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Magnolia
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Bayern

Bewertungen

Insgesamt 622 Bewertungen
Bewertung vom 27.05.2023
Die verlorene Tochter / Die verlorenen Töchter Bd.1
Lane, Soraya

Die verlorene Tochter / Die verlorenen Töchter Bd.1


gut

Zwei Liebesgeschichten

Die emotionale Spurensuche um „Die verlorene Tochter“ ist der Auftakt um Familiengeheimnisse, eine Saga in acht Bänden aus der Feder von Soraya Lane. Eine Kanzlei in London verschickt an acht junge Frauen je ein Schreiben mit der Bitte, sich in einer Nachlasssache bei ihnen einzufinden. In diesem Auftaktband geht es um den Nachlass von Patricia Rhodes. Lily, ihre Enkelin, öffnet den Brief und denkt eher an einen Irrtum, nimmt den Termin dann aber doch wahr und erhält eine kleine Holzschachtel mit rätselhaftem Inhalt.

Die Geschichte wird in zwei wechselnden Zeitebenen erzählt. In der Gegenwart begleite ich Lily nach Italien in das Weingut der Familie Rossi, die kleine Holzschachtel reist mit. Ihre Spurensuche führt sie in die Mailänder Scala und ein handgeschriebenes Rezept, das die Herstellung einer süßen Verführung beschreibt, bringt sie in die Gegend um Alba. Und – wie könnte es anders sein – es begegnet ihr auch die Liebe.

Die Vergangenheit erzählt von Estée und von Felix als Hauptpersonen. Auch dieser Part mit allem Drum und Dran erzählt von Liebe, von Intrigen und einer großen Lüge.

Große Gefühle ziehen sich durch beide Erzählstränge, schon das Cover lässt viel Romantik und eine heile Welt erkennen. Lilys Geschichte ist eine, die immer und immer wieder zu lesen ist. Junge, bildhübsche Frau trifft Sohn, vom Leben und den Frauen gebeutelt. Er ist gutherzig, er ist schlichtweg ein Mann zum Träumen, der alles für seine Angebetete tut. Zugegeben, es ist eine kurzweilige Story, in der es nur Gutmenschen gibt, flott geschrieben, gut zu lesen – vorhersehbar.

Estées Story, die 1937 beginnt, als sie von der Mutter gedrillt wird, die Großes mit ihr vor hat, hat mich schon eher begeistert. Von ihr, von ihrem Werdegang, von ihrem Schicksal, hätte ich gern mehr gelesen. Sie war eine erstaunliche Person mit einem starken Willen und doch gab es Rückschläge, die sie alle irgendwie verkraften musste.

Während mir die Story um Lily zu seicht und zu vorhersehbar war, hat mich Estée und ihre Geschichte schon aufgewühlt, sie hat mich neugierig weiterlesen lassen. An ihrem Schicksal habe ich Anteil genommen, auch die Charaktere um sie – seien es Felix oder seine Eltern, auch Estées Mutter – waren lebendig geschildert, ich hatte zu ihnen allen Bilder im Kopf. Als Italien-Fan habe ich auch die Landschaftsbeschreibungen, das ganze Ambiente, sehr genossen und das zum Wegträumen schöne Weingut auf dem Cover, das sich auf dessen Innenseite fortsetzt, erweckt die Reiselust in mir.

Bewertung vom 23.05.2023
Fö
Mahlknecht, Selma


sehr gut

Kurzweilig erzählte Familiensaga

„Ein verheerender Brand zerstörte 1872 das Dorf Zernez im Engadin, von den 145 Häusern blieben nur 27 unversehrt…“

Die fünf Erzählungen sind fiktiv, die Figuren erfunden und doch könnte es sich so oder so ähnlich zugetragen haben. „Fö“, das Feuer, spielt immer mit hinein. Nicht unbedingt vernichtend, wie es vor 150 Jahren war, mal ist es ein Funke, dann sind es eher die Kerzen, um die sich alles rankt oder auch die Fackel und die Küche an sich, zum Schluss bleibt dann die Asche.

