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odile

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Insgesamt 27 Bewertungen
Bewertung vom 14.10.2024
Die Übermacht (eBook, ePUB)
Grebe, Stefan

Die Übermacht (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

China braucht nur China
Die chinesische Spitzenwissenschaftlerin Jun Ji Bao bricht in einer deutschen Talkshow vor laufender Kamera tot zusammen. Kurz davor hatte sie um Asyl gebeten und angekündigt,
das größte Geheimnis der chinesischen Regierung zu lüften. Der spektakuläre Todesfall löst eine Kette von Ereignissen aus.

Der Leser befindet sich gleich mitten im Geschehen. Was bewog Jun Ji Bao zu ihrem dramatischen Schritt und wozu benötigte sie einen Nano-Computertomografen? Warum ist sie gestorben? Da die chinesische Botschaft die Leiche noch vor der Obduktion konfisziert und den Todesfall als Herzinfarkt erklärt, kann die Polizei nicht tätig werden. Vom BND wird ein ehemaliger Mitarbeiter, Robert Forster, beauftragt, verdeckt zu ermitteln. Gleichzeitig läuft in China die Suche nach Juns einziger Verwandter Maria auf Hochtouren. Mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln soll sie daran gehindert werden, das Land zu verlassen. In einer Diktatur wie China, die ihre Bürger gnadenlos ausspioniert, erweist sich eine Flucht als nahezu unmöglich. Nach einer Reihe traumatischer Erlebnisse schafft es Maria dennoch nach Deutschland. In Berlin trifft sie Robert Forster und ein atemloser Showdown beginnt.

Der kühle, nüchterne Schreibstil mit kurzen Kapitel passt hervorragend zum Thema und ermöglicht ungestörtes Lesen. Die Handlung spielt an mehreren Orten gleichzeitig. Berlin, Shanghai, Wuhan. Durch den schnellen Wechsel der Schauplätze und Perspektiven baut der Autor einen Spannungsbogen auf, der den Leser nicht mehr loslässt. Die von Beginn an packende Geschichte nimmt im Verlauf weiter an Tempo und Thrill zu. Die Ereignisse um Maria und Robert verlaufen zuerst parallel, bis sich die Protagonisten zum Finale in Berlin treffen.

Das einprägsame Cover gefällt mir sehr. Farben und Gestaltung geben einen deutlichen Hinweis, um wen es sich bei der Übermacht handelt. Die geheimnisvollen Schriftzeichen, die jedes Kapitel einleiten, passen perfekt.

Die Charaktere sind divers und wirken authentisch. Der ehemalige Mitarbeiter des BND, der von Geldeintreibern und seinen inneren Dämonen verfolgt wird, die hochrangige Wissenschaftlerin, die unbedingt schwanger werden will und plötzlich tot ist, die junge Halbchinesin Maria, die Künstlerin ist, aber bei verbotenen Partys als DJ arbeitet, der zwielichtige Mr. Lee, der mächtig und reich ist, aber die chinesische Staatsmacht fürchtet ...
Maria, aber auch Robert, machen im Lauf des Geschehens eine glaubwürdige Entwicklung durch. Maria von der zwar unangepassten, aber eher unpolitischen Künstlerin zu Chinas neuer Staatsfeindin Nr. 1, Robert vom verzweifelt Getriebenen zum Mann, der sein Leben allmählich wieder in den Griff bekommt. Die Motive, die einige der Protagonisten (Jun, Lee) antreiben, werden schlussendlich aufgedeckt.

