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a.n.
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dd

Bewertungen

Insgesamt 129 Bewertungen
Bewertung vom 26.04.2020
Abenteuer Geschmack!
Vries, Antje de

Abenteuer Geschmack!


ausgezeichnet

Eine kulinarische Reise in die Geschichte und in uns selbst. Hier werden alle Sinne angesprochen. Sehen, Schmecken, Fühlen, Riechen. Entdecken, Kreieren, Experimentieren, Genießen. Das Abenteuer Geschmack in sich selbst erleben. Alles kommt hier von Herzen und geht durch den Kopf. Ein Bilderbuch, ein Kochbuch, in jeder Hinsicht Erlebnis und Inspiration. Alt bekanntes völlig neu entdecken, ohne dabei sonderlichen Aufwand betreiben zu müssen. Es ist die völlig neue Herangehensweise, die Geschmack neu denken und erleben lässt. Abwechslung in bekanntem Terrain. Hier muss man weder Meisterkoch noch Gourmet sein. Vielfalt und Ideenreichtum sind die Triebfedern. Eine Bereicherung für jede Küche. Sehen sie, schmecken sie, erleben sie, genießen sie. Legen sie los. Das persönliche Abenteuer Geschmack kann beginnen! Sie haben dieses einzigartige Werk vor sich. Mehr scheint man nicht zu brauchen.

Bewertung vom 24.11.2019
Wie Frau Krause die DDR erfand
Aehnlich, Kathrin

Wie Frau Krause die DDR erfand


ausgezeichnet

Es war einmal …
… ein Land, das auf seine Weise einzigartig war, gleichsam mit seinen Bewohnern. Dieses Land existiert zwar nicht mehr, doch Frau Krause nimmt uns mit auf eine tragisch-amüsante Zeitreise in dieses Land, die Deutsche Demokratische Republik. Und wir Zeitzeugen reisen mit ihr und somit auch in unsere eigene Vergangenheit. Dabei ist allerdings fraglich, inwieweit sich Leser, die diese Zeit nicht leibhaftig miterlebt haben, sich wirklich in die beschriebenen Gegebenheiten hineinversetzen können. Dreiviertel ist eben nicht gleich viertel vor. Da ändern komischerweise auch die Jahre nichts. Nicht abschütteln wollen, nicht verstehen können treffen aufeinander; eine immer wiederkehrende Dynamik, die zu keinem Ergebnis führt.
Interessante und altbekannte Fakten werden in eine etwas an den Haaren herbeigezogenen Handlung eingebettet. Das ist aber nicht weiter schlimm, behält die Autorin doch stets ihr Anliegen im Blick – Reflexion des Erlebten, ein Einordnen in den eigenen Lebenslauf, der Versuch, ein Lebensgefühl aufleben zu lassen, an dem sich so viele orientiert haben. Jeder wird mit der Lektüre etwas anfangen können. Sie wird die Gemüter in jedem Fall erregen. Keine Wertung, nur purer Alltag und zwischenmenschliche Begebenheiten. Wirtschaft, Politik und System bilden Eckdaten, in deren Koordinaten das ganz normale Leben abspielte. Nostalgie und Nonsens. Warmherzig, unterhaltsam, lehrreich.

Bewertung vom 13.10.2019
Auf Erden sind wir kurz grandios
Vuong, Ocean

Auf Erden sind wir kurz grandios


ausgezeichnet

Die leisten Töne – Ein Paukenschlag

Die beeindruckende Lektüre, in der jedes Wort mit Bedacht gesetzt wurde, geht an Herz und Gemüt des aufgewühlten Lesers. Sie packt einen und löst die unterschiedlichsten Gefühle aus, ganz einem berührenden Konzert in Moll. Der Autor möchte weder Groll noch Miteid auslösen. Er möchte „nur“ ein Schicksal erzählen, entwaffnend offen. Ein Zwiegespräch als Monolog. Die Hauptperson wirkt verletzt und wird dadurch wiederum unverletzbar.
Ein Buch voller Gegensätze, die sich in einem Suchenden vereinen. Der werden, der man ist, der sein, der man sein will. Was ist noch übrig? Einen Sinn finden, seinen Weg gehen, leben. Doch von wo startet man eigentlich? Dem jungen Mann bleibt verwehrt, worauf jeder ein Geburtsrecht hat. Kein guter Beginn und dennoch wird es ausgetragen. Eine Bürde, die endlich keine Last mehr sein soll. Endlich zur Ruhe kommen – ein ständiger Kampf.
Kurz gesagt, Ocean Vuong kann schreiben, dass es einem den Atem nimmt. Tief psychologische Elemente werden poetisch umgesetzt. In solch einem literarischen Erzählstil habe ich seit langem kein Buch mehr gelesen. Leise, beklemmend, realistisch, zart. Wer hat sich nicht schon einmal genau so gefühlt, wie das Reh auf dem Cover?