Mit LA LINTERNA (die Laterne) ist die erste Geschichte überschrieben, hier lerne ich Braida kennen, die Stolze wird sie genannt und sie schaut sich Fracasch aus, den Nachfahren dieser beiden begegne ich in den nächsten Kapiteln, allesamt sind sie von der Illustratorin Anja Streit liebevoll gestaltet. Das Glossar am Ende sei noch erwähnt, es ist beim Lesen hilfreich, die im Text eingestreuten rätoromanischen Begriffe sind nach Kapiteln geordnet, ich habe mich bald gut zurechtgefunden.

Selma Mahlknecht hat im Auftrag der Gemeinde Zerniz, ihrer Wahlheimat, diesen Brand und den Wiederaufbau bis in die heutige Zeit hinein thematisiert, es sollte keine exakte Chronik sein und doch daran erinnern. Es ist eine Familiensaga über mehrere Generationen geworden, die von Zweisamkeit genauso wie vom Auseinanderleben erzählt, vom Glück und vom Leid, von Schuld und unterdrückter Homosexualität. Kurz - vom Leben an sich, das nicht immer fair ist. Ein schmales Buch, das jede Generation in kurzen Episoden vorstellt, das eher Abrisse wiedergibt. Und doch ist dies genug, um sich ihr Leben vorstellen zu können, auch wenn ich mir ein wenig mehr davon gewünscht, einige tiefere Einblicke gehabt hätte, so hat mir diese Erzählung und dazu die wunderschöne Aufmachung, die als erstes ins Auge fällt, gut gefallen. Ein schmales Buch, das nachhallt.

Bewertung vom 22.05.2023
Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie / Die Dresden Reihe Bd.1
Stern, Anne

Dunkel der Himmel, goldhell die Melodie / Die Dresden Reihe Bd.1


sehr gut

Die Magie der Musik

Anne Stern erzählt von den ersten Jahren der Semperoper, begleitet von viel Musik - wie könnte es anders sein – und von den Menschen, die hier arbeiten, deren Lebensinhalt das Spiel der Melodien ist, das jedoch viel zu oft geprägt ist von Armut und schierem Überlebenskampf.

Wir schreiben das Jahr 1841 und treffen auf die junge Elise, deren Geigenspiel alle verzaubert. Die Musik liegt ihr und ihrer Familie im Blut. Bald auch begegne ich dem äußerst begabten Malergehilfen Christian, der gefeierten Primaballerina in ihrem Tutu mitsamt der Garderobiere des Königlichen Theaters, dem Ballettmeister und noch vielen anderen, sie alle haben mit dem Opernhaus zu tun. Die einen mehr, die anderen eher am Rande.

Es hat ein wenig gedauert, bis ich mich zurechtgefunden habe, ich die einzelnen Erzählstränge zusammenführen konnte. Ich lese von einer ganz anderen Zeit, in der die gesellschaftlichen Konventionen mit unseren heutigen nur wenig zu tun haben. Die Moralvorstellungen waren streng, ein uneheliches Kind war ausschließlich der Verwerflichkeit des weiblichen Geschlechtes geschuldet. Männer hingegen konnten sich die Hörner abstoßen, was auch so manchen Ehemann mit einschloss.

Nach dem Lesen wird mir der Titel erst so richtig bewusst, der dunkle Himmel und die Armut mit den einhergehenden Hungersnöten in weiten Teilen der Bevölkerung führen zu sozialen Unruhen. Und ja, es prallen Gegensätze aufeinander, auch das feudale Luxusleben findet daneben statt. Die Musik und die goldhelle Melodie klingen immer mit, es ist „ein Fest der Sinne“. So wie die nicht standesgemäße Liebe zwischen zwei jungen Menschen, die sich durchs Buch rankt - ihre heimlichen Treffen, ihre gestohlenen Stunden erzählen davon.

