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Bücherfee

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Insgesamt 389 Bewertungen
Bewertung vom 27.04.2019
Napoleon
Müchler, Günter

Napoleon


sehr gut

Genie und Despot


Les hommes de génie sont des météores destinés à brûler pour éclairer leur siècle. (Napoléon Bonaparte)

Der 15. August 2019 ist ein bedeutsamer Tag für die Weltgeschichte. An diesem Tag begehen wir den 250. Geburtstags von Napoléon Bonaparte, mit dem sich Günter Müchler, ein deutscher Historiker, Journalist und langjähriger Programmdirektor von Deutschlandfunk und Deutschlandradio Kultur, in seiner aktuellen Biographie "Napoleon. Revolutionär auf dem Kaiserthron" kritisch auseinandersetzt.

Wenn man so will, ist seine Lebensgeschichte ein klassisches Drama. Aus dem Nichts kommend, stieg der Korse Napoleon Bonaparte, der Französisch erst lernen musste, vom Artillerie-Offizier zum Ersten Konsul auf, wurde der Revolutionär zum Kaiser der Franzosen.
Sprachgewaltig entwirft Günter Müchler die Lebensgeschichte eines Mannes, der in seinem Scheitern auf Sankt Helena selbst am klarsten die eigene Beschränkung erkannte: Der Gestalter und Machtmensch war ebenso Gefangener der Bedingungen, die ihm die Revolution diktiert, wie des europäischen Kampfs der alten mit der neuen Ordnung. »Die Wahrheit ist, dass ich niemals ganz Herr meiner Bewegungen war. Ich habe Pläne gehabt, hatte aber niemals die Freiheit, sie auszuführen. Immer war ich durch die Umstände bestimmt.« - Ein großartiges Portrait, das den Revolutionär auf dem Kaiserthron, das den kometenhaften Aufstieg wie den tiefen Absturz Napoleons in neuem Licht zeigt.

Günter Müchler hat sein über 600 Seiten umfassendes Werk in fünf Sinnabschnitte gegliedert, die sich mit bestimmten Lebensphasen von Napoléon Bonaparte auseinandersetzen und sie in den historischen Kontext einordnen. Inhaltlich handelt es sich um "Suche" (1769 - 1799), "Gestaltung" (1799 - 1804), "Improvisationen" (1804 - 1811), "Lähmung" (1811 - 1813) und "Absturz" (1813 - 1815.) Der sechste Sinnabschnitt "Nachhall" streift das Exil auf das St. Helena und beschäftigt sich mit dem historischen Erbe von Napoléon Bonaparte. Abgerundet wird der mit vielen Fußnoten versehene informative wissenschaftliche Text durch zahlreiche schwarz-weiß-Abbildungen und zwei Landkarten, die Europa im Jahr 1789 und 1812 zeigen.

Günter Müchler schreibt in einem gut lesbaren Stil und lässt in seiner Biographie ein spannendes Stück Weltgeschichte lebendig werden. Hierbei widmet er sich nicht nur dem Leben und Werk von Napoléon, sondern läßt auch den Menschen hinter dem Mythos lebendig werden, der eine schillernde, schwer zu fassende Persönlichkeit gewesen ist. Aus nachvollziehbaren Gründen kommt das private Leben des Herrschers etwas zu kurz; dennoch gewährt uns Günter Müchler interessante Einblicke in die Beziehung des Herrschers zu seinen Frauen Josephine de Beauharnais und Marie-Louise von Österreich.

Alles in allem hat Günter Müchler ein beeindruckendes Buch vorlegt, das ich jedem historisch interessierten Leser empfehlen möchte, der sich über diese Epoche der Weltgeschichte informieren und Aufstieg und Fall eines berühmten Herrschers nachvollziehen möchte. Was mir persönlich gefehlt hat, war eine genaue Zeittafel mit allen wichtigen historischen Daten. Auch detailliertes Kartenmaterial zu den einzelnen Feldzügen wäre an mancher Stelle für das Verständnis des Textes hilfreich gewesen.

