Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
EmiliAna
Wohnort: 
Fulda

Bewertungen

Insgesamt 54 Bewertungen
Bewertung vom 31.08.2017
Die Kapitel meines Herzens
Lowell, Catherine

Die Kapitel meines Herzens


schlecht

Der Klappentext liest sich vielversprechend:
"Samantha ist jung, klug, frech - und die letzte lebende Nachfahrin der berühmten Geschwister Bronte. Ein Umstand, mit dem sie nicht gerne hausieren geht. Doch der Tod ihres Vaters und das geheimnisvolle Erbe, über das alle Welt bereits spricht, zwingen sie, sich mit den Rätseln ihrer Familiengeschichte auseinanderzusetzen. Gemeinsam mit ihrem ebenso scharfzüngigen wie attraktiven Literaturprofessor in Oxford begibt sich Samantha auf eine Reise in ihre Vergangenheit, bei der sich die beiden näherkommen, als sie ahnen konnten..."

Von Vogue erhielt der Roman obendrein noch das Attribut "unwiderstehlich clever", und so machte ich mich voller gespannter Erwartung und Vorfreude an die Lektüre eines der konfusesten und langweiligsten, gleichzeitig auch ärgerlichsten Romane, die mir in den letzten Jahren untergekommen sind.
Die Verwirrung steigerte sich von Seite zu Seite des Buches, dessen quasi nicht existierende Handlung mit vorgeblich klugen, gar intellektuellen Dialogen angefüllt ist, die sich für mich bald schon als hohles und nichtssagendes ungelenkes Geplänkel entlarvten.

Die abenteuerlich-abwegigen Interpretationsversuche der insgesamt fünf Romane der Bronte-Schwestern ließ mich einigermaßen perplex zurück und ich fragte mich immer wieder, was die Autorin dem neugierigen Leser denn mit ihrem Machwerk eigentlich sagen möchte!

Auch der Schreibstil, den ich im besten Falle als bemüht bezeichnen möchte, macht die Lektüre nicht leichter, was möglicherweise an der Übersetzung liegen könnte, denn es ist nie leicht, Wortspiele aus einer Fremdsprache so in die eigene zu übertragen, dass Ironie und Witz gewahrt bleiben. Doch um diese Möglichkeit zu überprüfen, müsste man das englische Original gelesen haben oder sich die Mühe machen, dies nachträglich zu tun, wovon ich allerdings unbedingt absehen möchte.
Denn auch die Charaktere selbst würden im Original nicht gewinnen können, ist zu mutmaßen! Sie sind zu keinem Zeitpunkt fassbar, bleiben vage Schemen und sind so blutleer, dass man ihre Bekanntschaft eigentlich gar nicht schließen und sie sehr bald schon vergessen möchte.
Vor allem die amerikanische Protagonistin, die durch ihr Leben taumelt und unbeholfen durch den Roman und das alt-ehrwürdige Oxford, das die Autorin offensichtlich nicht einmal kennt, geistert, war für mich eine Quelle des Ärgernisses! Jung ist sie, ja! Aber "frech und klug", wie Vogue sie charakterisierte? Darauf gibt es meines Erachtens in dem Buch keine Hinweise.

Und dabei hätte ein einigermaßen geschickter Schriftsteller aus dem Stoff, dessen sich unglücklicherweise ausgerechnet Mrs. Lowell angenommen hat, etwas wirklich Großartiges machen können!
Er bietet die perfekte Gelegenheit, sich den Schwestern Bronte und ihren bemerkenswerten Werken anzunähern und sie lieben zu lernen. Mrs. Lowell allerdings ist es gelungen, mir die Bronte-Romane fürs Erste zu verleiden, zu sehr werden sie überlagert von kruden Pseudo-Analysen, von denen es sich nun zu lösen gilt.
Und so muss ich eine klare Nicht-Empfehlung für "Die Kapitel meines Herzens" ( im Original viel sinniger "The Madwoman Upstairs") aussprechen.
Positiv steht allein der sehr ausführliche bibliographische Anhang zu Buche, der aber zu meinem Bedauern auch im Nachhinein den Gesamteindruck des Romans nicht heben kann!

Bewertung vom 18.08.2017
Targa - Der Moment, bevor du stirbst / Targa Hendricks Bd.1
Schiller, B. C.

Targa - Der Moment, bevor du stirbst / Targa Hendricks Bd.1


ausgezeichnet

Targa Hendricks arbeitet als Undercover-Agentin für eine Spezialeinheit der Polizei. Dank ihrer besonderen Charaktereigenschaften - sie hat nicht nur einen brillianten Verstand sondern ist auch komplett furchtlos und frei von normalen menschlichen Emotionen - wird sie für besonders schwierige und gefährliche Fälle auserwählt, an denen sich die Ermittlungsbehörden die Zähne ausbeißen.
Doch als sie auf den ebenso intelligenten wie narzistischen und skrupellosen Hochschuldozenten Falk Sandman angesetzt wird, der verdächtigt wird, mehrere junge Frauen umgebracht zu haben, läuft sie nicht nur Gefahr, dem unleugbaren Charme des Mörders zu verfallen sondern gar sein nächstes Opfer zu werden.
Ein Kräftemessen beginnt, das mal zu Gunsten des einen, mal des anderen ausgeht.
Wer aber wird am Ende die Oberhand behalten in diesem grausamen Katz-und-Maus-Spiel zweier gesellschaftlicher Außenseiter? In einem spannenden Finale muss die Entscheidung fallen....

