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Lesebiene72
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Franken

Bewertungen

Insgesamt 87 Bewertungen
Bewertung vom 20.08.2024
Die Gräfin
Nelles, Irma

Die Gräfin


sehr gut

Historisch belegter Roman
Dem Roman "Die Gräfin" von Irma Nelles liegt eine historisch belegte Geschichte der Gräfin von Reventlow-Criminil zugrunde. Diese hat tatsächlich zur Zeit des 2. Weltkrieges sehr abgeschieden und für ihre Verhältnisse einfach auf einer Hallig im Wattenmeer gelebt was für eine Frau dieser Zeit äußerst außergewöhnlich war. Über sie gibt es zahlreiche Anekdoten - eine davon ist Grundlage für den vorliegenden Roman.
Die Gräfin war weithin bekannt für ihr Engagement. Sehr einfühlsam und detailreich beschreibt die Autorin nicht nur den Lebensalltag der Gräfin und ihrer Helfer sondern auch ihre Hilfsbereitschaft und ihren Mut gegenüber Flüchtlingen des Nationalsozialismus. In diesem kleinen Buch wird nicht nur die Hilfe und Menschlichkeit gegenüber einem einzelnen gestrandeten britischen Piloten thematisiert sondern auch die Würde des Menschen, die Hilflosigkeit des Alterns, und die Werte des Lebens wie Entschlossenheit und innere Stärke im allgemeinen.
Dieser kurze und sehr authentische Roman der sich nur über ein paar Tage des Lebens erstreckt gibt einen herausragenden Einblick in die damalige Zeit.
Die kleinen Fluchten ins plattdeutsche des Kutschers werden von jedermann verstanden und machen die Geschichte umso glaubwürdiger.
Leider bleibt das Ende über das Schicksal des Piloten in diesem Buch offen; gerne hätte ich hier noch weitergelesen.

Bewertung vom 10.08.2024
Glutmoor / Janosch Janssen ermittelt Bd.2
Engels, Lars

Glutmoor / Janosch Janssen ermittelt Bd.2


ausgezeichnet

Spannend und solide
Ich habe Teil 1 mit diesem Ermittlerduo nicht gelesen, bin aber trotzdem schnell mit den Figuren warm geworden; ich hatte auch nicht das Gefühl, dass mir wichtige Hintergrundinformationen fehlen. Die Bücher können also unabhängig voneinander gelesen werden. Band 1 werde ich mir aber trotzdem noch holen, einfach weil der Autor einen schönen, klaren und mitreißenden Schreibstil hat.
Die Geschichte wird sehr realistisch dargestellt, genau mit dem richtigen Spannungsaufbau, so dass es von Anfang bis Ende glaubwürdig bleibt. Immer wieder wird man mit kleinen Ausflügen in die Vergangenheit auf eine neue Spur geführt. Der "Fall" nimmt dadurch einige nicht vorhersehbare Wendungen, welche aber immer begründet und nachvollziehbar dargestellt werden. Das Ende hat mich dann doch etwas überrascht - hatte ich so nicht auf dem Schirm; aber gut gelöst.
Sämtliche Protagonisten agieren mit dem richtigen Maß an Einfühlsamkeit und Professionalität und wirken dadurch sehr menschlich.
Für diesen gelungenen soliden Krimi mit dem nötigen Spannungsfeld möchte ich daher eine klare Leseempfehlung geben.

Bewertung vom 04.08.2024
Das Verrückte Orakel / Die magische Bibliothek der Buks Bd.1
George, Nina;Kramer, Jens J.

Das Verrückte Orakel / Die magische Bibliothek der Buks Bd.1


ausgezeichnet

Büchermagie
Vorweggenommen muss ich sagen, dass dieses Kinder-/Jugendbuch mein bisheriges Lesehighlight für dieses Jahr war. Spannend von der ersten bis zur letzten Seite. Aber auch eine erschreckende Vorstellung wenn ein derartiges Szenario, eine Welt ohne Bücher, Wirklichkeit wird. Am Rande davon bewegen wir uns ja schon - alles digital und mit absoluter Kontrolle. Selbst meine Enkeltochter fand die Vorstellung so zu leben wie die 4 Protagonisten - ohne Bücher und alles am Handy überwacht - gruselig.
Die Geschichte der 4 Freunde die sich etwas rebellisch gegen diese Kontrolle auflehnen und die Magie der Bücher in einem von Menschen verlassenen und von Bücherbuks bewachten alten Haus kennenlernen wird auf eine eigene spannende und magische Art und Weise erzählt. Immer wieder werden die kleinen Leser mit Anspielungen auf bekannte Bücher sowie Buchklassiker konfrontiert die einem erwachsenen Leser natürlich sofort ins Auge springen aber die jungen Leser auch zum Nachfragen anregen. Auch die Namen der kleinen Buchbuks sind lustig und äußerst passend gewählt.

