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chuckipop
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Bünde

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Insgesamt 268 Bewertungen
Bewertung vom 24.10.2023
Vom Mond aus betrachtet, spielt das alles keine Rolle
Freytag, Anne

Vom Mond aus betrachtet, spielt das alles keine Rolle


ausgezeichnet

Einfühlsam, direkt auf den Punkt gebracht, voller Leben und absolut authentisch!

"Vom Mond aus betrachtet, spielt das alles keine Rolle" von Anne Freytag ist als gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag beim ONE Verlag erschienen und umfasst 432 Seiten.
Die Gestaltung im Innern des Buches ist klasse mit superschönen Illustrationen und auch ein Lesebändchen gehört zur hochwertigen Ausstattung :)

Die Handlung des Plots spielt sich mitten während des Corona-Lockdowns in der Weihnachtszeit im Zuhause von Sally, Mutter Marianne und den Geschwistern Henry, Charly und Franny ab. Von außen kommen nur Sallys Freund Felix und Charlys Freundin dazu sowie Leni, die für Marianne arbeitet und bei der Familie einzieht.
Sally ist mittendrin im Erwachsenwerden, in der Selbstfindung. Da sie ein ungeplantes Baby war und ihre Mutter sich auch mehrfach recht unsensibel zur Namensfindung ihrer Kinder etc. geäußert hat, fühlt Sally sich unerwünscht und ungeliebt. So versucht sie sich ständig anzupassen, um gemocht zu werden, und verliert sich dabei immer mehr selbst aus den Augen. Auch ihr Freund Felix, der kürzlich Schluß gemacht hatte und sie nun wieder besucht, ist nicht eben der charmanteste Typ und so ist Sally noch mehr verunsichert. Außerdem ist ihre beste Freundin Pia weggezogen und das Bad, in dem sich ihre heißgeliebte Badwanne befindet, in der sie zu sich selbst finden kann, ist ständig stark umkämpft.
Nur die Beziehung zu ihrem Wellensittich Pete ist vorbehaltlos und die beiden lieben sich sehr.
Und dann kommt Leni ins Haus. Leni, von der Marianne immer so bewundernd spricht, die alles zu können und toll zu machen scheint und die Sally deswegen hassen möchte. Doch dann kommt alles so ganz anders...!!

Ich finde dieses Buch absolut grandios- obwohl ich normalerweise überhaupt nicht auf Liebesgeschichten stehe - aber da ich bereits andere Bücher von Anne Freytag kannte, wollte ich dieses (glücklicherweise) auch unbedingt lesen...

Ich finde es total genial, wie Anne Freytag ihre Leserinnen und Leser scheinbar mühelos mittendrin sein lässt, nicht nur im Geschehen, sondern auch in Sallys (und teilweise Lenis) Kopf, ihrer Gefühls- und Gedankenwelt. Man kann sich super hineinversetzen und ihre inneren Konflikte nachvollziehen.

Jeder Satz von Anne Freytag ist eine kleine Kostbarkeit, und zwischen den Zeilen findet sich noch so viel mehr... Der Schreibstil ist einfach dermaßen feinsinnig, intim , offen, poetisch und besonders .

Sally reflektiert permanent und sucht nach Antworten - die sie aber nicht finden kann, weil sie die Fragen nicht laut stellt. Und Leni geht es nicht anders, obwohl sie einige Jahr älter und erfahrener ist.

Dass es enorm zu einem zufriedenen Lebensgefühl beiträgt, sich selbst finden und zu lernen, sich selbst wichtig zu nehmen, das vermittelt die Autorin auf wundervolle Weise.

Im Grunde passiert handlungsmäßig gar nicht sooo viel, aber im Innern der Protagonisten spielt sich wahnsinnig viel ab.
Und tatsächlich bin ich während des Lesens mehrfach zu eben der Erkenntnis gelangt, die der Titel des Buches aussagt. Vor allem spielt es vom Mond aus betrachtet eigentlich gar keine Rolle, ob eine Liebesbeziehung hetero-, homo-, transsexuell oder sonstwie geartet ist, Hauptsache sie ist ehrlich und die Gefühle sind echt.

Auch das Ende, überschrieben mit Futur II, finde ich total genial gemacht. Man erfährt, wie es mit jedem einzelnen der Charaktere weitergeht und das aus deren eigener Sicht. Aber lest es einfach selbst, ich möchte keinesfalls spoilern.