Elbflorenz, wie Dresden auch bezeichnet wird und die Semperoper bilden die Kulisse, den historischen Hintergrund, in dessen Mittelpunkt eine von der Gesellschaft nicht tolerierten Liebe steht, ein Nachfolgeband ist angedacht.

Bewertung vom 19.05.2023
Spuren einer fernen Zeit (eBook, ePUB)
Borchert, Birgit

Spuren einer fernen Zeit (eBook, ePUB)


sehr gut

Eine starke Frau geht ihren Weg

Sophie von Mayden ist ihrer Zeit weit voraus, denn der Weg einer jungen Frau ist vorgezeichnet. Alles, wonach sie streben sollte, wäre eine standesgemäße Heirat. Wir schreiben das Jahr 1907.

Mit so einem Leben gibt sich Sophie nicht zufrieden, sie ist fasziniert von den riesigen Wesen, von den vor langer Zeit auf dieser Erde weilenden Dinosaurier. Sie strebt das Paläontologie-Studium an, was ihr als Frau allerdings versperrt ist. Und doch setzt sie alle Hebel an, lässt nicht locker. Zumindest kann sie im Senckenberg Museum Frankfurt arbeiten, wenn auch unentgeltlich und hier erledigt sie eher Schreib- und Hilfsarbeiten. Aber – sie ist nah dran, ist im Museum und lernt einflussreiche Leute kennen.

Es ist eine fiktive Geschichte, die sich um real gelebte Personen rankt. Die historischen Hintergründe sind gut recherchiert, die Autorin vermengt diese geschickt mit dem damaligen Zeitgeist. Die Diskrepanz der Geschlechter ist deutlich zu spüren, die Rollen waren vor 120 Jahren strikt zugeteilt, eine Frau konnte ohne ihren Ehemann oder Vater nichts entscheiden, auch wurde ihr ein analytisches Denkvermögen schlichtweg abgesprochen.

Birgit Borchert schildert Sophies Alltag in all den Facetten, die ihr das Leben zu bieten hat. Ihr unbändiger Wille treibt sie voran, sie lässt sich nicht von ihrem Ziel abbringen. Anhand Charlotte und Marianne haben wir noch zwei Frauenschicksale, der einen ist ihre Malerei Lebensinhalt und die andere wurde – wie damals üblich – mit einem Mann verheiratet, der ihr den (von den Eltern) erstrebten Standard bieten konnte. Zuneigung oder gar Liebe waren nicht nur Nebensache, sie hatten schlichtweg keinerlei Bedeutung. Umso mehr kämpft Sophie um ihren Traum, hat sie doch ihre ältere Schwester stets vor Augen. Die Paläontologie steht für sie an erster Stelle und doch schließt dies die Liebe nicht aus. Auch führt sie ihre Beharrlichkeit nach Afrika, sie begleitet eine Expedition, ein abenteuerliches Unterfangen, sie lässt sich jedoch nicht unterkriegen.

„Spuren einer fernen Zeit“ zeichnet den beschwerlichen Weg einer starken Frau nach, die sich trotz all der Hindernisse nicht beirren lässt, die mutig voranschreitet. Birgit Borchert hat ihre gut aufbereiteten Recherchen gekonnt in Szene gesetzt, ich habe mich während des Lesens direkt in dieser Zeit gewähnt, lediglich die Expedition ist für meine Begriffe ein wenig durch die allzu rosarote Brille geraten. Ansonsten ein lebendig geschildertes Zeugnis dieser Zeit.

Bewertung vom 19.05.2023
Dunkle Wolken über Cannes / Conny von Klarg Bd.2
Vöhringer, Sabine

Dunkle Wolken über Cannes / Conny von Klarg Bd.2


ausgezeichnet

Sehr spannend und wendungsreich

Bei den Filmfestspielen in Cannes treffen sie sich, die Reichen und die Schönen dieser Welt. Auch die Reisejournalistin Conny von Klarg genießt es, wieder hier zu sein und ist schon ganz aufgeregt, wird sie doch die berühmte Schauspielerin Margaux Calimard und ihre ebenso erfolgreiche Tochter Juliette interviewen. Daraus wird leider nichts, Margaux liegt erschlagen in ihrer Villa und nicht genug damit, Juliette ist verschwunden.