Das Thema China und seine Machtgelüste ist hochaktuell. Die Corona-Pandemie hat den westlichen Staaten ihre Abhängigkeit vom chinesischen Markt nachhaltig bewusst gemacht. Erste zaghafte Versuche, diesen Umstand zu ändern, haben wiederum die Chinesen aufgeschreckt. Zudem wächst ihre Wirtschaft nicht mehr nach Plan. Diese Brisanz hat Stefan Grebe zu seinem beachtlichen Krimidebüt inspiriert. Was wir über China erfahren, ob über Sozialpunkte oder Geschichtsklitterung, war mir zumindest in Teilen neu. Die Situation der Uiguren wird zwar gelegentlich in den Medien thematisiert, ebenso wie die totale Überwachung der Bürger, aber so bedrückend wie bei Grebe habe ich das noch nie gelesen. Da passen die „Happy Genes“ und ähnliche Manipulationen voll ins Bild. Manches Szenario führte zu Gänsehaut bei mir und ich hoffe, das Schlimmste ist fiktiv.

Stefan Grebe ist ein bemerkenswertes Debüt als Autor politischer Thriller gelungen. Ich fühlte mich von seiner gut aufgebauten Geschichte sofort gefesselt. Tempo und Spannung sind vom Start weg hoch und in der zweiten Hälfte nimmt der Thriller nochmals richtig Fahrt auf. Die Handlung ist nachvollziehbar und schlüssig. Der Autor hat für sein Buch gründlich recherchiert, das war für mich jederzeit spürbar und gefällt mir ausgezeichnet. Alle Fragen werden beantwortet, bis auf eine: Wie wollte Jun mit dem mobilen Nano-Computertomografen vor laufender Kamera die Wirkung von Happy Genes entlarven?

Ich vergebe 5 von 5 Sternen. Für Freunde des Genres ist dieser Thriller ein Muss. Der Cliffhanger am Ende lässt mich auf eine Fortsetzung hoffen.

Bewertung vom 30.09.2024
Agatha Raisin und der tödliche Biss / Agatha Raisin Bd.23
Beaton, M. C.

Agatha Raisin und der tödliche Biss / Agatha Raisin Bd.23


ausgezeichnet

„Es gibt keine Tollheit, deren eine verliebte Frau nicht fähig wäre“. Das Zitat des Schriftstellers W. M. Thackeray beschreibt haargenau Agatha Raisins aktuellen Zustand. Sie hat sich in Carselys Gärtner George Marston verguckt. Und wie immer, wenn sie verliebt ist, macht Aggie sich total zur Närrin.

Leider scheint Marston der begehrteste Junggeselle der gesamten Region zu sein. Nicht nur Carselys Frauenwelt wetteifert um seine Gunst. Doch Agatha übertrifft alle Konkurrentinnen. Zuerst zertrümmert sie ihre Bücherregale, um George mit der Neuanfertigung zu beschäftigen. Dann nimmt sie sich eine Auszeit von der Detektei, um mehr Zeit für ihren Schwarm haben. Zuletzt organisiert Aggie einen Wohltätigkeitsball, weil George ihr den ersten Tanz versprochen hat. Als er sie versetzt, macht sie sich enttäuscht und wütend auf die Suche. Doch dieses Mal hat der Gärtner eine glaubwürdige Entschuldigung. Agatha findet ihn tot in seinem Komposthaufen, auf äußerst niederträchtige Weise ermordet. Sie ist zutiefst erschüttert und beginnt sofort mit den Ermittlungen.
George Marston war ein echter Womanizer. Daher sind etliche Einwohnerinnen Carsleys scheinbar mordverdächtig. Aber auch an Marstons früherem Wohnort sind nicht alle gut auf ihn zu sprechen. Agatha und ihr Angestellter Simon werden Opfer von hinterhältigen Attacken. Kommen sie dem Täter zu nahe? In Carsley geht das Töten weiter. Diese Mordserie erweist sich als bisher kniffligster Fall der Detektei Raisin. Doch Agatha entlarvt trotz Anschlägen auf Leib und Leben bravourös den Killer und schwört – mal wieder – sich künftig weniger obsessiv zu verlieben.

