und auch das frühlingshafte Risotto mit Radieschen war überraschend lecker.



Allerdings gibt es auch einige Einschränkungen bei meiner Empfehlung: Manche Zutaten sind schwer zu bekommen, vor allem wenn man keinen gut sortierten Bio- oder Asialaden in der Nähe hat. Außerdem waren die Suppen, die ich bisher ausprobiert habe, für meinen Geschmack etwas zu fade, das hatte ich nicht erwartet.



Was mir jedoch insgesamt gefällt, ist die moderne Interpretation von Ayurveda – ohne dogmatische Regeln, sondern mit einer entspannten, genussvollen Herangehensweise. Den Ansatz, z.B. lieber warm zu frühstücken, werde ich auf jeden Fall weiter verfolgen. Wer Lust hat, sich an ayurvedischer Ernährung zu versuchen, aber nicht gleich seinen kompletten Lebensstil umstellen möchte, findet hier auf jeden Fall gute Inspirationen!

Bewertung vom 09.03.2025
Greta & Valdin
Reilly, Rebecca K

Greta & Valdin


ausgezeichnet

Greta & Valdin ist ein echter Wohlfühlroman – intelligent, witzig und voller skurriler, aber liebenswerter Charaktere. Tatsächlich geht es nicht nur um Greta und Valdin, sondern auch um ihre kosmopolitische, liebevoll-verrückte Patchwork-Familie, die zwar erst unübersichtlich war, mir dann aber ans Herz gewachsen ist.

Der Roman wird aus Sicht der titelgebenden Geschwister erzählt: Valdin hängt immer noch an seinem Ex-Freund Xabi, der nach Argentinien gezogen ist. Greta ist unglücklich in ihre Kollegin Holly verliebt, die nicht mal ihren Nachnamen Vladisavljević richtig aussprechen kann. Zu ihrer maori-russisch-katalanischen Familie haben die Geschwister sehr engen Kontakt. Beide stolpern durch ihr Leben, in dem Karrierefragen, Dating-Dramen und familiäre Exzentrik untrennbar miteinander verwoben sind.

Besonders mochte ich an der Erzählweise die unvermittelten, verblüffende Pointen zwischendurch - kann man nicht beschreiben, muss man lesen! Greta & Valdin ist aber nicht nur eine charmante Komödie – zwischen den Zeilen steckt auch eine tiefere Auseinandersetzung mit Themen wie Identität, Zugehörigkeit und Selbstwertgefühl. Es geht darum, was wir uns selbst wert sind, ob wir die Liebe verdienen, die wir uns wünschen, und wie Familie uns gleichzeitig herausfordert und auffängt. Kurz gesagt: ein kluger, witziger und warmherziger Roman!

Bewertung vom 09.03.2025
Die Fletchers von Long Island
Brodesser-Akner, Taffy

Die Fletchers von Long Island


ausgezeichnet

Die Fletchers von Long Island ist eine dieser Geschichten, die einen von der ersten Seite an packen – mit scharfem Humor, einer düsteren Grundstimmung und einer komplexen, über Jahrzehnte reichenden Familiengeschichte der jüdisch-amerikanischen Fletchers von Long Island.

Carl Fletchers Entführung 1980 ist das Ereignis, das seine Familie auf lange Sicht prägt . Vierzig Jahre später bricht all das rund um die Beerdigung von Carls Mutter wieder auf: Die Brüder Nathan und Beamer sind beide auf ihre Art abgestürzt und die Frage, was nach dem Tod der Familienmatriarchin geschieht, steht drohend im Raum.

Mich hat der Roman völlig in seinen Bann gezogen. Ich habe ihn atemlos gelesen, oft mit einer Mischung aus Entsetzen und Faszination – denn das Schicksal der Fletchers zu verfolgen, fühlt sich manchmal an wie das Beobachten eines Autounfalls in Zeitlupe: Man kann nicht nicht hinschauen, fühlt sich dabei aber voyeuristisch. Vor allem Beamers Absturz ist so unterhaltsam geschrieben, dass ich mich zwischendurch selbst hinterfragen musste: Darf ich das gerade wirklich so lustig finden? Der Humor ist bitterböse, aber genau deshalb so effektiv. Neben dem Humor hat mich auch die kluge Art beeindruckt, mit der der Roman über jüdische Identität und alltäglichen Antisemitismus schreibt. Besonders Nathans Begegnung mit seinem neuen Vorgesetzten, der ihm aus dem Nichts vorwirft, „mit dem Holocaust anzufangen“, hat mich wütend gemacht. Gleichzeitig gibt es Figuren wie Beamer, die auch dem mit bissigem Humor begegnen.

