Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Fornika
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 378 Bewertungen
Bewertung vom 31.05.2017
Sie sind da / Die Brut Bd.1
Boone, Ezekiel

Sie sind da / Die Brut Bd.1


sehr gut

Erdbeben in Indien. Eine Atombombe in China. Eine verschwundene Wandergruppe in Peru. Ein zehntausend Jahre alter Kokon. Auf den ersten Blick zusammenhangslos… doch die Brut kommt und plötzlich wird aus vielen Katastrophen eine große…
Ezekiel Boone hat hiermit einen absolut unterhaltsamen Serienauftakt hingelegt. Und damit wären wir auch gleich bei meinem wichtigsten Kritikpunkt: Serienauftakt heißt für mich nicht, dass ich meine Geschichte in den einzelnen Bänden komplett in der Luft hängen lassen darf. Für den Autor schon ; ) Abgesehen von dem Cliffhanger-Ende habe ich mich aber wirklich beim Lesen amüsiert. Boone hat einen schnodderigen Humor, allzu empfindlich sollte man beim Thema Schimpfwörter aber nicht sein. Bei mir hat er irgendwie einen Nerv getroffen und so war die Story schnell ausgelesen. Die entwickelt sich etwas trashig, einige Ekelszenen waren aber so abstrus, das sie doch eher zum Lachen waren. Insgesamt ist das beschriebene Szenario aber schon spannend und gut aufgemacht, die Logik muss man manchmal Logik sein lassen können. Die Figuren sind recht vielseitig, die verschiedenen Handlungsstränge ermöglichen einen Blick rund um den Globus. Ob man jetzt zu jeder noch so kleinen Figur auch direkt sämtliche Erklärungen zum Sexualleben gebraucht hätte, sei mal offen gelassen. Mich hats nicht wirklich gestört, vielleicht lernt der Autor aber ja bis zum nächsten Band auch noch andere Möglichkeiten der Charakterisierung seiner Personen kennen. Boone hat die verschiedenen Orte geschickt vernetzt (sorry, den Wortwitz konnte ich mir nicht verkneifen) und so ergibt sich ein großes Ganzes. Etwas schade fand ich, dass sich gegen Ende des Buches vieles auf die USA konzentriert, die anscheinend als schlauste Schlaunation die Einzige ist, die irgendwie im Alleingang die Welt retten wird. Oder halt auch nicht. Ich warte gespannt auf Band zwei und mache derweil um sämtliche Netze einen Bogen. Sicher ist sicher.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.04.2017
Der Freund der Toten
Kidd, Jess

Der Freund der Toten


ausgezeichnet

Mitte der 70er Jahre wird das verschlafene irische Dörfchen Mulderrig plötzlich gehörig wachgerüttelt: Mahony, ein junger Hippie, ist auf der Suche nach seinen Wurzeln. Diese Wurzeln sind dem Dorf nicht nur sehr peinlich, sondern sollten eigentlich auch die ganze Zeit hübsch in der Erde versteckt bleiben. Genau wie die Toten, die Mahony sehen kann.
Man könnte meinen, ähnliche Familiendramen mit etwas Gruselfaktor gäbe es zuhauf. Könnte man. Man darf aber nicht den außergewöhnlichen Erzählstil der Autorin vergessen, der macht dieses Buch nämlich zu etwas ganz Besonderem. Jess Kidd belebt jeden Stein und jeden Baum; allerdings nicht auf die Herr-der-Ringe-Ent-Art, sondern eher wie es vielleicht ein Dichter der Romantik getan hätte. Äste beugen sich über Kinder, Holzwürmer singen, Flussinseln schlafen, Sonnenlicht folgt den Leuten auf Schritt und Tritt. Dieser Erzählstil schafft eine unglaublich dichte und lebendige Atmosphäre, die mich begeistert hat. Die Autorin kann jedoch nicht nur mitreißend erzählen, sondern auch ihr irisches Dörfchen mit allerlei Marken beleben. Egal ob der ungeliebte Pfarrer oder die alte, aber mit allen Wassern gewaschene Mrs Cauley, ich fand sie großartig gezeichnet und an den richtigen Stellen etwas überspitzt dargestellt. Denn Kidd beweist Humor und eine spitze Feder. Auch die Toten, die mit Mahony kommunizieren können, fügen sich hervorragend in die Geschichte ein, ohne dass diese zu sehr ins Gruselgenre abdriftet. Es handelt sich eigentlich um völlig normale Menschen, die halt den kleinen Schönheitsfehler haben, tot zu sein. Einziger (kleiner) Kritikpunkt meinerseits ist die Tatsache, dass Mahony sich sofort zum Schwarm sämtlicher (!) Dorffrauen entwickelt. Das war mir zu übertrieben, aber vielleicht wollte die Autorin ein bisschen Freie-Liebe-Feeling der Hippies in die Geschichte bringen. Doch das tat dem Lesegenuss keinen Abbruch und so hat sich „Der Freund der Toten“ schon jetzt zu einem meiner Jahreshighlights gemausert.

