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Johannes W. Leppin
Wohnort: 
Nürnberg
Über mich: 
Die Ausgeburt des Postmodernismus ist ein infantiler, nihilistischer Fanatiker.

Bewertungen

Insgesamt 33 Bewertungen
Bewertung vom 17.08.2023
Aus dem Archiv der Universität Thurikon
Berger, A. M.

Aus dem Archiv der Universität Thurikon


sehr gut

Pass auf, was du dir wünscht, "Er sucht etwas, von dem Gott nicht will, dass es gefunden wird!“ – Max Payne (Movie), Das Oppenheimermotiv, Der Preis der Erkenntnis

Diese vier Losungen wären wohl als Anreißer geeignet, um das Konzept der vier Kurzgeschichten in diesem Band zu umschreiben, welches durchaus aufgeht und auch sprachlich versiert daherkommt.

Als Wehrmutstropfen könnte man manche Passagen ausmachen, die belanglos wirken und die etwas trockene Beschreibung dramatischer Szenerien, was beides allerdings Geschmackssache ist. Nicht jeder ist versessen wie ich auf pointierte Plots und Theatralik, manche stören sich eher daran. Dabei habe ich es immerhin durchaus mit Genuss gelesen und kann mich an wesentlich exzessivere Entgleisungen in die Richtung, teils von renommierten Autoren erinnern.
Am besten hat mir die letzte, auch kürzeste Geschichte gefallen (Polybius), die mich etwas an die Horrorschocker von Sascha Dinse erinnert hat, obwohl es sich hier freilich um ein anderes Genre handelt, welches vom Autor als „Weird Fiction“ eingeordnet wurde. Das Buch ist H.P Lovecraft gewidmet.

Abschließend will ich noch erwähnen, dass dieses Buch mich aus Gründen, die ich persönlich halten möchte, abführend radikalisiert hat.

Bewertung vom 11.08.2023
Der Archipel GULAG
Solschenizyn, Alexander

Der Archipel GULAG


ausgezeichnet

Zynismus. Dieses Wort kam mir letztlich als konzentrierteste und trefflichste Beschreibung der Ausführungen über den Archipel Gulag und das System, welches so ein Monster schafft, in den Sinn.

Auf immer noch knapp über 500 Seiten berichtet Alexander Solschenizyn in dieser bereits gekürzten Ausgabe sowohl als Zeitzeuge, als auch als Dokumentator zahlreicher Recherchen und Berichte über die furchtbaren Schrecken, die Totalitarismus und Kollektivismus im Kommunismus vereinen und in der Sowjetunion, besonders in den Arbeitslagern eine besonders grausame Ausprägung fanden. Die hautnahe Perspektive verlässt er dabei nicht und hebt sich somit mit diesem Werk von anderen Veröffentlichungen deutlich ab.

Dieses Werk ist v.a. begleitend zu sachlich-historischen und ideologischen Abhandlungen besonders wertvoll, um die Ausmaße und Folgen des Stalinismus auf die Seele Osteuropas und seine Völker besser verstehen zu können.

„All jenen gewidmet, die nicht genug Leben hatten, um dies zu erzählen…“ - A. Solschenizyn

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.07.2023
Der Mensch und seine Symbole
Jung, Carl G.

Der Mensch und seine Symbole


ausgezeichnet

Dieses Werk ist schon umfangreich und für die geeignet, die bereits auf den Geschmack gekommen sind, was die Lehren Jungs anbelangen. Neben den Symbolen, die häufig anhand von Traummotiven erkundet werden, spielt auch der Individuationsprozess (zu diesem Thema kann ich auch "die Entwicklung der Persönlichkeit" von Carl Rodgers sehr empfehlen.) und die seelischen Facetten in diesem Zusammenhang eine große Rolle - klassische Motive der Tiefenpsychologie also. Das Buch ist unter Mitwirkung zahlreicher Co-Autoren aus dem Umfeld Jungs entstanden. Am anregendsten finde ich aber die von ihm selbst verfassten Kapitel. In den hinteren Kapiteln geht es v.a. um Symbole in der Kunst.

Bewertung vom 20.07.2023
Demian
Hesse, Hermann

Demian


ausgezeichnet

"Der Vogel kämpft sich aus dem Ei." Hermann Hesse ist ein Autor mit der Fähigkeit, sich immer wieder neu zu erfinden und so Werke zu schaffen, die stets einen neuen, ganz eigentümlichen Charakter aufweisen. Mit Demian ist ihm ein weltliterarischer Erfolg gelungen, der meines Ermessens nach in derselben Liga anzusiedeln ist, wie Siddharta oder der Steppenwolf. Die Geschichte von Sinclair ist nicht nur bereits oberflächlich betrachtet mitreißend erzählt, sondern es werden zusätzlich hintergründig Themen wie die Adoleszenz (als coming-off-age im eigentlichen Sinn würde ich es jedoch nicht betrachten), Persönlichkeitsentwicklung, Selbsterkenntnis, Numinosität und mythologische Symbolik in eine mitreißende Erzählung integriert und dadurch ein metaphysisches Spektakel geschaffen.