Bewertung vom 03.04.2019
Lass sie nicht in dein Haus
Parks, Adele

Lass sie nicht in dein Haus


sehr gut

"Lass sie nicht in dein Haus" ist der neue Thriller der britischen Bestseller-Autorin Adele Parks. Mit Mittelpunkt stehen zwei Frauen, die sich lange sich nicht gesehen haben: Melanie und ihre ehemals beste Freundin Abi. Während der Uni waren sie unzertrennlich, doch dann musste Mel ihr Studium abbrechen, weil sie schwanger wurde. Abi heiratete ihren Freund Rob, ging mit ihm nach Amerika, und die beiden verloren sich aus den Augen. Nun meldet sich Abi plötzlich bei Mel. Sie hat sich von Rob getrennt und kehrt nach England zurück. Mel lädt sie spontan ein, erst einmal bei ihr zu wohnen. Sie empfängt Abi mit offenen Armen. Doch bald macht Mel eine schreckliche Entdeckung. Warum ist Abi wirklich zurückgekommen?

Das Cover vermittelt eine düstere Grundstimmung. Der Betrachter sieht mehrere Motten, die ans Licht drängen. Auch der Titel wirkt wie eine Warnung und weckt eine gewisse Erwartungshaltung.

Das Geschehen spielt in einer ländlichen Idylle, nahe von London, in Großbritannien und wird aus verschiedenen Perspektiven geschildert, hin und wieder gibt es Rückblenden in die Vergangenheit der zwei Protagonistinnen Melanie und Abigail, zwei 38jährigen Frauen, die als Studentinnen miteinander befreundet waren und sich später aus den Augen verloren haben. Auf den ersten Blick scheinen sie nichts gemeinsam zu haben, aber sie sind durch ein folgenschweres Ereignis in der Vergangenheit miteinander verbunden.

Abigail ist eine auf Erfolg getrimmte, attraktive, selbstbewusste Moderatorin, die vor den Scherben ihrer Ehe in den USA steht und sich ihr Scheitern im Leben eingestehen muss. Melanie hingegen hat ihr Studium wegen einer ungeplanten Schwangerschaft nicht beenden können. Auf den ersten Blick wirkt sie wie eine langweilige, graue Maus, aber sie scheint das Glück gepachtet zu haben. Denn sie besitzt alles, wonach sich Abigail verzweifelt sehnt: eine heile Familie, einen treuen Ehemann und mehrere Kinder.

Adele Parks ist ein fesselnder Thriller gelungen, der gute Unterhaltung garantiert. Anfangs dümpelt die Geschichte in ruhigem Fahrwasser, dann nimmt sie rasante Fahrt auf. Der psychologische Kleinkrieg zwischen Abigail und Melanie, die mit den Schatten ihrer Vergangenheit kämpfen, wird packend geschildert. Streckenweise scheint die Handlung vorhersehbar, dann aber überrascht Adele Parks mit dramatischen, unvermuteten Wendungen. Von mir gibt's eine Weiterempfehlung.

Bewertung vom 21.02.2019
Orangenblütenjahr
Sosnitza, Ulrike

Orangenblütenjahr


ausgezeichnet

Das in hellen Farben gehaltene Cover wirkt sehr ansprechend und verbreitet eine heitere Grundstimmung. Jeder Betrachter ist versucht, an den zarten Blüten zu schnuppern, die aufgeschnittenen Orangenscheibchen zu kosten und die köstliche Torte mit einer Tasse Kaffee zu genießen. Der Titel könnte nicht besser gewählt sein. Denn die einzelnen Entwicklungsstadien des Orangenbäumchens, welches die Protagonistin Nelly hegt und pflegt, kennzeichnen nicht nur einzelne Sinnabschnitte in diesem Roman, sondern spiegeln gleichsam die persönliche Entwicklung der Protagonistin Nelly innerhalb dieses Zeitraums.

Der Roman "Orangenblütenjahr" ist meine zweite literarische Begegnung mit Ulrike Sosnitza, die sich durch ihren einfühlsamen, warmherzigen Stil auszeichnet. Ihr neues Buch richtet sich an reife Frauen im besten Alter, eine besondere Zielgruppe, die in der Literatur meistens sträflich vernachlässigt wird. Das Geschehen wird aus der Ich-Perspektive der beruflich engagierten Apothekerin Cornelia, genannt Nelly, vermittelt, die nach dem Tod ihres Mannes eine schlimme Lebenslüge aufdeckt, alle Brücken hinter sich abbricht und sich für einen kompletten Neustart in der Großstadt München entscheidet.