Die Côte d’Azur mit allen Sinnen genießen inmitten all der Stars und Sternchen, das wär schon was. Da passen dunkle Wolken so gar nicht ins schillernde Ambiente und doch muss dieser Mord, der sich als Raubmord darstellt, aufgeklärt werden. Schon früher, in Saint-Tropez, wird Conny in einen Fall hineingezogen und auch hier stehen die Vorzeichen auf „ermitteln“.

Der Fall gestaltet sich vielschichtig. Je weiter ich lese, je mehr ich weiß, desto mehr Fragen tauchen auf. Und wenn man meint, jetzt aber – jetzt dreht sich die Geschichte, die einzelnen Puzzleteile fügen sich zusammen, kommt ein unerwarteter Aspekt dazu und schon steht man wieder ratlos da. Die einzelnen Charaktere sind schwer bis gar nicht zu durchschauen, sie alle sind nicht sehr nahbar. Und doch meine ich, den Täter ausgemacht zu haben, auch wenn er sich windet und schwer fassbar ist, so deutet vieles auf ihn. Und doch bleiben Zweifel, mehr als genug. Denn es kommen immer mehr Details ans Licht, auch spielt die Vergangenheit eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Es ist das zweite Buch mit Conny, der so liebenswert wie zupackenden Journalistin. Sie ist mit Felix verbandelt, ihre privaten Momente sind eher nicht vorhanden und wenn, dann rar gesät. In ihrer Suite in Nizza wartet sie auf Felix, mit dem sie zu den Festspielen fahren will. Als Fallanalytiker wird er jedoch in Margaux Villa gerufen, die Zweisamkeit wird wieder mal hintangestellt.

Der Mordfall und das Private, dazu das herrliche Ambiente an der Côte d’Azur haben in mir die Reiselust geweckt und durch die eingestreuten französischen Wörter und Sätze wähnt man sich direkt vor Ort. Auch wer kein Wort französisch spricht, wird hier nicht allein gelassen, diese Einwürfe werden gleich danach übersetzt oder umschrieben, der Lesefluss wird keineswegs gestört. Eher im Gegenteil, das französische Flair wird dadurch charmant und reizvoll wiedergegeben. Alle hier agierenden Darsteller kommen authentisch rüber, sowohl die eher zwielichtigen, undurchschaubaren Gestalten als auch die anderen, die nichts zu verbergen haben.

Sabine Vöhringer hat mir mit ihren „Dunklen Wolken über Cannes“ unterhaltsame Lesestunden geschenkt. Sie hat mich lange rätseln lassen, ihr einnehmender Schreibstil hat mich nicht mehr losgelassen. Es war ein verzwickter Fall mit nicht vorhersehbaren Wendungen, das Ende hat mich dann kalt erwischt. Ein anregendes Lesevergnügen mit einer Protagonistin, die sich – so hoffe ich – noch in so manch anderen Fall einmischen wird.

Bewertung vom 19.05.2023
Provenzalische Täuschung / Pierre Durand Bd.9
Bonnet, Sophie

Provenzalische Täuschung / Pierre Durand Bd.9


ausgezeichnet

Spannend, unterhaltsam, lesenswert

Pierre Durand ermittelt wieder – eigentlich. Denn als Gilbert Langlois tot in einem Bach gefunden wird, fällt der Verdacht auf Pierre. Er wird von dem Fall abgezogen, was ihn jedoch nicht daran hindert, seine eigenen Recherchen anzustellen. Diese führen ihn auch nach Mazan auf die Trüffelfarm der Marechals.

Die „Provenzalische Täuschung“ ist mein erster Fall der Pierre-Durand-Reihe. In dem fiktiven Dörfchen Sainte-Valérie habe ich mich bald zurechtgefunden, der Plan des beschaulichen Ortes auf der Cover-Innenseite ist eine gute Orientierungshilfe.

