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mimitatis_buecherkiste
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Krefeld

Bewertungen

Insgesamt 618 Bewertungen
Bewertung vom 20.03.2023
Liebewesen
Schmitt, Caroline

Liebewesen


ausgezeichnet

Lio lernt Max kennen, eigentlich wollte sie weiter Single bleiben, aber ihre beste Freundin Mariam nötigt sie zum Date. Es passt besser als erwartet, man mag sich, man liebt sich, man zieht zusammen. Als der Schwangerschaftstest positiv ausfällt, fällt das Kartenhaus in sich zusammen, denn Lio hat mehr Baustellen in ihrem Leben, als sie zählen kann, sodass sie bereits früh eine Entscheidung für sich trifft.

Dieses Debüt der Journalistin Caroline Schmitt hat es in sich; schonungslos ehrlich ist Lio nur zu sich, alle anderen schließt sie aus. Dies hat natürlich Gründe, die erst nach und nach zutage kommen, allerdings für mich, nicht für die Personen, die es betrifft. Ich konnte Lio so gut verstehen, fühlte, litt und kämpfte mit ihr. Abgründe taten sich auf, Geister der Vergangenheit kämpften abwechselnd mit Leid und Glück. Verletzt, zerrissen, hoffnungsvoll und manchmal bekifft vor Glück, zwischen himmelhoch jauchzend und abwärts ins Tal der Tränen lag oft nur ein kurzes Stück. Dazu der grandiose Humor, der sich durch das Buch zog, fertig ist eine Geschichte, die mich begeistert, entgeistert, berührt und aufgewühlt hat. Eine Liebesgeschichte, die ganz anders war, als erwartet und dabei genauso, wie gewünscht. Ein tolles Debüt, sprachlich wie inhaltlich eine große Wucht. Ich möchte mehr davon! Dafür gibt es fünf Sterne mit Sternchen und eine Leseempfehlung.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.03.2023
Mein Leben in deinem
Moyes, Jojo

Mein Leben in deinem


ausgezeichnet

Sam ist gestresst; im Job läuft es schlecht, der neue Chef hat sich auf Sam eingeschossen und mobbt sie fürchterlich, zu Hause wächst ihr alles über den Kopf, ihr depressiver Mann ist da seit Monaten keine Hilfe. Einen kleinen Ausgleich erhofft sie sich in einem Luxus-Sportstudio, den Gutschein gab es von ihrer Tochter, wo sie nach ihrem Besuch mit Grauen feststellt, dass sie die falsche Sporttasche mitgenommen hat. Zur gleichen Zeit passiert der verwöhnten und mit einem Millionär verheirateten Nisha nichts Gutes; ihr Mann schmeißt sie von einer Minute auf die andere aus seinem Leben, ihr einziger Besitz ist ihre Sporttasche. Umso größer ihr Entsetzen, als sie merkt, dass diese vertauscht wurde und sie nicht einmal mehr etwas zum anziehen besitzt.

Das Leben der zwei Frauen könnte unterschiedlicher nicht sein und trotz des Umstandes, dass sich ihre Wege am Anfang des Buches kreuzten, dauerte es sehr lange, bis sie sich tatsächlich begegneten. Bis dahin konnte ich parallel verfolgen, was im Alltag der beiden passierte. Ich fand die Gegenüberstellung dieser so unterschiedlichen Charaktere, die in verschiedenen Welten lebten, interessant und oft sehr amüsant. Der Alltag von Sam war vollgepackt, denn neben ihrer Arbeit gab es noch die Eltern, die Zuwendung forderten. Von ihrem Mann förmlich im Stich gelassen, hat sie verzweifelt versucht, alles am Laufen zu halten und zu funktionieren. Dies mit der bis dato verwöhnten Nisha zu vergleichen, die es gewöhnt war, nichts selbst erledigen zu müssen, die Assistenten und Chauffeure sowie Bedienstete kaum noch wahrgenommen hat, weil diese selbstverständlich waren, war spannend und sehr unterhaltsam.