Nelly ist eine sympathische Figur, die man gern auf ihrem Weg in ein neues Leben begleitet. Man kann ihre verletzten Gefühle nachempfinden, die sie zu ihrem radikalen Schritt bewegt haben, und leidet mit ihr unter dem Unverständnis ihrer erwachsenen Kinder, die nach dem Tod ihres Vaters den Verlust ihres Elternhauses ertragen müssen, wie vor den Kopf geschlagen sind und ihre kühle Abwehrhaltung nicht verstehen können. Abschied und Neubeginn sind untrennbar miteinander verknüpft. Im Laufe des Geschehens lernt Nelly, sich ihrer Enttäuschung und Trauer zu stellen und sich mit ihren Kindern über ihre Erlebnisse auszusprechen. Auch in der Liebe lernt sie, sich von ihren negativen Erfahrungen zu lösen, sich einer neuen Herausforderung zu stellen und auf einen Start mit einem neuen Partner einzulassen.

Ulrike Sosnitza ist ein einfühlsam und glaubhaft erzählter, warmherziger Frauenroman gelungen, der allen Leserinnen Mut für einen Neubeginn in einem reiferen Lebensalter zuspricht. Für mich ist dieses Buch mein persönliches Lese-Highlight im Februar 2019, und ich spreche gern eine Lese-Empfehlung aus.

Bewertung vom 10.11.2018
Frühstück bei KittyCat
Garde, Kerstin

Frühstück bei KittyCat


gut

Wer mich kennt, weiß um meine Liebe zu den Samtpfoten. Deshalb gab es für mich kein Halten mehr, als ich den neuen Roman "Frühstück bei KttyCat" von Kerstin Garde entdeckt habe. Nach einem Liebes-Aus hat Lilly Wendelin von der Großstadt genug, und von Männern sowieso. Ihr Traum: ein eigenes Café auf dem Land. Selbstgebackener Kuchen, frischer Kaffee – was gibt es Schöneres? Aber dann taucht plötzlich der charismatische Mr. Maunz auf und bringt ihre Welt völlig durcheinander. Mit viel Charme verwandelt der rote Kater ihren Laden in das Katzencafé Kittycat, das schnell zu einer Sensation wird. Ob Bürgermeister, Seniorengruppe oder örtlicher Kegelclub, alle lieben das Kittycat. Sehr zum Ärger von Baptiste Armault, dessen französisches Bistro seitdem leer steht. Welch Kränkung! Baptiste sieht nur einen Ausweg, er muss Lilly und ihre Katzen so schnell wie möglich los werden! Doch er unterschätzt den Zauber der Vorweihnachtszeit, denn plötzlich steht er ausgerechnet mit Lilly unter einem Mistelzweig...

Das Cover ist etwas Retro angehaucht und erinnert an eine Zeichnung aus längst vergangenen Zeiten, entwickelt aber einen gewissen verspielten Charme. Man sieht ein verliebtes Paar auf einem zugefrorenen See in einer verschneiten Landschaft Schlittschuh laufen, und im Hintergrund ist sogar eine schwarze Katze zu erkennen. Auch der eingängige Titel ruft noch einmal ins Gedächtnis, um was es hier geht: Liebe, Essen - und Katzen!

Das Geschehen wird vor allem aus der Sicht der Protagonistin Lilly geschildert, die nach dem Ende ihrer Beziehung einen klaren Strich ziehen, alle Brücken in Berlin abbrechen und sich eine neue Existenz in der Lüneburger Heide aufbauen möchte. Sie ist eine impulsive, naive, wramherzige junge Frau, für die man im Laufe des Geschehens mehr und mehr Sympathie entwickelt, während man mit Baptiste, dem launischen, mürrischen Inhaber des französischen Bistro "Fleur", nicht richtig warm wird. Die eigentlichen Stars des Romans sind vier muntere Katzen, nämlich Mister Maunz, Mrs Grey, Franz und Grammy, die sämtliche Besucher des Katzencafés (und alle Leser!) mit ihrem Charme um die Samtpfötchen wickeln.

Der Roman "Frühstück bei KittyCat" richtet sich an eine junge Zielgruppe. Deshalb schreibt Kerstin Garde in einer sehr einfachen Sprache und setzt auf einen einfachen Plot. Das eigentliche Geschehen ist vom ersten Zusammentreffen von Lilly und Baptiste vorhersehbar und läuft nach einigen (überflüssigen) Irrungen und Wirrungen auf das endgültige Happy-End zwischen den Rivalen in der Gastronomie zu.

Um die Leser bei der Stange zu halten, hat Kerstin Garde einige weitere Nebenstränge eingebaut, die um betagte Gäste des Katzencafés kreisen, die ein neues Lebens- und Liebesglück im Katzencafé finden. Eine eigens eingebaute "Räuberpistole" soll für zusätzliche Spannung sorgen, wirkt aber eher wie an den Barthaaren von Mister Maunz herbeigezogen.