Bewertung vom 25.08.2019
Verrückt nach Karten

Verrückt nach Karten


ausgezeichnet

Ein wahrer Buch-Diamant
Jeder kennt Atlanten, einzelne Landkarten, opulente Abenteuer-Romane, sensationelle Entdeckungen und eindrucksvolle Malereien. Dieses phantastische Buch hier verbindet all diese Facetten aus Wissenschaft, Literatur und Kunst in atemberaubender und die Sinne betörenden Weise. Man taucht mit dem Autor in Welten ein, die das eigene Vorstellungsvermögen schon auf den ersten Seiten sprengen.
Berichte, Geschichten, Sagen, Mythen, Nachforschungen, Literatur-Klassiker von verschiedenen Autoren, Reisenden, Philosophen und anderen umtriebigen Persönlichkeiten vermischen sich mit diversem Kartenmaterial, Weltanschauungen und Erkenntnissen aus den verschiedensten Epochen der Zeitgeschichte. Ein wahrlich immenser Input für den staunenden Leser. Doch erlässt sich mitreißen, er kann gar nicht anders.
Die sich überschlagenden Eindrücke werden immer wieder durch die begleitenden Texte und Erläuterungen gebremst. Dies war zwar bestimmt nicht so gewollt, doch auf mich wirkte es wohltuend wie eine kurze Rückkehr auf den Boden der Tatsachen. Da die Lektüre kein bebilderter Roman sondern eher als historisches Fiktions-Sachbuch zu bezeichnen ist, empfiehlt es sich ohnehin, immer mal eine Pause einzulegen.
Der Herausgeber brennt für geographische Karten, teilt ebenso die Abenteuerlust und Phantasie der zu Wort kommenden Personen. Und er entfacht mit viel Liebe zum Detail auch die Flamme in uns. Der Horizont weitet sich, man wird selbst zum Weltentdecker.
Eine geniale Buch-Idee, ein ergriffenes WOW! als Echo.

Bewertung vom 04.08.2019
Das Kochbuch zum Intervallfasten
Bracht, Petra;Flatt, Mira

Das Kochbuch zum Intervallfasten


gut

Zu viel des Guten, doch keinesfalls umsonst
Mit einer detaillierten Einführung in das Thema Intervallfasten beginnt dieses äußerst interessante Kochbuch, das mithin dadurch zu weit mehr als einem Rezepte-Sammelsurium wird. Doch nicht nur das; auch wer im Vorhinein noch nicht viel über diese Fastenmethode wusste, hier wird genau erklär und aufgeklärt. Ein zweites Buch, was Intervallfasten überhaupt ist, was es bewirkt, wie es eigentlich funktioniert und worauf man dabei unbedingt achten sollte, ist nicht notwendig.
Beim Ausprobieren der Rezepte stellte ich allerdings für mich persönlich fest, dass mir die meisten Mahlzeiten nicht so besonders mundeten und dies lag weniger an meinem Geschick als vielmehr an den Zutaten. Cashew, Hafer, Chia, Kokos, Rote Bete. Gesund ist dies alles auf jeden Fall, doch in der Mischung war mir das ganze doch zu wenig herzhaft und sättigend für ein Intervall-Programm. An sich wären diese Rezepte so eher etwas für eine ganz normale Diät.
Mit Überzeugung und viel Liebe zum Detail gehen die Autorinnen ans Werk. Doch weit und breit kein Fleisch und kaum sonstige normale Zutaten. Da wird es für den willigen Ernährungsumsteiger bestimmt recht schwer, die Woche zu überstehen. Es gibt viel zu besorgen und viel wird er garantiert auch zum ersten Mal essen. Die benötigten Zutaten sind fast durchweg alternativ, darüber hinaus auch nur vegan. Das bedeutet für einen Neuling also Umstellung in vielerlei Hinsicht. Für mich daher leider etwas too much.

