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Benutzername: 
ullap64
Wohnort: 
47533 Kleve

Bewertungen

Insgesamt 111 Bewertungen
Bewertung vom 31.01.2024
Das einzige Kind
Lind, Hera

Das einzige Kind


ausgezeichnet

Inhalt(übernommen):
Oktober 1940 im ehemaligen Jugoslawien: In einer entlegenen Gegend führt der 5-jährige Djoko mit seinem bärenstarken Vater und seiner jungen Mutter ein einfaches, aber glückliches Leben in einem kleinen Dorf. Bis die faschistische schwarze Armee der Ustashas auftaucht und Djokos Welt im Bruchteil einer Sekunde zerstört. Eine Granate fällt in die winzige Hütte und macht ihn zum Vollwaisen.
Der kleine, schwerverletzte Junge robbt sich mit letzter Kraft aus den Trümmern ins Freie. Für ihn beginnt eine Flucht, die ihn mutterseelenallein mitten durch die schlimmsten Kriegswirren über tausend Kilometer bis nach Österreich führt. Wie durch ein Wunder findet er immer wieder in letzter Sekunde ein mitfühlendes Herz, eine helfende Hand.

Diese Geschichte hat die Autorin aufgrund Erzählungen des real existierenden Djoko über seine Erlebnisse in und nach dem zweiten Weltkrieg zu einem Roman verarbeitet. Das Leben des kleinen Djoko wurde dabei so realitätsnah geschildet, dass ich mich manches Mal an seiner Seite gefühlt habe. Ungeschönt hat Hera Lind dabei die wirklich schlimmen Erlebnisse des Jungen dargestellt, aber auch immer wieder die tollen Erlebnisse und Freundschaften, die er auf dieser Flucht und in seinem ganze späteren Leben erfahren durfte. Dennoch schwebte während der ganzen Zeit immer das Damoklesschwert der Trennung über Djoko, Trennung von liebgewordenen Menschen, zu denen er Vertrauen gefasst hat und die ihn dann doch nicht in seinem Leben weiterbegleiten konnten oder wollten.

Diese Geschichte ist nicht unbedingt typisch für ein in Jugoslawien aufgewachsenes Kind sondern könnte überall in Europa zu Kriegszeiten stattgefunden haben. Man darf daher keine weitreichenden historischen Hintergründe erwarten. Vielmehr wird hier stellvertretend wohl das Schicksal vieler Kinder dargelegt mit der Botschaft, dass es sich immer lohnt, nicht den Mut zu verlieren und stets für sich und die Sache weiterzumachen.

Wieder war ich total begeistert, wie einfühlsam die Autorin sich mit einer persönlichen Geschichte auseinandergesetzt hat. In einer kurzen Zusammenfassung im Anhang des Buches erfahren wir noch, wie es dem erwachsenen Djoko später ergangen ist.

Für mich ein tolles, zu Herzen gehendes Buch und ein Teil europäischer Menschengeschichte im Krieg. Gerne die volle Punktzahl von mir!

Bewertung vom 23.01.2024
Der späte Ruhm der Mrs. Quinn
Ford, Olivia

Der späte Ruhm der Mrs. Quinn


ausgezeichnet

Jennifer Quinn, die seit fast 60 Jahren mit ihrem Mann Bernhard verheiratet ist, hat schon immer leidenschaftlich gerne gebacken. Genauso gerne ist sie Zuschauerin einer Backshow im Fernsehen. Was liegt da näher, als sich einfach mal als Kandidatin zu bewerben, natürlich heimlich. Jenny ahnt noch nicht, dass dies ihr Leben total auf den Kopf stellen wird, denn sie wird sich irgendwann einem Geheimnis aus ihrer Vergangenheit stellen müssen...

Dieses Buch ist eins der Highlights meiner bisher zahlreich gelesenen Romane! Allein das wunderschöne Cover verspricht tolle Bachszenen, die allesamt Lust und Hunger darauf machen, die wunderbaren Kreationen zu probieren. Der Roman hat so viel Gefühl, der Umgang des Ehepaars miteinander und vor allem dieser so liebevolle alte Mann Bernhard haben mir teilweise die Tränen in die Augen getrieben. Eine teilweise leichte, dann aber auch wieder tiefgehende Lebensgeschichte einer Frau, die doch immer nur alles richtig machen wollte und ihre Familie und Nachbarn mit ihren tollen Backwerken verwöhnt, die selbst aber als junge Frau nicht unbedingt von Leben verschont wurde, hat mich total in ihren Bann gezogen. Der Autorin ist es so wunderbar gelungen, die Gefühlswelt der Charaktere zu vermitteln, dass dieser Roman noch lange in mir nachhallt.