Insgesamt ist dieser auf Harmonie bedachte, zuckersüße Roman eher leichte Kost, die man an einem gemütlichen Winterabend auf dem Sofa bei einer Heißen Schokolade genießen kann. Am besten mit einer schnurrenden Katze auf dem Schoß!

Bewertung vom 10.11.2018
Eines Tages in der Provence
Lambert, Karine

Eines Tages in der Provence


sehr gut

Das Cover ist kunstvoll gestaltet und wirkt sehr ansprechend. Der Betrachter bickt auf einen großen Baum, der den Mittelpunkt eines Dorfplatzes bildet und alle Häuser, die um ihn herum gebaut worden sind, überragt. Sein Schatten fällt auf die Bewohner des Dorfes, die - wie Scherenschnitte aus einem vergangenen Jahrhundert - nur schememhaft zu erkennen sind. Der Titel bleibt bewusst vage und erinnert an ein Märchen aus längst vergangenen Zeiten, wie man es selbst gehört hat.

Karine Lambert erzählt eine unspektakuläre Geschichte, wie sie sich überall ereignen könnte. Das Geschehen wird aus mehreren Perspektiven geschildert, nicht nur die jungen und alten Dorfbewohnern, sondern sogar der betroffene Baum selbst kommt zu Wort und erzählt aus seiner Vergangenheit. Leider bleiben die menschlichen Protagonisten etwas blass. Der Leser muss sich mit winzigen Fragmenten aus ihrem Leben begnügen, so dass es schwierig ist, mit ihnen warm zu werden. Aber dennoch ist diese leise Geschichte anrührend. Denn der gemeinsame Kampf um den alten Baum eint die Bewohner des Dorfes, die nicht allzu viel Kontakt miteinander gepflegt haben. Sie werden wieder lebendig und entwickeln ein neues Gemeinschaftsgefühl. Trés charmant, n'est-ce pas?

Bewertung vom 10.11.2018
Sonnenröschenwinter
Müntefering, Mirjam

Sonnenröschenwinter


ausgezeichnet

Wenn ihr mich sucht, sucht in euren Herzen.
Habe ich dort eine Bleibe gefunden, lebe ich in euch weiter.
(Rainer Maria Rilke)

Mit diesem Zitat des berühmten Schriftstellers möchte ich diese Rezension beginnen. In ihrem Roman "Sonnenröschenwinter" beschäftigt sich Mirjam Müntefering mit der Frage, ob man sich auf die Liebe einlassen kann, obwohl man Brustkrebs hat? Man kann, sagt sich Sascha nach einigem Zögern und stellt fest, dass es trotz Krankheit so vieles gibt, was sie intensiver leben lässt als je zuvor. Da ist das blühende Leben in ihrer Staudengärtnerei, da sind Zwilligsbruder Ben und die ganze Gärtnerfamilie, dazu die ruppige Corinna, und nicht zuletzt gibt es Robyn, die Leiterin der Selbsthilfegruppe… Liebe ist eben auch eine Frage von Mut.

Das Cover des Romans ist zurückhaltend gestaltet. Es zeigt die zarte Staude, welchem diesem Buch ihren Namen geschenkt hat. Sonnenröschen spielen eine wichtige Rolle. Die Protagonistin Sascha ist in einer familieneigenen Gärtnerei beschäftigt und hat seit ihrer Kindheit eine besondere Verbindung zu dieser robusten Pflanze aufgebaut, die in rauhen Lagen etwas Winterschutz benötigt.

Der Einstieg in diesen Roman fällt leicht. Denn Mirjam Müntefering schreibt in einem locker-leichten Stil. Die einzelnen Kapitel werden mit kurzen Szenen aus einem fiktiven Roman eingeleitet, deren Bedeutung sich im Laufe der Lektüre erschließt.

Das Geschehen wird aus der Ich-Perspektive von Sascha geschildert, und selten habe ich mich einer literarischen Figur so nahe gefühlt. Man verschmilzt mit dieser fiktiven Person, man fühlt ihre Angst, empfindet ihren Schmerz und sieht sie an ihre (körperlichen und seelischen) Grenzen kommen, wenn man sie auf ihrem Kampf gegen den Brustkrebs begleitet. Aber man erlebt auch die schönen Seiten mit, man freut sich über die bedingungslose Liebe ihrer Familie, die sie nicht allein lässt und auf ihrem Weg unterstützt, und man spürt auch die Schmetterlinge in ihrem Bauch, wenn Sascha der attraktiven Robyn, der Leiterin der Selbsthilfegruppe und Mit-Patientin, begegnet, die eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf sie ausübt.

