Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
SBS

Bewertungen

Insgesamt 362 Bewertungen
Bewertung vom 12.03.2019
Die Liebe im Ernstfall
Krien, Daniela

Die Liebe im Ernstfall


gut

Fünf moderne Frauen und ihre Erlebnisse stehen im Fokus des Buches. Paula, Judith, Brida, Malika und Jorinde erzählen ihre (Beziehungs-)Geschichten und die haben es teilweise wirklich in sich.

Mir persönlich ist das hier gezeichnete Bild der modernen Frau viel zu deprimierend, zu problembehaftet. Hier hat jede einzelne der Frauen einen großen Beziehungskonflikt. Es wirkt fast so, als könnte eine monogame, langlebige und erfüllende Beziehung fast gar nicht mehr existieren und wenn doch, dann muss es irgendwie auch kaputtgehen – wenn auch anders, als bei den fünf hier erwähnten Frauen (aus Spoilergründen, kann ich das nicht näher erklären). Natürlich gibt auch schon der Buchtitel an, dass es sich um Ernstfälle handelt, trotzdem hätte ich wenigstens eine oder zwei Beziehungen gewünscht, bei denen nicht einer fremdgeht oder sonst was treibt…
Und trotzdem habe ich das Buch dank des flüssigen und runden Schreibstils schnell gelesen. Die Geschichten der Frauen sind an sich schon spannend und unterhaltsam, die Entscheidungen oder ihr Umgang mit denen Dritter, sind relativ nachvollziehbar dargestellt, der teils sehr lose rote Faden zwischen den Frauen immer vorhanden und die Charaktere so verschieden. Sie scheinen aber nur durch ihre (problembehafteten, nicht vorhandenen…)Beziehungen charakterisiert. Mir kam es einfach so sehr vor, als würde sich die Frau nur durch ihre Beziehung definieren. Die meisten Männer in den Geschichten sind einfach nur unsympathisch und auf ihren eigenen Vorteil bedacht, doch auch manche Frau bekommt ganz schön ihr Fett weg.

Dieser Roman besteht eigentlich aus fünf einzelnen Erzählungen, doch das tat der Sache keinen Abbruch.
Irgendwie konnte ich unter dem Strich nicht so richtig viel mit dem Buch anfangen, aber interessiert hat es mich trotzdem. Dank des guten Schreibstils habe ich mich daher für drei Sterne entschieden.

Bewertung vom 27.02.2019
Rheinblick
Glaser, Brigitte

Rheinblick


ausgezeichnet

1972, Wahlsonntag in Bonn. Die SPD mit Kanzlerkandidat Willy Brandt fährt einen überragenden Sieg ein und nun stehen in Bonn die Koalitionsverhandlungen an – doch Brandt muss sich einer Operation unterziehen. Logopädin Sonja, die in einer Bonner WG lebt, soll ihm helfen und versucht gleichzeitig die jüngere Schwester, die ausgerissen ist, zu finden. Hilde Kessel dagegen hat ganz andere Probleme. Die Betreiberin des bei Politikern sehr beliebten „Rheinblick“ wird in politische Verstrickungen reingezogen und droht sich in dem Schlamassel zu verheddern.

Nach einer recht kurzen Eingewöhnungszeit und dem Kennenlernen der wichtigsten Charaktere, konnte ich das Buch kaum mehr aus den Händen legen. Es handelt sich um eine fiktive Geschichte, unterfüttert mit allgemein bekannten Fakten zur Politik, die sich theoretisch genauso hätte zutragen können, was die Geschichte sehr spannend für mich machte.
Wer spielt Spielchen? Wer verrät und verkauft einen Dritten? Ist die Politik wirklich so ein dreckiges Geschäft, wie es an vielen Stellen den Eindruck macht? Wie schnell wird man in etwas reingezogen? Lauern wirklich immer überall Intrigen? Alles Fragen, die mich unheimlich angetrieben haben.