M. C. Beatons Schreibstil ist flott und witzig, wie gewohnt. Dieses Mal war die Autorin in absoluter Hochform. Agathas Wahnvorstellungen von Schlangen im Reetdach fand ich so anschaulich beschrieben, einfach gruselig. Ich war direkt froh über unser Ziegeldach :) Ebenso treffend ihr Humor. „Die Stimme aus dem Grab“ war eines meiner Highlights. Auch das schöne, leicht altmodische Cover passt hervorragend zu diesem Krimi, einer bestens gelungenen Mischung aus Spannung und britischem Humor.
Beatons Charaktere sind wunderbar divers. Die schrille Agatha. Sie kämpft stets mit Selbstzweifeln und sucht fast schon manisch den nächsten Ehemann. Allein in diesem Band kann sie sich gleich mit drei (!) Männern (George, Charles und Jimmy) eine Heirat vorstellen. Andrerseits erweist sie sich erneut als kompetente, hartnäckige Ermittlerin. Auch die anderen haben es in sich. Sarah, die scheinbar biedere, aber pfiffige Pfarrersfrau, die alles souverän im Griff hat. Sir Charles, zwar geizig und sprunghaft, aber der einzige, der Agatha auch unangenehme Wahrheiten sagt. Der exzentrische Roy, schnell beleidigt und süchtig nach Aufmerksamkeit. Die Detektive, die unterschiedlicher nicht sein könnten, vom liebenswerten Phil über die taffe Toni, den Ex-Polizisten Patrick bis hin zum unbedarften Simon, der ebenso leicht entflammbar scheint wie seine Chefin. Der etwas steife Ex, der zuverlässige Bill, der ewig missgünstige Wilkes sowie die skurrile Dorfgemeinschaft Carsleys vervollständigen das kleine Raisin-Universum, in das ich immer wieder gern zurückkehre. Bei Beaton entwickeln sich die Charaktere weiter (Toni!), was ich sehr schätze und im Krimi-Genre eher selten finde.
Wie immer war es ein großer Spaß, zusammen mit Agatha zu ermitteln. Erneut konnte sie mir beweisen, dass die Raisin-Reihe beispielhaft für gelungene Cosy Krimis ist. Wie beruhigend, dass noch einige Bände M. C. Beatons auf ihre Übersetzung ins Deutsche warten.

Bewertung vom 28.09.2024
La Louisiane
Malye, Julia

La Louisiane


ausgezeichnet

Der 18. Bundesstaat der Vereinigten Staaten von Amerika, Louisiana, war von Ende des 17. Jahrhunderts bis 1803 eine Kolonie Frankreichs. 1699 wurde das Gebiet erstmals dauerhaft besiedelt. Dazu wurden dringend „Ehefrauen für die Kolonie“ benötigt. Im Pariser Hospital La Salpêtrière, einem Sammelbecken unangepasster Frauen und Mädchen, für die es in der französischen Gesellschaft keinen Platz gibt, werden sie rekrutiert. Hier beginnt Julie Malyes Roman.

Im ersten Teil, der 1720 spielt, wird die Selektion der neunzig Frauen für Louisiana beschrieben, ihre Reise von Paris bis zum Meer, dann die beschwerliche Schiffspassage. Die Ereignisse sind aus der Sicht der Freundinnen Geneviève, Petronille und Charlotte beschrieben, deren Vorgeschichte wir hier erfahren. Sie überstehen die beschwerliche Reise und überleben einen Piratenüberfall. Die Gefahren und Entbehrungen schweißen sie zusammen. Im sumpfigen Louisiana erwartet sie eine Seuche, der einige der Frauen zum Opfer fallen. Teil 2 erzählt, was die Frauen in der neuen Welt erwartet. Die Überlebenden werden wie geplant mit Siedlern verheiratet, die händeringend nach Ehefrauen suchen. Die Freundinnen verlieren sich aus den Augen. Geneviève lebt mit ihrem Mann, einem Pelzhändler, in Illinois. Charlotte und Petronille bleiben in Louisiana, leben aber an verschiedenen Orten. Nachdem Genevièves erster Mann stirbt, kehrt sie zu ihren Freundinnen zurück. Im 3. Teil kommt eine wichtige vierte Stimme zu den Dreien dazu. Utu’wv Ecoko’Nesel ist eine Heilerin des indigenen Volks der Natchez und schildert die Lage aus Sicht der Ureinwohner.