Mirjam Müntefering hat sich mit einem schwierigen Thema auseinandergesetzt. Sie erzählt von Freundschaft und Liebe von Frauen, die an Krebs erkrankt sind und sich einer komplizierten Behandlung unterziehen müssen. Brustkrebs ist die häufigste Krebsart bei Frauen, und man möchte diese furchtbare Krankheit aus seinem eigenen Leben verbannen. Mir ist die Lektüre nicht immer leicht gefallen. Schmerzen, Tod und Verlust werden in diesem Roman nicht ausgeblendet. Trotzdem ist "Sonnenröschenwinter" ein klares Bekenntnis zum Lachen, zum Leben und zur Liebe. Denn LIebe ist eben auch eine Frage von Mut, wie Mirjam Müntefering es so treffend formuliert hat.

Für mich ist dieses berührende Buch mein Highlight im November, und ich vergebe fünf Sterne und spreche eine klare Lese-Empfehlung aus.

Bewertung vom 28.10.2018
Vier Pfoten für ein Weihnachtswunder / Der Weihnachtshund Bd.12
Schier, Petra

Vier Pfoten für ein Weihnachtswunder / Der Weihnachtshund Bd.12


ausgezeichnet

Wunder gibt es immer wieder...

Weihnachten ist das Fest der Liebe - und nichts lässt mein Herz in dieser Jahreszeit höher schlagen als ein gefühlvoller Liebesroman. Mit ihren wunderschönen Büchern trifft Petra Schier mich immer mitten ins Herz. In dem Roman "Vier Pfoten für ein Weihnachtswunder" geht es um Laura, die Weihnachten aus tiefster Seele hasst. Eigentlich wollte sie in ihrem ruhigen Häuschen auf dem Land nur dem Glitzer und Trubel der Adventszeit entfliehen. Und jetzt hat sie sich plötzlich verliebt, in Lizzy, die kleine West Highland Terrier Hündin, in eine vollkommen chaotische Familie und, wenn sie ehrlich ist, auch in Justus, den Sohn ihres Chefs. Laura ist völlig überfordert und sieht nur eine Lösung: Sie muss so schnell wie möglich weg und auf keinen Fall zurückblicken …

Der Mira Taschenbuch Verlag ist für seine hinreißenden Cover bekannt - und das gilt vor allem für die Romane von Petra Schier. Diesmal haben sich die Designer selbst übertroffen. Wenn ich den süßen West-Highland-White Terrier sehe, der vorsichtig durch eine verschneite Winterlandschaft zu einem winzigen Schneemann tapst, schlägt mein Herz Purzelbäume. Auch der Titel ist stimmig, weist auf die Bedeutung von Lizzy, der niedlichen West Highland White Terrier Hündin, hin und macht auf das Geschehen neugierig.

Laura ist eine interessante Protagonistin. Auf den ersten Blick erinnert sie mich an eine zielstrebige kühle Karrierefrau, aber hinter dieser Maske steckt viel mehr. Denn sie hat ein schlimme Erlebnis in ihrer Kindheit nur verdrängt, nicht verarbeitet. Deshalb schützt sich selbst, indem sie alles, was man mit einem glücklichen Fest verbindet, aus ihrem Herzen und ihren Augen verbannt.

Doch mit ihrem Job in einem familär geführten Unternehmen, in dem ein herzlicher, menschlicher Umgang mit allen Mitarbeitern nicht nur auf der Agenda steht, sondern tatsächlich gelebt wird, findet sie nicht nur eine neue berufliche Herausforderung, sondern das ganz große persönliche Glück an der Seite eines direkten, aber einfühlsamen Mannes, der ihr eine starke Schulter zum Anlehnen bietet - nicht nur dank der zauberhaften West Highland White Terrier Hündin Lizzy, sondern auch dank des tatkräftigen Einsatzes himmlischer Mächte, die das Eis um ihr Herz zum Schmelzen bringen.

Romantischer kann eine moderne Liebesgeschichte nicht sein. Bei der Lektüre habe ich viele Tränen vergossen. Nicht nur vor Rührung, sondern auch aus Betroffenheit. Denn Petra Schier blendet die harten Seiten des Lebens nicht aus, und die Leser erleben hautnah einige Schicksalsschläge in dieser liebenswerten Familie mit, die Laura mit offenen Armen in ihren Kreis aufnimmt.