Schade fanden wir, dass das Ende so sehr offen gelassen wird da es bis zum erscheinen von Band 2 im Frühjahr 2025 doch noch recht lange ist. Wir erwarten die Fortsetzung der Geschichte auf alle Fälle mit viel Spannung.
Wir vergeben fünf Sterne plus.

Bewertung vom 01.08.2024
Im Nordwind / Nordwind-Saga Bd.1
Georg, Miriam

Im Nordwind / Nordwind-Saga Bd.1


ausgezeichnet

Schwere Zeiten für Frauen
Und wieder ein gewaltiger und mitreißender Roman der Autorin der uns in die Anfänge des letzten Jahrhunderts schickt. In gewohnt ausführlich und gut recherchierter Miriam-Georg-Manier werden wir ins traditionelle hanseatische Hamburg entführt. Sehr lebendig und atmosphärisch wechselt sie im Leben der Hauptprotagonistin immer wieder in deren Kindheit auf dem Land zurück. So ergibt sich ein umfassendes Bild von Alice mit all ihren Problemen, ihrer Sturheit aber auch ihren Hoffnungen und Sehnsüchten. Aber auch die Problematiken der damaligen Gesellschaftsschichten - gebildet/ungebildet, arm/reich, herrschaftlich/untertänig, städtisch/ländlich und nicht zuletzt sesshaft/fahrendes Volk - werden thematisiert und stellen dies sehr anschaulich, und in vielen Nebencharakteren, dar. Sehr lebendige Figuren werden gezeichnet und runden diesen Roman sehr authentisch ab.
Geschichte in vielen Facetten wird hier mal wieder aufgezeigt, allen voran: die Rechte der Frauen, juristische Geschichte des Scheidungsrechts, Brauereigeschichte sowie die Geschichte des Hamburger Doms ohne dies alles zu beschönigen.

Miriam Georg ist hier wieder einmal ein aufschlussreicher, dramatischer und bildgewaltiger Roman der den Alltag wiederspiegelt gelungen, den man nicht aus der Hand legen kann und sehnsüchtig den Oktober herbeisehnt um in Band 2 zu erfahren wie sich das Leben von Alice, John, Rosa, Henk und den andern (auch vor dem Hintergrund des drohenden bevorstehenden 1. Weltkrieges) weiterentwickelt;

Bewertung vom 15.07.2024
Signum / Stormland Bd.2
Lindqvist, John Ajvide

Signum / Stormland Bd.2


sehr gut

Hoffnung auf Band 3
Ich hatte mich sehr auf Band 2 der Trilogie gefreut, hatte ich Band 1 "Refugium" doch erst vor 2 Monaten regelrecht verschlungen. Ich wollte unbedingt die spannende Fortsetzung dieses Thrillers lesen.
Leider kann Band 2 bzgl. der Spannung nicht mithalten. Mir fehlt der rote Faden. Alles ist etwas oberflächlich, gekünstelt, in die Länge ziehend und gar nicht authentisch. Das Verhalten von Julia und Astrid ist teilweise sehr befremdlich und erschließt sich mir nicht immer. Die On-Off-Beziehung von Kim und Julia überlagert etwas die eigentlichen Geschehnisse wie die der Entführung und des Todes des ehemaligen Psychologen von Kim und dessen Aufklärung durch die Polizei. Die Recherchen für das neue Buch von Julia bzgl. der wahren Schweden werden auch nur ansatzweise dargelegt; ich gehe aber davon aus, dass diese bereits die Vorbereitungen für Band 3 sind und sich erst dann alles in einem finalen Ende aufklärt.

Meiner Meinung nach sollte vorher auf alle Fälle "Refugium" gelesen werden um die einzelnen Charaktere und die Beziehungen zueinander zu verstehen.
In Band 2 sind die einzelnen Kapitel auch wieder sehr kurz gehalten, so das doch ein gewisser Lesefluss entsteht.
Alles in allem ist es doch eine gute Geschichte, auch wenn mir dieser Band etwas lückenfüllend und als die Vorbereitung für Band 3 erscheint auf welchen wir nun 1 Jahr warten müssen.