Bewertung vom 14.06.2023
The Extremists
Hopkins, Cj

The Extremists


ausgezeichnet

„It’s just entertainment. I mean, where did we ever get this idea that we could somehow change the world? Or that it even needs changing?“

Hopkins Werk ist eine exzellente, kryptische Parabel über Politik und Macht, über Framing und Sprache und über Extremismus und den Hochmut westlicher Weltanschauungen, die menschliche Züge bis hin zur Sinnesfrage offenlegt und am Ende gekonnt alles in Frage stellt.

Der Text ist dabei ein Spiel mit der Ungreifbarkeit von gerade den Begrifflichkeiten die so fundamental erscheinen (Freiheit, Gerechtigkeit) und unterschiedlichen Konzeptionen der Realität.

Der Vitruvianische Frosch auf dem Cover war ein zertifizierter Kek-Moment.

Bewertung vom 07.06.2023
Der Kult
Kaiser, Gunnar

Der Kult


ausgezeichnet

Erkenntnisreiche Lektüre: Gunnar Kaiser ist mir bisher als Youtuber bekannt und ich habe mit „Der Kult“ jetzt erstmals ein Buch von ihm gelesen. Sprachlich und formal handelt es sich um einen Intellektuellenporno – geliefert, wie bestellt.
Auch inhaltlich hat mich das Buch sehr überzeugt. Ich halte den Autor durchaus für einen großen Denker unserer Zeit. Anhand anschaulicher Ausführungen, die trotz des hohen Sprachniveaus meines Ermessens nach sehr zugänglich und verständlich gestaltet sind, zeigt er die gesellschaftlichen Pathologien (ich würde sie als typisch postmodern beschreiben) und Muster auf, die zu einer neuen Art von Autoritarismus führen, der von technokratischen Tendenzen bestimmt wird und totalitäre Schreckensszenarien vorzeichnet, in der „die Wissenschaft“ zum Götzen und die Technologie zur neuen Autorität erhoben wird. Dazu fällt mir das berühmte Zitat ein „Die Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich.“
Als prägnante Beispiele wählt Kaiser nicht zufällig die Entwicklungen und damit zusammenhängenden staatlichen und gesellschaftlichen Machtgebaren, die während der Coronapandemie zutage traten und sicher vielen die Augen geöffnet hatten. Die bieten sich zwar an, weil sie Steilvorlagen liefern, schrecken aber andererseits auch Leser ab, die ein zu hohes Maß an Erkenntnisangst an den Tag legen. Schließlich sind die dargestellten Einsichten weitgehend allgemeingültig und können daher auch vielseitiger oder mit anderen Schwerpunkten vermittelt werden.

Bewertung vom 03.05.2023
Liebe, Freiheit, Alleinsein
Osho

Liebe, Freiheit, Alleinsein


weniger gut

Eine Gewisse Weisheit kann man Osho sicherlich nicht abstreiten. Dennoch hat mich dieses Buch im Vergleich zu Werken anderer spiritueller Autoren wenig überzeugen können. Die stellenweise weltfremde Perspektive kann man dabei noch als legitim ansehen. Es handelt sich schließlich um einen spirituellen Diskurs. Doch vieles was der Autor als Erkenntnis präsentiert erscheint bei genauerer Betrachtung eher ein Bewältigungsmechanismus oder fragwürdig zusammengereimt zu sein. So scheint auch seine offene Verachtung gegenüber bewährten, funktionalen Institutionen mehr von Bitterkeit als von Aufklärung motiviert. Natürlich kann und muss man die Institutionen in Frage stellen und kritisieren. Osho aber tut dies in einer arroganten und hochmütigen Art, die ihm weder gut steht noch einer wirklich konstruktiven Auseinandersetzung dienen kann. Im Kapitel tabula rasa erklärt er ein typisch postmodernes Menschenbild, das jede Art von Determinismus beim Menschen leugnet. Damit einher gehen auch typische Pathologien dieser Epoche, die er reproduziert, was sich beispielsweise in dem Kapitel "Das Ende der Familie" zeigt, das eine Art Abgesang darstellt und wo er der klassischen ideologischen Illusion vom Motiv des "Neuen Menschen" anheimfällt. Auch ist sein Freiheitsbegriff aus meiner Sicht wenig tiefgründig und dysfunktional, was ich zusammenfassend mal so ausdrücken möchte: Nietzsches Zarathustra würde ihn zum Teufel jagen.
Fazit: ich hatte nicht geplant, meine Kritik derart vernichtend ausfallen zu lassen, aber es ist irgendwie passiert. Vielleicht liegt es an den hohen Ansprüchen durch vergleichbare Lektüren, die extrem hohe Standards setzen. Eigentlich hätte ich das Buch eher als durchschnittlich beschrieben. Für spirituelle Entwicklung und Entwicklung der Persönlichkeit empfehle ich alternativ Bücher von Ayya Khema, Byron Katie oder Jorge Bucay (je nach Schwerpunkt).