Julie Malye schreibt die Geschichte längst vergessener Frauen, die große Gefahren auf sich nahmen, um zu überleben. Sie versteht es, mit ihrem lebendigen Schreibstil die Leser zu fesseln. Dank ihrer anschaulichen Beschreibungen fiel es mir sehr leicht, in die Geschichte hineinzufinden. Ich fühlte mich seekrank, habe mich vor den Piraten gefürchtet und spürte die Willkür und Unsicherheit, denen die Frauen konstant ausgesetzt waren. Der Autorin gelingt es mühelos, Spannung aufzubauen. Die Geschichte hat mich sofort gepackt.

Die drei Hauptcharaktere sind sehr verschieden. Da ist Petronille, die verarmte Adlige, die durch ein großes Muttermal im Gesicht gezeichnet ist. Geneviève, die ungewollt Schwangeren hilft und Frauen liebt und Charlotte, die zarte zwölfjährige Waise mit der schönen Singstimme, die bisher nur die Welt von La Salpêtrière kennt. Gemeinsam überwinden sie alle Schwierigkeiten, werden immer stärker und tun, was sie tun müssen, um zu überleben in einer Welt, in der sie kaum mehr als eine Ware sind. Die gut gezeichneten und vielschichtig angelegten Charaktere in den Haupt- und Nebenrollen verleihen der Erzählung Authentizität und Tiefe.

Das Cover gefällt mir sehr gut. Es zeigt das Porträt einer jungen Frau, die angespannt, ja fast erschrocken wirkt. Sie könnte eine der ausgewählten "Ehefrauen für die Kolonie" sein. Die Idee, die Kapitel mit einem Pelikan, dem Wappentier Louisianas, zu schmücken, passt sehr gut.

Julie Malye hat ein wichtiges Buch geschrieben, das den längst vergessenen mutigen Frauen Louisianas und stellvertretend auch anderen in ähnlicher Lage, ein Denkmal setzt. Ich habe das Buch verschlungen und vergebe 5 von 5 möglichen Sternen.

Bewertung vom 22.09.2024
Die außergewöhnlichen Abenteuer der Alice Tonks
Kenny, Emily

Die außergewöhnlichen Abenteuer der Alice Tonks


ausgezeichnet

Bist du ein Switcher?
Sie hätte es wissen müssen! Nach dem misslungenen Willkommenstag ihrer neuen Schule bezweifelt Alice, dass die Pebblewood School das richtige Internat für sie ist. Sie fühlt sich verloren und einsam. Doch dann findet sie unverhofft Freunde. Und plötzlich kann sie mit Tieren sprechen ...

Die elfjährige Autistin Alice kommt ins noble Internat Pebblewood School. Zunächst plagt sie dort Heimweh, da sie sich mit Veränderungen schwertut und auch nicht leicht Freunde findet. Doch dann wendet sich eine Möwe in Not an Alice und bittet sie um ihre Hilfe. Zahlreiche Tiere sind spurlos verschwunden und es werden immer mehr. Alice kann Agent T, so nennt sich der Vogel, verstehen und mit ihm reden. Auch mit anderen Tieren kann sie jetzt kommunizieren, was sie gleichermaßen verwirrt und fasziniert. Alice will Agent T helfen und den Tierkidnapper entlarven. Als sie in Tim und Ottie auch zwei menschliche Freunde findet, fühlt sie sich nicht mehr einsam an der neuen Schule. Doch je näher sie dem Tierdieb kommt, desto größer wird die Gefahr, in der sie schwebt.