Ja, er ist außerordentlich spannend und darüberhinaus stilistisch elegant dieser Thriller, den sich das Autorenpaar Barbara und Christian Schiller ausgedacht hat! Er ist von geradezu nervenzerreißender Spannung bis zum Schluss, schwächelt in keinem Moment, ist schnell, unheimlich und grausam.
Und das, obwohl die Rollenverteilung von Anfang an klar ist! Der Leser kennt den Mörder, sieht ihm bei seinen bizarren Morden, die durch die völlige Abwesenheit von Empathie abstoßen und erschrecken, über die Schulter, blickt ihm direkt in seine rabenschwarze Seele.
Er ist böse, dieser Mann, von dem dennoch eine unfassbare Faszination ausgeht, dem Frauen auf eine Art verfallen, wie man es sich nur schwer vorzustellen vermag. Und natürlich ist er krank, er ist eine Bestie in Menschengestalt, ein Mörder der Superklasse, sich seiner Überlegenheit sicher.

Wo er in all seiner Grausamkeit dennoch ein klar fassbarer Charakter ist, so ist seine Gegenspielerin Targa ein Rätsel bis zum Schluss! Zu ihrer Seele hat der Leser nur punktuell Zugang, was sie nicht greifbar macht. Bis zum Ende des Thrillers bleibt unklar, auf welche Seite sie eigentlich gehört, denn in ihr kämpft das Gute mit dem Bösen.
Beide Hauptfiguren polarisieren, sie haben keine Grauzonen wie die meisten Menschen, sie sind radikal in ihren jeweiligen Persönlichkeiten.

Und obwohl meines Erachtens ein wenig zu detailreich auf die Tötungsszenen, deren Notwendigkeit ich grundsätzlich und hier im besonderen in Frage stelle, eingegangen wird, ist den beiden Autoren ein in jeder Hinsicht ungewöhnlicher Thriller gelungen, ein finsteres Kammerspiel beinahe, das dem inneren Kämpfen und Ringen ebensoviel Raum gibt wie dem äußeren, - und den ich deshalb bereits den Psychothrillern zurechnen möchte.

Doch es gibt nicht nur die eine, die Haupthandlungsebene, auf der die Ermittlerin und der Psychopath agieren! Mit dieser verwoben sind einige wenige Nebenschauplätze, deren Bedeutung sich erst allmählich erschließt. Und auf diesen Seitensträngen sind Charaktere unterwegs, deren Beziehung zur Haupthandlung und deren Akteuren nach und nach ans Licht tritt, bis zum Schluss die Puzzleteile soweit eingesetzt sind, dass ein klares Bild entsteht.
Wobei das Ende mit einem wahren Paukenschlag daherkommt und wieder neue Fragen aufwirft - die einen Folgeband versprechen, auf den man mit Recht gespannt sein darf!

Bewertung vom 17.08.2017
Die sieben Farben des Blutes / Helena Faber Bd.1
Wilhelm, Uwe

Die sieben Farben des Blutes / Helena Faber Bd.1


sehr gut

Eine bizarre Mordserie versetzt Berlin in Schrecken! Nach und nach werden unerschrockene Frauen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, gegen Ungerechtigkeiten gegenüber Frauen in der Gesellschaft vorzugehen, auf bestialische Weise umgebracht.
Der Mörder, der sich Dionysos nennt, sendet nach jeder seiner abscheulichen Taten ein Video und Botschaften, in denen er angibt, die Opfer "heilen" zu wollen und damit den Frauen ihren von Anbeginn der Menschheit zugewiesenen Platz zurückzugeben.
Seine Botschaften entnimmt er der Schrift "Das Buch Dionysos" aus der Feder des Anthropologieprofessors Rashid Gibran, der bald ins Visier der ermittelnden Behörden, allen voran der mit dem Fall betrauten Staatsanwältin Helena Faber gerät.
Die kämpferische und ehrgeizige Staatsanwältin jedoch ist als eines der nächsten Opfer des fehlgeleiteten Mörders ausersehen, wie sich schnell herausstellt. Und ebenso schnell wird klar, dass Dionysos Kontakte zu Polizei oder Staatsanwaltschaft haben muss oder sogar einer von ihnen ist!
Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, der aussichtslos zu sein scheint, denn Dionysos lässt sich nicht aufhalten. Er mordet weiter und endet sich unaufhaltsam der Vollendung seiner Mission....

Man muss schon sagen - Uwe Wilhelm, der Autor, mutet dem Leser einiges zu!
Er hat einen stilistisch hochklassigen und clever konstruierten Thriller geschrieben, der wegen seiner grausamen und detailreichen Mordszenen gewiss nichts für empfindsame Gemüter ist. Doch ist er außerordentlich spannend, kaum mag man ihn aus der Hand legen, so sehr nimmt er einen gefangen.
Er lässt tief, allzu tief, in die Abgründe nicht nur eines verwirrten Gemüts blicken, die niemandem gefallen können und die sprachlos-wütend machen ob ihrer Anmaßung und Absurdität.
Mit voller Konsequenz und Radikalität widmet sich da ein Psychopath, der sich fast wie ein Messias vorkommt, der Aufgabe, etwas in die Tat umzusetzen, was sich leider noch immer viele Menschen in aller Welt, und nicht nur Männer, wünschen: die krasse Beschneidung der Rechte, die sich die Frauen in jahrzehntelangem Ringen erkämpft haben!