Für mich ist der Roman "Vier Pfoten für ein Weihnachtswunder" mein klares Lese-Highlight in diesem Monat, und ich lege ihn allen Lesern ans Herz, die sich auf eine anrührende, mitunter traurig stimmende Geschichte einlassen wollen, die den Zauber von Weihnachten atmet.

Bewertung vom 12.10.2018
Verliebt für eine Weihnachtsnacht / From Manhattan with Love Bd.6
Morgan, Sarah

Verliebt für eine Weihnachtsnacht / From Manhattan with Love Bd.6


ausgezeichnet

Über den eigenen Schatten springen...


Mache jeden Tag etwas, wovor Du Angst hast.
Anna Eleanor Roosevelt

Mit dem Roman "Verliebt für eine Weihnachtsnacht" präsentiert Sarah Morgan bereits den 7. Band ihrer Reihe "From Manhattan with Love". Im Mittelpunkt steht die schüchterne Geschäftsfrau Harriet Knight, die ihre Liebe zum Hund zum Beruf gemacht und gemeinsam mit ihrer Zwillingsschwester ein florierendes Unternehmen in Manhattan aufgebaut hat. Nun möchte sie ihr Leben verändern und sich jeden Tag einer Herausforderung stellen. Aber als die Hundesitterin ihren neuesten Kunden kennenlernt, gerät sie mächtig ins Stottern: Obwohl der attraktive Arzt Ethan Black bei vielen Frauen einen Fieberschub auslöst, scheitert er an der Erziehung des unbändigen Spaniels Madi kläglich. Um dem Hund zu helfen, bleibt Harriet nichts anderes übrig, als in Ethans Apartment im winterlichen Manhattan einzuziehen – wo sie sich Hals über Kopf in Ethan verliebt. Doch wenn ihre Arbeit getan ist, muss sich Harriet eines fragen: Hat sie Ethan ihr Herz nur für eine Weihnachtsnacht geschenkt? Oder für ein ganzes Leben?

Das Cover ist in warmen Farben gehalten, nimmt weihnachtliche Motive auf und wirkt zart und verspielt. Am oberen Rand des Deckels kann man die Skyline von Manhattan erkennen, was gleichsam das "Markenzeichen" dieser Reihe von Sarah Morgan ist. Auch der Titel nimmt das Motiv "Weihnachten" auf und ist recht eingängig, wenn auch etwas oberflächlich.


Sarah Morgan ist ein süßer, leichter Liebesroman für die schönste Zeit des Jahres gelungen. Sie beschreibt sehr anschaulich, wie die empfindsame und schüchterne Hundesitterin Harriet, die wegen ihres Stottern eine leichte soziale Phobie entwickelt hat, nach dem Auszug ihrer Zwillingsschwester Fliss ihre "Comfort-Zone" verlassen und sich auf die eigenen Füße stellen muss. Im Laufe der Wochen bewältigt sie verschiedene Herausforderungen, vor denen sie sich bisher erfolgreich gedrückt hat, und gewinnt mehr und mehr Selbstvertrauen.

Durch ihren Job als Hundesitterin (und einen Besuch in der Ambulanz) lernt sie Ethan, einen attraktiven Arzt aus der Notaufnahme des Krankenhauses kennen. Ebenso wie Harriet schleppt er ein schweres Handicap mit sich herum. Wegen seines anstrengenden Berufs ist seine erste Ehe gescheitert, und er hat seine Gefühle strikt abgeschaltet und will niemand mehr an sich heranlassen. Ob es Harriet gelingen wird, seine rauhe Schale zu knacken und ihn für mehr als eine Weihnachtsnacht an sich zu binden - nun, das möchte ich nicht verraten, schließlich sollt ihr das Buch selbst lesen.

Mir hat dieser humorvolle Roman gut gefallen, und ich empfehle ihn allen weiter, die sich auf ein besinnliches Weihnachtsfest voller Liebe und Romantik einstimmen wollen.