Bewertung vom 23.01.2024
Was die Dünen verheißen / Die St.-Peter-Ording-Saga Bd.2
Janz, Tanja

Was die Dünen verheißen / Die St.-Peter-Ording-Saga Bd.2


ausgezeichnet

Es handelt sich um den zweiten Band der St.Peter Ording Saga. Nachdem Band 1 in den 50er Jahren spielt, erleben wir nun die Generation der Heranwachsenden in den 70ern. Dieser Band kann eigenständig gelesen werden, kurze Rückblicke erklären das Leben der Eltern-Generation, aber allein wegen des großen Unterhaltungswerts empfehle ich auch den Vorgängerband.

Die 17jährigen Hansen-Zwillinge wachsen in St.Peter Ording an der Nordsee auf, wo ihre Eltern sowohl ein Hotel als auch ein Strandcafe betreiben. Während Achim später das Hotel übernehmen soll und auch will, kann sich Julia nicht so recht mit einer dauerhaften Arbeit im elterlichen Betrieb anfreunden und hegt höhere Pläne: sie will die Welt kennenlernen und Stewardess werden. Wie so oft, kommt hier auch die Liebe dazwischen, der sie bei einem Praktikum im Reisebüro ihrer Tante in Gelsenkirchen begegnet...

Ich habe mich in dieser leicht zu lesenden Geschichte direkt wieder wohlgefühlt. Die Autorin hat es toll verstanden, das Lebensgefühl der 70er Jahre zu vermitteln, mit ihrer Unbeschwertheit und Lebensfreude. Auch der Gegensatz zwischen geschäftigem Ruhrgebiet und beschaulicher Nordsee kam für mich gut herüber. Hier das pulsierende Leben, dort die eher ruhige Urlaubsregion. Da ich der gleichen Generation entstamme wie die Zwillinge, konnte ich mich wieder richtig in die Zeit fallen lassen, auch ich habe ABBA geliebt!

Für mich war es wie ein Wiedersehen mit alten Bekannten, bei denen auch Probleme des alltäglichen Lebens und Miteinanders angesprochen wurden. Die Vorfreude auf den dritten Band mit einer weiteren Generation ist bei mir bereits groß.

Bewertung vom 11.01.2024
Weil du meine Tochter bist
Kelly, Julia

Weil du meine Tochter bist


ausgezeichnet

Das Buch spielt in England rund um die Zeit des zweiten Weltkriegs. Die junge Viv wird ungewollt schwanger, der Kindsvater Joshua steht zu seiner Verantwortung und heiratet sie. Vivs streng katholische Eltern wollen jedoch keinen jüdischen Schwiegersohn in ihren Reihen und bieten Joshua Geld an, wenn er anschließend verschwindet. Der nimmt den Vorschlag nur zu gerne an, träumte er als begabter Musiker doch schon lange davon, in New York Karriere zu machen.

Derweil droht der Krieg auch auf England überzugreifen, Viv wird von ihren Eltern und dem örtlichen Pastor überredet, ihre mittlerweile vierjährige Tochter Maggie zu Pflegeeltern auf's vermeintliche sichere Land zu geben, bis der Krieg vorbei ist.

Ob und unter welchen Umständen Mutter und Tochter wieder zueinander finden können, ob auch die Eheleute sich noch mal wiedersehen und wie sie dann zueinander stehen, davon erzählt uns dieser berührende Roman. Sehr feinfühlig stellt die Autorin den Spagat einer jungen Mutter zwischen Liebe und Verantwortung, zwischen Familie und eigenen Wünschen an das Leben dar. Dabei waren für mich die Charaktere - auch die unsympathischen - bildhaft und realistisch gezeichnet. Der Wahn, der religiöse Überzeugungen über den gesunden Menschenverstand stellt, wurde genauso ungeschönt dargestellt wie auf der anderen Seite warmherzige Zuneigungen abseits jeglicher Konventionen. Die Sorgen einer jungen Mutter, die schon früh Verantwortung für sich und ihr Kind trägt und dafür alles tut, haben mir manche Träne verursacht.

Auch das für mich überzeugende Ende passte sehr gut in diese Geschichte eines für mich bisher unbekannten Themas zur Kinderverschickung während des zweiten Weltkriegs.

