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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
MB
Wohnort: 
Rösrath

Bewertungen

Insgesamt 390 Bewertungen
Bewertung vom 11.08.2021
Unbarmherziges Land
Offutt, Chris

Unbarmherziges Land


sehr gut

Atmosphärisch dicht!
Eigentlich ist Mick Hardin ein wahrer Held, Ermittler bei der US-Army und - obwohl verheiratet - mehr unterwegs als Zuhause. Und in einer zunehmend komplexeren und unübersichtlichen Welt lieben wir Helden, die eigene Wege gehen, um der Gerechtigkeit ihren Tribut zu zollen. Aber auch Helden scheitern an der Welt. Zwar hat am Ende die Gerechtigkeit irgendwie gesiegt, doch ist Mick Hardins Bilanz des Geschehens, auf ganzer Linie versagt zu haben... Es sind die Atmosphäre und die Figuren, welche den Kentucky-Krimi zu etwas Besonderem machen. Das öde Kentucky, mit zurückgelassenen und zugewucherten Häusern, von der Welt verlassen und durch den Bau einer Umgehungsstraße quasi von der Landkarte ausradiert. Mick hat sich unerlaubt von seiner Truppe entfernt, weil seine Frau von jemand anderem schwanger ist und unterstützt seine Schwester Linda, Sheriff im County, in einem Mordfall. Doch dieser Mord (entdeckt in einem Wald durch einen Ginseng sammelnden alten Mann), der wohl 'nur' ein Sexualunfall war, zieht in einer Region, in der erst die Blutrache für die gefühlte und damit wahrhafte Gerechtigkeit sorgt, weitere Morde nach sich. Und Mick's wahres Heldentum besteht schlussendlich darin, durch nicht ganz legales Handeln das soziale Gleichgewicht der Region wieder zu stabilisieren. Und das soziale Gleichgewicht ist wichtig für eine eher vergessene und perspektivlose Region, wo Hundebesitzer ihren Hund einfach nur 'Hund' nennen und wo die Kids aus verzweifelter Langeweile dealen und sich Pillen einwerfen. Nur Mick's Ehe findet offensichtlich kein neues Gleichgewicht; aber auch das ist ja durchaus heldentypisch. Atmosphärisch dicht erzählt! Leseempfehlung!!!

Bewertung vom 09.08.2021
Der Brand
Krien, Daniela

Der Brand


ausgezeichnet

Beeindruckend!
"Der Brand" von Daniela Krien hinterlässt mich tief beeindruckt; die Handlung startet zunächst recht leicht und unspektakulär, aber dann... Drei Wochen Ersatz-Urlaub für Rahel und Peter auf dem Hof einer Freundin von Rahels Mutter in der Uckermark, weil das ursprünglich gebuchte Urlaubsdomizil in Bayern abgebrannt ist- die beiden sind fast dreißig Jahre miteinander verheiratet, großgeworden in der ehemaligen DDR, er Universitätsprofessor, sie Psychotherapeutin mit eigener Praxis; zusammen haben sie zwei Kinder, die unterschiedlicher nicht sein könnten, Samuel mit Karriere bei der Bundeswehr und Selma, eher orientierungslos, verpartnert und ausgestattet mit zwei wild-verwöhnten kleinen Söhnen. Die drei Wochen enden auf der Heimfahrt mit einer melancholischen Reminiszenz an die Vergangenheit - das gealterte Paar hört im Auto einen Lieblings-Song des alten DDR-Barden Gundermann. Und in den drei Wochen zwischendurch ist viel passiert: Die Bilanz der in die Jahre gekommenen und entfremdeten Beziehung; dabei Rahel noch ein wenig sehnsüchtig, ihr Mann Peter in sich selbst zurückgezogen, das Leben am liebsten nur noch mit seinen Büchern teilend ("Für ihn ist Literatur wie ein lebendiges Gegenüber. Manchmal sogar lebendiger als das, was sich vor seinen Augen abspielt. Und im Gegensatz zu Menschen ist sie ihm unentbehrlich." Tochter und Enkel kommen zu Besuch, es wird lebendig aber unruhig auf dem Lande; die unterschiedlichen Lebensentwürfe der Generationen prallen aufeinander. Rahel ist der Lösung ihrer Vaterfrage auf der Spur. Und so ganz beiläufig gelingt es Daniela Krien, ein Bild unserer Zeit zu zeichnen - zumindest aus der Perspektive der intellektuell privilegierten Minderheit, die in die Jahre gekommen und ein wenig wertekonservativ geworden ist. Und es entsteht ein 'Beziehungs-Brand' in der Familie und im Paar, der gewohnte Alltag kann nicht mehr hinwegtäuschen, gilt es doch, sich in neuer Umgebung neu zu finden. Habe lange nicht mehr einen derart treffsicher-entlarvenden und gleichwohl leichtgängigen Roman gelesen!