Ein wundervoller Roman - für mich persönlich eine tolle Entdeckung und ein Jahreshighlight !

Bewertung vom 09.10.2023
Kajzer
Kaiser, Menachem

Kajzer


sehr gut

Hochinteressant, aber bisweilen etwas sperrig...!

"Kajzer" von Menachem Kaiser ist als Hardcover mit Schutzumschlag beim Zsolnay Verlag erschienen und umfasst 336 Seiten.

Der Autor berichtet hier über die Suche nach seinen Wurzeln - die ihn nie groß interessiert hatten, bevor er eines Tages (aus anderen Gründen) nach Polen gereist war.
In erster Linie geht es ihm dabei um die Gerechtigkeit bezüglich des Wohneigentums, das seinem Großvater, den er nicht mehr kennengelernt hat, verwehrt blieb. Bei seiner Recherche stößt Kaiser auf die Spuren eines weiteren Verwandten und schwenkt dabei recht ausführlich auf die "Schatzsucher" ab, was zwar interessant ist, dennoch stark vom roten Faden der Suche abschweift.

Auch die Klassifizierung des Buches bzw. Zuordnung zu einem Genre ist ausgesprochen schwierig, es ist in meinen Augen weder das betitelte Sachbuch noch ein Roman und ebenfalls keine Biografie.

Bisweilen zog sich die Lektüre etwas in die Länge, das Thema ist zudem selbstverständlich keine leichte Kost und somit ist konzentriertes Lesen erforderlich.

Dennoch hat Kaisers Schreibstil mich angesprochen, seine Familiengeschichte konnte mich berühren und auch der immer wieder durchklingende Humor gefiel mir sehr.

Bewertung vom 04.10.2023
Als wir an Wunder glaubten
Bürster, Helga

Als wir an Wunder glaubten


ausgezeichnet

Beklemmende Nachkriegsjahre in düsterem Moordorf - authentisch und überzeugend!

"Als wir an Wunder glaubten" von Helga Bürster ist als gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag beim Insel Verlag erschienen und umfasst 285 Seiten.

Das Dorfleben in Unnenmoor, einem ostfriesischen Dorf, ist in den Nachkriegsjahren Ende der 1940er Jahre geprägt von düsterer Resignation und Verlorenheit, die Menschen sind noch wie betäubt, die Männer teilweise noch nicht heimgekehrt.
Aber auch ganz alter, tief verwurzelter Aberglaube spielt eine große Rolle, und dieser sorgt permanent für eine unterschwellige Gänsehaut und macht den Roman ausgesprochen authentisch.

Die Schicksale der Menschen werden der Leserschaft ganz nahe gebracht und ein wenig konnte ich ihren Drang, die auftauchenden Wunderheiler aufzusuchen und an Teufel, Hexen und allerlei andere normalerweise eher dem Mittelalter zugeschriebene Gestalten zu glauben, sogar verstehen.

Die bevorstehende Trockenlegung des Moors hingegen steht für Fortschritt und Hoffnung - bleibt zu hoffen, dass das nicht für einige Dorfbewohner zu spät kommt...

Die Charaktere fand ich überzeugend und realistisch, besonders Bettys Bedrängnis wird beklemmend realitätsnah herübergebracht.

Sowohl der Schreibstil als auch der Fortgang der Handlung sind eher gemächlich, es ist das, was darunter brodelt und schwelt, und zwar in jeder Zeile, was dieses Buch ausmacht.

Ein ungemein lesenswerter Nachkriegsroman, der in die ganz andere Richtung geht als die zumeist üblichen Wirtschaftswunder-Erzählungen...

Bewertung vom 02.10.2023
Die Suche nach dem Route 66 Killer
Piskulla, Christian

Die Suche nach dem Route 66 Killer


ausgezeichnet

Ein skrupelloser Serienkiller auf der Route 66 - atemlose Spannung und eine authentische Atmosphäre garantiert!

Hochspannung, Gänsehaut, Authentizität - erneut ein großartiger Thriller aus der Feder von Christian Piskulla!

"Die Suche nach dem Route 66 Killer" von Christian Piskulla ist als Taschenbuch bei Cleverprinting erschienen und bietet 488 Seiten packendes Lesevergnügen!