Im letzten Viertel verliert die Geschichte ein wenig an Tempo, aber das hat mich nicht so sehr gestört – es passt zur Art, wie sich die Konflikte in dieser Familie langsam, aber unausweichlich zuspitzen. Am Ende bleibt die Frage: Was haben die Traumata der Vergangenheit aus Familie Fletcher gemacht? Ein fesselnder, düster-witziger und brillant geschriebener Roman!

Bewertung vom 03.03.2025
No Hard Feelings
Novak, Genevieve

No Hard Feelings


gut

No Hard Feelings erzählt von Penny, die sich in einer Mischung aus Selbstzweifeln, On-Off-Beziehung und beruflicher Stagnation gefangen fühlt. Sie will ihr Leben in den Griff bekommen – doch statt konsequenter Veränderungen verliert sie sich zwischen Instagram-Scrollen, durchzechten Nächten und verzweifelten Versuchen, Max endlich für sich zu gewinnen.

Der Roman liest sich unglaublich leicht und flüssig. Penny ist eine nahbare, realistische Protagonistin, mit der sich viele Leser:innen sicherlich identifizieren können. Ihr innerer Monolog ist oft witzig und trifft den Nerv der modernen Quarter-Life-Crisis: der Druck, alles im Griff zu haben, während man sich eigentlich ständig überfordert fühlt. Das hat mir wirklich richtig gut gefallen.

Was mich jedoch nach und nach irgendwie gestört hat, ist der Umgang mit Alkohol im Roman. Penny trinkt durchgehend – nach der Arbeit, aus Frust, zur Entspannung, mit Freunden, allein. Es ist offensichtlich, dass sie ein ungesundes Trinkverhalten hat, das viele ihrer Freunde auch haben, doch der Roman hinterfragt das nie wirklich. Dadurch entsteht eine Normalisierung, die aus meiner Sicht problematisch ist. Auch das Ende des Romans konnte mich nicht überzeugen: Es wirkte zu glatt, zu klischeehaft, das wurde dem Prozess der Selbstfindung, den Penny durchgemacht hatte, aus meiner Sicht nicht gerecht.

Trotzdem ist No Hard Feelings ein unterhaltsamer Roman mit scharfem Blick auf die Ängste und Unsicherheiten junger Erwachsener – aber mit einem Nachgeschmack, der mich nicht ganz loslässt.

Bewertung vom 26.02.2025
Die erste halbe Stunde im Paradies
Adomeit, Janine

Die erste halbe Stunde im Paradies


ausgezeichnet

Janine Adomeit erzählt in „Die erste halbe Stunde im Paradies“ von Kai und Anne, die als Kinder zu früh erwachsen werden mussten. Die Geschwister wuchsen mit ihrer chronisch kranken, alleinerziehenden Mutter auf – und hatten bald mehr und mehr die Rolle der Pflegenden, halten jedoch fest zusammen. Als Erwachsene haben sie sich längst aus den Augen verloren. Doch als Kai sich nach Jahren wieder meldet, muss Anne sich nicht nur ihm, sondern auch ihrer eigenen Vergangenheit stellen. Sie arbeitet für einen Pharmakonzern, doch ihr zunehmendes Interesse an Opioiden und insbesondere Fentanyl ist mehr als nur berufliche Neugier.

Besonders beeindruckt hat mich, wie der Roman Fragen wie familiäre Verantwortung, die Rolle von Verwandten als Pflegenden und verdrängte Wut mit einer beeindruckenden Klarheit verhandelt. Die Pflegeproblematik wird ungeschönt gezeigt: der immense Druck, die mangelnde Unterstützung, die still ertragenen Opfer. Dennoch wird auch die tiefe Verbundenheit zwischen den Geschwistern gezeigt. Diese realistischen, schmerzhaften Beschreibungen haben mich sehr beschäftigt. Die Einblicke in Annes Arbeit als Pharmareferentin, durch die man die Gelegenheiten bekommt, hinter die Kulissen hinter der Schmerzmittelindustrie zu schauen, fand ich unglaublich spannend. Ich hatte zur Opioidkrise in den USA bereits Dokus und Serien gesehen, aber der Roman zeigt eindrücklich, dass auch Deutschland nicht davor gefeit ist.