Eine große Rolle in dem Thriller spielen zudem die Hintergrundhandlungen, spielen die zwischenmenschlichen Beziehungen, die sich vor jenen entfalten und in denen die Hauptakteure allesamt ihre wichtigen Funktionen haben. Jedoch sind die vom Autor ersonnenen Charaktere schwer fassbar, sie polarisieren und erschließen sich erst nach und nach. Niemals hat man das Gefühl, auch nur einen von ihnen je wirklich kennenzulernen oder ihre Beweggründe, ihr Denken und Fühlen, so ganz zu verstehen.
Dies mag man vielleicht als Schwachpunkt des Romans ansehen! Man möchte mehr wissen, mehr Informationen und Einsichten erhalten, die zu einem besseren Verständnis der Charaktere und dem, was sie antreibt, beitragen könnten.

Aber ist es tatsächlich ein Schwachpunkt? Gewiss, am Ende bleiben viele Fragen offen, richtig befriedigt ist man nicht. Doch ist das vor allem, wie ich meine, der Dramaturgie geschuldet, denn "Die 7 Farben des Blutes" ist nicht als für sich stehender, abgeschlossener Roman gedacht! Ein Folgeband ist beabsichtigt.
Und von dieser Warte aus betrachtet ist es nur folgerichtig, dass gegen Ende des Thrillers neue Fragen aufgeworfen und alte nur ansatzweise beantwortet werden!
Den Spekulationen des Lesers über den Fortgang der Ereignisse bleiben Tür und Tor geöffnet, seine Neugierde wird hier nicht gestillt - aber vielleicht im zweiten Band? Warten wir es ab....

Bewertung vom 05.08.2017
Das Leuchten einer Sommernacht
Simon, Ella

Das Leuchten einer Sommernacht


ausgezeichnet

In ihrem neuen Roman entführt uns Ella Simon, wie schon in "Ein Gefühl wie warmer Sommerregen", nach Wales, das Land an der britischen Westküste, mal grün mit sanften Hügeln, mal felsig, rauh und meerumtost.
Hier begegnen wir Lynne und Reed. Die beiden kennen sich schon ein ganzes Leben lang, gehen miteinander durch Dick und Dünn, obwohl ihre innige Freundschaft auf wenig Gegenliebe bei den jeweiligen Familien stößt.
Als beide fünfzehn Jahre alt sind trennen sich ihre Wege auf schicksalhafte Weise, um sich zwölf Jahre später wieder zu kreuzen.
Und hier setzt die Handlung des Romans an!
Der junge, unbeherrschte Reed ist inzwischen ein gefeierter Rugbystar, während Lynne ihre Arbeit in den Dienst der Organisation "Gute Fee" gestellt hat, die es sich zur Aufgabe macht, kranken Kindern besondere Wünsche zu erfüllen.
Schnell merken sowohl Lynne als auch Reed, dass die alte Liebe aus Kindertagen keineswegs erloschen ist. Doch die Jahre der Trennung und schwere, prägende Erfahrungen scheinen unüberwindbare Barrieren zu sein.
Jetzt muss sich erweisen, ob beider Liebe stark genug ist, die Vergangenheit zu bewältigen, alles Trennende zu beseitigen und einen Neuanfang zu wagen...

Der sehr flüssig und schön geschriebene Roman ist vor allem eins: eine wunderbare Liebesgeschichte und empfehlenswerte Sommerlektüre!
Eine emotionsgeladene Geschichte voller Dramatik entwickelt sich vor dem Leser, zieht ihn in ihren Bann und lässt ihn bis zur letzten Seite nicht los.

Die Autorin versteht es ausgezeichnet, Spannung aufzubauen und bis zum Ende zu steigern, um sie dann in einem zu Herzen gehenden Finale aufzulösen.
Sie zeichnet glaubwürdige Charaktere, die ihr Leben trotz aller Schwere, die es ihnen aufbürdet zu meistern versuchen, die auf der Suche nach Liebe und Glück sind und doch eingedenk schlimmer Erfahrungen davor zurückschrecken.
Ella Simon lässt sie schmerzhafte Prozesse durchlaufen, denen sie sich stellen und denen sie standhalten müssen, um sich selbst die Chance auf Heilung zu geben.
Und folgerichtig erfahren die Protagonisten eine sehr überzeugende Reifung und Weiterentwicklung ihrer Persönlichkeit, die ihnen schließlich den Weg in eine verheißungsvolle Zukunft eröffnen.
Es fällt nicht schwer, Ella Simons Figuren Sympathie entgegenzubringen, sie sogar ins Herz zu schließen. Sie polarisieren nicht, provozieren nicht, verärgern nicht. Sie sind schlicht und einfach liebenswert und man wünscht ihnen alles Glück der Erde.