Emily Kenny hat mit Alice Tonks eine wunderbare Heldin geschaffen, die gleichzeitig ängstlich und mutig ist. Sie fühlt sich von ihren Mitschülern gemobbt und abgelehnt, weil sie anders ist als diese. Trotzdem hat sie die Fähigkeit entwickelt, Freundschaften zu schließen. Die Autorin beschreibt die Schwierigkeiten, die ein autistisches Kind hat, sehr anschaulich. Sie weiß, wie Alice sich fühlt, denn Emily Kenny ist selbst Autistin. Auch ihre anderen Charaktere sind durchweg glaubwürdig und gut getroffen, ob die Freunde Tim und Ottie, die gemeinen „Teuflischen Schwestern“ oder Constance, die kapriziöse Internatskatze.

Ich habe das Buch sehr gern gelesen. Kennys Schreibstil macht Spaß und fesselt die Lesenden. Scheint der Verbrecher zunächst schnell entlarvt, so erweist sich eine Spur nach der anderen als kalt. Hinter den Tierdiebstählen steckt weit Größeres als vermutet. Um das Rätsel zu lösen, muss Alice über sich hinauswachsen und ein gut gehütetes Geheimnis lüften. Auch Tim und Ottie haben ernsthafte Probleme und müssen dafür eine Lösung finden. Für Spannung ist also gesorgt. Das freche Cover rundet den positiven Gesamteindruck hervorragend ab.

„Die außergewöhnlichen Abenteuer der Alice Tonks“ sind ein großer Lesespaß für alle jungen und jung gebliebene Menschen. Ich hoffe, bald neue Abenteuer mit Alice, Tim, Ottie, Granny und der LGPVT, der loyalen Gesellschaft zur Prävention von Vergehen an Tieren, zu erleben.

Bewertung vom 18.09.2024
Trial of the Sun Queen / Die Artefakte von Ouranos Bd.1
Tuli, Nisha J.

Trial of the Sun Queen / Die Artefakte von Ouranos Bd.1


ausgezeichnet

Viel besser als erwartet!
Trial of the Sun Queen ist der erste Band der New-Adult-Fae-Fantasy-Reihe von Nisha J. Tuli. Eigentlich wollte ich diese nicht lesen. Zu sehr erinnerte mich der Plot an die Hunger Games und andere Fantasy-Reihen, die ich kenne. Meine Freundin ist aber ein begeisterter Fan der Reihe und hat mir das Buch geschenkt. Also musste ich es lesen – und ich bin froh darüber!

Die junge Lor lebt seit zwölf Jahren im finstersten Gefängnis von Aurora unter den schlimmsten Gewalttätern des Landes. Warum? Sie weiß es nicht. Bereits in ihrer Kindheit wurden ihre Eltern getötet, und sie und ihre Geschwister Tristan und Willow in den Kerker Nostraza geworfen. Lors Leben ist ein Albtraum voller Hunger, Schmerz und Erniedrigungen. Nur ihr glühender Hass hält sie am Leben. Als sie sich in einer völlig aussichtslosen Situation befindet und bereits mit dem Leben abgeschlossen hat, wird sie überraschend aus dem Gefängnis entführt. Jetzt muss sie sich völlig anderen, aber genauso gefährlichen Prüfungen stellen.

Die Erzählung beginnt langsam, fast trist. Ganz allmählich steigert sich das Tempo und zieht den Leser wie einen Sog in die Geschichte hinein. Lors diffuses Gefühl, das etwas überhaupt nicht stimmt, hat sich nach und nach auf mich übertragen. Die Autorin schafft es glänzend, den Leser zu fesseln und in den Roman hineinzuversetzen. Ihr flotter Schreibstil und die kurzen Kapitel sorgen für einen ungestörten Lesefluss. Das attraktive Cover hat mir gut gefallen. Es passt hervorragend mit dem Gold des Sonnenkönigs und den wichtigsten Symbolen, wie dem Spiegel und dem roten Edelstein.