Adomeits Stil ist nüchtern, aber genau dadurch so eindringlich – die Emotionen entstehen zwischen den Zeilen. Ich habe den Roman fast an einem Stück gelesen, weil er mich so gefesselt hat. Diejenigen, die nun befürchten, dass es in dem Roman nur um düstere Themen geht, kann ich beruhigen: Es gibt auch in schwierigen Zeiten noch einen Funken Hoffnung auf Zusammenhalt und Verbundenheit.

Bewertung vom 22.02.2025
Nimms nicht persönlich
Hofland, Tom

Nimms nicht persönlich


gut

Tom Hofland liefert mit Nimms nicht persönlich eine absurde Satire auf die Kälte der modernen Arbeitswelt – absurd im besten Sinne! Die Hauptfigur Lute steckt als Qualitätsmanager eines Pharmakonzerns in der Bredouille: Er soll alle Mitarbeitenden seiner eigenen Abteilung entlassen. Im Gegenzug dürfe er seinen Job behalten. Lute trifft auf den zwielichtigen Lombard und seine Gehilfen, die Lute dabei unterstützen, die Mitarbeiten loszuwerden - die Arten, wie das geschieht, werden bald immer absurder und skurriler.

Besonders gefallen haben mir die skurrilen Einblicke ins Bürogeschehen – überaus überzeichnet, aber dann doch oft mit einem Bezug zur realen Arbeitswelt. Hofland schafft eine grotesk-komische Atmosphäre, die mich in diesen Szenen gut unterhalten hat, ich mag es aber auch, wenn es in Romanen ein bisschen schräg wird. Allerdings hat sich der Roman gegen Ende für mich dann trotz der wenigen Seiten doch spürbar gezogen, vor allem durch die Ausflüge ins Privatleben von Lute, aber auch weiterer Figuren, die für mich nicht wirklich Mehrwert hatten.

Insgesamt eine kreative Lektüre mit Kapitalismuskritik – leider für mich nicht durchgängig fesselnd.

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Bewertung vom 20.02.2025
Russische Spezialitäten
Kapitelman, Dmitrij

Russische Spezialitäten


ausgezeichnet

Dmitrij Kapitelman erzählt in Russische Spezialitäten von Identität, Heimat und seiner Familie, die zwischen den Fronten steht – geografisch, politisch und emotional. Mit dem russischen Angriff auf die Ukraine zerbricht das fragile Gleichgewicht in seiner jüdisch-ukrainisch-deutsch-moldawischen Familie: Die Mutter glaubt Putins Propaganda, der Sohn verzweifelt daran. Sein Versuch, sie mit der Realität zu konfrontieren, führt ihn mitten in den Krieg nach Kyjiw und mitten hinein in seine innere Zerissenheit.

Kapitelman bleibt seinem unverwechselbaren Stil treu: Scharf beobachtet und pointiert, aber nie zu vereinfachend, gleichzeitig humorvoll und mit Sprache spielend, aber auch tief berührend. Doch während „Eine Formalie in Kiew“ oft noch mit Leichtigkeit spielte und kämpferisch in die Zukunft blickte, ist „Russische Spezialitäten“ ein dunkleres, schmerzhafteres Buch. Es geht um seine Liebe zu Sprache, zu Orten, zu Menschen – und darum, was passiert, wenn diese Liebe auf Hass, der von außen übernommen wird, trifft.

Ein kluges, intensives Buch, das hoffentlich viele Leser:innen findet - denn ich glaube, eigentlich gibt es diese inneren Zerissenheiten in vielen Familien. Eine Empfehlung für alle, die verstehen wollen, was es für eine wahrscheinlich sogar typisch europäische Familie bedeutet, wenn Krieg und Hass nicht nur Länder, sondern auch Familien spaltet.

Bewertung vom 17.02.2025
Zwei vernünftige Erwachsene, die sich mal nackt gesehen haben
Decker, Anika

Zwei vernünftige Erwachsene, die sich mal nackt gesehen haben


gut

Anika Deckers Roman erzählt die Geschichte von Nina, fast 50, geschieden, Mutter von zwei Kindern – und plötzlich in einer Affäre mit dem zwanzig Jahre jüngeren David. Während sie sich fragt, ob das wirklich eine gute Idee ist, kämpft sie in ihrem Job bei einem Medienkonzern mit einem MeToo-Skandal. Der Roman changiert geschickt zwischen humorvollen Alltagsbeobachtungen und ernsten Themen wie strukturellem Sexismus, Mutterschaft und Karriere. Besonders den Blick hinter die Kulissen der Medienbranche fand ich spannend, und die MeToo-Thematik wurde überzeugend eingeflochten. Dabei ist der Roman durchweg unterhaltsam geschrieben – blieb mir aber oft zu sehr an der Oberfläche.