Gut dargestellt finde ich auch die Zeit und den Zeitgeist – zumindest entspricht er dem, was ich mir darunter vorstelle. Ich bin selbst Kind der 80er und kann es daher nicht aus eigenem Erleben beurteilen. In Bonn war ich schon öfter und hatte daher meist ein Bild vor Augen, wenn von der Innenstadt die Rede war. Sehr schön ausgearbeitet sind die verschiedenen Charaktere – allen voran Wirtin Hilde vom Rheinblick und Logopädin Sonja, die Willy Brandt nach einer Operation helfen soll. Je weiter die Geschichte voranschritt, desto interessanter wurde die WG samt Bewohnern und man fieberte mit, sei es bei der jungen Journalistin Lotti oder dem Hallodri Max.
Unterhaltsam fand ich auch den Strang mit dem Mord an einem jungen Mädchen. Welche Verwicklungen dazu führten war ebenfalls spannend, wenn auf anderer Ebene als die politischen Ränkespielchen. Die Hintergründe habe ich so nicht erwartet – echt toll konstruiert!

Die Zeit war politisch spannend, von Brandts Kehlkopfoperation wusste ich ehrlich gesagt vorher nichts (ich habe mich beim Lesen gefragt, warum ich im Sozialkundeunterricht nie hinterfragt habe, warum er nicht bei den Koalitionsverhandlungen teilgenommen hat…) und vieles, was wir heute nicht nur kennen, sondern alltäglich geworden ist, steckt da gerade in den Kinderschuhen, z.B. Logopädie, Akupunktur.

Natürlich benötigt man ein gewisses Interesse an Politik, um an dem Buch Gefallen zu finden, großartige Vorkenntnisse benötigt es allerdings nicht. Dank eines Glossars am Ende des Buches werden möglicherweise noch offene Fragen geklärt (ich habe es erst entdeckt, als ich das Buch beendet hatte, aber ich hatte es auch nicht benötigt).

Der Schreibstil ist rund und flüssig. Die Perspektiven wechseln immer wieder, sodass die Geschichte sehr lebendig wird.

Ich empfehle das Buch gerne!

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.02.2019
Die Mauer
Lanchester, John

Die Mauer


sehr gut

Die neue, kalte Welt

Klimawandel, Migration und Brexit haben ihre Spuren in Großbritannien hinterlassen. Um sich vor den Wassermassen und den „Anderen“ zu schützen, ist die komplette Insel von einer Mauer umgeben. Zur Bewachung werden alle jungen Briten zu zwei Jahren Dienst auf der Mauer verpflichtet. Es ist kalt, grau und düster dort nach dem Wandel…und immer droht der Ernstfall über die Bewacher einzustürzen.

Ich lese selten Dystopien, vielleicht bin ich deshalb etwas unkritischer als andere Leser, aber mir hat das Buch recht gut gefallen, wenn ich auch vom Ende deutlich mehr erwartet hätte.

Aktuelle Entwicklungen und deren mögliche Auswirkungen werden aufgegriffen. Die Folgen – wenn sie denn so eintreten würden, wie hier – wären dramatisch. Mit dem Verteidiger Kavanagh erlebt der Leser, was der Dienst auf der Mauer bedeutet, wie sich die düstere Welt auf das Seelenleben der Menschen auswirkt. Er, wie auch seine Mitstreiter, sind völlig austauschbar und nur kleine Nummern in der neuen Welt. Persönliche Beziehungen sind nichts oder nur wenig wert, daher erfährt auch der Leser recht wenig zu Nebenfiguren. Einerseits wirken sie dadurch blass, andererseits passt es irgendwie auch, unterstreicht es doch die neue, kalte Welt. Die jungen Leute scheinen auch nicht ganz genau zu wissen, warum sie und ihre Mitstreiter den Dienst übernehmen und was das Ganze soll.

Der Schreibstil ist leicht verständlich und gut nachvollziehbar und wie ich finde, werden manche Dinge geschickt in Nebensätzen eingebaut. Dass es genauso kommen kann, vielleicht in gar nicht zu weiter Zukunft, macht das Buch irgendwie erschreckend. Ich konnte das Buch kaum mehr aus den Händen legen, weil ich wissen wollte, wohin das Ganze führt. Erstaunlich fand ich dies vor allem, da insgesamt recht wenig geschieht. Leider hat mich das Ende nicht richtig überzeugen können und die Lesefreude ein wenig getrübt.

Bewertung vom 09.02.2019
Eisige Tage / Seiler und Novic Bd.1
Pohl, Alex

Eisige Tage / Seiler und Novic Bd.1


gut

So richtig überzeugt hat mich die Geschichte nicht

Ein russischer Anwalt wurde ermordet mit einer alten Makarow. Handelt es sich um einen Bandenkrieg, wurde er den Russen zu unbequem oder steckt was anderes dahinter? Milo Novic und Hanna Seiler ermitteln in dem undurchsichtigen Fall, der es in sich hat und in kriminelle Kreise führt.