Bewertung vom 28.04.2023
Fertig geschrieben... und nun?
Fetzer, Günther

Fertig geschrieben... und nun?


weniger gut

Diese Buch entsprach leider nicht ganz meinen Erwartungen. Der Titel offeriert für mich einen Leitfaden für die Veröffentlichung via Selbstverlag. Im Kontrast dazu trägt Kapitel III den Titel "Bevor Sie anfangen zu schreiben". Man erfährt zwar, wie man seinen Text am besten selbst redigiert und erhält durchaus wertvolle Tipps auf was man beim Schreiben achten sollte (inkl. sehr spezifischer Literaturtipps), aber die eigentliche Thematik der Veröffentlichung im Selbstverlag wird nur oberflächlich, wenig analytisch und mit zu wenig Konsistenz betrachtet. Hier kommt man mit einer ausführlichen Google-Recherche schnell selbst an den Punkt, zu wissen, welche essentiellen Schritte nötig sind und welche Anbieter einem hierfür zur Verfügung stehen.

Bewertung vom 09.04.2023
Goodbye Leningrad
Gorokhova, Elena

Goodbye Leningrad


sehr gut

„Goodbye Leningrad“ ist ein autobiografischer Roman und als Coming of Age über zwei Generationen hinweg erzählt. Auf diesem Weg offenbart Elena Gorokhova nicht nur sehr gelungen ihre persönliche Geschichte (und die ihrer Mutter), sondern zeichnet darüber hinaus die dystopischen Züge der gesellschaftlichen Realität im Zuge der stalinistischen Diktatur aus einer unschuldigen Perspektive, die einen wertvollen Einblick in eine zynische Gesellschaft bietet. Auf diese Weise wir auch die Ideologie in ihren Grundzügen entblößt und eine besseres Verständnis für die Inszenierung Russlands als Widersacher der Westens, die bis heute die Politik prägt, ermöglicht.
Diese Buch hat mich überzeugt, obwohl ich normalerweise ausschweifenden Romanen gegenüber skeptisch bin, da es Authentizität offeriert und einen hohen Erkenntniswert hat.

Bewertung vom 22.03.2023
Drei Seiten für ein Exposé (eBook, PDF)
Roentgen, Hans Peter

Drei Seiten für ein Exposé (eBook, PDF)


sehr gut

Ich war zuerst skeptisch, mir dieses Buch zu kaufen, da ich selbst sehr unkonventionell schreibe und mir nicht sicher war, ob sich die Ausführungen nur auf Mainstreamliteratur übertragen lassen, konnte dann aber doch überzeugt werden. Das Buch ist meiner Ansicht nach nicht nur für jeden geeignet, der sich bei einem Verlag oder einer Agentur bewerben möchte (Anm.: Sachbücher werden allerdings nur am Ende angeschnitten. Der Schwerpunkt liegt hier eindeutig im Bereich Belletristik.), sondern hilft auch sonst jedem, der an seinem Schreibvermögen arbeiten möchte, auch dann, wenn ein Selbstverlag oder nur eine private Leserschaft vorgesehen ist.

Hans-Peter-Roentgen erzeugt viel Praxisnähe, indem er seine Ausführungen an zahlreichen Beispielen festmacht. Diese stammen zu einem Großteil aus Genres, die ich weitgehend als Schund bezeichnen würde, was kein Problem darstellt, im Gegenteil: Man kann zu einem schlechten Buch ein gutes Exposé schreiben oder, was viel tragischer wäre, zu einem Meisterwerk ein schlechtes. Um das zu verhindern und den bestmöglichen Eindruck bei der Bewerbung zu erreichen, zeigt der Autor zielstrebig und überzeugend, worauf es ankommt, welche Möglichkeiten man hat, und wie man ein Exposé außerdem noch nutzen kann, um das Skript auf mögliche Schwächen zu überprüfen. Dabei verzichtet er betont auf Dogmen.

Neben den Anleitungen zum Schreiben eines guten Exposés enthält das Buch außerdem eine Interviewsektion, in der mehrere Literaturagenten zu Wort kommen, was ebenfalls sehr Aufschlussreich ist.