Lor war mir von Anfang an sehr sympathisch. Ihr Lebenswille und ihre Widerstandsfähigkeit sind beeindruckend. Ebenso ihre Liebe und Loyalität gegenüber ihren Geschwistern. Mir haben aber auch ihre Dickköpfigkeit, ihre mangelnde Diplomatie – die hier eher wie Ehrlichkeit wirkt - und ihre Wildheit gefallen. Dass sie sich trotz ihrer Vorgeschichte für ihre Konkurrentinnen einsetzt und sie rettet, bzw. ihnen hilft zu überleben, hat mir sehr imponiert. Atlas wirkte von Anfang an auf mich als „zu gut, um wahr zu sein“. Wie er sich mit Traditionen, Regeln und Vorschriften entschuldigt … Gabriel ist der Charakter aus dem ich bis zum Ende von Teil 1 nicht richtig schlau geworden bin. Und Nadir? Auf ihn bin ich gespannt. Er wirkt vielversprechend. Die Charaktere haben mich überzeugt. Sie wirken durchweg stimmig. Der ein oder andere mag noch etwas blass erscheinen, aber es liegen ja noch drei Bände vor uns.

Mir hat es sehr gefallen, mit Lor viele kritische Situationen zu meistern und zu beobachten, wie sie stetig wächst und stärker wird. Ich hoffe, dass sie ihre Wildheit und Spontaneität behält und bin gespannt auf weitere Abenteuer und romantische Entwicklungen. Nisha J. Tuli hat mich überrascht und überzeugt mit unerwarteten Wendungen und neuen Ideen. Jetzt warte ich ungeduldig auf den nächsten Band ...

Bewertung vom 15.09.2024
Das Smartphone
Meller, Marc

Das Smartphone


gut

Die Studentin Paula kauft ein gebrauchtes Smartphone, wie schon 19 Prozent der deutschen Bevölkerung vor ihr. Ein Kauf mit weitreichenden Konsequenzen. Der Verkäufer ihres Smartphones wird getötet und sie ist aus Sicht der Polizei eine Mordverdächtige. Doch Paulas Albtraum hat gerade erst begonnen ...

82,2 Prozent der Deutschen nutzen ein Smartphone. Welche Möglichkeiten eröffnen sich demjenigen, der keine Skrupel hat und Gewinnmaximierung als einziges Ziel anerkennt? Hier ist es ein Versicherungskonzern, der mit Faktor X, einer KI-generierten Spyware, Smartphones bzw. deren Besitzer ausspioniert. Das Thema hat genau meinen Geschmack getroffen. KI und neue Medien liegen derzeit im Trend und ich bin eine leidenschaftliche Krimileserin. Ein neuer, überzeugender Plot kommt mir immer sehr entgegen. Im Nachwort bestätigte sich mein Eindruck, dass dem Autor das Thema Umgang mit neuen Technologien ein Anliegen ist. Dort weist er auch eindrücklich daraufhin, wie einschneidend die Folgen für viele wären, falls eine KI über die Vergabe von Versicherungen bestimmte.
Ich war bereits nach der Leseprobe tief in die Geschichte eingetaucht und wollte unbedingt wissen, wie es mit Paula weitergeht. Die Verknüpfung des Missbrauchs neuer Technologien mit dem Schicksal einer sympathischen Hauptfigur fand ich sehr gelungen. Schockierend fand ich, wie schnell das Leben eines Menschen aus den Fugen geraten kann, ganz ohne eigenes Zutun.
Vielleicht sollten wir in diesem Bereich alle vorsichtiger sein?

Meller schreibt flott und baut schnell Spannung auf. Der Autor hat sehr gut recherchiert, ob Nebensächliches, wie über Eichenfässer in denen Malt Whiskey reift, oder Wichtiges, wie die Fakten, die Informatik oder Epigenetik betreffen. Er gibt dem Leser das nötige Hintergrundwissen. Leider schießt er dabei gelegentlich über das Ziel hinaus, was den Lesefluss etwas behindert.