Pierre war mir gleich sympathisch, er ist ein liebenswerter Polizist mit Leib und Seele, der mit seiner Charlotte inmitten der Hochzeitsvorbereitungen steckt. Neben dem vielschichtigen Fall gehören auch diese privaten Momente dazu, gewürzt mit all den Köstlichkeiten, die die provenzalische Küche zu bieten hat. Spätestens dann, als Charlotte mit ihrer Seezunge und dem getrüffelten Kartoffel-Sellerie-Stampf aufwartet, wäre ich am liebsten mit ihnen am Tisch gesessen. Aber siehe da – als kulinarische Zugabe sind einige Rezepte abgedruckt, ich bin begeistert. Aber nicht nur wegen all dieser Leckerbissen habe ich das Buch mit allen Sinnen genossen, es hat so viel mehr zu bieten.

Der komplexe Fall gestaltet sich schwierig, die Ermittler kommen nicht recht voran. Verdächtige gibt es so einige, jeder hätte ein Motiv. Auch scheinen die Ereignisse rund um den Algerienkrieg eine Rolle zu spielen. Die unrühmliche Vergangenheit Frankreichs und den damit einhergehenden Konflikt um die Unabhängigkeit Algeriens hat die Autorin gekonnt mit einbezogen. Ich finde es immer sehr inspirierend, wenn neben der Unterhaltung auch geschichtliches mit einfließt.

Neben Pierre, meinem absoluten Lieblingsakteur, sind auch alle anderen Figuren lebensnah und gut nachvollziehbar dargeboten, jeder einzelne hat seine Eigenheiten und seine Macken wie etwa die junge, übereifrige Polizistin, die nicht nur einmal übers Ziel hinausschießt. Carbonne möchte ich noch kurz herauspicken - ein liebenswerter, aber auch schlitzohriger Charakter, der auch Pierres Ziege mitversorgt. Über ihn und seine Schrulligkeit habe ich des Öfteren geschmunzelt. Es sind diese kleinen, feinen Häppchen, die zwischendurch den kriminalistischen Teil auflockern, garniert mit allerlei Gaumenfreuden. Und – die Handlung schreitet trotz etlicher Wendungen voran, sie bleibt spannend bis zum Schluss, das Ende ist dann nochmal so ganz anders als erwartet.

Sophie Bonnet hat mich mit ihrer „Provenzalischen Täuschung“ bestens unterhalten und in mir den unbedingten Wunsch nach mehr erweckt. Beim nächsten Fall für Pierre Durand, seinem zehnten, werde ich wieder dabei sein und bis dahin die Vorgängerbände nachlesen.

Bewertung vom 15.05.2023
Die einzige Frau im Raum / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.4
Benedict, Marie

Die einzige Frau im Raum / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.4


sehr gut

Eine außergewöhnliche Frau

Der frenetische Applaus ist noch nicht versiegt, da wird die junge Hedy Kiesler, die auf der Bühne die 15jährige Elisabeth verkörpert, mit Rosensträußen überhäuft. Und das allabendlich. Wer ist dieser Rosenkavalier? Der schwerreiche Waffenhändler Fritz Mandl umwirbt sie und schließlich heiraten die beiden, wir schreiben das Jahr 1933. „Mein herrischer Gatte“ zeigt sich in der Öffentlichkeit ganz anders als dieser anfänglich so aufmerksame Bewunderer, sein wahres Gesicht bekommt sie bald zu spüren. Er verbietet ihr die Schauspielerei, auch verlangt er, dass sie vom jüdischen zum katholischen Glauben übertritt. Die Zeiten sind gefährlich, man muss sich anpassen.