Bewertung vom 28.07.2019
Dunkelsommer
Jackson, Stina

Dunkelsommer


ausgezeichnet

Ein gelungener Scandi-Krimi
Die innere Getriebenheit von Lelle, der Hauptfigur, treibt auch gleichermaßen die Handlung gekonnt voran. Nacht für Nacht streift er umher, um seine geliebte Tochter wiederzufinden. Hoffen, bangen, Gedankenfetzen an die gemeinsame Zeit. Nach dem mysteriösen Verschwinden sind nur Leid und Unruhe zurück geblieben.
Der Schreibstil – persönlich, mitunter tief in der menschlichen Seele schürfend, hält den Leser stets auf der Höhe des Geschehens. Und so durchlebt er auch gemeinsam mit Lelle manch seelische Abgründe und gefährlich anmutende Situationen. Er kann nicht anders. Er wird so lange weiter machen, bis er seine Tochter wieder gefunden hat. Man bekommt eine wirkliche Ahnung davon, wie sich das anfühlen muss und durch die Realitätsnähe vor allem, dass es sich um mehr handeln könnte, als nur einen Krimi. Spannend und ergreifend zugleich.
Ein zweiter Handlungsstrang umschlingt die Haupthandlung und verfließt allmählich mit ihr. Meja, aus schwierigen familiären Verhältnissen stammend, verschwindet ebenfalls auf unerklärliche Weise. Lelle kannte das Mädchen aus der Schule und so lässt ihn auch ihr ungewisses Schicksal nicht kalt. Beim Heranführen des Lesers an diese zusätzlich einsetzende Handlung konnte die Autorin den Spannungsbogen nicht immer aufrecht halten.
Nur von außen her betrachtet, passiert bewegungstechnisch daher nicht so viel, wie man vom Klappentext her vielleicht erwarten mag. Die „Action“ spielt sich vielmehr im Inneren der Handelnden ab. Vermeintliche Schuld, Gewissensbisse, Ohnmacht und Ungewissheit sind starke Triebfedern, die einen Menschen zu Unvorhersehbarem bringen können. Die Tragik des ganzen ist ebenso präsent wie Schnee, Kälte und die tiefen Wälder Schwedens. Düster und beklemmend. Ein Krimi, weniger Thriller, der unter die Haut geht.

Bewertung vom 30.06.2019
All das zu verlieren
Slimani, Leïla

All das zu verlieren


ausgezeichnet

Was fehlt?
Alles besitzen und dennoch schmerzenden bohrenden Mangel empfinden. Sucht die Lektüre nach Verständnis für ihr Handeln? Kann das auch einem selbst passieren? Eine Außensuche, deren Auflösung doch tief im eigenen Innern liegt. Die Autorin hat sich viel vorgenommen. Der Leser erwartet einen innere Kampf, der Reflexion einer nicht mehr normal wirkenden Handlungsweise. Ein Drang, ein Zwang, der zumindest dem Leser eindeutig vor Augen führt, dass dies nicht gut enden wird, dass Handlungsbedarf besteht.
Aléle ist eine zerrissene Frau, die einem trotz allem vorerst sympathisch ist. Und man hat zumindest insofern Verständnis für ihr inneres Ringen, da ja bekanntlich niemand von ähnlichen Zwiespälten gefeit zu sein scheint. Das macht Aléles Geschichte auch so packend und realistisch. Angeheizt vom Geschehen, schwingen beim Lesen schwingen stets die eigenen Erfahrungen, Vorsätze und gängige Moralvorstellungen mit. Eine Dramatik, die sich im Laufe des Romans noch steigern wird. Eine Getriebene, die das emotionale Karussell nicht aufhalten kann.
Der Leser dreht sich eine Weile wohlwollend mit. Doch dann kommt allmählich der Punkt, wo er abspringt und ihrem Sich-im-Kreis-drehen nur noch hilf- und verständnislos zusieht. Die Sympathie weicht, das Verständnis schwindet. Sie hat zwar viel Sex, tut aber rein gar nichts für sich. Ihre Gedanken gehen nicht weit genug. Sie beschäftigt sich zwar intensiv mit diversen Dingen, ja, auch viel mit sich selbst, doch setzt sie sich nie wirklich mit sich selbst auseinander. Und so bleibt auch die Handlung ziemlich bodenständig. Wie auch sonst, wenn sich unsere Antiheldin nicht über sich selbst erhebt sondern sich nur treiben lässt. Das enttäuscht aber weit weniger, als dass es doch ein literarischer Genuss ist, Bücher von Leila Slimani zu lesen.

