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wortmelodie
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Bielefeld

Bewertungen

Insgesamt 33 Bewertungen
Bewertung vom 04.08.2023
Ingenium
Trussoni, Danielle

Ingenium


sehr gut

Ich war und bin großer Fan der Dan Brown Romane und war in letzter Zeit auf der Suche nach etwas ähnlich Spannendem, bei dem es um Rätsel geht. Dann fiel mir "Ingenium" in die Hände und schon die ersten Seiten fesselten mich so sehr, dass ich glaubte, einen guten Nachfolger für die Dan Brown Romane gefunden zu haben. Aber fangen wir von vorn an:

Der Protagonist Mike Brink ist auf Anhieb sympathisch, seine Fähigkeit in sekundenschnelle Rätsel zu lösen erscheint dank medizinischem Hintergrund glaubhaft und macht ihn zu einem interessanten Charakter. Alle anderen Charaktere sind wie Mike Brinks Lieblingsbeschäftigung: ein Rätsel. Und zwar eines von den Guten. Im Laufe der Geschichte wird der Leser immer wieder etwas verunsichert, ob die Figuren in Mikes Leben Mit- oder Gegenspieler sind - etwas, was der Geschichte definitiv mehr Würze und Spannung verleiht.

Danielle Trussoni weiß zudem, wie man Leser packt: man wirft sie direkt in die Geschichte. Genau das war es, was mich von Seite 1 an gefesselt hat und dazu führte, dass ich das Buch innerhalb eines Tages bis zur Hälfte durchlas. Trussonis Schreibstil ist flüssig, leicht, der Spannungsbogen steigt mit jeder Seite und mit jeder Frage, die beantwortet wird, tauchen zwei neue auf.

Ich sagte schon, ich bin ein Fan von Dan Browns Romanen und das, was mich an Dan Brown am meisten fasziniert sind die wie nebenbei eingestreuten Fakten über Kunstwerke und Wissenschaft. Trussoni beherrscht das ebenfalls, mit ihr tauchen wir in eine faszinierende Welt der Porzellanpuppen ein, doch es gibt ein entscheidenes Kriterium, was sie von Dan Brown unterscheidet: sie fügt das Element Fantasy ein - was mich ehrlicherweise enttäuschte und der Geschichte etwas die Spannung und Faszination nahm.

Nichtsdestotrotz kann ich "Ingenium" allen Fans von Dan Brown empfehlen, es war ein sehr unterhaltsames und kurzweiliges Lesevergnügen, doch aufgrund des Fantasy-Elements bekommt es leider nur 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 25.05.2023
One of the Girls
Clarke, Lucy

One of the Girls


sehr gut

Meine Erwartungen an das Buch waren eher niedrig: "Bestimmt eine dieser Geschichten, wo direkt am Anfang jemand ermordet wird und dann nach und nach eine der Freundinnen verdächtigt wird, weil irgendein dunkles Geheimnis aufgedeckt wird. Und am Ende ist es dann jemand ganz anderes gewesen." Umso überraschter war ich dann aber vom eigentlichen Inhalt des Buches, denn meine Erwartungen wurden komplett über den Haufen geworfen.

Zunächst mal: Der Mord wollte einfach nicht passieren. Nach der Hälfte des Buchs war ich mir sicher, dass es jetzt bald passieren musste und der Rest der Geschichte dann langweilig werden würde. Aber nein, ich wurde eines Besseren belehrt - zum Glück, denn so blieb die ganze Zeit die Spannung aufrecht und nach jedem Kapitel dachte man "JETZT aber!" bzw. "Wann/Wie/Wo/Warum passiert denn jetzt der Mord? Und wer wird eigentlich getötet?"

Dann habe ich mir die Geheimnisse der Frauen absolut klischeehaft vorgestellt - und wurde wiederum positiv überrascht. Lucy Clarke verwebt auf sehr geschickte Weise die Geschichte der Frauen und fügt sie am Ende zu einem schlüssigen Gesamtbild zusammen. Wie Puzzleteile gibt sie dem Leser nach und nach eine weitere Information an die Hand, die absolut überraschend daherkommt und nichts mit Klischees zu tun hat. Einziger Wermutstropfen bezüglich der Charaktere: Es waren mir insgesamt zu viele, die auch zu schnell in die Geschichte eingeführt wurden, sodass ich anfangs Schwierigkeiten hatte, die einzelnen Charaktere voneinander zu unterscheiden. Mit der Zeit gibt sich das aber.