Es handelt sich hier um die Fortsetzung des "Pacific Crest Trail Killer", kann aber dank einer kurzen Zusammenfassung zu Beginn des Buches eigenständig gelesen werden. Ich persönlich empfehle jedoch unbedingt, den ersten Teil zuvor zu lesen, denn er ist ebenfalls megalohnenswert!

Hochwertig ausgestattet mit schick bedruckten Innendeckeln liegt das Buch wunderbar schwer in der Hand und zusätzlich gibt es eine übersichtliche Karte, die man sich auf der Webseite zum Thriller herunterladen und somit der Route 66 und den wichtigsten Schauplätzen des Plots hautnah folgen kann!

Adam Newton, der mit seiner alten Indian auf der Route 66 unterwegs war, ist spurlos verschwunden. Mark und Rebecca, die viele schon aus dem PCTK kennen, werden gebeten, Adam aufzuspüren und beginnen, getarnt als einfache Biker, zu ermitteln. Ihnen zur Seite steht Steve Cortez, ehemaliger Leiter der Mordkommission bei FBI Los Angeles, der die sozialen Netzwerke nach Spuren durchforstet. Bald findet Cortez Hinweise darauf, dass es weitere Vermisste gibt und ein skrupelloser Serienkiller am Werk ist...!

Christian Piskulla, der hier seinen dritten Thriller abliefert, versteht es meisterhaft, seine Leserschaft von der ersten Seite an zu fesseln und eine Gänsehaut nach der anderen zu erzeugen. Die schnellen Wechsel von Personen, Szenerien und Schauplätzen sorgen für ständige kleine Cliffhanger, der Schreibstil ist unglaublich detailliert und unverblümt und vor Allem merkt man ganz deutlich, dass der Autor die Route 66 selbst bereist und gründlich kennengelernt hat, wodurch eine ausgesprochen authentische und bisweilen ziemlich düstere Atmosphäre entsteht. Ich konnte beim Lesen die Lost Places, heruntergekommenen Gebäude und staubigen Strassenabschnitte deutlich vor meinem inneren Auge sehen und mich von der seit etwas mehr als 45 Jahren im Schatten der Interstate 40 dahinvegetierenden historischen Route 66 faszinieren lassen.

Der Plot ist mitreißend, schlüssig und clever durchdacht, dadurch nervenaufreibend ohne Ende. Der Spannungsbogen, der von Anfang an hoch ist, wird kontinuierlich gesteigert und die Lektüre ist wendungsreich und voller (böser) Überraschungen.

Die Charaktere sind ebenfalls mit viel Gefühl bis ins Kleinste ausgearbeitet und überzeugen auf ganzer Linie. Ich habe permanent mit Stetson, Rebecca und Cortez auf ihrer Jagd nach dem Killer mitgefiebert und bei den teilweise üblen, skurrilen sonstigen Charakteren gruselte es mich bisweilen zutiefst.

Ein authentischer, nervenzerfetzender Thriller nicht nur für Biker und USA-Fans, sondern für alle, die perfide Spannung, knackige Kapitel, wendungsreiche Action und einen schlüssigen, gut durchdachten Kriminalfall lieben! Unbedingt empfehlenswert!

Bewertung vom 18.09.2023
Ich, Sperling
Hynes, James

Ich, Sperling


ausgezeichnet

Die Lebensgeschichte eines Waisenjungen im Hurenhaus - schonungslos, hart, bewegend!

"Ich, Sperling" von James Haynes ist als gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag bei dtv erschienen und bietet auf 592 Seiten die bestens recherchierte und schonungslos offen erzählte Geschichte eines namenlosen Jungen im Römischen Reich.

Der Protagonist erzählt im hohen Alter aus seinen Erinnerungen seine Lebensgeschichte, die in der Küche eines Hurenhauses als kleiner versklavter Junge beginnt. In einem Hurenhaus in Carthago Nova wächst der Junge auf und sammelt seine ersten Lebenserfahrungen zunächst in der Küche des Bordells, dann im Garten und später in der oberen Etage, wo die Huren arbeiten.
Es ist zugleich sehr spannend und unterhaltsam, aber auch bedrückend und erschreckend mitzuerleben, wie sich nach und nach der Horizont des Jungen erweitert und was ihm alles im Laufe der Zeit widerfährt.