Bewertung vom 15.04.2017
Nur ein kleiner Gefallen - A Simple Favor
Bell, Darcey

Nur ein kleiner Gefallen - A Simple Favor


weniger gut

Stephanie lebt nach dem Tod ihres Mannes alleine mit ihrem Sohn in einem New Yorker Vorort. Der Alltag ist ausgefüllt mit Muttersein und Kindererziehung, in ihrer Freizeit bloggt sie über… das Muttersein und Kindererziehung. Etwas Halt und Abwechslung gibt ihr ihre beste Freundin Emily. Doch eines Tages verschwindet Emily spurlos. Stephanie tritt auf ihrem Blog eine Suche los, kümmert sich liebevoll um Emilys Sohn und kommt auch deren Mann näher…

Darcey Bell hat in ihrem Debutroman ein spannendes Szenario geschaffen: erfolgreiche Karrierefrau und Mutter verschwindet, inklusive überraschender Wendungen. Ihre Grundidee hat mir sehr gut gefallen, die Geschichte lässt sich gerade auch am Anfang sehr gut an. Leider hat Bell sich wohl ein bisschen an jüngste Bestseller wie Gone Girl oder Girl on the train ranhängen wollen, ich sah da schon einige Parallelen, was mir so ein bisschen den Lesespaß verdorben hat. Die Autorin schreibt flüssig und spannend, zieht allerdings im Laufe der Handlung so manches Kaninchen aus dem Schreiberlingshut, worunter die Glaubwürdigkeit der Geschichte relativ schnell leidet. Das Ende konnte mich dementsprechend auch nicht mehr überzeugen, wobei es durchaus stimmig mit der Entwicklung der Story war; nur halt nicht nach meinem Geschmack.
Mir ging die Figur Stephanie unendlich auf die Nerven: Sohn hier, Alltag mit Kindern da… sie ist das pure und reine Klischee der Übermutter, einer Frau, die nach der Geburt ihres Kindes NUR noch für ihre Mutterrolle lebt und sich selbst dafür komplett aufgibt. Ihre Blogeinträge, die sich übrigens sehr schön in den Lesefluss einfügen, strotzen vor Selbstbeweihräucherung und sind Ausdruck dieses Mutterseins und ihrer Heimchen-am-Herd-Einstellung. Ihre Vergangenheit umgibt ein düsteres Geheimnis, welches man erstens relativ früh in der Handlung errät und welches meiner Meinung nach so gar keine Funktion erfüllt und mir somit nur unnötig die Seiten gefüllt hat. Leider sind auch die anderen Hauptfiguren nur wenig sympathischer, sodass ich eigentlich so wirklich mit keinem mitfühlen wollte. Ein eher durchwachsenes Lesegefühl also, wobei mich der Erzählstil der Autorin schon angesprochen hat und ich ihr durchaus noch mal eine Chance geben würde. In einem Buch ohne Kinder ; )

Bewertung vom 07.04.2017
Die Geschichte der Bienen / Klima Quartett Bd.1
Lunde, Maja

Die Geschichte der Bienen / Klima Quartett Bd.1


ausgezeichnet

Drei Familien, drei Orte, drei verschiedene Zeiten. William bläst im Jahre 1852 Trübsal, weil die aufsteigende Forscherkarriere ins Stocken geraten ist. Forschungen am hauseigenen Bienenstock könnten der Karriere wieder Flügel verleihen. George ist im Jahre 2007 damit beschäftigt, den Junior ins brummende (und summende) Familiengeschäft einzuweisen, die Imkerei. Doch der will seine Flügel selbst erproben und steckt seine Nase lieber in der Unibibliothek in Bücher. Für Bücher hat Tao im Jahre 2098 keine Zeit, als professionelle Bestäuberin liegt das Wohl und Wehe der jährlichen Ernte in ihren Händen. Denn 2098 gibt es keine Bienen mehr, und ohne sie bleibt die mühselige Arbeit an den Menschen hängen. Die sind zwar bienenfleißig, kommen jedoch schnell an ihre Grenzen.