Insgesamt hat mich "One of the Girls" am Ende wirklich gepackt, was ich zunächst überhaupt nicht erwartet hatte. Mit vielen Wendungen und toll ausgearbeiteten Charakteren präsentiert Lucy Clarke hier eine wirklich durchdachte und spannende Geschichte. Klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 17.05.2023
Going Zero
Mccarten, Anthony

Going Zero


sehr gut

Ich liebe Romane, die sich mit Zukunftstechnologien beschäftigen, deshalb sprang mir "Going Zero" auch sofort ins Auge. In diesem Buch geht es um ein Projekt der US-Geheimdienste und des FUSION-Erfinders Cy Baxter. FUSION ist der Name einer Software, die es künftig schaffen soll, Verbrecher schnellstmöglich zu finden. Doch erstmal muss die Software durch einen Betatest, in dem 10 Menschen ausgewählt wurden, die sich 30 Tage lang vor der Software verstecken sollen - gelingt das, winken dem Gewinner 3 Millionen Dollar.

Wir lernen fast alle Charaktere des Buchs durch Kapitel aus der jeweiligen Perspektive des Charakters kennen. Dabei geht die Autorin wohl dosiert vor, sodass der Leser erst nach und nach von weiteren Charakteren erfährt und nicht am Anfang mit zu vielen Namen bombandiert wird. Die verschiedenen Perspektiven fand ich als Leser wahnsinnig spannend, weil sie der Geschichte mehr Tiefe verliehen haben und wir mehr über die Motivation und Gedanken der Charaktere erfahren haben. So gibt es auch keine wirklich klaren Protagonisten, obwohl Teilnehmerin Kaitlyn und FUSION-Erfinder Cy schon sehr im Vordergrund stehen. Durch die Perspektiven-Wechsel ergeben sich auch immer wieder kleine, spannende Wendungen, mit denen man als Leser nicht rechnet. Da sich das durch das gesamte Buch zieht, schafft es Autori Anthony McCarten, eine konstante Spannung aufrecht zu erhalten.

Mit der Software FUSION ist dem Autor dabei leider kein Geniestreich eingefallen, andererseits macht es die Geschichte umso "realer", dass die Software theoretisch auch mit unseren heute schon verfügbaren Mitteln umgesetzt werden könnte. Im Verlauf der Geschichte nimmt die Spannung und Schnelligkeit immer weiter zu, am Ende möchte man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen. Von mir daher eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 17.05.2023
Wie man sich einen Lord angelt (eBook, ePUB)
Irwin, Sophie

Wie man sich einen Lord angelt (eBook, ePUB)


sehr gut

Ganz im "Bridgerton"-Fieber brauchte ich unbedingt mehr Lektüre aus diesem Genre und bin dabei über "Wie man sich einen Lord angelt" gestolpert. Schon der lustige Titel verspricht einiges, der Klappentext noch mehr. Und was soll ich sagen? Die Erwartungen wurden nicht enttäuscht!

Mit Kitty haben wir eine überraschend schlagfertige und taffe Protagonistin, bei der es als Leser Spaß macht, ihr durchs Leben zu folgen. Das gestaltet sich, nachdem ihr Verlobter sie hat sitzen lassen, alles andere als leicht, doch mit Witz und Charme wagt sich Kitty auf die Bälle der Lords und Ladys von London. Auftritt Lord Radcliffe - und ab da kann man das Buch eigentlich nicht mehr aus der Hand legen. Zwischendurch hatte die Geschichte noch ein paar kleine Längen, doch insgesamt hat mir der Schreibstil sehr gut gefallen. Auch die Nebencharaktere sind liebevoll gestaltet. Ich werde mich also definitiv nach weiteren Büchern von Sophie Irwin umgucken.

Für alle "Bridgerton" und Fans historischer Liebesromane kann ich "Wie man sich einen Lord angelt" nur empfehlen!