Ein Heile-Welt-Roman also? Auf jeden Fall! Und mit dem von den Lesern herbeigesehnte Happy End? Mag schon sein...
Und - warum auch nicht? Der Roman ist ein herzerwärmendes Gegenstück zu den Zeitungen und Nachrichtensendungen, die Tag für Tag mit Mord und Totschlag, mit Kriegen, Intrigen und Betrügereien auf unserem Planeten Schlagzeilen machen.
Er ist wie eine Auszeit vom Alltag - und tut einfach gut!

Bewertung vom 02.08.2017
Herzensräuber
Rygiert, Beate

Herzensräuber


ausgezeichnet

Als der Buchhändler Tobias an der Costa Brava einen herrenlosen Hund adoptiert und mit nach Heidelberg nimmt, wo er ein Antiquariat führt, das mehr schlecht als recht läuft, ahnt er noch nicht, dass Zola, wie er seinen neuen besten Freund nennt, sein Leben tüchtig umkrempeln wird!
Nicht nur hat es sich der lebens- und leidenserfahrene Zola zur Aufgabe gemacht, seinen Menschen nebst den ihm Nahestehenden zu beschützen und ihr Leben in die rechten Bahnen zu lenken sondern es stellt sich schnell heraus, dass der Exil-Spanier dank seines ausgeprägten Geruchsinns gepaart mit einer gehörigen Portion Einfühlungsvermögen in die Menschen, die ihm begegnen, die Gabe besitzt, für jeden Kunden seines Menschen das genau richtige Buch zu finden! Ein Umstand, der Tobias' Geschäft, das bald schon in eine unerwarteterweise geerbte Villa umzieht, einen gehörigen Aufschwung verschafft.
Doch ziehen dunkle Wolken in Gestalt von Tobias' böser und berechnender Exfreundin über den Menschen auf, die Zola am Herzen liegen - und der pfiffige Hund hat alle Hände voll zu tun, sie zu vertreiben, was selbst für ihn und seinen enormen Einfallsreichtum eine kaum zu bewältigende Herausforderung darstellt.
Zola aber wäre nicht Zola, wenn er nicht die Aufgaben, die er sich gestellt hat, auf seine unnachahmliche Art zu einem glücklichen Ende führen würde....

Sollte ich das so bezaubernde Buch beschreiben, das ich nur ungern zur Seite gelegt habe, so würde ich es am ehesten als einen warmherzigen Roman mit Märchenelementen bezeichnen, der sich wie Balsam auf traurige und verwundete Seelen legt.
Ein Roman, der einfach guttut, der aber auch nachdenklich stimmt, manchmal ein wenig traurig, der mitfiebern, mitleiden, sich herzlich freuen - und entschieden vehement Partei ergreifen lässt für die durchweg sympathischen Hauptfiguren, zwischen denen sich recht bald Solidarität und tiefe Freundschaft entwickelt, denen von der bösen Hexe in Gestalt der unverfrorenen Exfreundin übel mitgespielt wird und die auch sonst in allerlei Nöten stecken.

Und dann ist da natürlich Zola, die eigentliche Hauptfigur, der Bücherhund, der weise und unbestechliche Menschenkenner, aus dessen Perspektive der Roman geschrieben ist....
Ja, tatsächlich, ein Roman, in der ein Hund die Rolle des Erzählers übernimmt - und einen charmanteren kann man sich kaum vorstellen!
Die Autorin erweist sich als Hundeversteherin ersten Ranges, wenn sie ihrem Zola Gedanken in den Mund legt und mit so tiefen Gefühlen ausstattet, dass jeder, der das Glück hat, einen Hund zum Freund zu haben, nur verstehend nicken kann!
So genau könnte er empfinden, der Hund, der beste und treueste Freund des Menschen, der mit einem so feinen Geruchsinn ausgestattet ist, dass er womöglich auch allerkleinste Schwingungen wahrnehmen kann, die Menschen sich nicht einmal vorstellen können - und der dann die richtigen Schlüsse daraus zieht!

Überhaupt sind Zolas kluge Gedanken über die Welt und seine zwei- und vierbeinigen Bewohner für mich das Highlight des Romans.
Sie machen immer wieder nachdenklich, aber vor allem sind sie erheiternd und aufbauend - und immer zutreffend!
"Herzensräuber" nennt er die Bücher, die Tobias umgeben! Und wenn sein Mensch in ihnen versinkt, ist es so, als gäbe es die Welt rundum nicht mehr, denn alle Aufmerksamkeit der Sinne und des Herzens gelten dann nur den Buchstaben, die sich zu Wörtern, zu Sätzen, zu Geschichten zusammenfügen!
Wie wahr das ist, kann jede Leseratte, jeder Bücherwurm spätestens nach der Lektüre des "Herzensräuber" nur bestätigen!

Bewertung vom 29.06.2017
By a Lady
Ehrenwirth, Rebecca;Lieke, Nina Marie

By a Lady


ausgezeichnet

Rechtzeitig zu ihrem Todestag liegt mit "By a Lady" eine neue Biographie über die früh verstorbene, aber unsterbliche Jane Austen vor, deren sechs Romane in den letzten dreißig Jahren eine ungeahnte Renaissance erlebt haben.
Und genau letzterem tragen die beiden Autorinnen in besonderem Maße Rechnung - wodurch vorliegende Biographie hervorsticht unter all den Werken, die sich mit Leben und Werk der englischen Schriftstellerin mit der unbestechlichen Beobachtungsgabe und dem scharfen, kritischen Witz beschäftigen, die längst ihren festen Platz unter den Großen ihres Landes hat und vielfach gleichgesetzt wird mit dem Größten der Großen, dem Barden - William Shakespeare.