Bewertung vom 09.07.2024
Das Pfauengemälde
Bidian, Maria

Das Pfauengemälde


sehr gut

Schwierige Reise

Kommt ganz darauf an unter welcher Prämisse ich dieses Buch lesen möchte. Wenn ich einen Unterhaltungsroman erwarte wie es der Klappentext und die Leseprobe suggerieren werde ich mit Sicherheit enttäuscht werden. Diese Buch geht tiefer. Es handelt natürlich genau von dem was der Klappentext verspricht. Das Thema bietet schließlich Stoff für einen wunderbaren Roman, doch hat sich die Autorin dagegen entschieden und vielmehr ein literarisches Werk erschaffen welches sich intensiv sowohl mit familiärer Trauer- und Vergangenheitsbewältigung, Identitätsfindung, rumänischer Kultur und politischer Willkür (sowohl in der Vergangenheit als auch im Jetzt) auseinandersetzt.
Die einzelnen Charaktere der großen Familie werden sehr authentisch dargestellt; allerdings wäre ein Personenregister manchmal hilfreich gewesen um die manchmal etwas verzwickten Verbindungen leichter verstehen zu können.

Dieses Erstlingswerk bietet eine atmosphärische Geschichte in einem immer noch zerrissenen Land der EU in dem nicht nur extreme finanzielle sondern auch große Stadt - Land sowie politische Unterschiede vorherrschen.
Die Autorin hat es bestens verstanden genau diese Unterschiede sehr anschaulich herauszuarbeiten.
Mit waren diese extremen Unterschiede nicht so sehr bewusst doch wurden sie von meiner rumänische Schwiegertochter genauso bestätigt.
Ein sehr anschauliches Werk um besser verstehen zu können.

Bewertung vom 20.06.2024
Das Baumhaus
Buck, Vera

Das Baumhaus


ausgezeichnet

Ein Buch bei dem bereits das Cover sehr atmosphärisch ist - Schriftzug/Titel sowie die Buchseiten in neongrün machen dieses Buch zu einem Hingucker im Regal zu dem man einfach greifen muss. Und dieser Griff hat sich (für mich) definitiv gelohnt.

Vollkommen harmlos fängt die Autorin mit 3 verschiedenen Erzählsträngen an, diese haben erst mal gar nichts gemeinsam.
Auf allen Erzählsträngen werden sämtliche Charaktere, auch die etwas Ungewöhnlichen, sehr facettenreich dargestellt. Und ganz allmählich, ganz ruhig - fast unsichtbar - werden die Kreise mit einigen Überschneidungen der einzelnen Stränge miteinander verwoben. Gleichzeitig zieht sich die Schlinge um den/die Täter immer enger zu.
Die Autorin schafft es sehr atmosphärisch, mit vielen Zwischentönen, einem Umeinanderkreisen und verweben, geschickt, ohne aufgesetzt oder gar realitätsfremd zu wirken, immer mehr Spannung aufzubauen.

Aber wirklich erst gegen Ende fügen sich die Stränge zu einem starken Tau zusammen und alles ist auf einmal vollkommen logisch. Trotzdem dürfte den einen oder anderen das Ende überraschen.

Die Autorin hat es mit ihrem leichten Schreibstil (wieder einmal) geschafft ein schwieriges Thema in einen ungewöhnlichen Thriller mit Gänsehautfeeling zu packen.
Für mich mein bisheriges diesjähriges Lesehighlight.

Bewertung vom 29.04.2024
Unter dem Moor
Weber, Tanja

Unter dem Moor


sehr gut

Leiser Start im Hier und Jetzt Ich muss zugeben ich habe etwas Probleme diesen Roman als das zu bewerten als was ich ihn ausgesucht hatte. Ich hatte ihn unter der Prämisse historischer Roman ausgesucht und gelesen. Historischer Roman ist für mich etwas anderes. Nichtsdestotrotz handelt es sich um einen, wie ich finde, guten Roman, aber eben nicht historisch.

3 sehr unterschiedliche Frauen, 3 Schicksale, 3 Zeitepochen. Aber sind sie miteinander verbunden? Und wenn ja, wie? Nur mit dem Ort - dem Haff, oder doch irgendwie anders?
Zeitlich spielen die einzelnen Zeitstränge in der frühen NS-Zeit, in der DDR-Zeit sowie dem Hier und Jetzt, nach der Pandemie.
Es wird in allen 3 Zeitsträngen eine eigene gewisse Spannung aufgebaut, die einzelnen Charaktere der Frauen sind sehr gut ausgearbeitet und erzählen von Frauen ihrer Zeit mit sämtlichen Stärken und Schwächen sowohl privater, emotionaler Natur als auch dem politischen Zeitgeist geschuldet. Erst relativ spät erkennt man einzelne Zusammenhänge; und spätestens dann hat es einen gepackt und man kann das Buch kaum mehr aus der Hand legen.