Ich fand das Geschehen hart und in weiten Teilen auch spannend – allerdings wurde ich nie richtig warm mit der Geschichte. Natürlich haben mich die Hintergründe sehr bewegt und erschüttert, aber ich fand die Ermittler nicht so spannend. Seiler fand ich viel zu blass, während Novic mir einfach zu „außergewöhnlich“ war. Gelungen fand ich die Zeit- und Perspektivsprünge und „Leerstellen“, die den Leser fordern am Ball zu bleiben und der eigenen Fantasie Tür und Tor öffnen (manchmal habe ich schnell weitergelesen, um meiner Fantasie erst gar nicht Raum zu lassen…geklappt hat das nicht, schaurige Bilder sind einfach entstanden).
Manches war mir leider zu klischeehaft und die Ermittlungen waren auch nicht wirklich überzeugend. Und dann ein plötzlicher Geistesblitz – nee, so richtig überzeugend fand ich das nicht.

Auch wenn schnell klar wird, worauf das Ganze hinausläuft, unterhielt mich die Geschichte. Das Ende war relativ rund ich werde wahrscheinlich trotz mancher Vorbehalte, die Reihe fortsetzen und auch weiterempfehlen, denn trotz allem konnte ich das Buch, ob des flüssigen Schreibstils, kaum aus den Händen legen und würde das Ermittlerduo gerne besser kennenlernen.

Bewertung vom 04.02.2019
Fehltritt / Doggerland Bd.1
Adolfsson, Maria

Fehltritt / Doggerland Bd.1


sehr gut

Zunächst war ich sehr, sehr skeptisch

Eine Ermittlerin landet mit dem verhassten Chef im Bett. Nach ihrer heimlichen Flucht aus dem Hotelzimmer sieht sie auf der Heimfahrt ausgerechnet dessen Exfrau. Zuhause versucht sie erst mal auszuschlafen, aber sie wird schon bald darauf zu einem Mordschauplatz gerufen. Die Tote ist die Exfrau ihres Chefs….

Zunächst war ich ziemlich skeptisch. Eine Ermittlerin, die mit dem verhassten Chef in der Kiste landet und das Setting – eine fiktive Örtlichkeit. Muss das sein? Also startete ich verhalten in das Buch und der recht ausführliche, fast schon ausufernde Schreibstil überzeugte mich zu Beginn ebenso wenig wie die Protagonistin, die mit ihren Dämonen zu kämpfen hat, die man erst nach längerer Zeit erfährt. Dass dann ausgerechnet noch die Exfrau des Chefermittlers ermordet wird, ist schon fast ein wenig zu viel des Guten. Trotzdem habe ich dem Buch eine Chance gegeben und darüber schätze ich mich im Nachhinein wirklich glücklich. Überraschend spannend entwickelt sich eine Geschichte, deren Ausgang ich so über weite Strecken nicht erwartet hätte. Sogar mit der zunächst unsympathischen Ermittlerin Karen konnte ich was anfangen – selbst als noch nicht klar war, warum sie so geworden ist, wie sie nun mal ist.

Der Fall ist wunderbar konstruiert und hat mir sehr gut gefallen. Die Auflösung war überzeugend, Doggerland ist überzeugend dargestellt und wäre eine Reise wert – gäbe es die Inselgruppe…schade, dass das nicht der Fall ist. Ich werde der Reihe auch weiterhin eine Chance geben, denn selbst am Schreibstil fand ich später noch Gefallen.

Bewertung vom 29.01.2019
Agathe
Bomann, Anne Cathrine

Agathe


gut

Ein bald 72-Jähriger Psychiater will nach Jahrzehnten seine Praxis schließen und zählt einen Countdown. Neue Patienten möchte er eigentlich nicht mehr annehmen und er lehnt daher zunächst auch Agathe ab, die glaubt, dass nur er ihr noch helfen kann. Doch seine Sprechstundenhilfe gibt ihr dann doch einen Termin und setzt damit überraschend etwas in Gang…