Maja Lunde hat einen wunderbaren Roman geschaffen, der dem Leser einen tiefen Blick in den Bienenstock erlaubt. Braun-gelb und geflügelt sind ihre wichtigsten Protagonisten, die Tiere, die sich als Konstante durch die drei Handlungsstränge ziehen. Man lernt vieles über die Insekten, Lunde verpackt die Informationen aber in kleine Häppchen, die sich hervorragend in die Handlung einfügen. Die Bedeutung der Bienen für die Landwirtschaft und damit ihre Bedeutung für den Menschen spielt eine große Rolle. Nachdenkliche Töne lässt die Autorin anklingen, aber auch warnende. Der Handlungsstrang um Tao malt ein düsteres Bild einer bienenlosen Welt und die Warnung senkt sich dem Bienenstachel ähnlich ins Fleisch des Lesers. Doch das Buch wartet nicht nur mit beklemmender Endzeitthematik auf, sondern weiß auch zu unterhalten. Alle drei Geschichten sind liebevoll ausgearbeitet, die Charaktere echt und glaubwürdig. Die Eltern-Kind-Beziehung steht immer im Fokus (ein interessanter Gegenpol übrigens: im Bienenstock ist der Einzelne nichts, für die eigene Familie jedoch alles), man sieht diese im Wandel der Zeit gegenüber gestellt. Die Figuren wirken in ihren jeweiligen Epochen authentisch, und ich habe eigentlich alle drei sehr gemocht. Die verschiedenen Handlungsstränge wirken nicht mühsam zusammen zwischen die Buchdeckel gequetscht, sondern weisen genug Gemeinsamkeiten auf um ein großes Ganzes zu bilden. Sprachlich hat mich die Autorin ebenfalls überzeugt, sie trifft immer den richtigen Ton, von anklagend bis (honig-)süß. Ihr Erzählstil, zusammen mit ihrer hervorragend konzipierten Geschichte, haben mich dann auch an den Seiten kleben lassen, sodass ich dieses Buch sehr genossen habe und jetzt nicht nur Lust auf ein Honigbrot habe, sondern sehr gespannt auf die kommenden Romane der Autorin bin.

Bewertung vom 26.03.2017
Die Zeit der Ruhelosen
Tuil, Karine

Die Zeit der Ruhelosen


ausgezeichnet

Ein Elitesoldat, der nach seinem Einsatz in Afghanistan mit sich und der Welt zu kämpfen hat. Ein erfolgreicher Geschäftsmann, dem der Erfolg zwischen den Händen zu zerrinnen droht. Ein aufstrebender Politiker, der die Fallstricke der eigenen Herkunft nicht sehen will. Eine Journalistin, die am Puls der Zeit arbeitet und dabei den eigenen Puls nicht mehr zu fühlen scheint. Jeder ist getrieben, von den eigenen Wünschen, dem Druck der Gesellschaft, der Vorgabe „erfolgreich“ zu sein. Von „leben“ war nicht die Rede.
Karine Tuil hat in ihrem mitreißenden Gesellschaftsroman verschiedene brandaktuelle Themen aufgegriffen, die sich trotz ihrer Diversität zu einem großen Ganzen verbinden lassen. Sie streift mit dem Leser durch die Amtszimmer von Paris, lässt Einblicke in das Leben von großen Geschäftsmännern zu und zeigt gleichzeitig das Leben des „kleinen Mannes“, der an vorderster Front gekämpft hat und dafür mit nichts zurück in den normalen Alltag geworfen wird. Ihre Charaktere sind sehr lebendig geraten, vielschichtig und spielen mit so manchen Vorurteilen. Vorurteile, gegen die sie einen ähnlich erfolgreichen Kampf kämpfen wie einst Don Quijote gegen seine berühmten Windmühlen. Tuils Roman ist kein Wohlfühlroman, es werden harte Fakten und unbequeme Wahrheiten auf den Tisch gelegt, erzählt in einem nüchternen Ton, der seinen Teil zu der fast soghaften Wirkung der Geschichte beiträgt. Klug geschrieben, authentisch erzählt und geschickt konstruiert; Die Zeit der Ruhelosen bereitet dem Leser so manchen ruhelosen Moment, gilt es doch viele Denkanstöße zu verarbeiten. Ein Roman, der unterhält und bewegt.