Die Autorin blickt hinter die schillernden Kulissen, sie zeigt auch ein ganz anderes Bild, fernab der glamourösen Schauspielerin. Obwohl Fritz, ihr erster Ehemann, sich mit seiner jungen Frau schmückt, hat er sie fest im Griff, er sperrt sie regelrecht weg, zwingt ihr seinen Willen auf. Irgendwann gelingt es ihr dann doch, aus dem goldenen Käfig zu fliehen. Ihr neues Leben nimmt auf dem Meer seinen Anfang, sie trifft auf ihren Förderer, aus ihr wird die Lamarr…

Hedy Lamarr war mir vage als Schauspielerin ein Begriff, sie war eine wunderschöne Frau, das Cover deutet schon darauf hin. „Ich war die einzige Frau im Raum gewesen, der einzige Farbtupfer in einem Meer aus dunklen Anzügen…“ Spätestens da wollte ich wissen, wie diese Frau ausgesehen, wie sie auf ihre Umgebung gewirkt hat. Und wow – sie war der Inbegriff von Schönheit und Eleganz. Aber schön sein reicht auf Dauer nicht, da muss schon mehr dahinter stecken. Und ja, Hedy war nicht nur der glamouröse Filmstar, sie war klug, ihrer Zeit weit voraus. Ihre patentierte Erfindung, die von den Militärs abgelehnt wurde, bildet einen Grundstein unserer modernen mobilen Telefone. Marie Benedict hat auch diesen weitgehend unbekannten Aspekt nicht außer Acht gelassen, Hedy hat regelrecht gebrannt für ihre Erfindungen, die sie zusammen mit Georg Antheil entwickelt hat.

Erzählt wird dieses aufschlussreiche Buch in Ich-Form, aus Sicht von Hedy. Angefangen von der 18jährigen Hedy Kiesler bis hin zur gefeierten Hollywood-Schauspielerin, von 1933 bis 1942. Es ist die Zeit des Nationalsozialismus, durch ihren ersten Ehemann ist sie nah dran an den Mächtigen, weiß um die politischen Belange.

„Die einzige Frau im Raum“ ist der vierte Band, der starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte näher betrachtet. Gut lesbar aufbereitet von Marie Benedict, die mich dazu inspiriert hat, auch die drei Vorgängerbände dieser Reihe zu lesen. Es ist ein aufschlussreicher Blick hinter die Fassade der Hedy Lamarr, die hinter ihrer strahlenden Schönheit so viel mehr war. Eine außergewöhnliche Frau, intelligent und weltgewandt. Faszinierend. Ein wundervolles Buch, spannend und kurzweilig erzählt.

Bewertung vom 11.05.2023
Geheimnisse sterben nicht: Roman
Wöß, Lotte R.

Geheimnisse sterben nicht: Roman


ausgezeichnet

Was ist das? Ein Betrunkener mitten auf der Fahrbahn und noch dazu blendet sie ein entgegenkommendes Auto. Jana muss reagieren, schließlich will sie nicht, dass dieser leichtsinnige Fußgänger zu Schaden kommt, also steuert sie dagegen. Im Krankenhaus wacht sie auf, den Unfall hat sie überlebt, dabei aber ihr Baby verloren. Auf Lukas haben sie sich gefreut – Jana und Felix, ihr Ehemann. Die Polizei zweifelt ihre Aussage hinsichtlich des Betrunkenen, von dem jede Spur fehlt, an. Dieser Unfall, bei dem Jana ihr Baby verloren hat, ist der Anfang vom Ende. Ihr geliebter Felix entfernt sich immer mehr von ihr. Als er dann stirbt, gehen sie von Selbstmord aus, sein Tod jedoch entpuppt sich als Mord. Und nicht genug damit, wird Jana auch bedroht, ihre Wohnung wird durchsucht, sie ist hier nicht mehr sicher und daher verhilft ihr Hahn, der Polizist ihres Vertrauens, zu einer neuen Existenz fernab ihrer Heimat.