Beide Frauen mussten letztendlich kämpfen, jede auf ihre Weise. Mir hat die Entwicklung der Charaktere gefallen und auch wenn das ein oder andere Klischee bedient worden ist, wurde es nie kitschig oder übermäßig rührselig. Natürlich gab es viele Situationen, die mich berührten und auch zum weinen brachten, aber genauso oft musste ich schmunzeln oder sogar laut lachen. Die Mischung aus Familiengeschichte, Drama und einer kleinen Prise Krimi war fantastisch, ich war so gespannt, wie die Geschichte ausgeht. Das Ende hat mich überrascht, damit habe ich nicht gerechnet, allerdings war es genau der richtige Abschluss für dieses großartige Buch.

Seit Jahren lese ich Bücher der Autorin und wurde noch nie enttäuscht. Als ich hörte, dass ein neues Buch erscheint, war meine Freude groß und wieder einmal hat Jojo Moyes mir unvergessliche Lesestunden beschert. Von mir gibt es fünf Sterne mit Sternchen und eine Leseempfehlung.

10 von 10 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.03.2023
Dschomba
Peschka, Karin

Dschomba


gut

Im Jahre 1954 geschieht es, dass ein halbnackter Mann auf dem Eferdinger Pfarrfriedhof zwischen den Gräbern tanzt. Der Gendarm und der Bestatter holen den Dechant (Dekan), damit dieser den Fremden zur Vernunft bringt. Es ist ein kalter Novembertag und Dragan Dzomba, wie der Eindringling heißt, wird am Ende des Tages mit dem Dechant mitgehen, der ihm im Pfarrhof ein Quartier gibt. Der Fremde bleibt fremd, was auch geschieht, obwohl er nun ein alter Mann ist, der viele Jahre später immer noch da ist und sogar regelmäßig im Gasthof am Stammtisch sitzt.

Dieses Buch hat es mir nicht leicht gemacht. Sperrig und eigen die Sprache, seltsam unvollendet die Sätze, Worte und Ausdrücke wie aus einer anderen Zeit. Auch die österreichische Mundart hat es mir erschwert, der Geschichte zu folgen, die zwischen Personen und Dingen springt, zwischen Orten und Jahren. Es geht um Heimat, das Fremdsein und die Zugehörigkeit. Es geht um Freundschaft, Ausgrenzung, aber auch um die Nachkriegszeit. Wer Spannung erwartet, wird hier nicht bedient, mir fehlte ein wenig der rote Faden, der Grund für das Ganze und ein Sinn. Letztendlich war es für das Buch und mich kein Vergnügen, wahrscheinlich war es der falsche Zeitpunkt für die Art der Lektüre. Schade, aber vielleicht klappt es beim nächsten mal.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.03.2023
Salomés Zorn
Bekono, Simone Atangana

Salomés Zorn


sehr gut

Die sechzehnjährige Salomé lebt zusammen mit ihrer Familie in einem niederländischen Dorf, ihr Vater kommt aus Kamerun, die Mutter ist Niederländerin. Auf dem Gymnasium, das sie besucht, ist sie immer wieder Anfeindungen ausgesetzt, die Situation spitzt sich zu. Salomés Vater kauft einen Punchingball und bringt seinen Töchtern bei, sich zu verteidigen. Salomé aber kann ihre Wut kaum kontrollieren; als sie zum wiederholten Male bedrängt wird, eskaliert die Situation, was damit endet, dass Salomé in der Jugendstrafanstalt landet, wo sie lernen soll, ihren Zorn im Zaum zu halten. Ihr Therapeut aber ist ausgerechnet ein Mann, der als Kandidat in einer fremdenfeindlichen Fernsehsendung aufgetreten ist.