Das kleine, zarte und haptisch wirklich wunderbare Buch hat mich etwas zwiegespalten zurückgelassen. Der poetische, teils sehr bildliche, manchmal fast schon philosophische Schreibstil mit gelegentlich plötzlich aufblitzendem Humor, ist wunderbar gelungen und lädt nach jedem der kurzen Kapitel zum Verweilen ein, um das Gelesene noch einmal zu durchdenken.
Der namenlose Psychiater scheint in seinen Routinen gefangen und bringt für seine Patienten nicht die erwartete Empathie auf und dann kommt da eine Mittdreißigerin, die er überraschend „gut riechen“ kann…

Zum Inhalt des Buches kann ich gar nicht viel sagen, um nicht zu viel zu verraten, aber da gab es für mich Licht und Schatten. Sehr schön fand ich die Message des Buches, das es nie zu spät für irgendwas ist (und auch weitere Aspekte in der Richtung haben mir gefallen), die Auseinandersetzung mit den Themen „Altwerden“ und „Einsamkeit“, sowie die Entwicklung des Protagonisten.
Doch es gab auch Dinge, die mir einfach gefehlt haben. Warum spielt die Geschichte in Frankreich um 1948? Wie konnte der Psychiater durch die Weltkriege praktizieren? Es mag für die Geschichte nicht wichtig sein, aber da dieses Setting gewählt wurde (und es macht auch an einigen Stellen Sinn, dass dieser Zeitraum gewählt wurde), hätte ich dazu einfach wenigstens ein, zwei Sätze erwartet. Ähnlich erging es mir auch an manch anderen Stellen und ich frage mich, ob es tatsächlich immer einfach offen blieb, oder ob die Autorin mich nicht richtig erreichte.

Aber, und das kann sowohl sehr positiv, als auch weniger gut sein – es ist für mich einfach ein Buch, dass viel Spekulationsspielraum bietet und man gut mit Dritten diskutieren kann, um viele Facetten der Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten. Ich hatte das Glück, dass ich Mitleser hatte, sonst hätte ich das Buch wahrscheinlich relativ schnell nach dem kurzen Lesevergnügen zur Seite gelegt und mir nicht so lange Gedanken gemacht, wie man die Geschichte gedanklich weiterspinnen könnte.

Bewertung vom 09.01.2019
Stella
Würger, Takis

Stella


gut

Wurde mit der Geschichte nicht warm

Friedrich lebt in der Schweiz. Seine Mutter ist eine Alkoholikerin mit nationalsozialistischen Tendenzen und einer Kunstaffinität, die sie auch ihrem Sohn mehr oder weniger mitgibt. Dieser, kaum erwachsen, bricht nach Berlin auf, um dort eine Zeichenschule zu besuchen und Gerüchten um einen Möbelwagen, der Menschen verschwinden lässt, auf den Grund zu gehen. In Berlin lernt er eine junge Frau kennen und lieben, die nicht die ist, die sie zu sein scheint…

Die Geschichte an sich birgt deutlich Potential, aber irgendwie wurde ich mit dem Schreibstil durch das ganze Buch hinweg nicht richtig warm. Dabei fand ich den Aufbau noch recht gelungen. Jeder Monat beginnt einem interessanten Überblick des aktuellen Geschehens auf der ganzen Welt, es folgt dann die Geschichte von Stella und Friedrich, sowie in kursiver Schrift, immer wieder echte Auszüge aus dem Verfahren gegen die Denunziantin Stella Goldschlag.

Die ganzen positiven Stimmen, manche scheinen sich quasi zu überschlagen, haben mich einigermaßen überrascht. Der Ton ist einfach leidenschaftslos, ziemlich nüchtern und für mich passt das einfach nicht wirklich zum Geschehen, welches teilweise ziemlich dramatisch ist. Außerdem hatte ich mir erhofft, dass man etwas über die Gründe erfährt, warum Juden als Greifer aktiv waren. So wirklich gelesen habe ich da nur wenig in diesem Buch.

Gut dargestellt ist Friedrichs Seelenleben. Einerseits liebt er Stella, andererseits kann er ihr Tun nicht nachvollziehen und nicht verstehen. Man fragt sich, wie er sich letztlich entscheiden wird und immerhin diese Frage wird auch beantwortet, wenn auch ziemlich knapp. So richtig warm geworden bin ich aber auch mit Friedrich nicht, denn ich konnte seine Verhaltensweise wenig nachvollziehen. Natürlich, er sucht die Wahrheit und möchte gewissen Gerüchten auf den Grund gehen, aber deshalb 1942 nach Berlin reisen und dort recht dekadent im Hotel leben?