Bewertung vom 04.03.2017
Es klingelte an der Tür / Nero Wolfe Bd.41
Stout, Rex

Es klingelte an der Tür / Nero Wolfe Bd.41


weniger gut

Archie Goodwin und sein Chef Nero Wolfe haben einen brisanten Fall auf den Tisch bekommen: eine taffe Dame hat sich mit dem FBI des J. Edgar Hoover angelegt, zigtausend Exemplare eines Enthüllungsbuches unter die Leute gebracht. Nicht unbedingt die beste Idee, denn jetzt klebt ihr das FBI an den Fersen. Wolfe soll‘s richten…



Ich liebe „klassische“ Detektive, egal ob es sich dabei um Miss Marple, Sherlock Holmes oder Dupin handelt. Nero Wolfe war mir bisher noch nicht in die Finger gekommen; leider muss ich nach der Lektüre dieses Buches auch sagen: verpasst hab ich nichts. Wolfe war eine absolut nichtssagende Figur, die angeblich superschlau ist, in der Geschichte aber eigentlich nicht viel mehr tut als zu essen, zu lesen oder an der hauseigenen Orchideenzucht zu schnibbeln. Die Hauptermittlungsarbeit liegt bei Archie, dem ich die ganze Zeit doch eher distanziert begegnet bin; auch dessen ermittlerische Qualitäten konnten mich nicht so recht überzeugen. Zwei Hauptfiguren also, die mich schon mal nicht mitreißen konnten. Der Fall (kleiner Mann vs. übermächtiges FBI) hätte da noch einiges rausreißen können, es hätte spannend, beklemmend, ungerecht etc. zugehen können. Tut es aber nicht. Die Story plätschert vor sich hin, das FBI tritt hauptsächlich durch wage bedrohliche Figuren auf und ist ansonsten v.a. dann Thema, wenn die Sprache zum gefühlt 35ten Mal auf die abgehörten Telefone in Wolfes Büro kommt. Dann muss das kleine Dickerchen nämlich die Treppe in ein anderes Stockwerk nehmen und das geht ja nun gar nicht. Sprachlich ist der Krimi (wenn man ihn denn überhaupt so bezeichnen will) recht ansprechend, auch die Aufmachung ist sehr schön geworden. Sonst konnte ich leider nicht viel Positives am Buch finden, sodass dies hier für mich der erste und letzte Krimi mit Wolfe gewesen sein dürfte und ich mich ehrlich frage, mit welchem Recht der Autor damit so große Erfolge gefeiert hat.

Bewertung vom 26.02.2017
Glücksmädchen / Ellen Tamm Bd.1
Bley, Mikaela

Glücksmädchen / Ellen Tamm Bd.1


sehr gut

Nach dem Tennistraining verschwindet die 8jährige Lycke spurlos. Während sich Mutter, Vater und dessen neue Frau gegenseitig die Schuld in die Schuhe schieben, scheint nur die Reporterin Ellen wirklich an Lyckes Suche mitzuwirken. Diese wird jedoch immer wieder durch Parallelen zu ihrer eigenen Vergangenheit aus der Bahn geworden. Bald wird zudem klar, dass Lycke durchaus gute Gründe zum Verschwinden gehabt hätte…
Mikaela Bley hat eine spannende Geschichte geliefert, die mich durchweg gut unterhalten hat. Die Spannung wird gut aufgebaut und gehalten, kleine Cliffhanger lassen einen schnell weiterlesen. Bley entwickelt die Story langsam, aber stetig, man braucht eine Weile bis man die wahren Verhältnisse durchschaut hat. Die Figuren sind ihr recht gut gelungen, gerade Lyckes Familie fand ich sehr gut skizziert. Die Beziehungen untereinander, die chaotischen Gefühlswelten und vor allem das Verhalten gegenüber Lycke werden sehr authentisch dargestellt und lassen den Leser so manches Mal schlucken. Ellen ist mir als Person nicht sympathisch, sie ergibt aber eine interessante Protagonisten, die einen immer wieder überrascht. Die Verstrickungen mit ihrer eigenen Vergangenheit hätte ich persönlich nicht gebraucht, sie fügen sich aber halbwegs gut in die Handlung. Die Autorin hat einen sehr angenehmen Schreibstil, der sich sehr flüssig lesen lässt, wobei sie trotzdem mit mancher Ausdrucksweise überraschen kann.
Insgesamt ein spannendes Buch, das mit ungeahnten Tiefen aufwartet, die so manche Unregelmäßigkeit kaschieren können. Ein Psychothriller ist es allerdings beileibe nicht, auch wenn man so mancher Figur gerne Psycho auf die Stirn schreiben würde ; )