„Ich brülle, weil ich nicht weinen will. Und dann flippe ich aus.“ (Seite 58)

Salomé ist die Ich-Erzählerin in diesem Debütroman und ihre Wut und ihr Zorn ziehen sich durch das ganze Buch. Welcher Vorfall dazu geführt hat, dass sie für sechs Monate in die Jugendstrafanstalt muss, wird erst spät enthüllt, davor gibt es immer nur kleine Andeutungen, Versuche einer Erklärung und die Suche nach einer Antwort, ohne die Frage zu kennen. Der unterschwellige und auch der offene Rassismus waren schwer zu ertragen, manche Ausdrücke fand ich so schlimm, dass es mich förmlich geschüttelt hat beim lesen. Was das mit einem jungen Menschen macht, wage ich mir gar nicht vorzustellen, zumal wenn dieser auch so schon auf der nicht einfachen Suche nach Identität und Zugehörigkeit ist.

Ich habe ein wenig gebraucht, um ins Buch zu finden, fand den Schreibstil speziell und die Erzählweise sehr gewöhnungsbedürftig. Die Gedanken der Jugendlichen waren manchmal wirr, wache Momente, Erinnerungen und Träume wechselten sich ab, Wünsche, Sehnsüchte und Hoffnungen standen im Raum und fanden dennoch keinen Platz. Im Laufe der Geschichte wurde dies anders, ich konnte Salomé verstehen, mit ihr fühlen, hatte Verständnis für ihre Ohnmacht, ihren Zorn und diese große Wut. Ein Buch mit einem wichtigen Thema, aktueller denn je, auf das man sich einlassen muss, denn einfach macht es die Autorin der Leserschaft nicht.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.03.2023
In blaukalter Tiefe
Hauff, Kristina

In blaukalter Tiefe


ausgezeichnet

Der Wirtschaftsstrafverteidiger Andreas Kepler erfüllt seiner Frau Caroline und sich den Traum, in die schwedischen Schären zu segeln. Da die Romantik in seiner Ehe ein wenig auf der Strecke geblieben ist, erhofft er sich zudem das Aufflammen romantischer Gefühle seitens seiner Frau. Er lädt zu dem Segeltörn zusätzlich noch den jungen Anwalt Daniel, der kurz davor steht, Partner in der Kanzlei von Andreas zu werden, sowie dessen Freundin Tanja ein. Zusammen mit dem wortkargen Skipper Eric werden die zwei Paare zehn Tage auf engstem Raum miteinander verbringen müssen, wobei die ersten Konflikte nicht lange auf sich warten lassen.

Zu Beginn wusste ich gar nicht so genau, was auf mich zukommt, war zuerst einmal aber angenehm überrascht, dass die Perspektive immer wieder zwischen den Beteiligten wechselte, was ich gerne mag. Von jeder Person bekam ich anfangs nur einen kleinen Teil ihres Wesens zu sehen, im Dunkeln blieb aber genug, um meine Neugier ins Unermessliche steigen zu lassen. Dadurch hat die Autorin es geschafft, von Anfang an eine gewisse Spannung in die Geschichte einzubauen, die sich durch das ganze Buch zog. Feine Spitzen, böse Bemerkungen, Andeutungen und fiese Spielchen, nichts ließen die vier aus. Die Emotionen kochten hoch, Animositäten entstanden, Wut und Zorn entluden sich. Die Geschichte steuerte auf einen Höhepunkt zu, aber was dann tatsächlich passierte, das war schon ziemlich krass. Den Ausgang habe ich so nicht erwartet, mir gefiel die Wendung sehr, die das Buch genommen hat. Für mich ein toller Spannungsroman, der meine Nerven strapaziert und mir sehr unterhaltsame Lesestunden beschert hat. Volle Punktzahl und eine Leseempfehlung gibt es dafür von mir.