Positiv hervorzuheben sind die scharf beobachteten Frauenfiguren: Ninas Freundschaft mit ihrer Kollegin und Verbündeten Zeynep ist authentisch und herzlich, gemeinsam wollen sie das Patriarchat in ihrem Konzern stürzen. Ninas Beziehung zu ihrer Mutter und ihrer Schwester Lena werden facettenreich und komplex geschildert. Andere Figuren bleiben dabei eher auf der Klischeeebene: Ninas Ex-Mann als skrupelloser Anwalt, seine neue Frau als Influencerin in Yogakleidung, Ninas Neuer David als verletzlicher Schönling und Besitzer einer Hipsterbar. Das ist zwar durchaus auch unterhaltsam, irgendwann war es mir aber zu viel.

Letztlich blieb mir vieles zu glatt. Mich hat die Story damit an typische deutsche Film-Komödien erinnert: unterhaltsam, wichtige Themen im Blick, aber am Ende dann doch eher oberflächlich. Insgesamt ein durchaus witziger und leichter Roman mit feministischen Untertönen, der mich gut unterhalten hat – aber nicht wirklich überrascht oder nachhaltig beeindruckt. Vielleicht ein gutes Einstiegsbuch für Männer? Ich habe den Roman tatsächlich auf Empfehlung von Männern gelesen!

Bewertung vom 15.02.2025
Portrait meiner Mutter mit Geistern
Edel, Rabea

Portrait meiner Mutter mit Geistern


ausgezeichnet

Dieser Roman war für mich ein echtes literarisches Highlight: schillernd, fragmentarisch, voller verdeckter Wahrheiten und mit Schweigen gefüllter Leerstellen. Rabea Edels „Portrait meiner Mutter mit Geistern“ erzählt die Familiengeschichte von Raisa und ihrer Mutter Martha, in der sich Generationen an Traumata und Geheimnissen verdichten. Während Raisa beginnt, Fragen nach ihrer Herkunft zu stellen, öffnen sich Risse in dem jahrzehntelang bewahrten Schweigen.

Von der ersten Seite an hat mich die subtile Spannung des Romans in den Bann gezogen. Edel entfaltet die Erzählung mit akribisch ineinander verwobenen Zeitsprüngen und einer ruhigen, aber eindringlichen Sprache, die Leerstellen bewusst stehen lässt. Die Vergangenheit Marthas, ihrer Mutter und ihrer Großmutter enthüllt sich Stück für Stück, oft nur durch Andeutungen oder sprachliche Bilder – und gerade das macht den Roman so intensiv. Die Verstrickung in die deutsche Nachkriegsgeschichte, die Nachwirkungen von Gewalt und Verlust, all das schwingt in den Dialogen, im Ungesagten und in Raisas vorsichtiger Annäherung an ihre eigene Familiengeschichte mit.

Besonders beeindruckt hat mich, wie Emotionen transportiert werden – sei es in der liebevollen, aber durch das Schweigen auch von Unsicherheit geprägten Beziehung zwischen gRaisa und ihrer Mutter oder in der Verzweiflung über das Schweigen und das Suchen nach der eigenen Sprache, was wie ein unsichtbares Erbe weitergegeben wird. Die Konstruktion des Romans ist dabei ebenso durchdacht wie seine Sprache: präzise, poetisch, aber dennoch ohne überflüssige Schnörkel - jeder literarische Kunstgriff hat eine wichtige Bedeutung für die Familiengeschichte.

„Portrait meiner Mutter mit Geistern“ ist so klug, feinfühlig und mit einer erzählerischen Tiefe, dass ich oft zurückblättern musste, um Absätze nachzulesen und neu einzuordnen. Gerade dieses langsame Lesen passt aber zu den großen Schwierigkeiten, das Schweigen über die Vergangenheit zu brechen und mit der Kraft der Sprache verlorene Geschichten zurückzuerobern. Ich bin mir sicher, dass man den Roman auch mit großem Gewinn noch ein zweites Mal lesen kann, bei mir bleibt er auf jeden Fall im Regal. Absolute Leseempfehlung!