James Hynes hat eine besondere Art, mit seinem schonungslos offenen und ungeschönten, oftmals brutal anmutenden Schreibstil das Leben des Jungen zu beschreiben, das hart und erbarmungslos abläuft, allerdings ebenso positiven Zusammenhalt und die Liebe seiner Ziehmütter im Repertoire hat.

Bestens recherchiert und ausgesprochen bildhaft geschrieben ist dieser historische Roman mit dem wunderschönen, farbenfrohen Cover, so daß eine sehr authentische anmutende Atmosphäre des 4. Jahrhundert n. Chr. entsteht, die häufig unbequem und schockierend ist, mich aber so in ihren Bann gezogen hat, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte.

Dass Pusus Sperling genannt wird und er sich selbst immer wieder damit aufmuntert, dass er zumindest in Gedanken stets davonfliegen kann, um unangenehmen und brutalen Situationen zu entfliehen, hat ihn deutlich geprägt und mich sehr beeindruckt, denn er bewahrt sich zeitlebens seine positive Grundeinstellung, der alle Härten des Lebens und alle schlechten Erfahrungen nicht wirklich etwas anhaben konnten.

Bewegend, schonungslos und unbedingt lesenswert!

Bewertung vom 14.09.2023
Eine zweite Chance
Schaumlöffel, Anette

Eine zweite Chance


ausgezeichnet

Sci-Fi vom Feinsten - ein perfekt durchdachtes "Wird es gelingen?" - Szenario!

"Eine zweite Chance" von Anette Schaumlöffel ist ein raffinierter, clever durchdachter Zukunftsroman, der unterschiedliche Zeitschienen abbildet und seine Leserschaft vortrefflich und anspruchsvoll unterhält.

2 Raumschiffe, die in der Zukunft eine nicht mehr bewohnbare Erde mit ungewissem Ausgang verlassen. Zwei Besatzungen, die eine unendliche Vielfalt an Menschen zu bieten haben. Diverse KI´s, Zeitreisen, vielfältige Charaktere und nicht zuletzt der unterhaltsame, detailreiche und humorvolle Schreibstil machen diesen Roman zu etwas ganz Besonderem.

Beeindruckend mitzuverfolgen, welche spannenden und intelligenten Ansätze die Autorin hier sorgfältig bis ins Kleinste ausgearbeitet hat, um ihre Protagonisten durch Zeitreisen die Klimakatastrophe verhindern, den Fortgang der Welt ändern und diese durch besonneneres menschliches Handeln fortbestehen zu lassen - wird das den Besatzungen der beiden so verschiedenen Raumschiffe in der Zukunft gelingen?

Besonders gut haben mir Claire, Jeremy und Jane gefallen, besonders Jane, die sich quasi als eine (der Leserschaft sicherlich) bekannte Persönlichkeit in einer anderen Zeit wiederfindet.

Claires Garten ist ein wunderschöner Rückzugsort von Allem, und das dort beherbergte Schwein und der Fortgang dieses Handlungsstranges war ganz schön spannend.

Gesellschaftskritisch, hinterfragend, den Problemen auf den Grund gehend, dabei unterhaltsam, warmherzig und voller Humor und Cleverness - ein toller Science Fiction Roman!

Zugegeben, das Lesen hat bei mir etwas länger gedauert - was daran lag, dass ich mich ziemlich konzentrieren musste aufgrund der verschiedenen Zeitschienen, Schauplätze und KI´s, aber es hat sich definitiv gelohnt!

Gute Nacht, Jim-Bob :o)

Bewertung vom 12.09.2023
Spiel auf Leben und Tod / Fräulein vom Amt Bd.3
Blum, Charlotte

Spiel auf Leben und Tod / Fräulein vom Amt Bd.3


ausgezeichnet

Alma Täuber in Höchstform - spannender 3. Band im historischen Baden-Baden!

„Fräulein vom Amt – Spiel auf Leben und Tod“ von Charlotte Blum ist als Taschenbuch mit 352 Seiten bei Fischer Scherz erschienen.
Es handelt sich um den dritten Band der Reihe um die charmante Alma Täuber, der unabhängig von den Vorgängen gelesen werden kann.