5 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.03.2023
Die Herzchirurgin
Jordan, Jack

Die Herzchirurgin


ausgezeichnet

Als die Herzchirurgin Anna Jones nach Hause kommt, erwartet sie eine böse Überraschung. Fremde Männer sind in ihrem Haus und installieren Kameras, um sie zu überwachen, ihre Babysitterin ist tot und ihr kleiner Sohn verschwunden. Die Entführer stellen Anna ein Ultimatum; entweder sie tötet den beliebten Politiker Ahmed Shabir bei der bevorstehenden Operation auf dem OP-Tisch, oder ihr Sohn stirbt.

Das Buch handelt von drei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Da ist die renommierte Herzchirurgin Anna, die in eine fast ausweglose Situation gerät. Daneben gibt es Krankenschwester Margot, die bereits in einer ausweglosen Situation ist, sowie Detective Inspector Rachel Conaty, deren Ermittlung die Wege der beiden Frauen kreuzt und die ebenfalls vorbelastet ist. Für alle drei Charaktere gab es meinerseits Verständnis, allerdings für zwei der Frauen wenig Sympathie. Alle drei fungieren als Ich-Erzählerinnen, immer wieder springt die Geschichte hin und her, wobei dies mit Namen und Zeitangaben kenntlich gemacht worden ist. Durch diese Sprünge wird kontinuierlich eine Spannung aufgebaut, die irgendwann unerträglich wird. Ich war das eine oder andere Mal kurz davor, vorzublättern, weil ich den Nervenkitzel kaum noch ausgehalten habe.

Die Wendung, die die Story irgendwann nahm, kam unerwartet. Als ich mich gerade darauf eingestellt hatte, gab es erneut einen Twist, der mich staunen ließ. Der Einfallsreichtum des Autors war unglaublich, zu keinem Zeitpunkt kam Langeweile auf, meine Nerven waren zum zerreißen gespannt und ich sehr neugierig darauf, wie das Buch ausgeht. Das Finale setzte noch einmal einen drauf, ich konnte kaum fassen, wie die Geschichte ausging. Wer tempo- und wendungsreiche Thriller mag, wird hier voll auf seine Kosten kommen. Fünf Sterne mit Sternchen und eine Leseempfehlung gibt es dafür von mir.

18 von 19 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.03.2023
Isidor
Kupferberg, Shelly

Isidor


ausgezeichnet

In diesem Buch erzählt die in Tel Aviv geborene Journalistin Shelly Kupferberg die Geschichte ihres Urgroßonkels Israel Isidor Geller, der im Jahre 1938 von den in Österreich einmarschierten Nazis in den Tod getrieben wurde. Sie erzählt von seiner Kindheit in ärmlichen Verhältnissen, von seinen Eltern und Geschwistern, von seinen Träumen und Wünschen, dieser Welt zu entfliehen. Mit Ehrgeiz und Fleiß schafft es Isidor in die oberen Kreise, wird Kommerzialrat, Beraters des österreichischen Staates und Multimillionär. Er liebt die schönen Künste und die Frauen, Bescheidenheit ist ihm fremd. Als die Anzeichen sich mehren, dass ein Auswandern sicherer wäre als zu bleiben, schlägt Isidor alle Warnungen in den Wind, schließlich ist er Jemand und von seiner Stellung in der Gesellschaft überzeugt. Dies erweist sich als Fehler.

Die Art und Weise der Erzählung hat mir sehr gefallen, denn die Autorin konzentriert sich nicht nur auf Isidor, sondern bezieht seine Familie, Freunde, Weggefährten und viele andere Personen in die Geschichte mit ein. Ihre penibel recherchierten Ergebnisse teilt sie mit uns und dies tut sie auf solch interessante Weise, dass es mir schwergefallen ist, das Buch aus der Hand zu legen. Der Roman ist nicht chronologisch geordnet und dies machte einen großen Reiz für mich aus, den oft dachte ich, dass da eine interessante Person war, über die ich gerne mehr erfahren würde, und schon ging es mit dieser im nächsten Kapitel weiter. Was sich chaotisch anhört, war das Gegenteil davon, denn die eingefügten Geschichten ergänzten die Erzählung so wunderbar, dass jede Frage sich erübrigte und ein Gesamtbild entstand.