Auf auch dem Nicht-Fachmann und demjenigen, der mit "Englands Jane" wenig vertraut ist leicht verständliche Art und Weise bietet "By a Lady" einen informativen Einstieg in die Welt der Jane Austen, die das England des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts ist.
In eine Welt wurde sie hineingeboren, die Frauen in der Regel nur wenig Freiheiten gewährte und fast kaum die Möglichkeit zur freien Entfaltung ihrer Talente, sofern diese im Widerspruch standen zu den frauenspezifischen Aufgaben jener Zeit.
Umso bemerkenswerter ist in der Tat Janes Entwicklung, wie die beiden Autorinnen immer wieder durchscheinen lassen.

Nicht viel weiß man freilich über die Pfarrerstochter aus Steventon, nicht weit von London! Außer ihren großartigen sechs Romanen, wenigen Jugendromanen und Romanfragmenten hat sie der Nachwelt kaum etwas hinterlassen.
Gewiss, da gibt es eine Reihe von Briefen, die sie an ihre Schwester Cassandra schrieb!
Doch deren Antworten darauf, die ein Gesamtbild ergeben könnten, existieren nicht mehr. Über die Gründe kann man nur Vermutungen anstellen...

Die Quellen jedoch, die uns zugänglich geblieben sind, haben Rebecca Ehrenwirth und Nina Lieke gründlich studiert und analysiert und daraus eine wunderbare und anschauliche Biographie in kurzen, bebilderten Kapiteln zu den Lebensstationen der berühmten, frühvollendeten Schriftstellerin verfasst, deren Grab man in der Winchester Cathedral besuchen kann, und zu dem ihre zahllosen Anhänger in Scharen pilgern.

Immer wieder ist die Biographie mit Zitaten aus Miss Austens Romanen unterlegt, aus denen die Autorinnen Parallelen zu ihrem Leben und ihrer Lebenseinstellung ableiten und daraus ihre Schlussfolgerungen ziehen.
Auch lassen sie berühmte Zeitgenossen Jane Austens zu Wort kommen, deren Urteil über die Kollegin durchaus kritisch ausfällt.
Doch vieles kann eben doch nur Spekulation bleiben, viele Fragen sind und bleiben offen.
Vielleicht aber macht genau das auch einen Teil der Faszination aus, die Jane Austen mit ihren "altmodischen" Romanen aus einer längst vergangenen Epoche auf den heutigen Leser ausübt...

Lebendiger Beweis der ungebrochenen, ja sogar wachsenden Anziehungskraft ihrer Werke sind ihre unzähligen Adaptionen in Film- und Buchform, sind die Weiterführungen von "Stolz und Vorurteil" & Co von mehr oder weniger bekannten oder gar begabten Autoren, sind die Parodien und Nacherzählungen und die allenthalben stattfindenden "Austen"-Festivals, Fanseiten im Internet und vieles mehr.
Diesem Phänomen haben die beiden Autorinnen denn auch ein eigenes, sehr informatives und viele Leser verblüffendes Kapitel gewidmet.

So ist ein umfassendes Bild einer ungewöhnlichen Schriftstellerin und Frau entstanden, die, ganz Kind ihrer Zeit und doch ihrer Zeit weit voraus, in ihrem nur 42 Jahre dauernden Leben ihren eigenen Weg gefunden hat, um sich gegen die männliche Vorherrschaft zu behaupten und sechs der großen Romane der Weltliteratur zu verfassen, mit denen sie sich für immer in die Herzen ihrer zahllosen Bewunderer geschrieben hat.

Bewertung vom 28.06.2017
Gipfeltreffen
Imboden, Blanca

Gipfeltreffen


ausgezeichnet

Conny ist Kreuzworträtselkönigin! Diesem Umstand hat sie ihren neuen Wohnsitz auf dem Urmiberg im Kanton Schwyz zu verdanken.
Nachdem sie vier Jahre zuvor dank ihrer Rätselfähigkeiten eine Wanderreise nach Morschach gewonnen und sich prompt in den feschen Toni verliebt hat, nahm ihr Leben eine glückliche Wendung. Sie bewirtschaftet jetzt ein Restaurant auf dem Urmiberg zusammen mit ihrem, freilich häufig abwesenden, Wanderführer Toni, ist verliebt wie am ersten Tag und eigentlich fehlt zu ihrem Glück nichts mehr.
Doch dann hat Toni die folgenschwere Idee, die Wanderfreunde von damals zu einem Wiedersehen einzuladen - und damit nimmt eine Reihe von heiteren als auch ernsten Verwicklungen ihren Lauf, in die auch eine reiche, unfreundliche Vermieterin verwickelt ist, und an deren Ende die Frage steht, ob denn Conny, Toni, Freundin Doris und Tante Lotti auch weiterhin auf ihrem geliebten Urmiberg bleiben können...