Ein großes Buch mit großartig gezeichneten Frauen ihrer Zeit das einen berührt und nachdenklich macht.
Auch wenn es ein ganz anderes Buch war als ursprünglich gedacht gebe ich diesem Buch eine Lesempfehlung.

Bewertung vom 06.04.2024
Schicksalsjahre. Die Frauen vom Neumarkt (eBook, ePUB)
Heiland, Julie

Schicksalsjahre. Die Frauen vom Neumarkt (eBook, ePUB)


sehr gut

3 Frauen auf verschiedenen Zeitebenen fest verbunden mit einem historischen Bauwerk
Von der Autorin hatte ich bis dato noch nichts gelesen, aber das interessante Cover mit dem Bildnis einer Frau aus vergangenen Tagen vor der Silhouette Dresdens hat mich sofort in seinen Bann gezogen. Auch der Klappentext klang vielversprechend weshalb ich dieses Buch unbedingt lesen wollte; versprach es doch eine spannende Familiengeschichte eingebettet in die dramatischen Ereignisse einer kriegszerstörten und wiederaufgebauten Stadt, insbesondere einer weltbekannten Kirche.
Die Autorin hat einen schön flüssigen und mitreißenden Schreibstil. Man fühlt sich zeitweise mitten in die Geschichte einer 3 Generationen umspannenden Familiengeschichte hineinversetz. Die Figur der mittleren Generation wird allerdings etwas stiefmütterlich dargestellt - hätte aber durchaus etwas mehr Aufmerksamkeit verdient, spiegelt sie doch ebenfalls eine sehr schwierige Zeit wieder; hier hätte ich mir etwas mehr Informationen gewünscht.
Die Epoche der Lotte während und kurz nach dem Krieg sowie die Zeit des Wiederaufbaus der Frauenkirche nach der Wende werden hingegen sehr detailliert dargestellt.

Aber neben den persönlichen Schicksalen und Liebesgeschichten der 3 Generationen stellt die Autorin noch etwas ganz anderes in den Vordergrund: die Frauenkirche in Dresden. Detailliert und historisch gut recherchiert bringt uns die Autorin die Geschichte dieses Bauwerkes wirklich näher - immer verbunden mit den Schicksalen der Frauen.

Für mich war dieses Buch ein gelungenes Leseerlebnis und bestimmt nicht das letzte Buch der Autorin.

Bewertung vom 22.03.2024
Eine Fingerkuppe Freiheit
Zwerina, Thomas

Eine Fingerkuppe Freiheit


sehr gut

Bildgewaltig
Bei dem Buch "Eine Fingerkuppe Freiheit" handelt es sich um ein großes Stück Zeitgeschichte über Freiheit, Eigenständigkeit, Beharrlichkeit und Mut - beeindruckend und unterhaltsam erzählt. Erzählt von einem Autor der selbst erblindet ist; in einer unvergleichlichen poetisch anmuteten Art und Weise, ein historischer Roman mit ein bisschen Sachbuch. Gleichsam faszinierend und beeindruckend wie der Autor eine solch revolutionäre Erfindung der Geschichte auf so wenigen Seiten in einer sehr bildhaften Sprache zu Papier gebracht hat, dabei schreibt er sehr authentisch und einfühlsam. Manches mal schweift er allerdings etwas weit ab.
Für den Ein oder Anderen mag dieser bildhafte Schreibstil altmodisch oder "Aus der Zeit gefallen" anmuten, doch passt er wunderbar zu der historischen Figur des Louis Braille. Auch der Einband des Buches ist der Geschichte geschuldet - ein kleiner Junge vor dem weiten Hintergrund eines Kornfeldes lässt sofort ein Bild des Heimatdorfes des kleinen Louis Braille vor dem geistigen Auge entstehen.
Mir hat dieses Buch durchaus schöne und interessante Einblicke in ein gewaltiges Lebenswerk bereitet, doch ist der Schreibstil schon etwas speziell und nicht jedermanns Sache; der Lesefluss kommt manchmal schon etwas ins stocken.