Bewertung vom 08.08.2021
Auszeit
Lühmann, Hannah

Auszeit


sehr gut

Kleinod!
Ein wahres Kleinod - regelrecht traurig war ich, als dann doch die letzte Seite gelesen war. Es hätte gar kein Ende geben müssen - und eine gute Gesachichte hört ja auch nicht einfach so auf, vielmehr dauert sie fort - zumindest in den Köpfen der Leser:innen. Es war ein Ausschnitt aus dem Leben der zweiundzwanzigjährigen Henriette. Orientierungslos im Leben; eine Schwangerschaft mit einer Abtreibung beendet; mitten in einer Promotion zum Thema 'Werwölfe'. Eine 'Auszeit' nehmend - in einer Waldhütte mit ihrer Freundin Paula (für die Henriette Bewunderung empfindet). Hannah Lühmann zeichnet eine Protagonistin, die immer nur weiß, was und wie sie nicht ist - ganz im Gegensatz zu ihrer Freundin Paula, die stets ganz bei sich zu sein scheint. Henriette scheut davor zurück, Entscheidungen zu treffen, schaut ihrem eigenen Leben aus der Perspektive einer Außenstehenden zu; es müsse doch etwas kommen, dass ihrem Leben eine Form gibt und sie verwandelt. So ist der Werwolf als Promotionsthema ein Bild mit Symbolkraft; Wandlung ist das zentrale Motiv. Am Ende schließlich bricht Henriette ihre Promotion ab; sie muss nicht mehr über ein 'Wandelwesen' schreiben, weil sich ihr Leben durch die Geburt einer Tochter gewandelt hat: Während der 'Auszeit' hat sie Sex mit Paulas Freund Tom, ist im Anschluss (was nicht näher ausgeführt wird) wohl auch einige Zeit mit ihm zusammen, hat ihrem Leben aber nun mit der Mutterrolle endlich die so lang ersehnte Form gegeben. Hannah Lühmann gelingt es, mit wenig Text eine großartige Geschichte zu erzählen.

Bewertung vom 06.08.2021
Betreff: Falls ich sterbe
Setterwall, Carolina

Betreff: Falls ich sterbe


sehr gut

Berührend!
Es gibt Menschen, die sind einfach nicht für das Glücklichsein geschaffen - und zu denen zählt die Protagonistin des (autobiographischen?) Romans "Betreff: Falls ich sterbe" der schwedischen Autorin Carolina Setterwall. Beständig am Rande einer Depression arbeitet sich Carolina durch das Leben. Selbstzweifel, Selbstansprüche und Schuldgefühle dominieren ihr Selbsterleben und machen das Leben für sie zu einer kaum bewältigbaren Last... mit der Konsequenz, dass sie am Ende nur noch 'funktioniert' - und das ihrem Sohn zuliebe, der die Verkörperung des unerwartet verstorbenen Mannes Aksel darstellt. Wie es für einen bewölkten Himmel immer wieder typisch ist (siehe Buchcover), gibt es durchaus auch kleine Lichtblicke. Was am Ende aber bleibt bleibt, ist ein Gefühl von Schwere, mit allerdings nur kleinen, eher passageren Hoffnungsschimmern. Die Art, wie Setterwall die Seelenzustände und die Lebensanstrengungen ihrer Protagonistin in ihren Beziehungen seziert geht derart in die Tiefe, dass es kaum erträglich ist. Zuweilen möchte man als Leser:in die Protagonistin einfach an die Hand nehmen, um sie unbeschadet durch ihr Leben zu leiten. Das Buch wird beim Lesen bis zu 100 Kilo schwer - und entweder findet man es einfach nur grausam, oder es saugt einen förmlich auf: ein regelrechter Sog.
"Ich wünschte, ich könnte unsere Geschichte noch einmal erleben und ein anderer Mensch mit dir sein." Welch eine Lebensbilanz: "Ich bin auf allen Ebenen gescheitert, sowohl als Trauernde als auch als Überlebende." "Lasse die Zeit verstreichen. Warte darauf, dass aus jetzt danach wird." Berührend! Der Leser hat die Wahl...