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.02.2017
Das geträumte Land
Mbue, Imbolo

Das geträumte Land


ausgezeichnet

Der Kameruner Jende Jonga hat mit Hilfe seines Cousins den Absprung nach New York geschafft. Nachdem er sich als Taxifahrer durchgeschlagen hat, konnte er sogar Frau und Sohn nachholen. Einziges Manko: bisher hat Jende nur eine Arbeitserlaubnis, seine Frau nur ein Studentenvisum. Wenn sie langfristig in Amerika bleiben wollen, brauchen sie dringend richtige Papiere. Das Glück scheint auf ihrer Seite, als Jende einen Job bei Clarke Edwards bekommt. Der ist bei Lehman Brothers ganz oben mit dabei und so scheint Jende endlich eine Perspektive zu haben.

Imbolo Mbue hat mich mit ihrem Debut absolut überzeugt. Eine warmherzige Geschichte, die gleichzeitig nachdenklich macht, sozialkritisch ist, hochaktuelle Themen wie eben der Fall von Lehman Brothers und dessen Folgen aufgreift. Mbue erzählt authentisch vom Leben der Jongas, ihren Bemühungen sich zu integrieren, ihrem Kampf mit den Behörden. Dem Leser wird wehmütig ums Herz, wenn man sieht welche Früchte die harte Arbeit tragen (wenige), wie die Jongas an ihrem Leben in New York hängen (sehr), wie sie ihre Zukunft in den USA planen (zuversichtlich). Auf der anderen Seite weiß man was Lehman Brothers droht, welche Folgen sich für das ganze Land ergeben werden. Und trotzdem hofft man mit aller Kraft für Jende und seine Frau Neni. Auf der anderen Seite hofft man auch für Clarke Edwards und seine Familie, die zwar einen anderen Ausgangspunkt haben (sie gehören zur High Society), aber trotzdem auch ihr Päckchen zu tragen haben. Diese Gegensätze der beiden Familien, der sozialen Schichten und Kulturen machen einen großen Reiz des Buches aus. Ebenso natürlich der Erzählstil der Autorin, der mich wirklich begeistert hat. Authentisch, bilderreich und warmherzig, weise und doch nicht belehrend. Eine hervorragende Mischung, die mich durch die Seiten des Buches hat fliegen lassen.
Ein wunderbarer Roman, der die harte Wirklichkeit nicht verheimlicht, aber trotzdem Zuversicht und Hoffnung ausstrahlt. Der alte amerikanische Traum, neu erzählt.

Bewertung vom 07.02.2017
Betrunkene Bäume
Dorian, Ada

Betrunkene Bäume


sehr gut

Erich ist 80 Jahre alt und hat somit sein Leben fast hinter sich. Katharina wird demnächst 18 und fängt gerade erst an zu leben, indem sie als Erstes von Zuhause ausreist; um schließlich in der Wohnung neben Erich zu stranden. Erich war früher in Sibirien als Forscher tätig, Katharinas Vater hat sich gerade dorthin abgesetzt. Bald wird aus der zufälligen Begegnung im Hausflur eine interessante Freundschaft.

Ada Dorian hat eine sehr feinfühlige Geschichte geschrieben, die den Leser trotz der vermeintlich banalen Handlung schnell fesselt. Es geht um große Gefühle, Familie, Freundschaft, Einsamkeit; Fehler, die man nie wieder gutmachen kann. Dem Ganzen liegt ein melancholischer Ton zugrunde, es fällt oft schwer Hoffnung für die Protagonisten zu finden. Trotzdem handelt es sich hierbei nicht um ein depressives Stück Literatur, sondern eine sensible Geschichte, die die verschiedenen Lebensabschnitte der Figuren gut zueinander fügt. Die Protagonisten sind nicht ganz einfach zugänglich, trotzdem fühlt man mit ihnen mit. Die Handlung plätschert leider etwas vor sich hin, ich hätte mir schon ein deutlicheres Ziel gewünscht. Das Ende war dann doch etwas vorhersehbar, aber zumindest stimmig, sodass alles in allem eine runde Geschichte herauskommt. Ein interessantes Debut, dass trotz kleiner Abstriche Lust auf mehr von der Autorin macht.