Bewertung vom 14.03.2023
Mein PMS und ich
Wagner, Mirjam

Mein PMS und ich


ausgezeichnet

Als Betroffene interessiere ich mich schon seit längerem interessiere für das Thema PMS, aber ein Buch explizit dazu war mir bisher noch nicht in die Hände gekommen. Umso begeisterter war ich als ich das Buch von Mirjam Wagner entdeckte, das sich ausschließlich dem Thema PMS widmet. Ich hatte mir erhofft, endlich mehr über die Hintergründe von PMS zu erfahren, vor allem aber natürlich, wie ich meine Beschwerden lindern kann. Und nun nach der Lektüre kann ich sagen: meine Hoffnungen wurden erfüllt!

Mirjam Wagner widmet sich zunächst dem Thema Menstruationszyklus im Allgemeinen, erklärt, wie er funktioniert, was in unserem Körper dabei passiert und welche Auswirkungen das in jeder Phase auf unsere Stimmung, Energie und mentale Gesundheit hat. Besonders schön fand ich dabei, dass sie immer wieder erwähnt, dass vor allem eine positive Einstellung zu unserem Zyklus wichtig ist und es so viele Betroffene von PMS gibt, dass das auch kein schambehaftetes Thema unter Freunden oder in der Familie sein sollte.

Leicht verständlich und unterhaltsam schildert die Autorin dann die aktuellen Erkenntnisse in Bezug auf PMS und stellt Wege und Methoden vor, um die Beschwerden zu lindern. Zunächst war ich etwas enttäuscht, dass auch Methoden den Weg ins Buch gefunden haben, die nicht wissenschaftlich fundiert sind. Da die Autorin jedoch immer wieder auch betont, dass diese Methoden nur als Ergänzung zu einer anderen Therapie zu sehen sind, finde ich es doch in Ordnung, auch "unwissenschaftliche" Methoden mit aufzugreifen. Schließlich funktioniert jeder Körper anders!

Mir hat das Buch nicht nur viel nützliches Wissen gebracht, sondern auch einen konkreten Plan, an welchen Stellschrauben ich in Zukunft drehen möchte, um meine PMS-Beschwerden zu lindern. Auf der Webseite von Mirjam Wagner gibt es zudem ein nützliches Zyklustagebuch, mit dem sich der eigene Zyklus gut beobachten lässt, um Muster zu erkennen und sich selbst und seinen Körper besser kennenzulernen. Für mich ist "Mein PMS und ich" ein absolut gelungenes Buch für jeden, der mehr zu diesem Thema erfahren und Methoden finden möchte, um die eigenen Beschwerden zu lindern!

Bewertung vom 08.03.2023
Morgen, morgen und wieder morgen
Zevin, Gabrielle

Morgen, morgen und wieder morgen


ausgezeichnet

Ich hatte in letzter Zeit eine kleine Leseflaute und hatte gedacht, dass die wohl auch noch eine Weile andauern wird - und dann fiel mir "Morgen, morgen und wieder morgen" in die Hände. Schon der Klappentext hatte mich angesprochen, ist dort doch von Videospielen aus den 90ern die Rede. Es erinnerte mich ein bisschen an "Ready Player 1", ein Buch, das ich auch sehr geliebt habe. Normalerweise sind solche Vergleiche mit Lieblingsbüchern immer ein Garant dafür, dass man enttäuscht wird - aber nicht so in diesem Fall. Woran liegt das?

Nun, zunächst liegt es wohl daran, dass die Ausgestaltung der Charaktere ziemlich gut ist. Sowohl Sadie als auch Sam sind einem auf Anhieb sympathisch, trotzdem sind beide nicht ohne Schwächen und Fehler. Sie wirken nahbar, ihre Geschichten berühren und man möchte fast Teil dieses Freundeskreises sein. Dazu liegt es wohl auch an dem wunderbaren Schreibstil. Gabrielle Zevin erzählt flüssig und leicht, lässt einen mit einfachen Worten wieder die Welt der 90er eintauchen.

Woran es dem Roman etwas mangelt ist die Spannung zwischendrin. Das Buch hat ein paar wenige Längen, die dazu verleiten, das Buch aus der Hand zu legen. Trotzdem ist es keine seicht dahinplätschernde Geschichte, es gibt spannende und überraschende Wendungen, auch ungewöhnliche Erzählperspektiven. Und doch hätte man sicher an der ein oder anderen Stelle noch etwas kürzen können, um die Geschichte zu verdichten. Nichtsdestotrotz hat es die Geschichte geschafft, mich aus meiner Leseflaute herauszuholen und das lag am Ende ganz einfach daran, dass das Buch Spaß gemacht hat. Es passte einfach alles zusammen.