Bewertung vom 25.07.2021
Die Morgenröte - Sie nehmen dir dein Leben
Richter, Noah

Die Morgenröte - Sie nehmen dir dein Leben


sehr gut

Aktuell, brisant, spannend!
Noah Richter ist ein beängstigender Thriller gelungen - dabei auch noch mit bestem Timing versehen, handelt er doch im Jahre 2021, kurz vor den anstehenden Wahlen im September und im Kontext einer zunehmend unzufriedeneren, durch die Corona-Pandemie in den Grundfesten verunsicherten und von der Politik enttäuschten Bevölkerung, die förmlich auf einen neuen Messias wartet, der mit einfachen Lösungen für kompexe Herausforderungen aufwarten kann. Dem bekannte Influenzer Georg Herzfeld droht wegen eines Beitrages auf seinem Youtubechannel eine Verleumdungsklage. Von der Bewegung 'Morgenröte' wird ihm Unterstützung angeboten, jedoch wollen deren Drahtzieher, zu denen auch der charismatische Popstar Götz Wolf zählt, Georg nur für ihre Propagandazwecke funktionalisieren. Immer tiefer wird Georg in den Strudel dieser extrem rechten Bewegung hineingezogen. Das eine ist die enorme Spannung des Handlungsablaufes, die einen das Buch kaum aus der Hand legen lässt; das andere ist die Entlarvung von Manipulationstechniken und massenpsychologischen Phänomenen, die Angst machen kann: Die Anfälligkeit des schwachen Ichs, welches wieder einmal eine Identifikationsfigur braucht, um eigene Größe erleben zu können. Und - Achtung Spoiler: Es geht nicht gut aus... wir im wahren Leben haben ja noch die Wahl!

Bewertung vom 23.07.2021
Die Karte / Kerner und Oswald Bd.4
Winkelmann, Andreas

Die Karte / Kerner und Oswald Bd.4


gut

Solide Kost...
Ein Thriller halt - mein erster von Andreas Winkelmann. Solider Aufbau. Jens Kerner und Rebecca Oswald als solides Ermittlerteam - mit Gefühlen füreinander; sie die analytisch Begabte, er der emotionsgetriebene Macher; zwei, die sich gut tun. Und der Fall, der zunächst nach zwei Fällen aussieht. Und der Faktor Zeit: Ein Mörder lauert Joggerinnen auf, filmt den Sterbeprozess mit derem eigenen Smartphone und hinterlässt auf ebendiesem stets die gleiche Nachricht: "Ihr läuft die Zeit davon." Auch den Ermittlern läuft die Zeit davon und dies ganz besonders, als sie ein Muster im Handeln des Täters enteckt zu haben glauben: Es existiert eine Online-Community, deren Mitglieder mit Hilfe einer Fitnessapp ihre Laufstrecke tracken und auch als Karte ihrer Laufstrecke in der App veröffentlichen; der Täter zeichnet die Initialien der Opfer als Laufstreckenbild in die Karte - eine Methode bekannt als 'GPS-art'; und die nächsten Initialien hat der Mörder bereits in der App veröffentlicht. Und auch ein Kollege von Kerner wird ermordet. Und gerade der Faktor Zeit - zu dem es auch über die Figur von Rebecca einen kleinen philosophischen Exkurs gibt - treibt die Handlung voran und macht den Thriller zu einem Pageturner. Da nimmt man es doch gerne hin, wenn nicht immer alles zu 100% schlüssig ist. Solide Thriller-Kost halt!