Die Leser von Blanca Imbodens neuem Roman "Gipfeltreffen" erwartet heiteres Lesevergnügen mit durchaus auch ernsten Elementen, denn die Realität macht eben auch nicht vor den schönsten Plätzen unseres Planeten Halt!

Inmitten einer höchst anschaulich und reizvoll beschriebenen, atemberaubenden Natur auf dem Urmiberg und dessen weiter Umgebung erleben wir die liebenswerte und mit einer guten Portion Mutterwitz gesegnete Frankfurterin und Neu-Schweizerin Conny im wahrsten Sinne "im Glück"!
Eine Idylle, die gefährdet ist durch allerlei Unvorhergesehenes von innen und auch von außen. Denn die Autorin beschränkt sich nicht auf die, zumindest für Conny, gleichsam paradiesischen Verhältnisse auf dem Urmiberg. Zum Glück, - denn so bewahrt sie den Roman davor, in ein zuckersüßes, rosarotes, ganz und gar unwirkliches Einerlei abzugleiten.

Der Leser erfährt viel in diesem Buch! Nicht nur lässt Blanca Imboden allerhand Unbekanntes, Staunenswertes und Skurriles über ihr Heimatland einfließen, das viel aussagt über die Mentalität der Schweizer und deren Einstellung den Bürgern anderer Länder gegenüber, sondern sie lässt Conny auch erfahren, dass sie als Deutsche, die sich in ihrem Ländle niederlässt, nicht gerade geliebt wird. Ja wäre sie denn nur eine Touristin...!

Und nach dem Einzug der Gäste, die damals zur Wandergruppe gehörten, menschelt es auf dem Urmiberg bald tüchtig; nicht jeder kann mit jedem, unterschiedliche Charaktere mit ihren Vorurteilen prallen aufeinander, gehen einander auch mitunter auf die Nerven, die unsympathische Eigentümerin des Restaurants auf Connys Berg taucht auf und giert, obschon reicher als erlaubt sein sollte, nach noch mehr Profit; Seilbahn und Wasserversorgung machen Probleme - und zu guter letzt git es auch noch einen Unfall, der jedoch durchaus auch sein Gutes nach sich zieht...
Denn - "während der Mensch plant, fällt das Schicksal irgendwo lachend vom Stuhl"!

Mit solchen und ähnlichen Alltagsweisheiten wartet der Roman eben auch auf!
Und liebevoll gestaltet, direkt zum Lesen einladend ist er obendrein, - denn jedes Kapitel hat in der Überschrift eine Kreuzworträtselfrage mit der dazugehörenden Lösung, die dann auch das Motto des jeweiligen Abschnitts ist.
Genial - und passend, denn die Kreuzworträtsel sind es schließlich, die Conny in ihre neue Heimat und in Tonis weitgeöffnete Arme geführt und die liebenswerte Geschichte überhaupt erst möglich gemacht haben!
Da kann man die Autorin nur bitten, uns weiterhin teilhaben zu lassen an Tonis und Connys Glück in den Schweizer Bergen...

Bewertung vom 25.06.2017
Denn wer da hat, dem wird gegeben
Pesch, Volker

Denn wer da hat, dem wird gegeben


ausgezeichnet

Der Pfarrer Tom Schroeder orientiert sich nach privaten Krisen neu und beginnt seine Arbeit als Polizeiseelsorger in dem Ostseestädtchen Greifswald.
Er hat einen schweren Start, denn niemand hat auf ihn gewartet, niemand heißt ihn willkommen.
Bald schon entdeckt er, dass die Vertreter der örtlichen Politik und gewisser Verwaltungsinstitutionen in einem Sumpf von Manipulationen, Korruption und allerhand übler Machenschaften mehr zu schwimmen scheinen, bei dem es um Vorteilsnahme, Bereicherung und die Durchsetzung machtpolitischer Interessen geht.
Im Zentrum des Gerangels steht ein verwahrlostes Gelände, auf dem "Bernstein-City", eine mondäne Urlaubsanlage mit allem Komfort entstehen soll, wenn es nach dem Architekten ginge.
Ein mächtiges Konsortium aus dem Ausland hat jedoch ganz andere Pläne!
Nachdem auch noch eine Frauenleiche auf dem Gelände gefunden wird, ist Tom Schroeders Neugierde erst recht geweckt und er macht sich daran, mehr über die Hintergründe zu erfahren, wobei er unter Gefahr des eigenen Lebens mitten ins Zentrum der undurchsichtigen Geschichte vordringt...

Es ist keine leichte Kost, die Volker Pesch dem Leser seines Küsten-Krimis zumutet! Wer eine Ostseeidylle erwartet hat, in der das Leben noch in gemäßigten Bahnen verläuft, wird schnell eines Besseren belehrt!
Stattdessen nimmt sich der Autor eines Themas an, das so brisant wie realistisch ist: die Bestechlichkeit und Morallosigkeit gewisser entscheidungsbefugter Stellen, wenn das große Geld lockt!