Vieles wusste ich aus dieser Zeit, einiges war mir aber auch neu. Es gab mehrere Stellen im Buch, an denen ich vor Emotionen überfloss und nicht wusste, wohin mit meinen Gefühlen. Ich kann mir nicht mal annähernd vorstellen, wie dies für Shelly Kupferberg gewesen sein muss, deren Familiengeschichte dies ist. Ein grandioses Debüt und ein Buch, das mir noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Von mir gibt es fünf Sterne mit Sternchen und eine Leseempfehlung.

9 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.03.2023
Zwischen Welten
Zeh, Juli;Urban, Simon

Zwischen Welten


ausgezeichnet

Theresa ist Landwirtin in Brandenburg, Stefan Journalist in Hamburg. Als Studenten lebten sie in einer WG zusammen und waren beste Freunde, als Theresas Vater starb und sie dessen Hof übernahm. Nach zwanzig Jahren Funkstille begegnen sich die beiden und es entsteht eine schriftliche Annäherung, bei der zwei Welten aufeinanderprallen.

Dieser Roman besteht ausnahmslos aus Emails und WhatsApp-Nachrichten, was ich unglaublich spannend fand, weil man schriftlich viel ausführlicher und oft auch viel ehrlicher ist, als wenn ein Gesprächspartner einem gegenüber steht, was ich selbst ganz erstaunlich finde. Stefan würde mich übrigens jetzt korrigieren und darauf hinweisen, dass es Gesprächspartner*in heißen muss, womit wir bereits voll im ersten Thema wären. Mit seiner konsequenten geschlechtergerechten Schreibweise hat er mich in den Wahnsinn getrieben, wie ich zugeben muss. Manchmal kamen Begriffe zustande, die mich dann aber auch laut auflachen ließen, denn ganz ehrlich; Gäst*innen kann niemand ernst meinen. Oder doch? Diese Schreibweise hat Stefan übrigens knallhart durchgezogen und dafür zolle ich dem Charakter und den Autoren Respekt.

Dies war aber natürlich nicht das Hauptthema und überhaupt gab es da auch wirklich viele; ob Agrarpolitik, das Klima, Rassismus oder die soeben erwähnte Gendersprache, alles wurde angesprochen und sehr ausführlich diskutiert. Und genau da prallten die Welten aufeinander, erhitzten sich die Gemüter, kochten die Emotionen hoch. Im übrigen auch bei mir, denn selten haben mich Charaktere im Buch so aufgeregt, so berührt, so mitgerissen und auch bewegt. Wichtig und richtig fand ich dabei, dass keine Sichtweise bevorzugt wurde, beide Seiten kamen zu Wort und haben ihre Argumente vorbringen dürfen.

Hat mir der erste Teil des Buches schon gefallen, so fand ich die zweite Hälfte grandios! Ich hätte nicht gedacht, dass mich ein Buch über die realen Dinge, Fragen und Probleme so begeistern würde. Ganz nah an der Realität wurde Corona und auch der Krieg in der Ukraine thematisiert, fanden wahre Ereignisse und Begebenheiten ihren Platz. Das war schon großes Kino inklusive Drama, Familiengeschichte, politischem Krimi und natürlich auch einer riesigen Portion Gesellschaftskritik. Ganz meisterlich! Volle Punktzahl und ein zusätzliches Gendersternchen gibt es dafür von mir. Lesenswert!