Bewertung vom 22.07.2021
Erben wollen sie alle
Hennig, Tessa

Erben wollen sie alle


gut

Leichte Kost...
Eigentlich ist 'Erben wollen sie alle' von Tessa Henning ein sehr unterhaltsamer und auch gelungener Roman - wäre er nicht so vorhersehbar wie eine Freitagabend-Schmonzette in der ARD, direkt nach der Tagesschau. Aber wenn man diesen Roman in die Hand nimmt, dann möchte man wohl auch für eine Zeit aus dem eigenen Alltag abtauchen in eine Welt hinein, in der zwar Beziehungen auf die eine oder andere Probe gestellt werden, man aber gleichzeitig ab der ersten Seite weiß, dass am Ende doch alles gut werden wird. Da wird angetäuscht - hinter dem neuen Lover von Oma Bianca, wohnhaft auf Malle, verberge sich ein Heiratsschwindler, Sohn Steffen und Tochter Anja seien nur scharf auf das Erbe und würden nur deshalb zu Oma Biancas 75. Geburtstag samt Enkelin Luisa anreisen, der hübsche junge Mann Felix wolle die Enkelin nur 'flachlegen' und in seine Sammlung einsortieren - und nachher zu einem happy ending zusammengeführt. Nichts ist zunächst wie es scheint, alte Geheimnisse werden offenbar, und doch sind alle am Ende glücklich und zufrieden... Schön, dass Tessa Henning das Thema Demenz und Vorschläge für eine bessereVersorgung von Menschen, die an Demenz erkrankt sind, in die Handlung eingebaut hat - ja, das Thema 'Vergessen' und 'Sich erinnern' spielt für die Story auch eine nicht unerhebliche Rolle. Fazit: Leichte Sommerkost.

Bewertung vom 20.07.2021
Otmars Söhne
Buwalda, Peter

Otmars Söhne


ausgezeichnet

Sechshundertzwanzig Seiten Lesegenuss!
Es braucht schon einmal ein wenig Überwindung, zu einem sechshundertzwanzigseitigen Wälzer zu greifen - und das in dem Wissen, dass es sich um den ersten Band eines auf drei Bände angelegten Werkes mit offenbar insgesamt 111 Kapiteln handelt; zwar startet Peter Buwaldas Roman 'Otmars Söhne' mit dem Kapitel 111, es wird aber nicht 'rückwärts erzählt'. Ein Buch, bei dem man konzentriert am Ball bleiben muss, weil sich oft unvermittelte Zeitsprünge mitten in den Kapiteln ereignen. Und der erste Teil ist am Ende auch nicht in irgendeiner Weise 'rund' oder mit einem 'cliffhanger' versehen... es könnte im hoffentlich bald erscheinenden zweiten Band einfach so weiter gehen. Das Buch überzeugt durch seine Sprachgewalt - eine lohnenswerte Anstrengung also. Die meisten Figuren sind irgendwie düstere Mängelwesen, von ihrer Biographie (an-) getrieben, mit Licht- und Schattenseiten ausgestattet. Genial, wie Buwalda zwischenmenschliche Beziehungen seziert und auch nicht davor zurückschreckt de Sade artige sexuelle Exzesse zu beschreiben, ohne dabei obszön-voyeuristisch zu werden. Das Zusammenspiel der Figuren ist genial komponiert - Gegenparts, die sich im Weltgeschehen die Waage halten. ("Eine hübsche pseudowissenschaftliche Theorie, fand sie, die Vorstellung, dass jeder Mensch ein unsichtbares Anti-Du hatte, das die Schöpfung im Gleichgewicht hielt, einen Erdball mit lauter Gegenfüßlern.") Und Sätze wie der folgende, müssen ja erst einmal zur Welt gebracht werden: "Was also machte sein Gehirn, dieses tragbare Weltall, in dem Freuden und Ängste ihre elliptischen Bahnen ziehen?" Ja, ich hatte beim Lesen tatsächlich das Gefühl, das Gehirn des Autors sei ein 'tragbares Weltall' - zumindest aber scheint Buwalda sich in einen wahren Rausch geschrieben zu haben. Unbedingt lesen!