Baden-Baden 1925: Die Stadt pulsiert, im Kurhaus findet ein internationales Schachturnier statt, das Schachanhänger aus aller Herren Länder anzieht. Doch nicht überall geht es fröhlich zu - in der großen Wäschtrommel in einer Wäscherei wird die Wäscherin Gertrude tot aufgefunden. Die Polizei geht von einem Unfall oder Selbstmord als Todesursache aus und stellt die Ermittlungen ein. Friederike, die Cousine der Toten und Telefonistin / Kollegin von Alma zweifelt das allerdings an und bittet Alma um Hilfe. Als diese ihre Fühler ausstreckt, befindet sie sich jedoch bald in höchster Gefahr - werden ihre Nachforschungen ihr zum Verhängnis?!

Das Autorinnen-Duo, bekannt als Charlotte Blum, hat auch mit diesem dritten Band um Alma , Ludwig und Emmi, die „Wiederholungstäter“ schon aus den ersten beiden Teilen der Reihe kennen, einen fesselnden und unterhaltsamen Roman mit einer ausgesprochen authentischen Atmosphäre und perfekt dosiertem Lokalkolorit geschrieben.

Der Fall ist wirklich spannend, so dass ich ziemlich mit Alma mitgefiebert habe. Auch für Kriminalkommissar Ludwig Schiller gibt es wieder alle Hände voll zu tun, denn neben Almas privaten Ermittlungen sind in der Stadt einige Ganoven und Kleinkriminelle unterwegs, die durch das Schachturnier und die zahlreichen Gäste fette Beute zu machen hoffen.

Der Glamour der 1920er Jahre , die technischen Neuerungen jener Zeit, die Rolle der Frau und die politische Situation, die historische Kulisse Baden-Badens und selbstverständlich die stets freundlichen Fräuleins vom Amt, wohldosiert eingebracht, runden den Plot zu einem großen Ganzen ab.

Besonderen Spaß hat es mir auch hier wieder gemacht, die Entwicklung der Charaktere mitzuerleben, die mir schon längst ans Herz gewachsen sind.
Alma selbst mit ihrer charmanten und vorwitzigen Art, Ludwig, der eher besonnen agiert und bestens auf Alma achtet, ihr aber auch mal den Kopf zurechtrückt und natürlich Emmi, Almas Freundin und Mitbewohnerin, die einen wunderbaren Humor hat und für die sich diesmal beruflich einiges tut.

Erneut ein äußerst lohnenswerter Roman, der beste Unterhaltung mit perfekter historischer Glamour-Atmosphäre bietet :)

Bewertung vom 28.08.2023
Die Erfindung des Lächelns
Hillenbrand, Tom

Die Erfindung des Lächelns


ausgezeichnet

Ein Roman wie ein Gemälde - bunt, vielschichtig, faszinierend!

"Die Erfindung des Lächelns" von Tom Hillenbrand ist als gebundene Ausgabe bei Kiepenheuer & Witsch erschienen. Es handelt sich um einen historischen Roman, der in Paris um 1911 spielt und 512 Seiten Lesestoff bietet.
Dieser Roman ist definitiv ganz anders als alles, was ich bisher von Tom Hillenbrand kannte und auch anders, als ich es erwartet hatte.
Man muss sich auf dieses faszinierende, bunte, vielfältige und auch wuselige und teilweise überladene Epos einlassen, dann taucht man ungehindert ein in die vor Energie knisternde Atmosphäre des Paris um 1911 und findet sich wieder zwischen bekannten Größen wie Pablo Picasso, Marc Chagall oder Isadora Duncan und vielen anderen Menschen jener schillernden Zeit in einer vor Leben, Neuerungen und Kriegsvorboten überschäumenden Metropole.
Der Autor hat wirklich eine volle, mit allen Sinnen wahrnehmbare authentische Atmosphäre geschaffen, die zwar nicht unbedingt den positivsten Eindruck von Paris vermittelt, aber dennoch fesselt und beeindruckt.
Vordergründig ist der weltbekannte Diebstahl der Mona Lisa aus dem Louvre Dreh- und Mittelpunkt der Story, jedoch sind die Ermittlungen tatsächlich eher unspektakulär und ein wenig nebensächlich (wenn auch ausführlich, so dass diese den Lesefluss bisweilen etwas in die Länge zogen) - tatsächlich ist dieser historische Roman eher ein großzügiges, sinnlich angelegtes Gemälde über das pulsierende Paris gegen Ende der Belle Epoque.
Mir hat "Die Erfindung des Lächelns" sehr gut gefallen und konnte mich bestens unterhalten!