16 von 18 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.03.2023
Rote Sirenen
Belim, Victoria

Rote Sirenen


gut

In diesem autobiografischen Roman verarbeitet Victoria Belim ihre Familiengeschichte. Es ist ein Buch über die Suche nach Identität und Heimat sowie darüber, die Geschichte der eigenen Familie zu recherchieren und auch zu verarbeiten. Die Autorin reist hierzu in ihr Heimatland, besucht die Orte ihrer Kindheit und spricht mit Familienangehörigen und Nachbarn. Erinnerungen und auch neue Hinweise vervollständigen das Bild.

„Man kann nicht frei sein, solange man Angst vor der Wirklichkeit hat.“ (Seite 279)

Leider konnte das Buch mich bis zuletzt nicht wirklich erreichen, zu persönlich, zu eigensinnig fand ich den Roman. Es gab zwar eine ganze Menge historischer Informationen zur Ukraine und ihren Bewohnern, insbesondere viele politische Fakten in Hülle und Fülle, aber gerade dieser Umstand behinderte immer wieder meinen Lesefluss. Der Roman wurde übrigens fertiggestellt vor dem Angriff Putins auf die Ukraine, die aktuellen Ereignisse finden lediglich im Vorwort und im Nachwort Platz. Wer ausführliche Informationen hierzu erwartet, wird gegebenenfalls enttäuscht.

Ich habe eine emotionale Familiengeschichte erwartet, bekommen habe ich eine Auseinandersetzung mit der Ukraine und den Nachbarländern. Die dazwischen gestreuten Erzählungen, die die Familie der Autorin betrafen, fand ich hierbei außerordentlich interessant und hätte mir diesbezüglich eine durchgehende Erzählung gewünscht. Der Schreibstil war insgesamt sehr nüchtern, erinnerte mich eher an ein chronologisch gehaltenes Journal über eine Reise in die Heimat, als an eine Erzählung für Fremde, berührt hat es mich leider nicht. Für historisch interessierte LeserInnen wäre dies sicherlich das richtige Buch. Meine Erwartungen waren hier wohl einfach falsch.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.02.2023
Das dritte Licht
Keegan, Claire

Das dritte Licht


ausgezeichnet

Ein kleines Mädchen wird von seinem Vater bei Verwandten abgeliefert, die Mutter ist wieder schwanger, das Haus voll, da ist es besser, wenn die Verwandtschaft sich um das Kind kümmert, am liebsten so lange, wie es nur möglich ist. Dem Mädchen eröffnet sich eine Welt, wie sie sie bisher noch nicht gekannt hat.

„Ihre Hände sind wie die meiner Mutter, aber sie haben noch etwas anderes an sich, etwas, das ich noch nie zuvor empfunden habe und wofür ich keinen Namen weiß. Mir fallen einfach keine Wörter ein, aber das hier ist ein neuer Ort, und ich brauche neue Wörter.“ (Seite 22)

Was für ein wunderbares Buch! Es ist eine relativ kurze Erzählung, aber in dieser wenigen Zeit hat die Autorin es geschafft, einen ganzen Film vor meinen Augen entstehen zu lassen. Mit so wenigen Worten so viel zu erzählen, ist ein außergewöhnliches Talent und hat mich bereits in dem letzten Buch, das ich von Claire Keegan gelesen habe, unglaublich begeistert. Eine schöne Sprache, derb und poetisch zugleich, eine bekannte Geschichte auf neue Art erzählt. Viele Sätze ergaben für mich je nach Sichtweise eine andere Bedeutung, vieles blieb unklar, obwohl klar formuliert. Dies machte einen großen Reiz der Erzählung aus, hat mich gefordert und fasziniert. Zuletzt war ich sehr aufgewühlt, hab mir gewünscht, dass etwas bestimmtes passiert. Das Ende hat mich bewegt, aufgewühlt und auch etwas aufgeregt, hat Emotionen erzeugt und tief in mir etwas berührt. Ein Highlight für mich, für das es fünf Sterne mit Sternchen und eine Leseempfehlung gibt.

11 von 11 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.