Bewertung vom 10.10.2018
3 Zimmer, Küche, Mord
Minck, Lotte

3 Zimmer, Küche, Mord


ausgezeichnet

Mit ihrer Ruhrpott-Krimödie "Drei Zimmer, Küche, Mord" hat Lotte Minck bereits den 10. Band ihrer Reihe um die clevere und schlagfertige Amateur-Detektivin Loretta Luchs vorgelegt, die in ihrer Freizeit immer wieder in Verbrechen verstrickt wird. Nach ihren vergangenen Abenteuern wünscht sie sich nichts sehnlicher als ein Leben "mit ohne Morde". Dumm nur, wenn nach kaum einer Woche im neuen Haus ein Toter im Hof liegt, dessen Ableben augenscheinlich keine natürliche Ursache hat. Da die Polizei schon bald wieder auf den Holzweg gerät, bleibt dem unschlagbaren Ermittlerduo Loretta und Erwin nichts anderes übrig, als der Mietergemeinschaft in dem nach außen so ehrenwerten Haus selbst mal richtig auf den Zahn zu fühlen …

Das Cover von Ommo Wille ist wieder ein Hingucker und spiegelt den Inhalt des Buches. Das Mietshaus macht einen etwas renovierungsbedürftigen Eindruck, die Fassade könnte einen neuen Anstrich vertragen. Loretta steht auf ihrem Balkon und späht - bewaffnet mit ihrem Fotoapparat - in den Garten hinab. Die bunten Blumen in den frisch bepflanzten Balkonkästen wirken sehr hübsch, auch die Dekoration mit einem Traumfänger und einem Klangwindspiel macht einen ruhigen, harmonischen Eindruck. Allerdings ist dieser friedliche Eindruck trügerisch, wenn man die Rückseite des Buches betrachtet. Auf einer Bank sitzt ein Mann. Unter der Schirmmütze ist eine Kopfwunde verborgen, das Blut rinnt seinen Nacken herab. Auch die Tauben sind in schwarzes Licht getaucht und vermitteln eine düstere Atmosphäre. Hier ist ein Verbrechen geschehen - vor den Augen von Loretta!
Cool finde ich den Spruch, der auf die Lehne der Bank gekratzt ist: I ❤️Ruhrpott. Da kann ich mich nur anschließen

Wie immer klingt der Plot vielversprechend, und das Setting in einem leicht renovierungsbedürftigen Mietshaus mitten im Ruhrpott ist gut gewählt. Lotte Minck hat die einzelnen Bewohnern mit ihren charakteristischen Eigenarten anschaulich beschrieben. Die Bandbreite reicht von einem eifersüchtigen Teenager über einen selbstveriebten Lehrer bis zu einer alten Dame, die sich gern in das Leben ihrer Mitbewohner einmischt und für mich durchaus Züge der berühmten Else Kling aus der Lindenstraße aufweist. Lotte Minck gelingt es spielend, diese besondere Kulisse mit viel Leben zu füllen. Vor allem der alte Taubenvatta, der seine diebischen Lieblingstiere unter dem Dach hegt und pflegt, steht mir lebhaft vor Augen.

Im Mittelpunkt steht Loretta Luchs, die in einem Call-Center der ganz besonderen Art tätig ist. In ihrem Falle ist Nomen Omen. Sie ist eine clevere, schlagfertige sympathische Heldin, die ihr loses Mundwerk nicht immer in Zaum halten kann und manchmal mit ihren (nicht allzu lieben) Mitmenschen aneinander gerät. Trotzdem hat sie das Herz am rechten Fleck, was man an ihre langjährige Freundschaft mit Frank, Bärbel, Erwin und Doris, aber auch mit ihrer in den Norden von Deutschland verzogenen besten Freundin zeigt. In ihrem neuen Dach über dem Kopf möchte Loretta eigentlich auf weitere Aktivitäten als Amateur-Detektivin verzichten, aber es kommt wieder einmal anders als sie denkt. Ab sofort mit ohne Morde - is nich drin, woll?

Lotte Minck beweist wieder einmal, dass ein guter Krimi auf blutige Gemetzel verzichten kann. Ihre Ruhrpott-Krimödie punktet mit Charme, Spannung und Witz - und viel Lokalkolorit. Vor allem die typischen Redewendungen aus dem Pott tragen viel zu einer ganz besonderen Wohlfühl-Atmosphäre bei, wie jeder Freund des Ruhrgebietes bestätigen wird. Aus diesem Grunde vergebe ich gern 5 Sterne und hoffe auf eine weitere Fortsetzung mit meiner persönlichen Lieblingsheldin Loretta Luchs, die mirin den vergangenen Jahren sehr ans Herz gewachsen ist. Iss klar, woll?