"Morgen, morgen und wieder morgen" ist ein tolles Plädoyer an die 90er, an Poesie, an Shakespeare und an die kleinen und großen Rätsel des Lebens. Deshalb gibt es von mir eine klare Leseempfehlung für alle Fans der 90er, der Videospiele, der dramatischen Geschichten ohne Klischees.

Bewertung vom 16.02.2023
With All My Heart
Young, Samantha

With All My Heart


ausgezeichnet

Vor ein paar Jahren hatte ich eine absolute Samantha-Young-Phase, in der ich alle Bücher von ihr verschlungen habe. Dann hatte ich andere Autoren aus dem Genre entdeckt und Samantha Young etwas aus dem Blick verloren, weshalb ich mich umso mehr gefreut habe, sie nun mal wiederzuentdecken. Ihr neues Buch klang ganz nach meinem Geschmack und ich muss sagen, dass ich nicht enttäuscht wurde!

"With All My Heart" beginnt bereits sehr spannend in der Vergangenheit der beiden Protagonisten Jane und Jamie. Die Charaktere sind - typisch Samantha Young - sehr liebevoll gestaltet und ausgearbeitet und man kann sich direkt mit ihnen identifizieren. Auch am Schreibstil von Samantha hat sich nicht viel verändert - zum Glück! Man ist immer noch direkt im Geschehen und fühlt sofort mit den Charakteren mit. Im Verlauf des Buchs wechseln wir dann - mit einem kleinen Zeitsprung - in die Gegenwart der Charaktere, wo die Geschichte um Jane und Jamie dramatisch weitergeht.

Ich bin ehrlich: Der Aufbau und die Geschichte sind natürlich nichts per se Neues, als Leser erlebt man demnach nur wenige wirklich überraschende Momente, aber nichtsdestotrotz hat die Geschichte einfach Herzblut und Leidenschaft und deshalb bekommt "With All My Heart" trotzdem die volle Punktzahl von mir. Fans des Genres und vor allem Samantha-Young-Fans werden nicht enttäuscht!

Bewertung vom 25.07.2022
Die Selbstliebe-Illusion
Schache, Ruediger

Die Selbstliebe-Illusion


ausgezeichnet

Ich habe schon einige Bücher zum Thema Selbstliebe oder auch Persönlichkeitsentwicklung gelesen und bei diesem nicht unbedingt erwartet, noch etwas Neues zu erfahren. Aber die Ausführungen von Rüdiger Schache haben mich dann doch schon auf den ersten Seiten beeindruckt.

Einerseits wegen der so klaren und verständlichen Sprache (ganz bezaubernd finde ich die kleinen Geschichte zwischendrin!), andererseits aber auch, weil er nochmal auf eine ganz andere Weise als ich es bisher erfahren habe auf den Punkt bringt, warum mehr Selbstliebe nicht unbedingt das Ziel sein sollte. Das hat mich wirklich beeindruckt!

Außerdem habe ich beim Lesen festgestellt, dass es über das Thema Selbstliebe doch noch so einiges zu sagen gibt. Besonders punktet das Buch aber damit, dass es kein reines "Lese-Buch" ist, sondern eher ein "Mitmach-Buch". In jedem Kapitel gibt es verschiedene kleine Übungen mit einem Platzhalter zum direkten Ausfüllen. Das Buch ist darüber hinaus noch so hübsch gestaltet, dass die Übungen wirklich zum Mitmachen anregen und außerdem so gewählt, dass sie keine Zeitfresser sind, sondern zwischendrin mal schnell erledigt werden können :)

Mein Fazit: Ich war richtig begeistert von diesem Buch und glaube, dass es für viele eine wichtige Stütze und Entscheidungshilfe sein könnte.