Bewertung vom 06.01.2024
Der Schacherzähler
Pinnow, Judith

Der Schacherzähler


ausgezeichnet

Malu ist alleinerziehende Mutter und verdient ihren Lebensunterhalt in einem kleinen Café. Janne, ihr 9jähriger Sohn, hat in der Schule Probleme, still zu sitzen und fährt im Park gerne mit seinem Skooter. Walter, der sich selbst "Oldman" nennt, ist verwitwet und spielt im Park gerne Schach, gegen sich selbst oder einen imaginären Gegner. So lernen sich Janne und Oldman kennen, der kleine neugierige Junge und der zunächst verschroben wirkende Alte werden über das Schachspiel allmählich zu Freunden.
Dies ist ein wunderbar zu lesendes Buch! Anders als von mir erwartet, ist trotz des tiefgehenden Themas der Schreibstil leicht und eingängig. Die einzelnen Kapitel berichten jeweils aus der Sicht eines der Protagonisten, so fühlte ich mich den einzelnen Figuren total nah. Auch die Nebendarsteller kommen später noch zu Wort, werden zu immer wichtigeren Figuren in dieser so zarten Geschichte, in der man sich sowohl freuen als auch so manches Tränchen verdrücken kann.
Dieses Buch kann ich nur jedem wärmstens ans Herz legen, man wird belohnt mit einer Botschaft über Freundschaft zwischen Jung und Alt, in der beide Seiten voneinander profitieren sowie dem grossen Zusammenhalt zwischen Freunden, Familie und Bekannten, bei denen im Zweifel jeder für den anderen da ist.

Bewertung vom 05.01.2024
Aufs Meer hinaus
Enger, Cecilie

Aufs Meer hinaus


sehr gut

Der Roman spielt Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts in einer aufstrebenden Hafenstadt in Norwegen. Dort begegnen sich die beiden jungen Frauen Hanna und Bertha, die eine eher rau und anpackend, die andere fleissig und beeindruckt vom geschäftigen Leben und dem neuen Job.

Wir erleben die Geschichte einer Frauenfreundschaft, die sich langsam aber stetig entwickelt, eingebunden in das geschäftige Leben einer Stadt, in der die Männer das Sagen haben. Die Autorin versteht es ausgezeichnet, das Stimmungsbild der Hafenstadt und ihrer Bewohner zu zeichnen, ich fühlte mich oft in die Vergangenheit zurückversetzt. Es ist eine Geschichte der leisen Töne, ohne jedoch das rauhe Leben dieser Zeit zu beschönigen.

Die thematisch für mich ausgefallene Geschichte habe ich sehr gerne gelesen, obwohl meine Erwartung nach dem Klappentext doch eher auf das Reedereiunternehmen ausgelegt war, das jedoch erst zum Ende des Romans ansatzweise beschrieben wird.

Bewertung vom 18.12.2023
Eine halbe Ewigkeit
Kürthy, Ildikó von

Eine halbe Ewigkeit


ausgezeichnet

Dieser Roman stellt die Fortsetzung des vor 25 Jahren veröffentlichten Bestsellers "Mondscheintarif" dar. Die Hauptdarstellerin Cora Hübsch ist inzwischen auch entsprechend gealtert, befindet in den mittleren Fünfzigern und sieht sich wieder einmal vor einem Umbruch in ihrem Leben: Die Kinder verlassen das Haus, die Ehe ist eingefahren. Das alte Tagebuch, das Cora damals geführt hat, gibt ihr so manchen neuen Denkanstoß.
Auch dieser Folgeband, ein Vierteljahrhundert später, hat mich wieder bestens unterhalten. Da ich mich etwa im gleichen Alter wie Cora befinde, konnte ich ihre mehr oder weniger groß empfundenen Probleme und Problemchen gut nachvollziehen. Mit einer guten Prise Humor, aber durchaus auch selbstkritisch wird hier das eigene Leben reflektiert, begleitet von einigen alten Weggefährten, die ich hier gerne wiedergetroffen habe. Aber auch ernsthafte Themen, wie der frühe Tod der besten Jugendfreundin werden hier sehr sensibel thematisiert.
Das Buch kann ich uneingeschränkt weiterempfehlen, es ist auch ohne Kenntnis des Vorbandes lesbar.