Zeitgleich erfahre ich von Niklas, dem ehemaligen Polizisten. Er und sein Kollege Salim vom Drogendezernat waren das Dream-Team schlechthin. Aus und vorbei, Niklas wurde verurteilt, nachdem er in eine Schlägerei mit schlimmem Ausgang verwickelt war und nun ist er – nach zwei Jahren – mit Bewährungsauflagen aus dem Gefängnis entlassen worden.

Was haben die beiden miteinander zu tun? Jana und Niklas leben in unterschiedlichen Welten und doch führt sie das Schicksal zusammen. Jana ist traumatisiert, zu viel hat sie erleiden müssen und auch bei Niklas meint man, dass mehr hinter dieser Figur steckt. Nicht nur die beiden Hauptakteure, auch die anderen Charaktere agieren auf ihre Weise schlüssig, auch wenn es den Anschein hat, dass sie allesamt etwas zu verbergen haben.

Zwischendurch sind Tagebucheinträgt von Felix zu lesen, auch diese sehr nebulös. Was steckt dahinter? Er benennt Big Boss, der im Hintergrund alle Fäden spinnt. Lange Zeit ist nicht klar, wer damit gemeint ist, die Auflösung hat mich dann kalt erwischt. Nicht nur dieser Part ist klug und durchdacht eingefädelt, all die Geheimnisse – und es sind so einige – haben irgendwie miteinander zu tun, zumindest denke ich beim Lesen, dass es so sein müsste.

Wie es denn wirklich war? Das sollte man sich unbedingt selber erlesen, denn es lohnt sich. Lotte R. Wöss hat einen spannenden und ja, einen geheimnisvollen Roman vorgelegt, dem ich mich – einmal angefangen – nicht entziehen konnte.

Bewertung vom 09.05.2023
Gidget. Mein Sommer in Malibu
Kohner, Frederick

Gidget. Mein Sommer in Malibu


sehr gut

Sommer, Sonne, Malibu…

… und mittendrin ist sie, die fünfzehnjährige Kathy. Als sie den Wellenreitern zusah, war es um sie geschehen. Alles, wirklich alles wollte sie tun um surfen zu lernen, sie brannte regelrecht dafür. Und ist es nicht so, dass man immer dann, wenn man etwas unbedingt will, sich dahinterklemmt? Die Jungs da draußen auf ihren Brettern sehen gut aus und Kathy will auch so elegant durch die Wellen gleiten, es ihnen gleichtun. Aber wie will sie das anstellen, sie hat nicht mal Geld, um sich so ein Brett zu kaufen und das Einverständnis ihrer Eltern wird sie sowieso nie bekommen.

Das Wasser ist ihr Element, da fühlt sie sich wohl. Bis eines Tages Monsterwellen auf sie zukommen, sie wird abgetrieben, schreit – aber keiner kann sie hören. Wie auch! Das Getöse ringsum verschluckt jeden Ton. Aus, vorbei! Sie kommt nicht mehr heraus – und dann packen sie zwei starke Arme, ziehen sie direkt auf ein Surfbrett. Moondoggie wird der Typ gerufen – was für ein Name! Egal, er hat sie gerettet und was noch besser ist, sie lernt die Jungs kennen, die Streuner, wie sie sich nennen. Bald wird sie Gidget gerufen, was soviel heißt wie kleines Mädchen und so ´ne Art Zwerg. Ein girl midget ist sie, Gidget eben. Ihrem Traum vom Surfen wähnt sie sich nahe, verwöhnt die Crew mit reichlich Essen und schon bald ist sie nicht nur geduldet, die Jungs nehmen sie mit, bringen ihr das Wellenreiten bei.

Gidgets hat ihre Geschichte aufgeschrieben, ihr Vater hat ein Buch daraus gemacht, sechs Wochen hat er dafür gebraucht. Ein beschwingtes Sommerbuch ist es geworden mit viel Esprit und Witz. Unterhaltsam und lebendig, erfrischend wie eine leichte Sommerbrise. Sie macht erste Erfahrungen, sie hängt mit den Jungs ab, sie alle sind älter und doch passen sie auf sie auf. Der erste Kuss, das erste Verlieben, Gidget wird ein Stück weit erwachsen in diesem Sommer. Man spürt mit jedem Wort, in jedem Satz diese Unbeschwertheit, den Drang nach Freiheit.