Bewertung vom 12.07.2021
Finde deinen Seelenpartner
Franckh, Pierre

Finde deinen Seelenpartner


weniger gut

Man muss sich schon drauf einlassen...
Vielleicht habe ich die Führung meines Lebens zu sehr meinem Verstand überlassen; und vielleicht hat Pierre Franckh ja wirklich recht, mit dem Weg, den er - auch von eigenen Erfahrungen berichtend ("So habe ich es gemacht", "So war es bei mir") - empfiehlt, um seinen Seelenpartner zu finden. Man merkt dem Autor seine Erfahrung mit Gruppen an, in denen Menschen ihre Persönlichkeit weiterentwickeln wollen und schließlich ist dieser Ratgeber ja auch eine Art Selbsthilfe-Buch, welhalb ich mich als Leser auch durchweg als Mitglied einer Selbsthilfegruppe gefühlt habe. Die Anreicherung des Ratgebertextes mit 'Gedichten' und Berichten von Menschen, denen Pierre Franckh mit seinen Gedanken und Empfehlungen offenbar zum Auffinden ihres Seelenpartners geholfen hat, erwecken den Eindruck, dass es sich hier fast um soetwas wie 'Fankultur' handelt - und wer den Guru braucht, der hat noch keine eigene innere Standfestigkeit. Die Rezepte sind bekannt: die Geschichte mit den eigenen alten, behindernden Mustern, die es zu überwinden gilt, die Selbstakzeptanz, das Loslassen, das in die Zukunft hinein offen sein und sich - statt im Lebensproblem zu verbleiben - auf das zu fokussieren, was man in Zukunft möchte: den Seelenpartner finden. Abschließend dann noch '24 Merkmale, wie ich meinen Seelenpartner erkenne' und '27 Qualitäten im Zusammenleben'... Der Text enthält die eine oder andere Wiederholung und erfordert eine gute Portion Glauben - ähnlich wie seinerzeit der Glaube an die Wirksamkeit einer 'Bestellung ans Universum'. Aber nicht desto trotz: Natürlich regt der Ratgeber zum Nachdenken und 'in sich hineinfühlen' ein; aber für mich war die Dosis 'Küchenpsychologie' doch einwenig zu groß... oder ich bin noch nicht reif genug hierfür.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.07.2021
Das Buch des Totengräbers / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.1
Pötzsch, Oliver

Das Buch des Totengräbers / Inspektor Leopold von Herzfeldt Bd.1


sehr gut

Beste Unterhaltung!!!
Mit "Das Buch des Totengräbers" hat Oliver Pötzsch eine neue Reihe gestartet; und in der Tat macht Teil eins der 'Totengräber-Serie' Lust auf mehr. Angesiedelt ist die Handlung im Wien des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Der Autor beschreibt sehr anschaulich, wie der langsam aufkommende technische Fortschritt das Leben der Menschen und somit auch die Arbeit der Polizei beeinflusst. Dies geschieht stets auch mit einem kleinen Augenzwinkern an die Adresse des 'modernen Lesers und Smartphone-Besitzers'. Pötzsch beschreibt sehr schön das Zusammentreffen von alter und neuer Welt, von alten und neuen Denkweisen, von althergebrachten polizeilichen Ermittlungsmethoden und der Geburt der modernen Kriminalistik. Und am Ende gelingt die Auflösung des Falles durch eine zwar schwierige aber erfolgreiche Kooperation von alt und neu. Die berührten Themen Korruption, Kindesmissbrauch, Judenhass, Geschlechtergerechtigkeit, die Schilderung der Düsternis Wiens und des Menschenschlages aus dieser Zeit der langsam zusammenbrechenden Monarchie, machen diesen historischen Krimi zu bester Unterhaltung. Auch Siegmund Freud findet unter dem Namen 'Fröhlich' kurz Erweähnung, als es darum geht, die inneren Triebe des/der Täter zu verstehen. Der Spannungsbogen nimmt die Leser:innen von der ersten Seite an gefangen. Und im Schlusswort lädt der Autor uns zudem noch ein, auch selbst über den Tod und seinen Stellenwert in unserer heutigen Gesellschaft nachzudenken.