Bewertung vom 03.10.2018
NSA - Nationales Sicherheits-Amt
Eschbach, Andreas

NSA - Nationales Sicherheits-Amt


ausgezeichnet

Mit seinem Bestseller "Das Jesus-Video" ist der deutsche Schriftsteller Andreas Eschbach zu einem der bedeutendsten Science-Fiction-Autoren avanciert und in der breiten Öffentlichkeit bekannt geworden. Heute legt er sein neues Werk "NSA - Nationales Sicherheits-Amt" vor, das sich mit einem brisanten Thema auseinandersetzt. 1942 arbeitet die Programmiererin Helene im Nationalen Sicherheits-Amt und entwickelt dort Programme, mit deren Hilfe alle Bürger des Reichs überwacht werden. Erst als die Liebe ihres Lebens Fahnenflucht begeht und untertauchen muss, regen sich Zweifel in ihr. Mit ihren Versuchen, ihm zu helfen, gerät sie nicht nur in Konflikt mit dem Regime, sondern wird auch in die Machtspiele ihres Vorgesetzten Lettke verwickelt, der die perfekte Überwachungstechnik des Staates für ganz eigene Zwecke benutzt und dabei zunehmend jede Grenze überschreitet.

Was wäre, wenn es im Dritten Reich schon Computer gegeben hätte, das Internet, E-Mails, Mobiltelefone und soziale Medien - und deren totale Überwachung? Wenn man so will, ist diese Frage der zentrale Dreh- und Angelpunkt, um den dieser Roman kreist. Der außergewöhnliche Plot macht auf das Buch neugierig, und das Setting in Weimar, das gar nicht so weit von der Hauptstadt Berlin entfernt gelegen ist und eine zentrale Rolle im Nationalsozialismus spielte, ist perfekt gewählt.

Das in einem bräunlichen Farbton gehaltene Cover ist spektakulär gestaltet worden und übt eine magische Anziehungskraft aus, der man sich nicht entziehen kann. Der Betrachter sieht ein weit geöffnetes einzelnes Auge, das sich auf ihn fokussiert. Nichts scheint seiner Aufmerksamkeit entgehen zu können. Der Titel "Nationales Sicherheits-Amt" einprägsam und klug gewählt. Die Abkürzung "NSA" fügt sich einerseits in die im Dritten Reich übliche Flut von gebräuchlichen Abkürzungen, rekurriert aber andererseits auf eine tatsächlich existierende Einrichtung. Fast zwangsläufig fühlt man sich an den National Security Agency (NSA) erinnert, den größten Auslandsgeheimdienst der Vereinigten Staaten.

Das Geschehen wird aus zwei Perspektiven erzählt. Im Mittelpunkt steht Helene Bodenkamp, die aus gutbürgerlichen Verhältnissen stammt und sich bereits in ihrer Schulzeit auf das Programmieren spezialisiert hat. Helene ist eine kleine graue Maus, die den Typ der politisch uninteressierten Mitläuferin verkörpert und dank ihrer hervorragenden Leistungen einen Arbeitsplatz im Nationalen Sicherheits-Amt erhält, wo sie auf Eugen Lettke trifft, der als Sohn eines Kriegshelden aus dem 1. Weltkrieg den "U.K."-Status besitzt und von einem Einsatz im Krieg befreit ist. Optisch gesehen, erfüllt der große, blonde und bläuäugige Eugen Lettke als nordischer Typ das nationalsozialistische Rassenideal und verfügt über den Arier-Status "AAA". Charakterlich gesehen, sieht es eher düster aus. Seinen sicheren Job im NSA nutzt Eugen Lettke für seinen ganz persönlichen Rachefeldzug.

Eine klare Zuordnung zu einem literarischen Genre fällt mir schwer. Ich erkenne Elemente von Dystopie, Science Fiction, Politthriller und historischem Roman. Sogar eine zarte Liebesgeschichte zwischen Helene und Artur, einem Deserteur, fehlt nicht. Auf jeden Fall ist es eine aufregende, mitreißende Mischung, und man möchte das neue Werk von Andreas Eschbach nicht mehr aus den Händen legen.

Dieses Buch ist ein wahrer Pageturner, der seinen Leser von der ersten bis zur letzten Seite (und das sind immerhin fast 800 Seiten) in Atem hält. Andreas Eschbach erzählt eine faszinierende, spannende Geschichte, in der die Grenzen zwischen Fiktion und Realität verschwimmen. Nach der Lektüre bleibt man verstört zurück und wird lange über dieses gedankliche Experiment nachdenken müssen. Was kann man sich mehr wünschen?