Unter dem Strich habe ich einfach mehr und/oder was anderes erwartet. „Der Club“ hatte mich noch voll überzeugt, aber hier habe ich gerade in der Anfangsphase so gar nicht ins Buch gefunden und auch hintenraus keine größte Begeisterung entwickeln können. Immerhin hat das fiktive, an historischen Gegebenheiten angelehnte Buch, nachdenklich gemacht. Was würde man in solch einer Situation tun?

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.12.2018
Lenz / Kommissar Eschenbach Bd.6
Theurillat, Michael

Lenz / Kommissar Eschenbach Bd.6


sehr gut

Gelungene Gesellschaftskritik

Eschenbach war erst drei Monate in den USA, muss sich erst wieder im Kommissariat einleben und überraschend seinen Platz behaupten. Seine Stellvertreterin hat das Kommissariat während seiner Abwesenheit etwas anders geführt, hat andere Vorstellungen und zeigt sich wenig zur Zusammenarbeit mit dem Kommissar bereit – zumal dieser sich nicht mit einer einfachen Erklärung Köhlers zu einem möglichen Selbstmord abspeisen lassen will. Parallel dazu entspinnt sich eine Geschichte dreier alter Freunde, die recht außergewöhnlich ist. Lenz, der mit Eschenbach befreundet ist, tut seinen alten Freunden einen Gefallen und stößt im Schwarzwald auf schier Unglaubliches…

Wer höchste Spannung bei Ermittlungen, sowie Mord und Totschlag ohne Ende erwartet, wird wahrscheinlich nicht ganz so begeistert sein von dem Buch. Die Spannung ist eher subtil vorhanden und man fragt sich über weite Strecken auch, worauf das Ganze hinausläuft. Mir gefiel die Aktualität des Themas, die Erzählweise fernab von 08/15, der Tiefgang der Geschichte und die Nachdenklichkeit, die der Roman immer und immer wieder bei mir auslöste. Der Schreibstil ist sehr angenehm zu lesen, obwohl die Themen es in sich hatten, ist alles sehr leicht verständlich – bei aller Komplexität- und schnell zu lesen.

Mein größter Kritikpunkt ist, dass es für mich kein Krimi, sondern vielmehr eine Gesellschaftskritik darstellt – diese hat mich allerdings ziemlich überzeugt. Die Rückblicke von Lenz und seiner Freundin Isabela waren interessant (spannend ist aber doch noch was anderes), die angesprochenen Konfliktherde auf der Welt und die Meinungsmache vor dem Hintergrund der Digitalisierung, etc.
Es war mein erstes Buch des Autors, aber ich werde gerne weitere von ihm lesen. Verständlich war das Geschehen komplett auch ohne die Vorgänger zu kennen.

Bewertung vom 27.12.2018
Echo Killer / Polizeireporterin Harper McClain Bd.1
Daugherty, Christi

Echo Killer / Polizeireporterin Harper McClain Bd.1


ausgezeichnet

Jetzt schon gespannt auf die Fortsetzung

Savannah: Kriminalreporterin Harper ist mit ihrem Fotografen Miles nächtlichen Schießereien hinterher und besonders ergiebig erweisen sich immer und immer wieder Morde. Ihr Beruf ist ihre Berufung und dafür geht sie auch gewisse Risiken ein. Sie scheint sie nur so zu suchen. Das mag an ihrer Geschichte hängen, denn sie fand mit 12 Jahren nach der Schule ihre Mutter getötet in der Küche. Und nun geschieht ein Mord unter ganz ähnlichen Bedingungen. Harper ist besessen von dem Fall – mit teils fatalen Folgen.
Die Geschichte hat mich von Beginn an gepackt, auch wenn der Schreibstil recht ruhig und gediegen daher kommt. Harper, aus deren Sicht das Geschehen erzählt wird, ist eine besondere junge Frau, teils ist sie einfach nur respektlos, teils wagemutig, aber immer hat sie ihren Job im Sinn und die Recherche, um der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Nicht immer ist das für sie, die Geschichte und den Job von Vorteil. Sie scheut irgendwann keine Risiken mehr und scheint recht selbstzerstörerisch unterwegs zu sein und trotzdem kann man sie nur mögen. Die Flashbacks, die Harper immer wieder einmal hat, sind sehr gut in das Geschehen integriert.
Es wird extrem spannend, man merkt gar nicht so richtig, wie die Seiten nur so dahinfliegen. Selbst in den ruhigeren Momenten, die immer wieder vorkommen (das finde ich auch realistischer, als nonstop Recherche am Limit), wollte ich das Buch kaum aus den Händen legen. Immer wieder fragt man sich, ob sich Harper völlig verrennt, wer der Täter sein könnte und auf die Lösung, die stimmig und logisch ist, wäre ich nie im Leben nach den ersten rund 200-250 Seiten gekommen. Gestört hatte mich eigentlich nur die aufkeimende Liebesbeziehung, die recht vorhersehbar und für meine Begriffe auch überflüssig war.
Das Ende ist relativ offen, und obwohl ich das weniger mag, ist es der Autorin hier gelungen, dass ich nicht ein wenig verärgert bin, ob der ungeklärten Fragen, sondern super neugierig auf den zweiten Teil.