Paula als Hauptcharakter war mir sehr sympathisch. Ich fand ihre Handlungsweise bis auf einmal, als sie allein die Mafiabar betreten hat, sehr gut nachvollziehbar. Auch ihr Zusammenbruch, nach der Absage Kleimanns, war absolut glaubwürdig. Schließlich wurde ihr sozusagen der Boden unter den Füßen weggezogen. Auch ihre Überlegungen nach dem zweiten Besuch bei Prof. Kleimann und die Auszeit von ihrem Team fand ich logisch.
Ein widersprüchlicher Charakter war Emil für mich. Immer dann, wenn ich beschlossen hatte, ihm zu trauen, passierte etwas, das mich wieder an ihm zweifeln ließ. Wie sich die Folgen bipolarer Störungen äußern, weiß ich nur sehr oberflächlich. Sein selbstloses Handeln im Epilog hat mich aber mit ihm ausgesöhnt.
Eine weitere interessante Protagonistin war Gabriela für mich. Ohne sie entschuldigen zu wollen, kann ich mir ihre Schwierigkeiten beim Erklimmen der Karriereleiter in einem Weltkonzern gut vorstellen. Vermutlich färbt dies auf den Charakter ab. Trotzdem opferte sie täglich Zeit für ihre demente Mutter.
Die übrigen Charaktere blieben etwas blass.

Das Cover hat mir rundum gefallen. Die Farben, die erhabenen Buchstaben, das Frequenzdiagramm und der angedeutete Computercode. Alles schön anzusehen und perfekt zum Thema passend.

Das Thema ist höchst aktuell, die Geschichte hat mich gepackt, sodass ich sie in kurzer Zeit gelesen habe. Die technischen und wissenschaftlichen Erklärungen fand ich durchweg höchst interessant und ich habe viel Neues erfahren. Der Autor hat sehr gut recherchiert, was mir ausgezeichnet gefällt.
Aber: Für einen Thriller gibt es zu viele technische und wissenschaftliche Erklärungen und Wiederholungen.

Mein Fazit:
Wer sich für neue Technologien und Epigenetik interessiert, für den ist dieser Thriller ein absolutes Muss. Obwohl dies auf mich nur bedingt zutrifft, fand ich die Geschichte trotz einiger Kritikpunkte spannend und unterhaltsam.

Bewertung vom 15.09.2024
Nuss und Schluss. Ein Hansel & Pretzel Krimi (eBook, ePUB)
Baker, Dani

Nuss und Schluss. Ein Hansel & Pretzel Krimi (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

In „Nuss und Schluss“, dem ersten Band der Hansel & Pretzel-Reihe von Dani Baker, kommt Sieglinde Sommer, genannt Linn, in die kanadische Kleinstadt Kitchener-Waterloo. Nach dem Scheitern ihrer Ehe will sie sich neu erfinden. Sie ändert Wohnort, Arbeitgeber, Job und Vornamen. Doch gleich ihr erster Arbeitstag in der deutschen Bäckerei beginnt mit einem Supergau. Nachdem sie es gerade noch rechtzeitig nach Kitchener geschafft hat, findet sie im Hinterhof ihrer neuen Arbeitsstätte eine Leiche. Und nicht irgendeine Leiche! Bei der Toten handelt sich ausgerechnet um Sidney Stark, einflussreiche Stadträtin und Erbin einer Supermarktkette. Prompt wird ihr Chef, der Bäcker Rainer, als tatverdächtig verhaftet. Da Linn von seiner Unschuld überzeugt ist, beginnt sie selbst zu ermitteln. In Kitchener ist der Mord Stadtgespräch. Linn kann sehr gut zuhören und erhält so neue Informationen über die Tote, die außergewöhnlich unbeliebt war. Viele hatten Grund, sie zu hassen. Rainer wird bald aus der Untersuchungshaft entlassen. Doch Linn ermittelt heimlich weiter und kommt dem Täter immer näher. Zu nah?