Bewertung vom 24.08.2023
Das Glück der Geschichtensammlerin
Page, Sally

Das Glück der Geschichtensammlerin


gut

Unterhaltsamer Roman, von dem ich mir mehr erhofft hatte!

"Das Glück der Geschichtensammlerin" von Sally Page ist als Taschenbuch mit 416 Seiten bei dtv erschienen.

Cover, Klappentext und Leseprobe hatten es mir direkt angetan und ich war sehr neugierig darauf, die Geschichten der Menschen, für die Janice putzt, kennenzulernen - und letztlich auch Janice´ eigene Geschichte.

Sally Page schreibt ausgesprochen bildhaft und angenehm, der Roman liest sich flüssig und unterhaltsam. Leider werden die einzelnen Geschichten irgendwie zusammenhanglos erzählt, einzig bei Janice laufen sie zusammen. Im Laufe des Geschehens erfährt die Leserschaft dann doch auch die Lebensgeschichte der Protagonistin, allerdings war diese in meinen Augen nicht unbedingt realistisch.

Die Charaktere sind lebendig und facettenreich, so daß ich an sich gern in ihre Erzählungen eingetaucht bin.

Insgesamt konnte mich das Ganze allerdings leider nicht komplett fesseln, es plätscherte so dahin und die Tiefe der Erzählung, die durchaus vorhanden ist, wenn man das Gesamtpaket als authentisch akzeptiert, konnte mein Inneres nicht ereichen.

Mein Fazit: Nette Unterhaltung für zwischendurch, ich hatte mir etwas Anderes erhofft.

Bewertung vom 10.08.2023
Treacle Walker
Garner, Alan

Treacle Walker


ausgezeichnet

Wenn der Lumpensammler vorbeikommt...mein neues Lieblingsbuch!

"Treacle Walker: Der Wanderheiler" von Alan Garner ist als gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag bei Klett-Cotta erschienen und umfasst 160 Seiten voller magischer Poesie.

Joseph (Joe) Croppock ist ein ganz normaler Junge mit einer Sehschwäche, der - warum auch immer allein- in einem kleinen Haus zufrieden lebt. Eines Tages kommt der Lumpensammler auf seinem Karren vorbei und Joe tauscht seinen Schlafanzug und den Knochen einer Lammschulter gegen einen Scheuerstein und ein gesprungenes Porzellantöpfchen. Faszinierenderweise steht Joes Name drauf.

Und von da an verlaufen Realität und Phantasie ineinander zu einem bunten, verwirrenden Gemälde aus Worten und Reimen....!


Alan Garner haz einen ganz eingenen, wundersamen Schreibstil, er jongliert mit Worten, kreiert Poesie.
Es ist wirr , verwirrend, undurchsichtig . Zugleich wundersam, faszinierend, geheimnisvoll. Nichts ist wirklich. Alles Kurios . Surreal.

Ungemein provokant schreibt der britische Autor - und ich denke, entweder man liebt es oder man hasst es…
Traumwelten, Phantasien, alles erwacht zum Leben.
Joe Coppock - wie alt ist er? Und wieso lebt er allein? Einerseits erfährt man so gut wie keine Details über Treacle Walker und Joe Coppock,, andererseits weiß man viel über sie und lernt sie intensiv kennen.

Was sieht, ist gesehen.
Was drinnen ist, ist draußen. Und was draußen ist, ist drinnen

Ein schräges kleines Büchlein. Wortmelodie, purzelnde Sätze, nichtexistente Protagonisten - zumindest mit der Glamourie.

Spiegel vervielfachen Joes Welt, der Mann aus dem Sumpf gibt ganz andere Ratschläge als der Lumpensammler und Comicfiguren erwachen zum Leben.

Und dann ist man am Ende plötzlich - und nahezu unerwartet - viel schlauer als am Anfang und das Ganze ergibt einen tiefen Sinn - oder?!

Ich habe es tatsächlich zweimal direkt hintereinander gelesen und beim zweiten Durchgang so viel Neues entdeckt. Und bin mir sicher, beim dritten Lesen wird es wieder so sein...

Eine Art Märchen voller Gegensätze, phantastisch und verwirrend, enorm empfehlenswert für all jene Leserinnen und Leser, die aufgeschlossen und neugierig sind!