Mit allen Mitteln lässt Volker Pesch seine handelnden Personen, von der völlig skrupellosen Bürgermeisterin über Bauamtsbeauftragte und Unternehmer bis hin zu den Vertretern der politischen Parteien ihre haarsträubenden Intrigen spinnen - ohne Rücksicht auf Verluste.
Der Leser spürt die Macht- und Hilflosigkeit jener, die sich den Mächtigen entgegenzustellen wagen und die dafür einfach kaltgestellt werden. Existenzen werden ohne mit der Wimper zu zucken ruiniert, Idealisten verlieren ihre Illusionen oder werden gar in die Verzweiflung getrieben.

Das ist so eindringlich beschrieben, dass es buchstäblich unter die Haut geht, und dass man aufpassen muss, nicht gleich alle Politiker, Unternehmer, Behördenangestellte von Vornherein der Korruption und der Mauscheleien zu verdächtigen, wegen einiger schwarzer Schafe, die es mit Sicherheit gibt...

Nein, der Polizeiseelsorger hat keinen leichten Stand; auf seinem Weg zur Wahrheit erkennt er sehr bald seine Grenzen und wird auch auf seine eigenen Unzulänglichkeiten gestoßen.

Doch trotz des düsteren Themas hat Volker Pesch einen sehr spannenden Roman geschrieben, der mit immer neuen Überraschungen aufwartet.
Spannung erzeugt er dabei nicht durch eine aktionsreiche Handlungsabfolge, sondern vielmehr auf psychologischer Ebene.
Sein Protagonist Schroeder ist kein Held, kein alleswissender Ermittler.
Er ist unsicher und einsam, ein Einzelgänger, der dennoch Sehnsucht nach Kontakten hat; er zweifelt an sich und weiß eigentlich nicht recht, was er mit sich und seinem Leben anfangen soll.
Dass er dazu öfter, als ihm guttut, zum Whiskey greift, ist bedenklich, aber man mag es ihm nachsehen - und hoffen, dass er seine Probleme in den Griff bekommt.

Der Schluss der Geschichte ist letztendlich offen geblieben. Aber das ist nur folgerichtig und passend, denn hier kann es kein versöhnliches Ende geben!
Es lässt allerdings die Vermutung zu, dass Polizeiseelsorger Tom Schroeder noch mit weiteren Fällen konfrontiert sein wird!

Bewertung vom 24.06.2017
Felder, Feuer, Frühlingsluft / Steif und Kantig Bd.5 (eBook, ePUB)
Garnschröder, Gisela

Felder, Feuer, Frühlingsluft / Steif und Kantig Bd.5 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Die beiden Schwestern Isabella Steif und Charlotte Kantig sind pensionierte Lehrerinnen aus dem fiktiven Oberherzholz im Münsterland. Sie betätigen sich nicht nur in ihrem Garten und gelegentlich als Stadtführerinnen sondern sind auch sehr interessiert an ihren Mitmenschen - und an den Geschehnissen in ihrer Heimatstadt und der näheren Umgebung.
Mit der ihnen eigenen Neugierde, gepaart mit detektivischem Gespür, sind sie schon einigen kriminellen Machenschaften auf die Spur gekommen. Nicht immer zur Freude der örtlichen Polizei freilich!

Im fünften Band um die beiden schrulligen, aber hellwachen und aufmerksamen Schwestern haben wir es mit einem Fall zu tun, in dem zunächst eine neu zu erbauende Biogasanlage, an der sich die Geister scheiden und die die Bauern des Umlandes gegeneinander aufbringen, im Mittelpunkt steht.
Als beim alljährlichen Osterfeuer ein Mann gewaltsam ums Leben kommt, und als kurz darauf der sechs Monate alte Sohn des Biogasanlagenbetreibers entführt wird, wissen die Schwestern, dass ihr Scharfsinn gefragt ist, um die Hintergründe der Taten aufzuklären, einen Mörder dingfest zu machen und wieder Frieden in Oberherzholz einziehen zu lassen.
Dass sie sich, eigensinnig und wagemutig, wie sie sind, in mehr als nur eine brenzlige Situation begeben werden, ist vorauszusehen...

In einer Zeit , in der Krimis mit sogenanntem "Lokalkolorit" Hochkonjunktur haben, egal ob sie nun in deutschen Regionen oder im benachbarten Ausland, vorzugsweise in der Provence, der Bretagne oder aber in der Toskana spielen, begegnet uns mit "Felder, Feuer, Frühlingsluft tatsächlich mal ein Kriminalroman, der dieses Attribut verdient!
Er ist eingebettet ins schöne Münsterland mit seinen Wiesen, weiten Feldern, Wäldern und Seen mit seinem ganz besonderen Menschenschlag - und dieses Umfeld ist auf jeder Seite angenehm und irgendwie anheimelnd zu spüren.
Die Autorin kennt offensichtlich nicht nur den Landstrich und den Zauber, der von ihm ausgeht, sehr genau, sie schafft es auch, ihn in ihre Geschichte zu verweben, dem Leser ein Bild davon zu malen, so dass dieser Zauber beinahe greifbar wird und man das Gefühl hat, mittendrin zu stehen nicht nur in ihrem Roman sondern im Münsterland selbst.