Deutsche im Ausland sind für mich immer ein interessantes Thema. Hier dient diese Konstellation als Aufhänger für eine Krimireihe. Linn nimmt vieles anders wahr als ihre Mitbürger. Dass die Autorin selbst in Kanada lebt und sich bestens auskennt, ist gut zu spüren.

Obwohl ich ein bekennender Fan von Cosy-Krimis bin, kannte ich Dani Baker noch nicht. Ein Umstand, den ich schnellstens ändern werde. Ihr flotter Schreibstil hat mich die Geschichte beinahe inhalieren lassen. Ich schätze ihren Humor sehr. Sie geizt nicht mit lustigen Sprüchen, ohne seicht zu werden. Mein Lieblingszitat: „So viel Gesundes würde meinem Körper schaden. Da müsste ich anschließend zwei Tafeln Schokolade und eine Tüte Chips essen, um das wieder zu neutralisieren.“

Ganz nebenbei erfährt der Leser einiges über die Eigenheiten der Kanadier. Ob Schecks statt Lastschrift, Ehrenamt oder Toplader-Waschmaschinen, die Autorin hat gut recherchiert. Das bestätigte mir eine amerikanische Freundin, die lange Zeit an der kanadischen Grenze gelebt hat. Manches mag etwas überzeichnet sein, das ist dem Genre geschuldet. Das trifft jedoch nicht auf Lakishas Beschreibung eines Anaphylaktischen Schocks zu. Nachvollziehbar erklärt.
Den Kriminalfall fand ich für einen Cosy-Krimi ziemlich spannend. Lange tappte ich im Dunkeln. Aber es gab auch genügend Verdächtige und Motive.
Die leckeren Backrezepte am Buchende waren noch ein weiteres Highlight für mich. Trotz der Hitze habe ich bereits eines ausprobiert. Lecker, echtes Hüftgold.

Linn ist mir sehr sympathisch. Nach dem Ende ihrer Ehe krempelt sie die Ärmel hoch und wagt einen Neuanfang. Sie ist klug, tatkräftig und empathisch. Dass gleich zwei attraktive Männer durch ihre bloße Anwesenheit Linns Denkvermögen jeweils schock gefrieren, ist zwar übertrieben, aber amüsant. Ihre WG-Mitbewohner sind divers. Der bullige Gesundheitsfanatiker Igor ist ein Sensibelchen was den Mordfall betrifft und beschwert sich über zu viel Butter in Backwaren. Mitbewohnerin Mac dagegen sieht aus wie ein Goth-Model, verfügt über hervorragende PC-Kenntnisse und hat mennonitische Wurzeln. Kyle ist einer der zwei Gründe, die Schnappatmung bei Linn auslösen. Seine Freundin Norah ist vor einem Jahr spurlos verschwunden, ohne Gepäck und ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Vermieter Bryan ist harmoniesüchtig und stets auf Ausgleich bedacht. Und da ist noch Inspektor Bas van de Groot. Groß, blond, blauäugig ist er Linns Objekt der Begierde.
Man sieht, die Autorin hat sich mit ihren Charakteren Mühe gegeben. Ihr volles Potenzial werden sie erst noch entfalten.

Das Cover hat mir sehr gut gefallen. Farben, Darstellung und Schriftzug wirken leicht altmodisch und passen perfekt. Das Brezel-Design der Kapitelseiten ist hübsch und stimmig.

Die Autorin setzt das Konzept des Cosy-Krimis hervorragend um. Für alle Freunde des Genres ein absolutes Muss! Großartig, dass es mit Linn weitergeht. Band Zwei, einen Weihnachtskrimi, werde ich mir nicht entgehen lassen. Die Leseprobe am Buchende verspricht weiteren großen Lesespaß.