Bewertung vom 07.06.2022
Bekenntnisse eines Betrügers
Raina, Rahul

Bekenntnisse eines Betrügers


ausgezeichnet

Meine erste Assoziation als ich den Klappentext las, war: könnte in so eine "Hangover"-Richtung gehen [der Film] - und tatsächlich bestätigte sich dieser Eindruck, je mehr ich von dem Buch las. Zwar geht es in "Bekenntnisse eines Betrügers" absolut nicht um dumme Dinge, die man während eines Alkoholrauschs getan hat, aber die Erzählweise ist ähnlich. In "Bekenntnisse eines Betrügers" folgen wir dem Protagonisten Rahul, der uns direkt im ersten Satz erzählt, dass er mehrere Menschen gekidnappt hat - und zwar auf eine so humorvolle Weise, dass man sich denkt: okay, wie ist das passiert?

Diese Frage ist es dann auch, die die Spannung über das gesamte Buch aufrecht erhält. Zwar erfahren wir zu Anfang noch ziemlich viel über Rahuls Vorgeschichte, aber spätestens ab Mitte des Buchs geht es dann mit den Ereignissen Schlag auf Schlag und man kommt von einer abenteuerlichen Geschichte in die nächste. Dabei hält sich die ganze Zeit über der amüsante und unterhaltsame Schreibstil, der vor allem auch deshalb Spaß macht, weil er den Leser immer wieder mit einbezieht - fast so als stünde Rahul direkt vor einem und würde einem die Geschichte selbst erzählen.

Die Charaktere sind in ihrer Stereotype sehr humorvoll ausgestaltet, alles scheint mit einem kleinen Augenzwinkern gestaltet worden zu sein und gibt trotzdem viele eigentlich sehr ernste und kritische Einblicke in die indische Kultur und Gesellschaft, ohne aber ins Melodramatische abzudriften oder mit erhobenem Zeigefinger daherzukommen - es bleibt auf dieser "Stand-up-Comedy"-Ebene, wie "The Guardian" es auch treffend auf dem Buch beschreibt.

Insgesamt ist "Bekenntnisse eines Betrügers" ein echt humorvolles, action-geladenes Buch, das interessante Einblicke in die indische Kultur und Gesellschaft bringt, ohne zu moralisieren. Sehr unterhaltsam und lesenswert!

Bewertung vom 01.05.2022
Nachtschwärmerin
Mottley, Leila

Nachtschwärmerin


ausgezeichnet

Prostitution, Rassismus, Machtmissbrauch - allein diese drei großen Themen hätten ausgereicht, um unzählige Seiten zu füllen, doch die Autorin Leila Mottley webt in ihre "Nachtschwärmerin" noch viele weitere subtile Themen ein: Vernachlässigung, Armut, Tod, um nur ein paar zu nennen. "Nachtschwärmerin" ist - wie die Themen bereits vermuten lassen - kein fröhlicher Roman, kein unterhaltsamer Roman, aber dafür ein umso ehrlicherer Roman, der den Blick vor der Wahrheit nicht verschließt. Eine Wahrheit, die manchmal so brutal scheint, dass ich als Leser Pausen einlegen musste, die Geschichte erstmal sacken lassen musste.

Doch letzten Endes musste ich doch immer wieder zum Buch greifen, musste doch irgendwie wissen wie es weitergeht. Und das lag vor allem an der Protagonistin: Kiara ist ein zum Anfang der Geschichte hin noch minderjähres schwarzes Mädchen, die für ihr Alter schon eine Menge Verantwortung trägt, alles richtig machen will, vor allem aber: rauskommen will, raus aus dem Elend dieser Stadt und dem Schicksal, das Menschen mit ihrem sozialen Background zu verfolgen scheint. Als Leser verfolgt man ihren Kampf, fiebert mit, verzweifelt mit ihr, hofft mit ihr mit einer Mischung aus Bewunderung angesichts ihrer Stärke und Frustration angesichts ihrer Dummheit in dieser scheinbar ausweglosen Situation.

"Nachtschwärmerin" brauchte ein bisschen, um mich zu packen, aber dann wurde man mit jeder Seite tiefer in die Geschichte gezogen bis zu diesem Ende, das man zugleich fürchtet und herbeisehnt und das zum Glück genauso ehrlich ausfällt wie der Rest des Romans. Insgesamt ist Leila Mottley hier ein beeindruckendes, atmosphärisches Buch gelungen, das ich hiermit gerne weiterempfehle.