Bewertung vom 24.06.2019
Bell und Harry
Gardam, Jane

Bell und Harry


ausgezeichnet

Die Zeit, die so wichtig ist
Eine Kindheit, die man sich vielleicht selbst gewünscht hätte. Die Jungen Bell und Harry machen das beste daraus, unterstützt von ihren Familien. Eine tiefe Freundschaft beginnt, sie wächst und hält vielleicht bin ins Erwachsenenalter an. Heranreifen, gemeinsam erleben, sich verstehen. Und das, obwohl sie aus ganz verschiedenen Sphären aufeinander getroffen sind. Eine Wonne, dies zu lesen. Harmonie, Ruhe, Einigkeit. Keine Action und dennoch so ereignisreich und eindrucksvoll. Bewegung ist auch im Inneren der Hauptpersonen. Ein zielgerichteter warmer Sommerwind, der den Leser trägt und erfrischt. Eine Inspiration. Einfach Kind sein dürfen, die Freiheit erleben; aber mit Sinn und Verstand. Sich selbst erinnern, seinen eigenen Kindern Möglichkeiten geben jenseits von Handyspielen und der neuesten Mode. Schmunzeln, denken, schwelgen, mitfiebern – alles ist erlaubt und sehr willkommen. Aufmerksames Lesen erleichtert das Hineinkommen in die Handlung und der etappenhaften Erzählweise.
Für den einen werden diese empfundene Langsamkeit im Erzählen und Erleben, die sich wiederholenden Sommerabenteuer vielleicht langweilig vorkommen. Doch vielleicht ist genau dies ein Ritual als Voraussetzung für Beständigkeit; eben die Zeit, die wichtig ist und die sich heute kaum mehr jemand nimmt oder einem gestattet wird. Plätschernd, mit wohl platzierten Untiefen. Ein wenig aus dem Hier und Heute gefallen scheint die Geschichte der Jungen tatsächlich. Doch gerade das macht dieses Buch lesenswert. Das Bild von einer schönen heilen Welt wird gezeichnet. Nicht Weltfremdheit gleichzusetzen. Es bringt ein gedankliches Idyll zum Vorschein. Rückblicke, Vergangenheit, die Gegenwart beeinflusst. Und die große Frage, ob diese Freundschaft auch wirklich halten wird, egal, was noch kommt, sorgt dafür, dass man das Buch einfach bis zu Ende lesen muss. Vorhersehbar ist dies nämlich nicht.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.06.2019
Die Macht der Affäre
Perel, Esther

Die Macht der Affäre


sehr gut

Die Affäre als Symptom
Die hochinteressante Lektüre schwankt abwechselnd zwischen Erfahrungen, wissenschaftlichen Forschungsergebnissen, philosophischen und vor allem tiefenpsychologischen Aspekten. So facettenreich der Mensch, so unterschiedlich sind auch Motivation, Grund und Handlung. Dieses Thema geht jeden an, denn den Gedanken an das Fremdgehen hat sicher schon fast jeder entweder unterschwellig in sich getragen oder hat diesem inneren Drang schon einmal nachgegeben. Und genau hier setzt dieses Buch an. Es folgt eine ausführliche Auseinandersetzung mit diesen Gedanken. Die Autorin versucht, dem wirklichen „Warum“ auf den Grund zu gehen. Abenteuer, Kompensation, Davonlaufen? Was sind die Auslöser, was die Resultate?
Wer dieses Buch gelesen hat, kann sich nicht mehr ganz so einfach darauf berufen, dass „es einfach so passiert ist“. Ob allerdings dadurch im Nachhinein wirklich ein anderer persönlicher Umgang mit dem Betrügen oder Betrogen werden einsetzt, ist kaum wahrscheinlich. Es wird weh tun, es wird verunsichern, es wird nichts besser machen. Ich persönlich sehe das Buch daher eine wichtige und daher lesenswerte Erörterung des hoch emotionalen Themas Affäre – und zwar DAVOR! Damit es hinterher nicht zu spät ist.