Es ist ein leichtes Sommerbuch voller Leben, das bereits 1957 im Original erschien und nun als Neuauflage seine Leser auf Surfbrett holt, direkt nach Malibu.

Bewertung vom 08.05.2023
Die Kinder von Beauvallon - Der Spiegel-Bestseller nach wahren Begebenheiten
Storks, Bettina

Die Kinder von Beauvallon - Der Spiegel-Bestseller nach wahren Begebenheiten


ausgezeichnet

Die stillen Helden von Dieulefit

Ein ganzes Dorf im Widerstand – wie war das möglich? In den 1940er Jahren, als die Juden aller Rechte beraubt und in den Vernichtungslagern ein schreckliches Ende fanden, gab es auch Menschen, die selbstlos waren. Bettina Storks erzählt in ihrem historischen Roman, der auf wahren Begebenheiten beruht, die Geschichte der „Kinder von Beauvallon“ und ihren Rettern.

Im Oktober 1940 haben Lily Blum und ihre Eltern gerade mal zwei Stunden Zeit, um einen Koffer zu packen, mehr ist nicht erlaubt. Schweren Herzens muss Agnes ihre Freundin Lily ziehen lassen, beide sind sie neun Jahre alt. Im letzten Augenblick zerreißt Lily ein Bild von ihnen beiden, jede bekommt die Hälfte und sie geben sich das Versprechen, eines Tages das Foto wieder zusammenzukleben.

Mittlerweile schreiben wir das Jahr 1965, Agnes ist die weibliche Stimme des Südwestfunks Freiburg. Fortschrittliche Themen sind tabu, die Prüderie dieser Zeit ist deutlich spürbar. Wolfgang Schober, ihr Förderer im Funk, erzählt ihr von einem kleinen Dorf in Frankreich, von Dieulefit, einem Zufluchtsort für die Verfolgten während des Zweiten Weltkrieges und deren Helfer. Agnes Interesse ist geweckt, auch weil sie hofft, hier eine Spur ihrer Freundin Lily zu finden.

Lilys Weg verfolge ich ab dem Zeitpunkt, als sie 1940 abgeholt wird. Sie wird mit ihren Eltern in das Internierungslager Gurs verfrachtet. Julie, eine Fluchthelferin, holt sie hier heraus und bringt sie nach Dieulefit. Aber bis sie und die anderen Kinder in Sicherheit sind, müssen sie immer bangen, entdeckt zu werden.

Diese beiden Erzählstränge lese ich im Wechsel und bald bin ich mittendrin in der ausgezeichnet recherchierten Geschichte, die von der Résistance, dem Kinderhilfswerk OSE, von den mutigen Fluchthelfern, aber auch von den Grausamkeiten der Nationalsozialisten oder der Vichy-Anhängern erzählt, um nur einiges zu nennen.

Immer wieder greife ich zu Büchern, in denen die stillen Helden und ihr selbstloses Handeln eine herausragende Rolle spielen und doch weiß ich wenig, zu wenig. Dies wird mir umso klarer, je mehr ich davon lese. Auch Dieulefit und die Schule Beauvallon waren mir kein Begriff. Ich bin der Autorin dankbar, dass sie mir einen Einblick in diese für viele so lebensgefährliche Zeit gewährt hat. Ja, Lily und Agnes sind fiktiv, sie stehen stellvertretend für die Kinder von damals und deren Schicksal. Und es gab sie, die stillen Helden und auch die Gründerinnen der Schule, die Guten Feen von Beauvallon und viele, die im Geheimen geholfen haben. Ein ist eindringlicher Roman, der es wert ist, gelesen zu werden, der innerlich aufwühlt und doch aufzeigt, dass es sowas wie Menschlichkeit, ein Füreinander-da-sein immer gegeben hat, immer geben wird.