Ihre beiden Protagonistinnen wie auch die übrigen handelnden Personen sind realistisch gezeichnet, aus dem Leben gegriffen, - und gerade deshalb auch so glaubwürdig!
Die Schwestern Steif und Kantig sind keine flippigen älteren Damen, die durch Extravaganz auffallen und das Leben "rocken" wollen, wie man sie neuerdings leider des öfteren in Romanen zu finden scheint.
Nein, sie sind sehr bodenständige, beinahe konservative und biedere Frauen - mit einer freilich unkonventionellen Leidenschaft, die gespeist wird vor allem durch echtes Interesse und Empathie für ihre Mitbürger, ihre Nachbarn und Freunde.
Sie mischen sich ein, im positiven Sinne und auf unaufgeregte, selbstverständliche Art.

Und Gisela Garnschröder bringt uns diese beiden Detektivinnen, die sich gar nicht als solche sehen sondern eher als Helferinnen, auf trocken-humorvolle Art näher!
Und man folgt ihnen und ihren Alleingängen, denn dazu neigen sie, gerne und mit zunehmender Spannung bis zur doch recht unerwarteten Auflösung, die dennoch nicht unglaubwürdig oder aus der Luft gegriffen ist! Denn in der Tat kann man hin und wieder von solchen Fällen in den Zeitungen lesen....

Auf neue Abenteuer mit den Damen Steif und Kantig darf gehofft werden!

Bewertung vom 18.06.2017
Das Nizza-Netz
de Paca, Robert

Das Nizza-Netz


weniger gut

In Nizza wird eine Lokalpolitikerin entführt! Etwa zeitgleich verschwindet auch Tom, ein brasilianischer Musiker und Freund des Paares Nicolas und Nathalie aus rätselhaften Gründen.
Die beiden, die sich ihren Lebensunterhalt mit einem, so der Klappentext "exklusiven Rundumservice für Luxusreisende" verdienen und die manchen Lesern bereits aus dem Band "In den Straßen von Nizza" bekannt sind, begeben sich auf die Suche nach dem Freund und versuchen, die Hintergründe seiner Entführung, denn auch bei ihm handelt es sich um eine solche, aufzudecken.
Dabei kommen sie alsbald einem Gewirr von unlauteren Machenschaften auf die Spur, das es zu entflechten gilt....

Obwohl der Schauplatz Nizza ist, die heimliche Hauptstadt der Cote d'Azur, und obwohl zumindest dem Vorgängerband bescheinigt wird, dass man beim Lesen "Zitronen riecht und die Sonne auf der Haut spürt", hat sich bei vorliegendem Roman für mich das vielgepriesene und immer wieder beschworene mediterrane Flair wenn überhaupt, dann nur auf den ersten Seiten entfaltet!
Es wurde überdeckt von einem politischen Sumpf, in dem man nur ungern waten möchte.
Mag ja sein, dass es in der Region Nizza auf lokalpolitischer Ebene nur so wimmelt von Intrigen, von Korruption, Machtmissbrauch und allerhand übler Dinge mehr - aber das alleine ergibt gewiss kein Lokalkolorit, wenigstens nicht, was ich als solches bezeichnen würde.

Das Gleiche gilt auch für die seltsame, verworrene und darüberhinaus unsinnige Geheimdienstgeschichte.
Der Krimi verliert sich in einem nur schwer durchschaubaren Netz von zum Großteil Nichtigkeiten, und auch nach dem Element Spannung suchte ich bis zur letzten Seite vergebens.

So wie die Handlung langweilig ist, was auch an dem Thema liegt, das mich ermüdet, denn es bringt nichts Neues, so sind die Protagonisten leider farblos und uninteressant. Nach Beendigung des Romans verspüre ich keinerlei Verlangen, die Bekanntschaft mit ihnen fortzusetzen. Nicht mit ihnen und auch mit sonst keiner der Figuren, die ebenso blass bleiben, wie Nicolas und Nathalie.
Die Politiker sind in bewährter Schwarz-Weiß-Malerei allesamt zwielichtig und hoch unsympathisch, intrigant und zu allem entschlossen, um an die Macht zu gelangen oder doch wenigstens zu bleiben.

Im Klappentext wird darüberhinaus noch auf ein "dunkles Geheimnis aus Nicolas' Vergangenheit" angespielt - von dem ich allerdings nichts erfahren habe!
Gewiss, Nicolas' Vater Victor, den er bewusst nie kennengelernt hat, taucht, welch ein Zufall, nach gut vierzig Jahren unvermittelt wieder auf, und es stellt sich heraus, dass er seit längerem, erneuter Zufall, ganz in der Nähe seines Sohnes lebt.
Und wenn es überhaupt ein dunkles Geheimnis gibt, dann hat das etwas mit Victors Vergangenheit zu tun, nicht aber mit Nicolas, und ist so dunkel gar nicht...

Und so plätschert der Roman dahin und auf ein Ende zu, das, wie nicht anders zu erwarten, keine eigentliche Überraschung für den Leser parat hat und auch nicht recht befriedigen kann, so realistisch es auch sein mag.

Das Beste an diesem Roman ist für mich der Anhang mit einer Reihe von Rezepten brasilianischer und provenzalischer Spezialitäten, die im Laufe der Romanhandlung leider nur zu kurze Erwähnung fanden.
Schade nur, dass der Hobbykoch Nicolas seiner Leidenschaft hier nicht nachgehen durfte! Es hätte dem Krimi sicherlich zum Vorteil gereicht....

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.