Bewertung vom 07.12.2023
Lindy Girls
Stern, Anne

Lindy Girls


sehr gut

Dieser Roman führt uns in das Berlin der 20er Jahre, in dem die Choreographin Wally eine Truppe von jungen Frauen trainiert, deren gemeinsames Zeil es ist, mit ihrem Tanzprogramm auf den Bühnen der Stadt groß herauszukommen.
Das Buch hat mich toll in eine Zeit des Aufbruchs und der beginnenden Freiheit geführt: Kleine Kneipen, große Bühnen und zwischendrin auch einiges an Hinterhofatmosphäre, verbunden mit dem großen Wunsch der Mädels, jede auf ihre Art aus ihrem bisherigen Leben auszubrechen und vielleicht berühmt zu werden. Die Tanzbegeisterung für die modernen, aus Amerika stammenden Tänze wie Charleston oder den titelgebenden Lindy Hop, konnte ich förmlich aus den Textzeilen spüren. Dennoch ist es kein reines Wohlfühlbuch, Hunger, Armut und die unterdrückte Rolle der Frau werden hier ebenfalls gut thematisiert.
Insgesamt ein toll zu lesendes Buch, bei dem ich mir noch ein kleines bisschen mehr Tiefgang gewünscht hätte, aber sehr zu empfehlen für Fans der 20er Jahre.

Bewertung vom 07.12.2023
Da bin ick nicht zuständig, Mausi
Conny from the block

Da bin ick nicht zuständig, Mausi


ausgezeichnet

Conny ist Mitte vierzig und arbeitet zusammen mit ihren Kolleginnen in Berlin in einer Verwaltungsbehörde. Ungerechtigkeiten kann sie genauso wenig ab wie Veränderungen ihres gewohnten und oft scheinbar gemütlichen Arbeitsablaufs. Dabei kommt auch Connys Privatleben nicht zu kurz.

Mit diesem humorig-schrägen, teils authentischen und teils selbstironischen Buch begleiten wir Conny mit vielen kleinen Episoden durch ihren Arbeitsalltag. Kein Klischee wird ausgelassen, sei es die Behördenmitarbeiter aber auch die Bürger betreffend.

Auch wenn sich der Roman überwiegend aus der Aneinanderreihung einzelner Szenen zusammensetzt, kommt bei der Lektüre zu keiner Zeit Langeweile auf. Die vielen eingestreuten Gespräche in Berlinerischer Sprache lockerten die Leseatmosphäre für mich noch zusätzlich auf. Ich arbeite selbst bei einer Behörde, habe mich stellenweise kringelig gelacht, trotz der gewollten Überzogenheit steckt in den meisten Geschichten mehr als ein Fünkchen Wahrheit drin. Zumindest konnte ich mich als auch einzelne Kollegen in der ein oder anderen Figur wiederfinden. Ein tolles Buch, dass man nicht allzu ernst nehmen sollte, oder etwa doch? Das muss jeder für sich herausfinden!

Bewertung vom 29.11.2023
Eine Frau, ihr Bus und der unverschämt kluge Plan
Janson, Karin

Eine Frau, ihr Bus und der unverschämt kluge Plan


sehr gut

Nach überstandener schwerer Erkrankung verliert die Schwedin Annie ihren Job. Als ehemalige Busfahrerin kommt sie auf die Idee, einen alten Bus zu erwerben, der mit Hilfe ihrer unkonventionellen Schwester zu einem Verkaufsbus umgestaltet wird. Annie macht sich auf die Reise quer durch Schweden, einen Bus voller schöner Wäsche und Bademoden im Gepäck, um diese an die Frau zu bringen.

Allein schon die inhaltliche Idee dieses Romans hat mich total fasziniert. Mit ihrem Wäsche-Bus krempelt Annie nicht nur ihr eigenes Leben um und startet noch mal neu durch, sie gibt auch Frauen Mut, mal wieder zu einem tollen Wäschestück zu greifen und sich damit schön zu fühlen. Die kleinen Episoden und Begegnungen, die Annie auf ihrer Reise erfährt, sind wunderbar und leicht zu lesen, dabei ist der Hintergrund durchaus auch ernsthafter Art. Freundschaften, familiärer Zusammenhalt und der Mut zu Neuem sind wichtige Themen, die mich in diesem Roman sehr angesprochen haben. Auch das typische skandinavische Flair wurde hier wieder sehr gut herübergebracht. Einige wenige Längen auf Annies Reise konnten mein positives Lesegefühl nicht schmälern, daher gerne ein Leseempfehlung!