Bewertung vom 20.12.2018
Die Essenz des Bösen / Detective Max Wolfe Bd.5
Parsons, Tony

Die Essenz des Bösen / Detective Max Wolfe Bd.5


sehr gut

Ein Hubschrauberabsturz mitten in ein belebtes Einkaufszentrum in London erschüttert die ganze Stadt. Über 40 Personen sterben und es scheint sich um einen Terrorangriff zu handeln. Wolfe der zufällig mittendrin im Geschehen war, ermittelt in dem Fall, bei dem sich im Verlauf schier unglaubliche Abgründe auftun…

In diesem Buch wendet sich Parsons dem brandaktuellen Themenkomplex „Terrorismus“ und Fremdenfeindlichkeit mit all den Auswirkungen zu. Syrienrückkehrer sollen mittels Drohne den Hubschrauber zum Absturz gebracht haben. Der Einsatz zur Ergreifung der Tatverdächtigen läuft alles andere als rund und die Familie der Terroristen gerät in den Fokus der wütenden Öffentlichkeit. Haben die Eltern des Bruderpaares nichts von der Radikalisierung gemerkt? Ist es überhaupt möglich so etwas nicht zu bemerken?

Der deutsche Titel ist durchaus wörtlich zu nehmen und trifft es für meinen Begriff gut. Wie entsteht das Böse? Wie wird dieses Gift weitergeben? Wie soll man mit „Nationalisten“ umgehen? Wie mit einer verunsicherten Gesellschaft? Es stellen sich noch unzählige weitere Fragen, die den Leser auch nach der Lektüre beschäftigen.

Der Schreibstil ist typisch Parsons sehr flüssig, gut verständlich und rund. Man ist sofort mitten in einer dramatischen Geschichte und möchte das Buch am liebsten nicht mehr weglegen, denn Parsons legt gerade zu Beginn immer noch was drauf…
Nach und nach erfährt der Leser mehr über die Hintergründe, wird so zum Miträtseln eingeladen und es gibt auch manche Wendung, die mir sehr gut gefallen hat – wenn auch nicht jede. Lange tappte ich völlig im Dunklen, verdächtig war quasi jeder mal. Gefallen haben mir auch die Beschreibungen zu typischen Polizeibegriffen, die meist recht knapp und immer sehr gut verständlich waren.
Das Buch lässt sich im Nu lesen, der Inhalt dagegen wird den Leser wohl länger beschäftigten. Sowohl der „Fall“ als auch das Privatleben Wolfes haben wieder viel Nachdenkpotential. Die Verbindung vom Fall und dem Privatleben ist wieder wunderbar gelungen. Gewöhnlich bin ich nicht so der Fan davon, doch Parsons gelingt das wie immer sehr gut.
Außerdem ist Wolfe ein spannender Charakter mit interessantem Privatleben und in diesem Buch gerät er zu allem Überfluss in den Fokus eines Stalkers.

Es handelt sich um den fünften Teil der Reihe um Max Wolfe, der jedoch auch unabhängig von den Vorgängern gelesen werden kann. Allerdings ist manches naturgemäß besser verständlich, wenn man die Vorgänger ebenfalls gelesen hat.
Auch wenn es nicht das stärkste, oder zumindest nicht das spannendste Buch der Reihe ist, empfehle ich es sehr gerne weiter – zumal es mehr als den üblichen Krimi bietet. Aber lest am besten selbst :-)